[Via Appia] Ein Karren voller Hoffnungen, Träumen und Wünschen...

  • Ein Karren voller Hoffnungen, Träumen und Wünsche hatte sich vor einigen Wochen in Achaia auf den Weg gemacht, um in Rom sein Ziel zu finden. Nun auf den letzten Meilen herrschte im Wagen aufgeregte Stimmung, da die Insassen unter dem weißen Tuch, welches den Wagen überdeckte, freudig die Urbs (Rom) am Horizont erblicken können. Das Tuch, welches über dünnes Holzn gespannt war, gab nur nach Vorne einen weiten Blick frei, so dass sich die Augen nur auf die ewige Stadt richten konnten. Das alte Pferd trabte müde über die Decksteine der römischen Straße, die bereits seit mehreren Dekaden unverändert war. Es hatte am meisten auf dieser Reise gelitten, da es die Last des Wagens und seiner Passagiere alleine tragen musste. Das Pferd rumorte wiehernd auf.


    Verus hielt die Zügel fest in seinen Händen. Das Leder drückte sich schon seit einigen Stunden in sein Fleisch und hatte einige Striemen hinterlassen, die aber bei der Ankunft schnell vergehen würden. Kurz versicherte er sich seiner Calena, die neben ihm saß. Es war ein dunkler Tag, da die Wolken die Sonne verdeckten, wie das Tuch um sie herum, die Blicke zu den Seiten. Die Luft schmeckte seltsam frisch auf seinen Lippen, stellte Verus gedanklich fest, während seine Augen wieder die Stadtmauern am Horizont suchten. "Wir werden bald angekommen," sagte er nüchtern, da ihm flau im Magen war. Ihm war schlecht. Es mochte an dem alten Obst liegen, welches er vor einigen Stunden verspeist hatte oder auch an der Tatsache, dass er nun Rom betreten würde, die Stadt, die er eigentlich meiden wollte. Nicht nur aus Selbstschutz, da auch er die Gerüchte über die Tiberier kannte, sondern auch aus Angst vor der Größe dieser Stadt. Sie war unvorstellbar groß für einen einfachen Mann, wie Verus einer war. Gut, so einfach war er dann auch wieder nicht, da er ausreichend Bildung genossen hatte, vor allem in Philosophie; dennoch sah er sich nicht als echten Patrazier, der sich bald in die Ränkespiele dieses Pfuhls vor ihm einreihen würde und sich aus seiner einfachen Lebensrolle erheben würde.


    Er war bis dato nur Landbesitzer und im Groben Händler, der die Güter seiner Ahnen verwaltet hatte, um mit deren Erträgen ein erträgliches Leben zu finanzieren. Sie waren nie wirklich arm aber hatten auch nie einen Fuß in der Politik. Ihre Macht war allein das Gutsvermogen gewesen, welches ihnen leider vor einigen Monaten vom wilden Pöbel genommen wurde als man in den Wirren des Bellum Intestinum, dem großen Furor, der das Imperium zerwühlt hatte, ihre Güter entflammte. Verus konnte gerade noch seine kleine Familie retten und dies auch nur unter Einsatz seines Lebens, weil er einen Aufrührer, der die Treppe zum Hauptflügel hinaufstürmte, diese wieder hinunterstieß, so dass dieser unsanft aufschlug und verstarb. Doch hatten ihm die Götter einen kleinen Schutzgeist gewährt, der die engsten Sklaven der Familie dazu anhielt, sie zu warnen und den Pöbel kurzzeitig abzulenken. Verus war seinen Sklaven so dankbar, dass er ihnen spontan, ohne öffentlichen Akt, die Freiheit gewährte. Natürlich waren nicht alle Sklaven auf Verus Seite, doch wollten sie keinen Mord begehen und erhofften sich bei den Plünderungen große Beute, wenn der Hausherr einmal geflohen war. So geschah es auch. Verus floh mit seiner Calena aus seinem eigenen Haus. Der Karren war schnell beladen, mit dem nötigsten und wertvollsten, was er finden konnte und dann gab man dem Pferd die Zügel.


    Seit diesem Ereignis ist nun einiges an zorniger Zeit vergangen aber es war für Verus immer noch präsent. So präsent, dass er sich fürchtete, in diese Stadt zu gehen, die das Zentrum des blutigen Bruderkrieges war. Am Wegesrand patroullierten bereits Soldaten, die ihm Wagen in kleinen Conternubien vorbeimarschieren. Verus schluckte, befeuchtete seine zittrigen Lippen, die im kalten Wind, der in sein Gesicht schlug, wankten, wie die Selbstsicherheit des fliehenden Patraziers. Die Soldaten beachteten den Wagen weiter nicht, da sie es scheinbar ebenso eilig hatten, in Richtung der Stadt zu kommen. Welcher Partei gehörten diese Milites an? Verus ließ seine Gedanken durch seinen Geist zucken, wie die Blitze vor ein paar Tagen, die ihm aus dem Schlaf gerissen hatten. "Hmmm...", machte er, während er versuchte, die Kämpfer auf der breiten Straße, nicht anzublicken. Wieder blickte er zu seiner Calena, die immer noch leicht im Sitzen döste und sich an die Querstrebe des Stoffdaches lehnte. Sie war ebenso müde, wie er. Leider konnte sich der junge Ehemann dieser Römerin nicht ausruhen, denn an ihm lag es, nun weiter auf das Ziel dieser Flucht zu zusteuern, wie ein Seemann in einen Hafen. Nur wollte Verus diesen Hafen eigentlich nicht sehen. Nicht unter diesen Umständen und zu dieser Zeit. Sein Herz begann zu pochen. Nur noch wenige Momente. "Aufwachen," peitschte er zusammen mit den Zügeln, während er wieder in Fahrtrichtung starrte. "Wir müssen an der Porta den Wagen verlassen," erklärte er noch. Er kannte die Prozeduren von anderen Städten, nur war man in Achaia ein wenig freier und ließ einen Mann auch mit Gutdünken durch. Hier ging er nicht davon aus, da dies Rom war und Rom war nicht bekannt für einen laxen Umgang.

  • Ein Karren voller zerschlagener Träume, zerstörten Hoffnungen und Träumen, die wohl nun so weit entfernt waren, das sie immer Träume bleiben würden, hatte sich vor einigen Wochen in Achaia auf den Weg gemacht, um sich in Rom einer ungewissen Zukunft zu stellen. Zwar konnte man aus dem Karren heraus schon auf, die sich abzeichnende Stadt aller Städte, blicken, so war dieser Anblick von den insgesamt drei Reisenden erst nur einem vergönnt. Während der einzige Mann, Verus, den Karren mit dem altersschwachen Gaul lenkte, schlief Calena selbst einen sehr leichten Schlaf. Angelehnt mit dem Kopf an der Querstrebe, durchfuhr ihr angeblich ruhender Körper jede Erschütterung, welche ihrem lautstarken Gefährt erfasste. Wirklich schlafen tat Calena nicht, es war ein Zustand, der mehr dösend als wach war. Ein erholsamer Tiefschlaf wollte ihr bei diesen Reisebedingungen nicht vergönnt sein.


    Die lange und anstrengende Reise hatte sich bei der jungen Frau deutlich abgezeichnet. Sie wirkte müde und abgespannt, dunkle Ringe hatten sich unter ihren großen braunen Augen abgezeichnet und ihre Laune verdüsterte sich praktisch von Tag zu Tag. Selbst die aufmunternden Worte ihres Ehegattens hatten allmählich ihre Wirkung verloren. Calena brauchte keine Stimme des Trosts. Sie verstand schon die Notwendigkeit dieser Reise und dessen Strapazen, doch das musste nicht heißen dass sie jene Umstände mochte und genoss. Es war frustrierend Tag auf Tag auf das wenige in dem Karren zu blicken, was sie aus ihrem alten Leben hatten mitnehmen können. Viel war es nicht, nur das Nötigste wenn man das überhaupt so bezeichnen durfte. Es stimmte die Römerin, mit dem feurigen Blut in den Adern, traurig und wütend zugleich das ihr Besitzt so rapide und unwiederbringlich geschrumpft war. Dazu war die Aussicht auf Ersatz für alles Verlorene in weite Ferne gerückt. All das Ausgelöst von einem Familiennamen, der erst Wohlstand versprach und sie nun praktisch in die Arme der Armut trieb. Der Schäbige Karren, das alte Pferd und die fast ungenießbar gewordenen Vorräte zeugten von diesen Entwicklungen.


    Das einzelne, laut gesprochene Wort ihres Ehemannes reichte aus, um Calena aus ihren dösenden und gezwungenen Schlafzustand heraus zu reißen. Kurz zuckte ihr Körper zusammen als sie die Augen hastig aufschlug. Man hätte meinen können sie hätte tief geschlafen. Aber dem war nicht so. Ihr ganzer Leib fühlte sich steif an und fühlte sich, als ob dieser verdammte Karren über sie hinweg gerollt wäre, anstatt dass sie auf ihm saß. Schlaftrunken versuchte Calena ihre Desorientiertheit abzuschütteln. Nichts von der Gegend kam ihr bekannt vor, wie auch, sie war schließlich das erste Mal auf der Straße unterwegs die wahrhaftig nach Rom führte. Eine ganze Weile hielt der entfernte Anblick vom Herzen des Römischen Imperiums ihren Blick gebannt gefangen. Wenn etwas schon aus solcher Ferne so gewaltig aussah, wie musste es erst sein davor oder gar darin zu stehen? Jetzt da sie es vor Augen hatte, raubte es ihr die Sprache und sie blickte schnell zur Seite – direkt in das Müde Gesicht des Mannes, der der ihre war. So sehr der Zorn auch in ihrer Magengegend brodelte und jedes Gefühl von Hunger vertrieb, so überwog ihr Mitgefühl. „Wir hätten eine Pause machen sollen. Du hast noch weniger geschlafen als ich.“, kommentierte sie mit Sorge seinen Zustand und besah sich auch den seiner Hände, die verkrampft und wund eisern die Zügel hielten. Dabei ignorierte sie sehr offensichtlich seine Worte obwohl sie diese deutlich vernommen hatte. Calena schenkte ihrem Mann einen anklagenden Blick. Natürlich ging die Reise auch an Verus nicht unbemerkt vorbei, aber er musste sich deswegen noch lange nicht übernehmen. Ihrer Meinung nach konnten sie auch einen Tag später in Rom ankommen. Einen Tag mehr in diesen unbequemen holperigen Karren, darauf kam es nun wirklich nicht an.

  • Ja, er hatte wenig geschlafen, sogar sehr wenig. Verus war körperlich am Ende. Es war zu viel für den jungen Patrazier, der es nicht gewohnt war, zu fliehen oder zu kämpfen. Bis jetzt war ihm alles zugefallen und nun brach seine Welt völlig zusammen. Es war eine wahnsinnige Zeit für ihn, die seine Seele und auch seinen Körper zeriss, sichtbar an seiner Schlaflösigkeit und seinen schwarzen Schatten, die seine Augen zeichneten. Der Blick seiner Calena ließ ihn kurz lächeln. Zwar lag eine Anklage in ihren Augen, die Verus aber nicht sehen wollte und nicht sehen konnte. Ihre Schönheit ließ ihm nur ein Lächeln übrig, da er sich glücklich schätzte, sie wenigstens gerettet zu haben. Calena war alles, was er immer wollte und er hatte sie noch immer. Natürlich war sie kein Besitz für ihn, wie ein Sklave aber er konnte sich nicht mehr vorstellen, ohne sie zu sein. Ihre Nähe, ihre Worte und auch ihr Angesicht waren das, was er brauchte, egal, wie klagend, flehend oder verbittert dieses war. Verus kannte seine Frau, die mit Feuer im Blut geboren worden war und ihm oft Feuer machte. Dennoch, gerade das liebte er. Er war ohnehin eher ein ruhigerer Zeitgenosse, der darin sein Gegenstück gefunden hatte, was er einfach liebte, für das, was es war. "Es gibt keine Pause in diesen unruhigen Zeiten," kommentierte der Patrazier, der die Situation nicht verkannte. Denn er wusste, dass es Umbrüche in der Welt gab und der Erdkreis sich verändert hatte. Diese Umbrüche zwangen seinesgleichen, sich nach den gesunden Zeiten zurück zu sehnen. Verus wusste, dass er sich in eine Stadt begab, die von Wahnsinn gezeichnet war, wie ein Schlachtfeld von Göttern mit Blut gemalt worden wäre. Dieser Vergleich entstand in seinem Kopf fast sekundenschnell mit den Blickfetzen der vorbeimarschierenden Soldaten. Verus reichte das Leder der Zügel an seine Frau weiter. "Nimm' du bitte die Zügel," sagte er vorsichtig. Immerhin das konnte sie ihm abnehmen, wenn sie bereits eine Anklage für seine Sorge um ihre Sicherheit erhob. So konnten sich seine eingeschnittenen Hände erholen von den Stunden. "Ich mache mir nur Sorgen um dich," schob er nach, wobei er sie nun auch klagend anblickte. "Ich liebe dich und möchte dich schützen." Knappe Worte, die seine Gedanken fast umfassend abbildeten, denn mehr spielte in diesen Zeiten keine Rolle, als einfach zu überleben und das zu retten, was einem am meisten im Leben bedeutete: die Familie. Sie waren noch nicht untergegangen und das ließ im Hoffnung, dass eines Tages wieder Licht auf seine kleine Welt scheinen würde. Die Götter waren vielleicht gnädig mit dem jungen Mann, der sich als guten Ehemann sah.

  • Wortlos nahm Celena es hin das ihr Mann ihren Blick auswich und darauf eine andere Weise reagierte, wie sie es beabsichtigt hatte. Ein fast geräuschloses Seufzen entwich ihren Lungen, während sie sich auf ihren Platz wieder zurück fallen ließ. Von dem unbequemen Sitz der letzten ein bis zwei Stunden war ihr Nacken völlig versteift, was die Dunkelhaarige versuchte ein wenig weich zu massieren versuchte. „Es bringt uns aber auch nichts, wenn du vor Müdigkeit vom Karren fällst.“, widersprach Calena in gewohnter Form und musste aber sich selbst gestehen, das die vielen Soldaten durchaus Verus angesprochene Unruhigen Zeiten bezeugten. Eine kurze Weile beobachtete sie die im Gleichschritt vorbeigehenden Soldaten wurde dann aber abgelenkt. Aufgrund der Aufforderung Calena rutschte ein wenig vor und nahm ihrem Mann die Zügel aus den steifen Fingern. Sie mochte zwar nicht reiten können, doch hatte sie auf dieser langen Reise gelernt wenigstens einen Gaul mit seinem Karren auf einer gerader Strecke halten zu können. Und selbst bei einer solchen Einfachen Sache hatte es die liebreizende Ehefrau des Patizier es geschafft sich zu beschweren, als sie einmal einige Stunden am Stück mit dieser Aufgabe betraut worden war. Sein Vorschlag die Zügel wieder zurück zu nehmen hatte sie trotzig ausgeschlagen. Sie mochte in ihrer jetzigen Lage immer noch sehr gut Klagen können, doch versuchte Celane ihrem Mann so gut es ging zu unterstützen und da nahm sie Stunden langes Wagenlenken schon in Kauf. Konzentriert lag ihr Blick aus den warmen dunkeln Augen auf der Straße und dem Rücken des alten Pferdes. „Deine Sorge ehrt mich, aber wie ich bereits sagte, es bringt uns nichts wenn du bei unserer Ankunft dich kaum auf den Beinen halten kannst.“, erwiderte sie mit einem harten Ton, aber am Ende ihres Satzes wurde ihre Stimme weicher. „Wenn ich so das Antlitz Roms vor uns sehe, habe ich die Befürchtung wir werden von ihr einfach verschluckt werden. Hast du jemals eine solche riesige Stadt gesehen?“, plauderte die junge Frau fast sorgenfrei drauf los. Ihnen mochte zwar das Heim auf einen aufständischen Wege entrissen worden und ihre Zukunft sah alles andere als vielversprechend. Aber der Anblick auf das gewaltige Rom ließ Calena für einen Moment all ihr Unglück vergessen.

  • Ihre Aussage über seinen gesundheitlichen Status als Kutscher ignorierte Verus, denn er kannte seine Frau und ihre Einstellung zu ihm. Beide liebten sich, doch hatte die Liebe seltsame Züge von Bevormung ihrerseits angenommen, die er ignorieren musste, um nicht gänzlich seine Liebe zu ihr in Frage zu stellen. Er liebte sie und das genügte, auch um solche Aussagen per se zu dulden. Ja, sie hatte die Macht in dieser Beziehung, da dem jungen Mann nicht daran gelegen war, sein Privatleben sowie seinen Haushalt selbst zu gestalten. Verus war ganz und gar Philosoph, Denker und Patrizier, welcher den Haushalt gerne seiner Frau übertrug, um sich selbst in Kolloquien wieder zu finden,


    "Sie ist groß, zu groß," antwortete der Patrizier mit müden Worten auf die Aussage zur Urbs. "Dabei schreckt mich nicht die Größe, sondern, was diese Größe beinhaltet. Rom kann ein Sumpf von Unrecht sowie Gewalt sein, den ich dir und mir eigentlich nicht zumuten möchte." Verus betrachtete seine wunden Hände, strich vorsichtig über seine spröde Haut und versuchte den kratzenden Schmerz zu verdrängen. Der junge Adelige kannte die Gewalt des Menschen und den Hunger nach Macht, denn dieser war ihm sowie seiner Familie vor Kurzem zum Verhängnis geworden. Er musste Gewalt erdulden, weil er seine persönliche Macht und seinen Reichtum nicht teilen konnte. Er war ganz Dominus gewesen. Ein fataler Fehler in solchen Zeiten, wie diesen, wenn man auf die Unterstützung seines engsten Kreises angewiesen war und der Bestand zur damaligen Zeit aus dem blanken Landpöbel, welchem er sich überlegen sah. Diese Gedankenwelt war nun zerbrochen und Verus musste seine Lebensführung neu finden. Er musste sich selbst neu erfinden, um diese chaotische Welt zu verstehen. Er wollte sie verstehen, dann es war in seiner Natur, zu grübeln; man mochte es melancholisch nennen oder auch schwermütig aber wer konnte es ihm in dieser Zeit verdenken? Rom war Hoffnung und Orkus in einem für den Tiberier. Einerseits Hoffnung auf ein neues Leben, andererseits bestand die Angst vor dem Bürgerkrieg, Proskriptionen und noch mehr Gewalt. Verus holte tief Luft und betrachtete stumm die Stadt. Seine Frau sollte sprechen, wie sie es immer tat, wenn er nicht sprechen konnte und die Worte nicht fand, die er brauchte, um das Leben zu definieren. Sein Geist war zu blumig, um Dinge klar zu benennen. Seine Frau war anders und das schätzte er sehr. So wandte er seinen Blick wieder zu ihr, lächelte schüchtern und sagte - fast wortlos: "Es wird besser." Die kraftlosen Worte waren mehr gehaucht als gesprochen, denn sie waren mehr oder minder eine fixierte Hoffrnung. Calena würde besseren Mut für die beiden finden.


    Edit - Müdigkeitsfehler ausgebessert -.^

  • Ein Murren von hinten gab schließlich Bestätigung darüber, dass sie tatsächlich zu dritt waren, und nicht nur zu zweit. Denn hinter ihnen, am vorderen Ende des abgedeckten Wagens. Entweder es war ein Schlagloch gewesen, oder ein kleiner Stein, oder auch nur eine Unebenheit - die junge Dame war jedenfalls wach - und übel gelaunt. Sie hatte sich ein kleines Lager aus weichen Unterlagen gebaut, denn der Sedes, den man extra für sie hineingestellt hatte, war mehr als unbequem und langweilig geworden. Auch für sie war die Reise auslaugend und kräftezehrend. Und das, obwohl sie wohl die angenehmsten Reisebedingungen hatte. Weiche Unterlage hin oder her, es schmerzte ihr so ziemlich alles.


    "Sind wir bald da?" tönte es schließlich mit der jugendlichen, aber mindestens auch so unfreundlichen Stimme von hinten - vielleicht sogar etwas unfreundlicher, als sie es eigentlich gemeint hatte. Aber alles schmerzte, und über ihre Haare wollte sie überhaupt nicht erst nachdenken. Also erhob sie sich, und lehnte sich schließlich etwas nach vorne, um auch etwas mitzubekommen von dem Spektakel das da vorne zu sehen war - und es wäre nicht sie gewesen, hätte sie sich die vorbeiziehenden Soldaten nicht ganz genau angesehen. Jetzt war es also vorbei mit der Ruhe, etwas, das jetzt nach der strapaziösen Fahrt wohl gerade noch gefehlt hat.

  • Das deutliche Murren von Hinten bestätigte Verus Befürchtung, die er bei der raunenden Geräuschkulisse bereits befürchtete. Die junge Decima, die sie unbedingt begleiten wollte, war erwacht. Sie war eine typische Jugendliche ihres Alters, die sämtliche Konventionen gerne im Angesicht der Älteren brach. Verus selbst war nie so gewesen, denn er hatte einen sehr unsicheren aber folgsamen Charakter, ganz im Gegensatz zu den Decima-Frauen an Bord, die ihr feueriges Blut gerne offenbarten, besonders deutlich wurde dies bei Flaminina, die wirklich frech sein konnte. Ihre zischende Frage, die unfreundlich in seine Ohren eindrang, verlangte eine ebenso freche Antwort: "Sobald wir da sind, junges Fräulein." Verus selbst war nicht oft unfreundlich aber nach dieser Reise, konnte er sich nicht mehr beherrschen und es brach aus dem gut erzogenen Patrizier heraus. Der Kommentar der jungen Decima auf den hinteren Plätzen war unangebracht und ließ Verus entnervt hinter sich blicken. Dabei hatte er alles getan, damit es der jungen Dame gut erging: einen Sedes, eine Decke, mehrere Kissen und sogar eine Karaffe mit gesüßtem Wein stand bereit, um sogar ihren Durst zu mildern, dennoch war sie frech. Verus seufzte trocken und ließ den Kopf hängen. Der Wagen rumpelte weiter über die gerade Straße, die inzwischen silbernd in der Sonne funkelte, weil sich auf dem reflektierendem Kopfstein das Licht brach.

  • Stumm nickte die Decima. Das was sich vor ihren warmen, dunklen Augen als Stadt offenbarte, wirkte wirklich nach etwas was eigentlich zu groß war um wirklich sein zu können. Es mochte daher kommen das Calena eher ländlich aufgewachsen war und nur, wenn überhaupt, mittelgroße Städte bereist hatte. Geschichten über die Größe und der Schönheit Roms hatte sie zwar gehört und mit staunen verfolgt, doch war sie nicht in der Lage gewesen sich auch nur ansatzweise die wirklichen Ausmaße vorstellen zu können. „So? Von Gewalt sprichst du? Und was findest du, an anhand der Gefahr die uns erwarten kann, an deinem Entschluss keine Rast zu machen so vorteilhaft? Ein müder Verstand ist nicht wachsam, Verus, er begeht Fehler.“, wohl gewählt erschienen Calenas Worte, doch verbarg sich dahinter mehr Unsicherheit als echtes Wissen. Er sprach von Gefahren, doch wusste Verus wie sie aussahen? Sie wusste es nicht und fürchtete sich davor, was sie alle erwarten würden wenn ihre Reise endlich am Ziel angekommen war und endete. Dann brauchte sie einen starken Mann an ihrer Seite, der mit ihr gemeinsam durch das allmächtige Rom ging und nicht einen müden und antriebslosen Geist der ihr hinter her trottete, wie ein treudoofer Hund. „Wir werden schon dafür sorgen dass es besser wird.“, kam es streng von seiner Ehefrau zurück. Die mit wir auch hauptsächlich sich selbst meinte – wie wohl jede Römische Frau die beabsichtigte ihren Stand durch den Ruhm ihres Mannes zu verbessern.


    Da Calena selbst grade dafür zuständig war das ihr Pferd, nein besser passte alter Gaul, nicht den Karren von der Straße ab zog, konnte sie nur aufgrund der lauter werdenden Geräusche im inneren des Gefährts ausmachen das ihre Nichte wach geworden war. Vielleicht hätte die ältere Decima an dieser Reise noch etwas Positives abgewinnen können – Wochen lang in absoluter Zweisamkeit mit ihrem Ehemann. Aber nein, das anstrengende heranwachsende Frauenzimmer einer Nichte bestand darauf sie nach Rom begleiten zu wollen. Die frechen Worte Flaminina’s ließen nicht nur Verus unfreundlich werden. Ihrer Nichte kam es grade zugute das Calena den Weg im Auge behalten musste, sonst hätte es wohl eine erzieherische Zurechtweisung ihrerseits gegeben – mit direkten und eindringlichen Blickkontakt. Da ihr aber dafür die nötige Kraft fehlte, schwand auch ihr Wille auf einen Streit mit ihrer Nichte. Der derzeit auch einfach überflüssig war. „Vielleicht trügt die Größe Roms unseren müden Augen nur vor, sehr bald von uns erreicht zu werden.“, meinte Calena und wohl nur Verus war im Stande die versteckt mitklingende, aufrichtige angst heraus zu hören, das es wirklich so sein konnte.

  • Es war zumindest typisch für das wallende Blut, um Konventionen auf ihre Stabilität zu testen - denn sie brach diese nicht, sie rüttelte nur daran. Sie war ein Wirbelwind, und als solchen musste man eben auch richtig mit ihr umgehen können. Noch dazu hatte sie länger nicht die starke Hand ihres Vaters genossen, dieser war ein großer Held für sie - aber eben kein Vater, der seine Tochter in Zügeln halten konnte angesichts seines Einsatzes. Und so war diese ganze Aufgabe jetzt irgend wie Verus in die Hände gefallen - oh schön eine Ersatztochter.


    Und eben jeder hatte er alles, aber wirklich alles entgegengebracht, was er finden hatte können. Und dennoch schien es nicht aus zureichen. Aber war dem wirklich so? Rein vom Verhalten konnte man keine Dankbarkeit ablesen - aber ob diese deswegen auch nicht vorhanden war? Aber warum sollte sie sich ob der Worte von Verus einschüchtern lassen? Das war nicht ihre Art. Viel mehr war es ihre Art, jetzt nach vorne zu klettern - und schließlich zwischen den Beiden zu landen, um Rom etwas genauer sehen zu können. In diesem Moment war es dann auch, als sie aufwachte, und sich die Beiden besah. Die sahen beide... schlimm aus. Selbst im Vergleich zu ihr. "Ihr solltet rasten. Soll ich übernehmen?" - für Verus wohl zu höchst überraschende, ja gar irritierende Worte, doch für Calena doch eigentlich nichts Neues. Den Umgang mit Pferden lernte man quasi nebenbei in ihrer Gens - wenn auch nicht das Reiten an sich.

  • Bemerkte Flaminina den bösen Blick ihrer Tante, als das junge Ding halsbrecherisch zu Calena und ihrem Mann nach vorn kletterte? Zwar mochte so gesehen Platz dafür sein, doch nun zu dritt nebeneinander war es doch sehr beklemmend eng und die beiden außensitzenden mussten etwas darauf achten nicht an den Seiten vom Karren zu rutschen. Vielleicht kam Verus doch noch in den Geschmack vor Müdigkeit vom Karren zu fallen, wenn er nicht aufpasste. Calena ersparte es sich aber ihre Nichte zu fragen, ob es nun wirklich notwendig war das sie noch vorn gekommen war. Sie hatte ein wenig Mühe den Gaul ruhig zu halten, der bei dem Gerangel hinter sich nervös die Ohren anlegte und in einen unregelmäßigen Trab verfiel. „Nein.“, lehnte Calena das Angebot ihrer Nichte die Zügel zu übernehmen ab. Zum einen konnte es nicht mehr allzu lang dauern bis sie die Stadtmauern erreicht hatten und deshalb würde sie Verus auch nicht mehr dazu überreden können sich im hinteren Teil ihres Karrens ein wenig hinzulegen. Die Nähe Rom’s würde ihn um den Schlaf bringen und auch sein Pflichtgefühl als Mann präsent zu sein wenn sie ankamen und ihr Gefährt verlassen mussten. „Aber du kannst nach sehen ob wir noch etwas Salbe dabei haben. Die geschundenen Hände von Verus werden dir deine Mühe sicher danken.“, schickte Calena ihre Nichte mit einer Aufgabe wieder zurück in das Innere des Karrens. Dafür sah sie Flaminina sogar eindringlich an, das sie keinen Widerstand, oder besser gesagt keine Verweigerung dieser Bitte duldete. Hinzu kam das vorn wieder mehr Platz sein würde. Die wochenlange Reise war allein schon anstrengend genug gewesen, da musste auf der letzten Strecke nicht noch künstlich dafür gesorgt werden das es noch unbequemer wurde.

  • Ja, tatsächlich bemerkte sie den bösen Blick - den sie mit einem "was denn?" Blick aus ihrem engelsgleichen Gesicht konterte. Und somit war es dann auch schon wieder vorbei gewesen mit dem harten Gesicht. "Schade." meinte sie, und sah sich wieder einen vorbeiziehenden Soldaten an - Rom war vielleicht schön, Rom war groß, aber was sie viel mehr interessierte als bloß die Stadt an sich, konnte man leicht ausmachen. Sie war durch und durch eine Decima, und als solche hatte sie in erster Linie Augen für Männer in Rüstung. Da verstummte sie direkt für ein paar Sekunden, und es kam zu keinem weiteren Kommentar ihrerseits mehr.


    Zumindest, bis Calena ihre Nichte anstubste, um ihr einen Auftrag zu geben. Und tatsächlich, noch bevor Calina überhaupt ihren strengen Blick einsetzen konnte, war sie auch schon wieder genauso schnell wieder verschwunden, wie sie erschienen war. Das kleine Biest war tief im Inneren immer noch ein warmherziges Mädchen, das zu ihrer Familie - und auch zu ihrem Onkel - stand. Die Reise nach Rom war nicht ganz so unüberlegt gewesen, wie es vielleicht den Anschein machte. Denn sie wäre bei Weitem nicht mit jedem mitgegangen. Aber Tante und Onkel, die waren in Ordnung. Und genau deswegen kramte sie jetzt auch hinten im Wagen nach dem Verlangten.

  • Es war seltsam. Seltsam surreal. Verus blickte sich verstört um. Dieser Moment hatte seinen eigenen Rythmus, der ihn verstörte. Vor ihnen lag Rom, ihre neue Heimat und hinter ihnen das Feuer des Krieges, welches ihnen viele Dinge genommen hatte, vor allem ein echtes Zuhause. In diesem Moment erinnerte er sich an die Flammen der Fackeln; mit denen der Pöbel ihre Häuser entfachte. Verus war der Jetzt-Zeit entrissen, während die beiden Frauen über Alltägliches sprachen, wie Salben und diese Kutsche. Verus nahm dieses nicht wahr. Er schloss die Augen, um diesen Moment zu erfassen. So schwieg er, um seinen Optimismus erneut zu finden, den er bei dem Gedanken an das Feuer, welches alles verbrannte, verdrängte. Dessen dunkle Schwaden brachten Dunkelheit und diese Dunkelheit fürchtete er. Bald würden sie alle Rom erreichen. Verus machte sich gefasst darauf, den Boden dieser neuen Heimat zu erst zu betreten. Ein kleines entstelltes Lächeln bildete sich um seine Lippen. Dann öffnete er die Augen wieder. "Wir sind gleich da," sagte er noch. Noch wenige Meter waren vor ihnen. Es war geschafft.

  • Nur ein Kieselstein des großen Felsbrocken der auf Calenas Schultern zu Lasten schien, fiel von ihr ab als ihre Nichte den Götter sei Dank wieder ins Innere des Karrens kletterte und Verus und ihr wieder mehr Platz vorn bot. Da Flaminina anfing ihr Reisegepäck mehr oder weniger lautstark durch suchte – nach verlangter Salbe, fiel der Blick der heißblütigen Iriberin auf ihren Ehegatten. Der sich wieder einmal gekonnt aus der Affäre zog und mit Desinteresse glänzte. Zornig zog Calena die Stirn kraus, löste eine Hand von dem warmen Leder der Zügel und stieß Verus unfreundlich grob von der Seite aus an. In Gedanken wünschte sie sich das er nun vom Karren fallen würde, aber dafür war ihr Anstoß nichtkräftig genug und somit blieb dieses Gebet unerhört von den Göttern. Aber es würde wohl ausreichen um Verus klar zu machen das er in den Augen Calena’s mal wieder etwas falsch gemacht hatte. Das typische schweigen was von der herrischen Persönlichkeit in Form einer dunkelhaarigen Frau kam, half dem Patrizier wie gewohnt nicht sonderlich weiter um seinen vorgeworfenen vermeintlichen Fehler nachvollziehen zu können.
    Mit müden Augen steuerte Calena den Karren immer weiter auf Rom zu und je näher sie den Stadtmauern kamen umso voller schien es zu werden, jedenfalls kam es ihr so vor. Etwas hilfesuchend wandte sie sich an Verus, schließlich war er der Mann und hatte sich um das Ende dieser Reise anzunehmen und zu kümmern. Es konnte schließlich nicht sein, das ihr Mann nicht fähig war Größe und Präsenz bei ihrer Ankunft zu zeigen und lieber seine Frau vorschob.

  • Der Wagen hielt an. Verus befeuchtete seine Lippen mit einem Zungenstrich, während er vorsichtig vom Gefährt herabstieg. Mit einem kratzenden Geräusch betraten seine Sandalen - samt ihm - den Boden von Rom. Der Patrizier blickte zum großen Tor auf und blickte dann ehrfürchtig zu seiner Frau, die ihm gerade noch in die Seite geboxt hatte. "Wartet hier," sagte er leise, so dass sich seine Frau anstrengen musste, es überhaupt zu hören. Seine Frau hatte mal wieder diese Phase, die Verus dazu veranlasste, ihr aus dem Weg zu gehen. Insofern gefiel es ihm, nun mit der Stadtwache zu verhandeln, damit er den Wagen mit nach Rom hineinnehmen durfte. So ging er also zur Stadtwache.

  • Seltsam surreal mochte es schon sein, aber alltäglich war dies alles nun wirklich nicht. Dieser Wagen war für Flaminina gerade das Aufregendste überhaupt, war er doch ihre Möglichkeit, die große Stadt zu sehen - mit all ihren Einwohnern. Natürlich bedauerte sie auch sehr, was geschehen war - doch im Gegensatz zu Verus oder Calena war ihr der genaue Anblick erspart worden, sie hatte nur im Nachhinein davon erfahren.


    Und so kramte sie jetzt eben hinten nach besagter Salbe - die - wie sollte es auch anders sein - nicht zu finden sein sollte. Calena hatte wohl bei ihrer hastigen Flucht an alles andere als eine Salbe gedacht, und so blieb die Suche fruchtlos. Nicht ganz allerdings, denn immerhin war die junge Frau beschäftigt - für eine gewisse Zeit.


    "Da ist nichts!" waren die Worte, die ankündigten, dass die Ruhe ihr Ende gefunden hatte. Sie kämpfte sich wieder noch vorne durch - und entdeckte, dass sie angekommen waren. Nun ja, noch nicht ganz, dann an der Stadtwache mussten sie noch passieren, und Verus war schon am Abklären dieses Umstandes. Sie sah davon ab, noch einmal nach vorne zu klettern, und lauschte erst einmal dem Gespräch - genauso wie es wohl auch Calena tat, so es die Lautstärke denn überhaupt zuließ.

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