Eine Insula am Rande der Subura aber noch Rande zum Esquillin

  • Langsam ganz langsam, ja fast schon in Zeitlupe stellte Morrigan ihren Becher auf den Tisch.
    Um ihr das zu sagen war er hergekommen? Hatte sie es bisher vermieden ihn anzusehen, so traf ihr Blick ihn nun doch. Ein Blick in dem eine unglaubliche Traurigkeit lag. Morrigan selber musste tief durchatmen, dennoch konnte sie nicht verhindern, dass sich eine Träne löste und ihr über die Wange lief.
    Hatte sie doch für einen Moment gehofft, dass er her gekommen war um … ja um sie zu sehen, um ihr zu sagen, dass er sie vermisst hatte und … er hätte so viel sagen können, was sie glücklich gemacht hätte. Doch mit den wenigen Worten, die er machte riss er ihr förmlich den Boden unter den Füßen weg.
    Leise war ihre Stimme als sie endlich in der Lage war ihm doch zu antworten. „Nun wenn du das sagt, dann ist es wohl so.“
    Was sollte sie auch anderes sagen? Hatte sie sich doch inzwischen daran gewöhnt, dass in ihrem Leben nie was so lief wie sie es gern gewollt hätte. Warum sollte es dieses Mal anders sein?
    Die Flausen hatte ihr der Claudier gründlich ausgetrieben. Auch wenn sie nun hier und ihr Dominus ein anderer war, war ein Teil von Morrigan, dennoch in dem claudischen Kellerloch gestorben.


    Trotz all ihrer Traurigkeit war Morrigan nicht entgangen, dass auch Angus sich verändert hatte. Und weil sie ganz tief in sich drin immer noch viel für Angus empfand, wollte sie wenigstens wissen, was ihm geschehen war.
    Sie ging also einen Schritt auf ihm zu und hob ihre Hand um ihm kurz über die Wange zu streichen. „Was haben sie mit dir gemacht?“ fragte sie mit einem liebevollen, mitfühlenden Klang in der Stimme.

  • Ihr Blick traf mich, wie ein Stich direkt ins Herz. Eine Träne schien sich selbständig gemacht zu haben, denn sie rann so einsam und verloren über ihre Wange herab. Sie schwieg einfach. Kein Jammern, kein Bitten oder Flehen, obwohl ich ihr, mit dem was ich soeben gesagt hatte, so viel Schmerz zugefügt hatte. Lieber kurz und schmerzlos hatte ich mir zuvor noch gesagt. Doch wie hatte ich in meiner Einfältigkeit glauben können, dass es schmerzlos werden könnte? Wie ich sie so vor mir stehen sah, so unglücklich, so enttäuscht, hätte ich sie am liebsten an mich geschmiegt und ihr zugeflüstert, dass alles wieder gut werden würde. Doch das wäre eine Lüge gewesen. Nichts würde je wieder gut werden! Niemals wieder!


    Ihre leise Stimme brachte schließlich eine Antwort hervor, die mir noch mehr zusetzte. Ich versuchte ruhig zu bleiben, obwohl es mich innerlich zerreißen wollte. Doch wenn ich mich nun erweichen ließ, dann machte ich alles nur noch schlimmer. Nicht nur für mich, auch für sie. Ein sauberer Schnitt – das war es. So hatte ich es beenden wollen.

    Morrigan warf mich nicht hinaus. Noch nicht. Stattdessen kam sie auf mich zu. Ihre Hand berührte plötzlich meine Wange. Schlag zu, ich habe es verdient! Doch sie schlug nicht zu. Liebevoll strich sie mit kurz über die Wange. Ihre sanften Worte führten schließlich dazu, dass mir alles zu entgleisen drohte. Mein Gesicht verzerrte sich zu einer Fratze und meine Augen wurden feucht. Schluchzend legte ich meine Hände um ihre Arme und drückte sie fest an mich. Der Duft ihres dunklen Haares drang in meine Nase. Es hätte wieder wie früher werden können. „Sie haben mir alles genommen. Alles!“, brachte ich schluchzend heraus.

  • Morrigan ließ es gesehenen, ließ sie von ihm drücken. Ihre Hände waren es, die ihm sanft über den Rücken streichelten und ihm so versuchten stummen Trost zu spenden. Was auch immer sie ihm angetan hatte, Morrigan verstand es, auch wenn sie nicht wusste, das Angus seine Frau zum zweiten Mal verloren hatte. Sie wusste nicht, das er sie hier wiederfand und sie ihm dann genommen wurden. Dennoch konnte sie seinen Schmerz nachvollziehen. Sie wusste nur zu gut wie es war, wenn man sich von den Götter verraten und verkauft fühlte, wusste wie es war, wenn man glaubte das es keine Hoffnung mehr gab.
    Leise war ihre Stimme die ihm Trost und Hoffnung geben sollte. „Angus es gibt immer Hoffnung. Es gibt immer Licht in der Dunkelheit. Es gibt immer einen Hafen.“ Sie drückte ihn ein kleines Stück weg, nur so viel, dass sie ihm in die Augen sehen konnte. „Angus, du bist nicht allein hörst du? Du bist nicht allein. Lass es nicht zu, das sie dich brechen. Lass es nicht zu, das sie einen Gegenstand aus dir machen. Sie können unsere Körper beherrschen, aber nicht unseren Geist.“
    Sie beugte sich vor uns gab ihm einen sanften Kuss auf die Stirn. „Lass mich dein Anker sein, lass mich deine Freundin sein. Du bist nicht allein Angus hörst du?“
    Morrigan hoffte, das ihre Worte in seinen Geist vordrangen und hielt ihn wieder stumm im Arm, während ihre Hände seinen Rücken streichelten.

  • So vieles hatte sie auf den Weg hierher beschäftigt. Nun stand sie vor der Tür und klopfte. Sie musste nicht lange warten, bis ihr aufgemacht wurde. Der Türsteher kannte sie natürlich noch und bat sie sofort hinein. So lange war Beroe ja noch nicht weg. „Ist Morrigan da? Ich soll ihr eine Nachricht überbringen.“ Der Türsteher verwies sie zu Morrigans Arbeitszimmer. „Du kennst dich ja aus,“ meinte er nur und ließ sie gehen.
    Zielstrebig ging sie weiter bis sie vor einer verschlossenen Tür zum stehen kam. Dann klopfte sie und wartete.

  • Morrigan brühtet mal wieder über den Abrechnungen, als das Klopfen an der Tür sie unterbrach. Und sie war dankbar dafür, denn sie langweilte sich mit den Zahlen und Daten. So schob sie also die Tabula geschwind beiseite und ging schnellen Schrittes zur Tür um diese zu öffnen.
    Wider Erwarten stand dort keines der Mädchen, sondern. „Sibel!“ rief Morrigan freudig aus und schon wurde die junge Frau umarmt und in das Zimmer geschoben. „Es ist schön dich zu sehen...“ Doch schon wurde Morrigans Gesichtsausdruck ernst, denn sie beide also weder sie noch Sibel waren ja in der Lagen mal eben einen Freundschaftsbesuch zu machen, also musste etwas vorgefallen sein. „Was ist passiert?“ fragte sie also und schon Sibel gerade so weit von sich weg damit sie sehen könnte, ob sie zumindest körperlich in guter Verfassungen war.

  • Sie wies mich nicht ab. Nein, sie ließ es geschehen und versuchte sogar, mich zu trösten. Mit ihrer Nähe und mit ihren Worten. Für einen Moment glaubte ich sogar, meine Frau in Händen halten zu können. „Aislin,“ hauchte ich voller Verzweiflung, während sie nach einem Fünkchen Hoffnung suchte, wo es keine mehr gab. Denn ich wusste es besser. Meine Hoffnung, mein Licht, mein Hafen war vor meinen Augen gestorben. Doch das Schlimmste, das Unverzeihlichste war, dass ich die Schuld dafür trug. Vieles hätte ich ertragen können. Doch nicht das!


    Ich zuckte plötzlich zusammen, als ihre Hände zu einer der Stellen auf meinem Rücken vordrangen, die noch nicht ganz verheilt waren. Dieser kurze Schmerz erinnerte mich wieder daran, weswegen ich eigentlich hier war. Du elender Jammerlappen, hör endlich auf zu schniefen und sein ein Mann!
    Vorsichtig löste ich mich von ihr. Sie hatte mir so viel Trost schenken wollen. Trost, den ich nicht verdiente. „Meine Hoffnung ist tot, mein Licht erloschen. Und ich … ich bin dafür verantwortlich.“, entgegnete ich ihr und versuchte dabei nicht weiter voller Selbstmitleid zu schluchzen.
    „Glaub mir, Morrigan, ich bin allein. Alle, die auf mich hofften, ließ ich im Stich. Deine Freundschaft habe ich nicht verdient. Für alle wäre es besser gewesen, wenn ich diesen einen verdammten Tag nicht überlebt hätte.“ Dann schwieg ich wieder. Meine Augen musterten sie. Natürlich hatte sie keine Ahnung, wovon ich sprach. Sie glaubte wohl immer noch, ich sei das Opfer der Willkür meines Dominus geworden. Doch das war ich nicht! Die Strafe des Flaviers war gerechtfertigt gewesen und sie dauerte noch immer an, denn ich war noch am Leben. Mein Herz schlug noch und auch mein Blut lief durch meine Adern. Doch die Hoffnung war mir genommen worden. Es gab nichts mehr, woran ich mich festklammern konnte. Es gab kein Grund mehr, wofür es sich lohnte zu kämpfen.

  • Ja Morrigan verstand es nicht. Sie wusste ja nicht das seine Frau gerade erst gestorben war. Sie ging immer noch davon aus, das sie schon vor langer Zeit gestorben war, so wie es ihr Angus erzählt hatte, als sie sich das erste Mal trafen. Woher hätte sie auch wissen sollen, das Aislin von den Toten auferstanden und zu ihm zurückgekehrt war nur um dann doch ihre letzte reise anzutreten.


    Morrigan schaute ihn eine ganze Weile stumm an, dann nahm sie seine Hand, ohne ein Wort führte sie ihn aus dem Arbeitszimmer nach oben in ihren privaten Raum.
    Auch wenn sie ihm vielleicht die Hoffnung nicht geben konnte so gab es dennoch etwas was sie ihm geben konnte so wie schon vor einiger Zeit bei den Saturnalien.
    Bevor er irgendwas sagen konnte legte sie ihm einen Finger auf den Mund. Ihre Stimme war leise.
    „Schließe deine Augen und lass mich noch einmal deine Aislin für dich sein.“ Ja Morrigan hatte es immer gewusst, er mochte sie vielleicht, aber geliebt hatte er sie nie, es war immer nur seine Frau auch in der Nacht er Saturnalien hatte er nicht sie sondern Aislin geliebt.
    Ihre Lippen senken sich auf die seinen, ja noch einmal würden sie den Zauber der Nacht heraufbeschwören, noch einmal würde sie für ihn seine Frau zum Leben erwecken, dieses eine Mal noch....

  • Wir schwiegen uns eine ganze Weile an. Ich hoffte, sie würde mich nun fortschicken. Doch sie rief niemanden, der mich zur Tür begleiten konnte. Offensichtlich wollte sie das selbst erledigen. Deshalb ging ich wortlos mit ihr mit, als sie meine Hand ergriff und mich mit sich zog. Recht schnell merkte ich aber, dass es nicht die Tür zur Straße hinaus war, wohin sie mich führen wollte. Doch sie ließ mir keine Wahl. Ich folgte ihr die Treppe hinauf. Ich wusste, dort oben lag ihr privater Raum, in dem ich manch schöne Stunde mit ihr verbracht hatte. Damals, als mein altes Leben noch nicht aus den Fugen geraten war.


    Sie schloss die Tür hinter mir und ehe ich etwas einwenden konnte, legte sie mir einen Finger auf meine Lippen. Ich wusste sofort, was das zu bedeuten hatte, denn ich kannte nur zu gut ihre Verführungskünste. Unter normalen Umständen hätte ich mich ihr auch nur zu gern hingegeben. Doch als sie mir leise zuflüsterte, sie wolle meine Aislin sein und sie mich kurz darauf küsste, drehte sich mir der Magen um. Tu das nicht, wollte ihr zurufen. Sie aber hatte mich fest in ihren Fängen. Zu meinem Bestürzen stellte ich fest, dass mein Körper durchaus im Stande gewesen wäre, ihren süßen Lockungen zu folgen. Das hier war schlimmste Tortur von allen, die selbst Rhascus nicht hätte besser vollführen können.
    Angewidert stieß ich sie schließlich von mir weg. „Hör auf damit! Aislin ist tot, hörst du? Sie ist tot!“


    Ich wich noch weiter von ihr zurück, bis ich schließlich mit meinem Rücken die Wand des Raumes streifte. Das passte doch! Mit dem Rücken zur Wand! Ich versuchte, wieder meine Gedanken zu ordnen. „Sie war gar nicht tot,“ begann ich nach einiger Zeit, wieder mit ruhiger Stimme, zu erzählen. „Sie hat damals überlebt und machte sich auf den Weg, mich wieder zu finden. Wäre sie doch nur nicht in diese verfluchte Stadt gekommen!“ Das Schicksal war so grausam zu ihnen gewesen.

  • Morrigan sah ihn entsetzt an, als er sie wegstieß.
    Das weiß ich wollte sie grade zurück brüllen, als Angus dann endlich erklärte, was vorgefallen war.
    Morrigan taumelte zurück. Er hatte seine Aislin ein zweites Mal verloren?
    Morrigans Beine gaben nach und sie sank auf ihre Knie.
    Er tat ihr so unendlich leid. Aber was hätte sie sagen können? Es gab keine Worte dafür, nichts was sie hätte sagen können, könnte ihn seinen Schmerz nehmen. Nun verstand sie auch endlich seine Worte. Sie verstand warum er keine Hoffnung mehr hatte.
    „Es tut mir leid.“ flüsterte sie ohne ihn jedoch dabei anzusehen.
    Ja er hatte seinen Lebensmut verloren, seine Hoffnung. Nur zu gut kannte sie dieses Gefühl. „Dort in dem kleinen Kästchen neben dir.“ Morrigan zweite auf eine kleine Holzkiste die zwei Schritte linke neben Angus auf einem kleinen Tisch stand. „Nimm sie mit.“ Wenn Angus die Kiste öffnen würde, würde er darin eine kleine Amphore entdecken. „Trink es ganz aus und du schläfst sanft ein und siehst deine Aislin wieder.“ Ihre Stimme war leise und traurig, aber sie wusste nicht was sie sonst für Angus tun könnte, außer ihm von diesem Leben zu befreien.

  • Endlich begriff sie, was geschehen war. Nun machte mein Handeln und meine Worte für sie einen Sinn. Diese Erkenntnis aber schien sie sehr mitzunehmen. Morrigan sank auf die Knie. Sie war fassungslos. Dabei hatte sie noch nicht einmal die ganze Geschichte gehört.
    Ich für meinen Teil wandte meinen Blick von ihr ab, damit sie meine Tränen nicht sah. Wieder spürte ich diese tiefe Leere in mir, die mich einfach nur überwältigen wollte. Irgendetwas musste ich nun tun. Irgendwas! Nur was? Plötzlich begann Morrigan in diesem seltsamen Ton mit mir zu sprechen. Es begann mich buchstäblich zu frösteln, als sie mich auf das kleine Holzkästchen hinwies. Mein Blick fiel sofort darauf. Ich näherte mich dem Tischchen und griff nach dem Kästchen. Es fühlte sich so leicht an. Vorsichtig öffnete ich es und eine gläserne Phiole kam zum Vorschein, deren flüssiger Inhalt mit einem Korken unter Verschluss gehalten wurde. Sogleich folgte Morrigans Erklärung. Sie wollte mir dieses Gift geben, damit ich mit meiner Freu wieder vereint sein könnte. Doch es mit diesem Gift zu beenden stand für mich außer Frage. Deshalb verschloss ich das Kästchen wieder und legte es beiseite.
    „Das ist sehr großmütig von dir, Morrigan. Aber so werde ich nicht abtreten. Gift zu nehmen ist etwas für Weichlinge. Ein Römer mag sich vielleicht so töten. Ich aber nicht.“ Dann ging ich auf sie zu und sank ebenso vor ihr auf die Knie. Vorsichtig legte ich meinen Arm um sie. Meine andere Hand strich ihr übers Haar.

  • Er wollte nicht so sterben? Ja wie denn dann? Sein Dasein weiter so dahin fristen?


    Morrigan zuckte zusammen, als er sie umarmte und ihr Haar berührte. Sie schaute auf und damit auch ihm direkt in die Augen. Nun war es nicht nur eine verlorenen Träne, die ihre Wangen benetzte. Es waren viele Tränen, die sich zu kleinen Bächen zusammengeschlossen hatten und ihr über das Gesicht rannen.


    Wie oft schon hatte sie selbst vor eben jenem Kästchen gestanden, es geöffnet und lange nur darauf gestarrt. Doch sie hatte nie den Mut gehabt den endgültigen Schritt zu gehen. Aber er? Er hatte doch jeden Grund oder nicht? Was hielt ihn denn noch hier? Der Lebensmut konnte es ja wohl nicht sein, dass hatte er gerade nur all zu deutlich gemacht.


    „Ja wie denn dann?“ fragte sie schließlich mit Tränen erstickter Stimme.

  • Nach meiner schroffen Zurückweisung war es nur allzu verständlich gewesen, dass sie nun nicht mit meiner Berührung gerechnet hatte. Doch ich ließ sie nicht los. Wenigstens diesmal wollte ich sie nicht noch einmal fallen lassen. Wider erwarten, war sie mir als einzige doch noch geblieben. Der einzige Mensch, den ich jetzt noch hatte. Sie war bereit gewesen, mir ihr Ohr zu leihen. Sie wäre sogar so weit gegangen, sich mir hinzugeben, nur um den Verlust, den ich erlitten hatte, zu mildern.
    In diesem Moment hielt ich sie ganz fest. Endlich trafen sich unsere Blicke wieder. In aller Stille rannen nun ihre Tränen an ihren Wangen herab, vor lauter Verzweiflung. So unendlich traurig hatte ich sie noch nie erlebt. Endlich wurde mir wieder bewusst, dass nicht nur ich es war, der schlimme Verletzungen davon getragen hatte. Auch sie litt unsagbare Qualen, deren Ursprung für mich noch im Verborgenen lag. Doch ganz gleich, was es war, ich war nun hier - und auch wenn es das letzte Mal sein sollte - um sie zu trösten, so wie sie mich zu trösten versucht hatte.
    Ihre Frage nach dem Wie, hatte für mich keinerlei Bedeutung gehabt. Dies lag nicht in meiner Hand, denn mein Leben gehörte ja schließlich nicht mehr mir. Diese Frage zu beantworten, oblag anderen.
    „Duch die Hand der Götter,“ entgegnete ich ihr, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt . „Ich werde dieses Leben solange ertragen, bis es ihnen gefällt, es zu beenden.“

  • Durch die Hand der Götter halte es in Morrigan nach. Sie schüttelte energisch den Kopf.
    Götter – für Morrigan waren die inzwischen eine Erfindung derer die es sich leisten konnte an sie zu Glauben. Selbst die reichen Römer opferten doch nur um ihr Image aufzubessern und um kleinen Leuten wie ihnen zu erklären es wäre der Wille der Götter. Nein es konnte keine Götter geben, denn warum sollte diese so grausam mit ihr und auch mit ihm umspringen? Sie hatten in ihrem Leben nie etwas Schlimmes getan und dennoch wurden sie bestraft? Nein das konnte unmöglich der Willen von Göttern sein. Menschen waren es ja die Römer waren es. Die waren es, die ihr Schicksal bestimmten und nicht die Götter.
    Aber wer war sie schon, dass sie ihm nun auch noch den Glauben nehmen würde? Nein das würde sie sicher nicht tun. Er würde vielleicht mit dem Glauben an seine Götter einen Weg zurück ins Leben finden. Er würde seinem Herren treu dienen und wer weiß vielleicht eines Tages frei sein. Obwohl war man frei wenn die einen frei ließen? Nein das war man nicht. Man würde immer noch abhängig sein. Man würde ihnen immer noch dienen zwar nicht mehr als Sklave sondern als Klient aber man wäre ihnen immer noch verpflichtet. Was war diese Freiheit also wert?
    Ja Morrigans Träume waren gestorben. Ihre Träume von einem andern Leben und mit ihnen war auch die Hoffnung dahin, die Hoffnung auf ein besseres anderes Leben.
    Was sollte sie schon groß sagen? Gab es Hoffnung? Vielleicht hätte es eine gegeben. Aber er hatte ihr ja nur zu deutlich gemacht, dass das hier heute sein letzter Besuch war, also warum sollte sie sich einer Illusion hingeben, der Illusion, dass es vielleicht doch noch Hoffnung gab. Nein das würde sie nicht – nicht schon wieder – nicht noch einmal wollte sie verletzt werden.


    Nur langsam ebbte der Strom der Tränen ab und sie war in der Lage etwas zu sagen.
    „Dein Schicksal Angus bestimmst nur du allein.“ Sie sah ihn an. „Du hast dich entschieden, das wir uns nicht mehr sehen und wenn dem immer noch so ist. Bitte Angus dann geh. Ich könnte es nicht ertragen dich noch ein mal zu verlieren.“


    Ja sie hatte doch schon die ganze Zeit gedacht, dass sie ihn verloren hätte, an eine andere oder an den Tod. Das er heute hier her gekommen war hatte einen Funken Hoffnung geweckt, den er jedoch mit seinen ersten Worten schon gelöscht hatte. Nein Sie könnte es nicht noch einmal ertragen.
    „Ich möchte dir dennoch danken. Für alles.“ Ja das meinte sie wirklich so. Denn es war sein Bild welches sie im Keller vor Augen hatte. Es war er, der sie das alles hatte durch stehen lassen. Und dafür wollte sie ihm danken.

  • Zitat

    Original von Morrigan


    „Sibel!“ rief Morrigan freudig aus und schon wurde die junge Frau umarmt und in das Zimmer geschoben. „Es ist schön dich zu sehen...“ Doch schon wurde Morrigans Gesichtsausdruck ernst, denn sie beide also weder sie noch Sibel waren ja in der Lagen mal eben einen Freundschaftsbesuch zu machen, also musste etwas vorgefallen sein. „Was ist passiert?“ fragte sie also und schon Sibel gerade so weit von sich weg damit sie sehen könnte, ob sie zumindest körperlich in guter Verfassungen war.


    Auch Beroe war sehr erfreut darüber, als sie eintrat und die Perserin wieder sah. Sie entgegnete die Umarmung und war in diesem Moment froh, endlich wieder an einem vertrauten Ort zu sein.
    Doch Morrigans Gesicht nahm recht bald wieder einen ernten Ausdruck an. Schließlich bedurfte es einen triftigen Grund, wenn sie die Perserin hier besucht. Und den gab es auch!
    „Varus schickt mich,“ begann sie. „Er hat mir aufgetragen, dich zu ihm zu bringen. Ich unterrichtete ihn davon, dass du vor einigen Tagen in der Casa warst…“ Ob die Lykierin ihr auch von seinem Gemütszustand berichten sollte? Auch wenn er sie selbst nicht ins Vertrauen gezogen hatte, war es vielleicht für Morrigan wichtig, darüber Bescheid zu wissen.
    „Er schien sehr betrübt zu sein, als ich heute bei ihm war. Schuld daran, ist wohl ein Brief, den er erhalten hat. Aber er hat mich nicht eingeweiht, was ihn so bedrückt.“

  • Sie plötzlich doch wieder so nah bei mir zu haben, gefiel mir. Es war wie das vertraute Gefühl, das ich einst hatte, wenn ich auf dem Weg zu ihr war. Damals, als man mir noch Freigänge zugestanden hatte oder ich mir noch Freiheiten herausnehmen konnte, ohne dafür gleich bestraft zu werden. Das gleiche Gefühl, wenn ich dann bei ihr war, sie umarmte und liebkoste, den Duft ihres Haares einsog und mit ihr gemeinsam Zukunftspläne machte. Für einen winzigen Augenblick war jenes Gefühl wieder präsent. Doch unglücklicherweise hatte ich es nicht festhalten können, denn es zerplatzte, wie eine Seifenblase.


    Morigans Tränen begannen langsam zu versiegen. Endlich schaffte sie es wieder, sich zu artikulieren ohne von ihrer Trauer überwältigt zu werden. Wieder sah ich in diese tiefen schwarzen Augen, in die ich mich vor langer Zeit schon verliebt hatte und in denen ich am liebsten ertrunken wäre. Noch immer waren sie so voller Kummer. Kummer, den zweifellos ich verursacht hatte. Ich hatte ja keine Ahnung, was in der Zwischenzeit geschehen war. Dass die Claudier sie entdeckt und gefoltert hatten. Es lag wohl an meinem Tunnelblick, nur mein eigenes Leiden zu sehen. Was war ich doch für ein Narr!


    Ihre Stimme klang belegt, was angesichts der Tränen, die sie vergossen hatte, nichts Ungewöhnliches war. Doch was sie dann sagte, schien mir den Boden unter den Füßen wegzureißen. „Aber…“ Mir fehlten die Worte! Wie konnte sie nur so etwas behaupten? Ich hatte nicht mehr das Recht, mein Schicksal selbst zu bestimmen. Das taten andere! Und ihr Götter, ich hatte mich auch nicht dafür entschieden, sie nicht mehr sehen zu wollen. Ich??!! Nein, hier ging gerade etwas mächtig schief. Hatte sie denn nicht verstanden, was ich ihr versucht hatte, zu erklären? Oder war es einfach die Enttäuschung darüber, in mir nicht den gefunden zu haben, den sie sich gewünscht hatte?
    Nein, sie wollte mich nicht mehr hier bei sich haben, was ich durchaus verstehen konnte. Sie schickte mich weg und ich ließ es geschehen. Schweigsam und betrübt darüber, auch sie noch verloren zu haben, ging ich zur Tür. Sie bedankte sich noch einmal bei mir. Wofür eigentlich?
    „Du brauchst mir nicht zu danken, Morrigan. Alles was ich tat, was ich für dich empfand und noch empfinde, tat ich weil es aus meinem Herzen kam. Meine Liebe zu dir war echt und das wird sie auch immer bleiben. Auch wenn du mich nun wegschickst. Es tut mir leid, dass ich dich so enttäuscht habe.“ Dann ging ich zur Tür, öffnete sie und schritt hinaus.

  • Ah! Morrigan konnte sich schon denken warum er betrübt war. Sie hatte Varia ausgequetscht, weil sie wissen wollte, warum er so plötzlich wieder in seine Weinberge verschwunden war. Natürlich war es nicht leicht gewesen etwas aus der Amazone raus zubekommen, aber schlussendlich hatte sie dann doch davon erzählt, das Varus wohl einen Korb von seiner Quintilla bekommen hatte.
    „Unerfüllte Liebe Sibel.. unerfüllte Liebe. Komm lass uns zur Villa gehen und auf dem Weg erzählst du mir wie es dir so geht.“
    Morrigan war mit nur wenigen Handgriffen bereits soweit, das sie sich auf den Weg machen konnten.

  • Morrigans Hand auf seiner Schulter war es wohl, die ihn zurückhielt. „Ich schick dich nicht weg. Nur ich werde dich auch nicht zwingen zu bleiben.“ Sagte sie immer noch traurig. „Und ich muss dir sehr wohl danken, auch wenn du es nicht wissen kannst. Ohne dich Angus ohne dich Angus wäre ich nicht mehr hier, ich würde jetzt wohl schon unter den Toten weilen.“
    Morrigan musste kurz die Augen schließen die Gedanken an jene Tag? Wochen? drohten sie zu übermannen.
    „Dein Gesicht vor meinen Augen, die Liebe in meinem Herzen... das war es, was mich am Leben gehalten hat.“
    Natürlich konnte er nicht davon wissen. Er dachte ja das sie die ganze Zeit hier war. Und in seinem Kummer hatte er wohl auch kaum ein Auge für andere. Morrigan war ihm deswegen auch nicht böse.
    „Wenn du einen Freund oder einen Hafen brauchst... Ich werde hier sein Angus. Meine Tür wird immer offen sein für dich.“
    Nein sie würde ihn jetzt nicht aufhalten, wenn er wollte, konnte er bleiben, wenn er wollte konnte er gehen. Er war es der die Entscheidung treffen sollte. Er sollte auch erkennen, dass er immer noch seine eigenen Entscheidungen fällen konnte und auch musste.

  • Ich wollte gerade gehen, da spürte ich plötzlich ihre Hand auf meiner Schulter, die mich zurückhalten wollte. Noch einmal wandte ich mich zu Morrigan um. Warum tat sie das nur? Um meine Qualen noch unnötig zu verlängern? Doch dann sagte sie etwas, was mich dann doch stutzig machte. Hatte ich dieses kleine Detail vorhin überhört? Weil ich in meiner eigenen Trauer schier ertrunken wäre?
    „Was? Was sagst du da? Was meinst du damit? Wieso würdest du sonst schon unter den Toten weilen? Was ist passiert, Morrigan?“ Das waren verdammt viele Fragen auf einen Schlag. Aber im Augenblick verstand ich gar nichts mehr. Außer dass sie durch irgendetwas oder irgendwen bedroht worden war. Der „alte“ Angus, der noch irgendwo tief in mir zu schlummern schien, erwachte kurzzeitig, um „seine“ Morrigan zu beschützen.
    Die Worte, die sie dann sagte, trugen nicht wirklich zur Aufklärung bei. Doch eins war jetzt ganz gewisst: Irgendetwas Schreckliches musste seit meinem letzten Besuch hier geschehen sein. Meine Hände begannen sich zu Fäusten zu ballen. „Bist du überfallen worden? Oder hat dich einer deiner „Kunden“ bedroht? Sag mir seinen Namen und ich schlag ihn zu Brei!“ Oder hatte es damit zu tun, dass sie ja eine entflohene Sklavin war? Doch dass schloss ich einfach aus, denn dann wäre sie mit Sicherheit nicht mehr hier, geschweige denn noch am Leben.
    Nein, ich konnte jetzt nicht gehen. Noch nicht! Sanft schob ich sie zurück in das Zimmer und schloss die Tür. Ich nahm sie wieder behutsam in meine Arme. „Bitte, erzähl mir, was passiert ist?“

  • Es waren so viele Fragen die er stellte doch war die Antwort so schlicht, so einfach.
    „Der Claudier... er hat mich erwischt.“ Viel mehr konnte und wollte sie nicht sagen. Wieso sollte sie ihn auch mit den schmutzigen Detail belasten? Er würde sich wohl ausmalen können, was ein Herr mit einer Entlaufenen anstellte. Sie wollte auch nicht darüber reden, zu lange hatte es gedauert damit sie selber die qualvollen Tage vergessen konnte – nun vergessen war wohl kaum das richtig Wort. Verdrängt traf es wohl eher. Aber eine Genugtuung hatte sie. „Er ist nun aber tot Angus, ob es die Götter oder eine Krankheit war, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er mir nie wieder was anhaben kann.“
    Inzwischen saßen beide auf Morrigans Schlafstätte.
    Sie berichtete ihm auch, das der Helvetier es war, der sie nun gekauft hatte, der sie dem Claudier abgekauft hatte. Und so nach und nach erzählte sie dann schließlich doch was geschehen war. Das man sie eingefangen, ein gesperrt, aufgepeitscht, gebrandmarkt hatte und das sie schließlich der Lohn für die Fänger des Claudier war. Morrigan versagte die Stimme nur ganz leise sagte sie. „Du kannst dir kaum vorstellen, zu was die beiden fähig waren.“ Vielleicht konnte er es ja doch, aber Morrigan wollte darüber nun wirklich nicht sprechen, dass konnte Angus sehr wohl erkennen. „Hier bin ich nun aber in Sicherheit, ich bin jetzt die Sklavin von Helvetius Varus. Er hat mir die Leitung des Lupanar übertragen. Alles andere ist Vergangenheit.“ Ob sie nun versuchte ihn oder sich selbst zu überzeugen, dass konnte man sehen wie man wollte, denn nur zu deutlich war wohl zu erkennen, dass sie sehr wohl noch damit rang.

  • Morrigan wusste also bereits darüber Bescheid! Manchmal erstaunte die Perserin sie immer wieder. Doch sie kannte ja nicht wahren Gründe für ihr Interesse, wenn es um Varus ging.
    „Unerfüllte Liebe. Aha… ich wusste gar nicht, dass…“ Sie wusste so einiges nicht. Das aber war nicht verwunderlich, denn Varus hatte sich ihr gegenüber nie richtig geöffnet. Vielleicht weil sie die wahre Liebe in ihrem Leben gefunden hatte. Doch was nützte die wahre Liebe, wenn man sie mit dem, den man liebte, nicht gemeinsam ausleben konnte?


    Schließlich gingen sie gemeinsam. Und auf dem Weg zur Casa Helvetia berichtete ihr Beroe, wie ihre letzten Tage gewesen waren, seit ihrem letzten Besuch. Natürlich hatte sie nicht unerwähnt gelassen, wie sehr sie ihren Geliebten vermisste.
    -->

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!