Das mittelgroße Mietshaus inmitten des Viertels lag umschlossen von mehreren Straßen, in Mitten des Lebens. Auch wenn es vornehmlich bessere Bewohner der Stadt beherbergte, war es typisches römisches Mietshaus, genannt Insula. Handwerker und niedere Beamte bewohnten die kleinen Wohnungen im Inneren, während sich im Erdgeschoss eine größere Taverna befand, die mit ihren Garküchen warb. Das Haus war mit gelb-weißem Putz verkleidet und in Richtung Erde mit blutroter Farbe besetzt, welche eine Art Bordüre bildete, die jedoch recht beschmutzt wirkte. Die Fenster der Wohnungen waren mit Holzläden verschlossen oder im geöffnetem Zustand mit Leinen verhängt, um den Staub der Straßen fernzuhalten. Auf den Straßen herrschte reges Treiben, da sich viele Menschen, vorallem Handwerker, durch die engen Korridore drängten, um in dieser Garküche, genannt "die Feine", zu speisen. Der Duft von Garum, Suppen und anderen Lebensmitteln zog in die Wohnungen hinauf und ließ sich in der Form von Düften in den Wänden nieder. Das Wagenverbot galt tagsüber, so dass sich vornehmlich Handkarren rumpelnd durch die Straßen zwangen und bei dem Gedränge schon mal die eine oder andere Amphore fallen ließen. Die Geräuschkulisse war im Vergleich zu anderen Vierteln in Rom noch relativ gering, so dass sich viele "Mittelständler" hier niederließen. Die Stadtwache sorgte im eigenen Interesse für vermehrte Kontrollen und die städtische Magistratur kontrollierte die Bausubstanz der Insula, da bereits einige Insulae eingestürzt waren. An diesem Ort würde sich bald eine kleine römische Familie niederlassen, die eine weite Reise hinter sich hatte. Es war die Familie von Aulus Tiberius Verus mit seiner Frau Decima Calena sowie ihrer Nichte Decima Flaminina.
[Trans Tiberim] Insula XXI
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Verwandte besuchen! Zumindest hatte sich das Lucia so gedacht. Sie hatte nun ein paar Tage schon nichts Besonderes mehr gehabt, keine Besucher bei sich zuhause, keine Umzüge von neuen Kaisern, es war fast wieder wie in der Villa Rustica. Grässlich! Da musste sie doch etwas gegen tun! Leider hatte sie noch keinen festen Freundeskreis hier in Rom, niemandem bei dem man einfach mal so auftauchen konnte – außer die Verwandten natürlich! Soweit man die Frau ihres Vetters und deren Nichte als Verwandte bezeichnen konnte, aber es war besser als nichts. Es war natürlich unhöflich so unvermittelt aufzutauchen, also schickte Lucia zumindest schon mal einen Sklaven voraus, der ihren baldigen Besuch ankündigte. Eine Stunde würde doch reichen, oder? Jetzt wo sie unterwegs war, kam Lucia die ganze Sache doch ein wenig hoppla hopp vor, doch einen Rückzieher wollte sie auch nicht mehr machen. Als kleine Wiedergutmachung hatte sie drei wunderbargearbeitete und bemalte Schalen dabei, jede ein Kunstwerk für sich. Und da es ihr so schäbig vorkam diese ungefüllt zu übergeben wurden je in eine Himbeeren, Erdbeeren und Johannisbeeren gegeben, dass diese beinahe überliefen.
So gerüstet kam Lucia in ihrer Sänfte vor der Insula an und war erstmal geschockt. Eine Garküche? Ihre armen Verwandten mussten mit den aufdringlichen Gerüchen einer Garküche leben!? Sie hatte ja irgendwie mitbekommen, dass die Drei fast alles verloren hatten, aber das hatte sie nicht erwartet. Zum Glück konnte sich die junge Tiberia nun ein paar Momente nehmen, um sich wieder zu sammeln. Es würde wahrlich keinen guten Eindruck machen, wenn sie vor ihren Verwandten über deren Lebensverhältnisse die Nase rümpfte. Spontan beschloss Lucia diesen häufiger Besuche abzustatten und jedes Mal nützliche und für ihre Verwandten repräsentative Geschenke mitzubringen, die armen Leute! Beinahe bekam die junge Frau jetzt ein schlechtes Gewissen die ihr geschenkten Gläser nicht noch mehr gewürdigt zu haben, doch das war wohl jetzt zu spät… Tief durchatmend und dies sofort bereuend, stieg Lucia also aus ihrer Sänfte aus und wäre beinahe mit einem Botenburschen zusammengestoßen. Dieser entschuldigte sich tausendmal, blieb jedoch keine Sekunde stehen. Sich seelisch auf das schlimmste vorbereitend, ließ sich Lucia also von Sekunda zur hoffentlich richtigen Türe führen und ihre Sklavin klopfte vernehmlich.
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Verus vernahm ein Klopfen. "Hmm...", machte er und stand von seinem Sedes im Wohnraum auf, der gleichzeitig Culina und Triclinium war. Wer besuchte ihn nun? War seine Frau zurück? War es seine Nichte, die ebenso ihrer Wege gegangen war? Seine Tunika richtend, stapfte er müde zur Tür. Die Schriftrolle in seinen Händen sprach davon, dass er gerade alte Texte genossen hatte und sich historisch bildete. Mit einem Satz öffnete er die Tür, lugte vorsichtig hinaus und sagte: "Ja, bitte?" Der dunkle Korridor, der nur schwach beleuchtet war, gab die Gesichter kaum zu erkennen.
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Die junge Tiberia war verwirrt, als ihr so wortkarg die Tür geöffnet wurde. War sie hier falsch? Doch die Stimme klang nach ihren Vetter, oder? Sie kniff die Augen gegen das so hell wirkende Licht hinter dem Mann in der Tür zusammen. Das war ihr Vetter! Hatte der Sklave sie denn nicht angekündigt? Wenn der sich auf dem Weg wieder ein Weinchen oder sonst was gegönnt hatte und nun nach ihr hier ankam, konnte der faule Mistkerl was erleben!
„Salve Verus!“, begrüßte Lucia diesen und schob gleich vorsichtig nach: „Hat mich mein Sklave nicht angekündigt?“ Dass es vielleicht angebracht wäre den eigenen Namen zu nennen, darauf kam die junge Frau nicht. Sie hielt die Schale mit den Himbeeren mit beiden Händen vor ihrem Bauch fest und blinzelte noch immer gegen die Helligkeit. Sekunda verlagerte indes das Gewicht der beiden Schalen die sie trug, diese waren zwar nicht all zu groß, aber Sekunda war ja auch nicht mehr die Jüngste.
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Verus weitete die Augen. Lucia? Hier? Jetzt? Sie würde die Behausung sehen, die er ertragen musste. Es war seine Schande, dass er seine Familie nicht mehr bieten konnte. Traurig legte er die Lippen zusammen, packte die Schriftrolle auf die Seite, dort wo ein kleiner Schrank stand. Dann lächelte er, immerhin schien sie freundlich und hatte Himbeeren dabei; eine wunderbare Köstlichkeit, die er lange nicht mehr gegessen hatte. "Salve, Lucia." Der Patrizier trat einen Schritt zurück. Jetzt war es ohnehin zu spät. Nun konnte er sie auch gleich hineinbitten. "Komm' doch herein," sagte er und machte eine einladende Geste. "Ich bin in meiner Schrift vertieft gewesen, so denn ich vielleicht nichts gehört habe," formulierte er mit einem Grinsen. Sein Herz machte einen Satz aufwärts, da ihm die Situation peinlich war. Diese Wohnung war - unter anderen Gesichtspunkten - einem Patrizier unwürdig. Es war eine wirkliche Schande aber was sollte er tun? Mehr Geldmittel hatte er nicht mehr und seine Hoffnung lag allein bei Palma, dass er sein Vermögen wieder herstellen möge oder zumindest entschädigen. Dann fiel ihm die Sklavin auf, kurz betrachtete er diese aber schließlich verdrängte er sie wieder, da Lucia der Besuch war und nicht die Sklavin.
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Verus brachte es doch glatt fertig und verschaffte dem Skalven eine Ausrede… Doch dann hätte der tumbe Kerl vor der Türe warten müssen, oder zurückkommen und ihr Bescheid geben dass niemand zuhause zu sein schien. Nein, es würde den Sklaven sicherlich nicht retten, doch Lucia nahm diese Erklärung mit einem Lächeln entgegen.
„Ich hatte gehofft deine Frau und ihre Nichte anzutreffen.“, begann die junge Tiberia schon beim Eintreten zu plappern. „Ich muss ehrlich zugeben mir war ein wenig langweilig, ich hatte die letzten Jahre viel zu viel Zeit für das süße Nichtstun, so dass mir nun schon zwei Tage ohne spezielle Beschäftigung zu viel sind. Da hab ich mich gefragt, wo könnte ich spontan hingehen?“ Ohne sich groß umzusehen lief sie neben Verus her, sie wollte nicht unhöflich oder abwertend erscheinen, doch aus den Augenwinkeln sah sie genug. Wie klein dieser Ort doch war! Doch ohne darauf einzugehen schenkte sie ihrem Vetter ein Lächeln, um dann nach einer kurzen Kunstpause sich selbst zu antworten: „Zu meiner Schwägerin! Wozu hat man denn Verwandtschaft, wenn man sie nicht mal überfallen kann? Als kleine Entschuldigung hab ich die hübschen Schalen hier mitgebracht und als kleine Nascherei die Erdbeeren, Johannisbeeren und Himbeeren darin.“ Sie deutete kurz zu ihrer Leibsklaven welche die anderen beiden Schüsseln trug.
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Leider hieß ungemeldetes Besuchen auch, dass man sich darauf nicht einstellen konnte. Für Verus hieß das, dass er nichts vorbereiten konnte, für die Nichte allerdings in erster Linie, dass sie nicht zuhause sein konnte, um die junge Tiberia zu empfangen. Man kam ja aufgrund des Alters wohl ganz gut miteinander aus - aber die Ankündigung hätte einfach ein wenig früher sein müssen, um den Wirbelwind im Haus anzutreffen. Zum Zeitpunkt dieser Szene war sie gerade irgend wo in den Straßen Roms unterwegs - aber vielleicht würde sie ja noch rechtzeitig kommen, wer wusste das schon? Auf jeden Fall gab es Verus Zeit in der Flaminina mal ausnahmsweise nicht ständig um ihn herum war - seit dem Umzug war nicht viel Zeit gewesen für eigene Aktivitäten, und auch der versprochene Ausflug mit Calena war noch nicht geschehen - ebenso wenig wie der Besuch bei der eigenen Familie. Da musste also noch Einiges nachgeholt werden. Doch das spielte alles keine Rolle im Moment, Flaminina war ausgeflogen, Lucia musste also wohl mit Verus vorlieb nehmen - vielleicht war aber auch Calena zuhause?
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"Ich bin allein," stellte Verus nüchtern fest, während er einige Schritte in den Wohnraum hineinging und den Leibsklaven ignorierte; ferner die Köstlichkeiten, die Lucia besorgt hatte. Der Patrizier schien seltsam verschlossen. Belastete den jungen Mann etwas? In der Tat. Viele Gedanken trieben in seinem Geist ihr Unwesen. Ängste und Hoffnungen. Gedanken an das Verlorene und Träume von Wünschen, die wohl nie mehr in Erfüllung gehen würden. "Willkommen in meiner bescheidenen Casa," sprach Verus mit einem leicht zynischen Unterton. "Nimm' Platz." Er deutete auf einen Sedes vor sich. Der Raum war schlicht und ebenso seine Einrichtung. Hier war kein Luxus. Hier war nichts von Stand. Hier war nur Verus auf einfachen Billigmöbeln. Er seufzte. "Verzeih' mir! Ich bin recht zerschlagen, da mich viele Dinge belasten," erklärte der Tiberius seine Stimmung, um ein wenig Verständnis zu ernten.
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Lucia folgte dem auf sie irgendwie abweisend wirkenden Verus in den Wohnraum und fühlte sich mit jedem Schritt unwohler. Das war so… winzig hier. Und dann sprach er noch von seiner bescheidenen Casa, was sollte Lucia darauf antworten? Hübsch habt ihr es hier? Diese Floskel würde wahrscheinlich eher wie Hohn klingen… Mit einem verlegenen „Danke“ ließ sich Lucia also auf den Sedes nieder und wusste dann nichts mehr zu sagen.
Sekunda indes stellte die Schüsseln auf einen Tisch in Reichweite und nahm auch ihrer Herrin die Schale ab, um sie dekorativ vor den anderen zu arrangieren. Mit einem seltsamen Gefühl musste Lucia denken, dass die Schalen wohl mehr wert waren, als der Tisch und die zugehörigen Sitzgelegenheiten zusammen. Mit nichts mehr, woran sie sich festhalten konnte faltete sie leicht verkrampft ihre Hände im Schoß.
Das Heischen um Verständnis, erfüllte Lucia nur allzu gerne, so unangenehm war ihr die Situation. „Aber du brauchst dich doch nicht entschuldigen!“, begann sie mit einem verständnisvollen Lächeln. „Ich bin sicher es muss furchtbar sein sich so in einer Stadt wie Rom zurechtfinden zu müssen!“ Naja, das klang in Lucias Ohren schon wieder nicht so ganz gut… Vielleicht konnte sie das so ausbügeln: „Kann man dir denn irgendwie helfen? Was belastet dich denn?“ -
"Mich belastet vieles," war die Antwort, wenn sie bereits direkt fragte. "Ich habe keine Arbeit und mein Vermögen wurde mir mehr oder minder durch Salinators Schergen gestohlen. Ich habe nur noch ein paar Sesterzen und ein wenig Gold," sprach er kraftlos, während er müde zu Boden blickte. Er war ehrlich oder wollte es zumindest sein, da Lucia nicht den Eindruck einer Intrigantin machte, zumindest nicht im Bezug zu den Tiberiern. "Rom erdrückt mich. Ich fürchte mich vor der Verantwortung vor meiner Frau." Kurz jappste er seufzend, während er seinen Blick wieder aufrichtete, um Lucia zu sehen. "Ich brauche Hilfe, in der Tat. Ich muss die Personen kennenlernen, die mir helfen können, eine angemessene Arbeit zu finden."
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Aulus Tiberius Verus
Insula XXI - Trans Tiberim
Roma, ItaliaP. GERECHTUS A TIBERIO VERO S.D.
Salve Tiberius, hiermit informiere ich dich im Namen des Imperator Caesar Appius Cornelius Palma Augustus, dass dein Anliegen zur Kenntnis genommen wurde. Jedoch wie du bereits selbst niedergeschrieben hast, ist es derzeit nicht möglich Entschädigungen auszuzahlen. Die kaiserliche Finanzabteilung ist weiterhin damit bemüht, die entstanden finanziellen Schäden durch den Usurpator zu beseitigen, ebenso sich einen Überblick zu verschaffen.
Was dein Wunsch zur Erhebung in den Ordo Senatorius angeht, auch hier sei dir gewiss, dass der Augustus, wenn er es für richtig hält, jemanden in den Ordo erheben wird. Doch einen genauen zeitlichen Rahmen können wir dir jedoch nicht nennen, dass allein liegt in den Händen des Augustus selbst. Doch sei dir auch hier gewiss, dass der Augustus um das Leid was deiner Gens angetan wurde weiß und euch alles Gute wünscht, damit ihr die schwierige Situation übersteht.
Im Auftrag der Kaiserlichen Kanzlei
P. Gerechtus
~~Notarius a libellis der Admistratio Imperatoris~~ -
Er jammerte… Lucia wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte. Zugegeben, sie hatte direkt gefragt und sollte somit eine direkte Antwort erwarten, doch das Bild, was sich hier bot war so überhaupt nicht das eines Mannes, mehr das einer Maus. Vor allem der Teil in dem Verus offen aussprach sich vor der Verantwortung zu fürchten, schreckt sie ab. So etwas sagte man als Mann einfach nicht! Selbst wenn man danach gefragt wurde, gab man es eindeutig nicht zu!
Doch ihre gute Erziehung legte Lucia wieder enge Fesseln, was ihre Reaktion anging auf. „Ohweh“, war das erste was sie herausbrachte und legte sich dabei eine Hand ans Herz. Es war nicht gut, wenn ein Tiberier in dieser Situation war, überhaupt nicht gut! Das beeinflusste doch das Ansehen der gesamten Familie! „Hast du denn schon mit meinem Bruder darüber gesprochen? Ich bin mir sicher, er könnte dir helfen eine Stellung zu finden, die deinem Stand angemessen ist. Er kennt auch einige einflussreiche Leute, denen er dich vorstellen könnte.“ Sie sprach mit einem nachdenklichen Gesicht, den Blick in die Ferne gerichtet. „Vielleicht wäre es auch nicht verkehrt, wenn du darüber nachdenken würdest dein Glück in Ostia zu versuchen. Ich glaube dort ist es einfacher als hier in Rom… Aber das vermute ich leider nur…“
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Der Bote hatte etwas Mühe, die Insula zu finden, die eine kleine Familie und unter ihnen einen patrizischen Abkömmling der Tiberia beherbergte. Doch nach einigen Erkundungen hier und einigen Wegweisungen dort, landete er zum Glück doch noch bei der richtigen Wohnung und lieferte folgendes Schreiben ab.
Ad
Aulus Tiberius Verus
Insula XXI
Roma, ItaliaSalve, mein Freund und Verwandter.
Ich war etwas überrascht so plötzlich ein Schreiben von dir zu erhalten. Eigentlich hatte ich morgen keinen Besuch in den Thermen vorgesehen. Du weißt, in meinem neuen Amt besitze ich einen recht strengen Terminplan. Doch da dein Schreiben auf Dringlichkeit deutet, werde ich ein wenig umplanen und mich deiner natürlich annehmen und wenn ich dir mit gutem Rat zur Seite stehen kann, dann werde ich mein Möglichstes versuchen. Rechne nur nicht mit einem allzu großen Zeitkontingent für dieses Treffen. Du wirst einen etwas gestressten Tiberier erleben.
Ich nehme an, du meintest die Agrippa-Thermen? Rechne dort in etwa zum frühen Nachmittag mit meinem Erscheinen. Ich werde dich im Caldarium suchen.
Vale bene.
Lucius Tiberius Lepidus
Villa Tiberia
Italia, Roma -
Nachdem Aquila gehört hatte, dass einige seiner nächsten Verwandten in Rom waren, hatte er zunächst noch ein bisschen gewartet, ob diese auch den Decimi einen Besuch abstatten würden... was allerdings nicht geschah. Also beschloss er irgendwann, selbst vorbeizuschauen. Eine Insula. Trans tiberim. Nachdem er sie gefunden hatte, betrat er diese und klopfte an die Tür jener Wohnung, die ihm beschrieben worden war.
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Es klopfte.
Das war verwunderlich. Verus sollte – für das Wohl seines Seelenfriedens – noch nicht zurück sein. Und wer wusste schon wo Flaminia sich herum trieb. Das ihr Mann so ein trahra veranstaltet hatte, hatte dazu veranlasst das sie einer Einladung von Lucia nicht hatte folgen können. Aber es beanspruchte sehr viel Zeit einen Trantütigen Mann aus der Antriebslosigkeit zu zitieren. Ihre Nichte war daher ohne sie aufgebrochen und nachdem sie Verus nach einer gefühlten Ewigkeit praktisch aus dem Haus geworfen hatte, um Produktiv in der Arbeitsuche zu sein, hockte sie allein und gelangweilt Zuhause herum.
Ein Besuch im Bad. Das hätte ihre geschundenen Nerven bestimmt aufgemuntert. Vielleicht konnte sie Flaminina ein weiteres Mal überreden mit ihr dorthin zu gehen. So ein verwöhntes Kind im Moment. Aber genug der Gedanken, es hatte geklopft.Etwas zu rasant rauschte sie daher zur Tür. Wäre es Verus, würde sie ihm einen Vortrag von aller feinsten halten. Bei dessen Inhalt würde sie spontan sein. Schwungvoll öffnete sie daher die Tür und bei dem erblicken des Besuchers wechselte ihre temperamentvolle Mine zu einem überraschten Gesichtsausdruck. Calena war buchstäblich der Wind aus den Segeln genommen worden. Doch sie faste sich ziemlich schnell und streifte sich eine Haarsträhne aus dem offenen Haar hinter das Ohr. „Ja bitte?“, fragte sie höflich, schließlich hatte sie irgendwann noch eine einigermaßen gute Erziehung genossen, die aber laut ihrer Auffassung für Rom nicht ansatzweise reichte.
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Lange warten musste er nicht, bis sich die Tür öffnete, und als sie es tat, versuchte Aquila erst mal sich daran zu erinnern, ob er die Frau kannte. Doch. Bekannt kam sie ihm auf jeden Fall vor, die Gesichtszüge auf jeden Fall... aber sie selbst? „... Calena?“ fragte er etwas zögernd. Vom Alter her müsste sie eigentlich Calena sein. Aquilas Problem war nur, dass er noch ziemlich klein gewesen war, als dieser Teil seiner Familie damals Hispania verlassen hatte, Calena, ihr deutlich älterer Bruder, und dessen Tochter Flaminina. Er kratzte sich kurz am Kopf. „Entschuldige“, beeilte er sich dann noch hinzuzufügen, als ihm aufging, dass sie wohl noch perplexer sein musste als er. „Ich bin Marcus Aquila.“ Doch. Das musste sie einfach sein, beschloss er. Er grinste etwas schief. „Dein Großcousin.“
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Er kannte ihren Namen. Sie runzelte die Stirn und ging in Gedanken durch ob… hm nein, eigentlich kannte sie ihn nicht. Oh Verus, was hast du nun schon wieder angestellt? Ein paar Mal blinzelte sie um allein auf eine Antwort zu kommen, aber diese Bemühung war eigentlich vergeblich. Doch der junge Mann kam ihr zur Hilfe, versuchte das Hindernis der Unbekanntheit beiseite zu räumen. Für den ersten Moment sagte ihr der Name nichts und die Ratlose Mine auf ihrem zarten Gesicht blieb unverändert. Aber die Familienbande brachen das Rätsel auf.
Das helle aufleuchten des Widererkennens spiegelte sich deutlich in ihren Augen wieder, als langsam Erinnerungen sich zu einem vernünftigen Gesamtbild zusammenfügten. Viele waren es nicht, aber genügend um dem Namen ein Gesicht zu geben – ein kindliches und pausbackiges Gesicht. Sie kam die wenigen Schritte die sie beide trennten auf ihn zu und nahm sein Gesicht in beide Hände. Unablässig musterten ihre Augen jede Konturen von ihm. „Was haben sie dir nur zu essen gegeben? Du bist so groß geworden.“, sie lächelte und wusste das es nicht nur allein daran lag. Die vielen Jahre hatten auch ihren Großteil dazu beigetragen das aus dem kleinen Jungen ein junger Mann geworden war. -
Für Momente war Aquila sich dann doch unsicher, ob er hier richtig war – aber dann konnte er sehen, wie sich Erkennen auf der Miene seines Gegenübers zeigte. Und obwohl er nicht so wirklich damit einverstanden war, dass sie sein Gesicht in ihre Hände nahm als wäre er noch ein Kind – er war ja keine zehn mehr! –, freute er sich zu sehr, um sich darüber wirklich aufzuregen, und wenn es nur innerlich war. Den Teil hatte seiner Familie hatte er ewig nicht mehr gesehen, umso schöner war es, dass es tatsächlich stimmte: dass sie wirklich nach Rom gekommen waren. Und umso unverständlicher, fand er, dass sie hier in dieser Absteige wohnten, anstatt zu ihrer Familie zu kommen.
„Jede Menge, wie man sieht“, grinste er zurück, und jetzt, wo ein für alle Mal geklärt war, dass sie wirklich Calena war, umarmte er sie kurzerhand. Was neben dem Ausdrücken familiärer Verbundenheit gleichzeitig den Vorteil hatte, dass sie ihre Hände von seinem Gesicht lösen musste und er sich nicht mehr so vorkam wie ein, naja, ein kleines Kind eben. „Was macht ihr hier in Rom? Und warum lebt ihr hier?“ platzte er dann heraus. -
Am frühen Morgengrauen tauchte einst ein Bote des Tiberius Lepidus vor der Insula auf. Ein wenig umherfragen musste er leider schon, bis er sein Ziel endlich fand, denn sein Herr konnte ihm in Ermangelung eigener Erkenntnisse nicht wirklich präzise Angaben zum Aufenthaltsort von Tiberius Verus machen. Umstände, mit denen man allerdings auch als einfacher Bote umzugehen wusste. Dort an der Insula angekommen, überreichte er dem Hausherren einen Säckelchen voller Geld. Wie viele Sesterzen es wohl sein mochten, das konnte der Bote selbst nur ahnen. Überhaupt lag das nicht im Bereich dessen, was er wissen musste. Allerdings sollte er noch folgende Worte bei der Übergabe anfügen: "An gute Taten sollten wir uns stets erinnern." Anschließend verabschiedete sich der Bote wieder. Mit etwas Glück hatte er den Rest des Tages frei.
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Verus staunte nicht schlecht als er in das Säckelchen blickte. Viel Geld. Seine beiden Brauen hoben sich simultan an und ein breites Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Dann kamen ihm die Worte des Boten in den Sinn. Ja, nun wusste er von vom das Geld kam sowie wofür es bestimmt war: seinen Militärdienst oder besser die Militärakademie. Verus ging hinein und würde seiner Calena nun davon berichten.
"Calena," rief er in die spärlichen Räume. Ein wenig skeptisch war er, dennoch war sein Entschluss gefasst. Auch ein eine Tatsache, die erledigt werden musste, um zumindest formal den Dienst erfüllen zu können: die vorübergehende Scheidung und darauffolgende Wieder-Ehelichung nachdem ihm das Conubium erteilt worden war. Gut, der Plan war riskant, wenn nicht sogar bescheuert aber der Patrizier brauchte ein Auskommen und der Militärdienst erschien ihm sinnvoll. Immer noch glaubte der naive Verus daran, dass seine Frau dies akzeptieren würde und ebenso die logische Scheidung. Liebe verband die beiden und nicht nur eine Ehe.
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