Rückkehr des Senators

  • Nach Jahren des Exils war der Senator mit seiner Familie endlich wieder zu Hause angelangt. Des steifen Knies wegen, das er durch die Folter erlitt, stützte er sich auf einen Stock, als er in das Atrium hineinging. Die Villa Vinicia war zu seiner Überraschung weder besetzt noch verwüstet worden, doch war sie dunkler und weniger einladend, als ihm gefiel. Oder täuschte ihn die Erinnerung wegen der Schmach und der Schmerzen die er erlitt?


    Seine Frau hatte (natürlich) das Heft in die Hand genommen und kümmerte sich um das Gepäck, oder besser: sie schaffte an, was die Sklaven zu tun hatten. Seine Tochter rannte ganz undamenhaft sofort in ihr altes Zimmer, seine Söhne hingegen blieben vorerst bei ihrem Vater stehen. Calenus war ja noch sehr klein, als Hungi ins Exil geschickt wurde und Cerco, sein zweiter Sohn, in Sala geboren.


    Um jedoch auch irgendwie nütze zu erscheinen, griff er sich den erstbesten Sklaven und trug ihm auf, alle im Hause Lebenden von seiner Rückkehr zu berichten, sie sollen sich hier einfinden. Hungi dachte dabei an die Sklaven, denn er wusste nicht, ob und wenn ja wo sich noch irgendwo Mitglieder seiner Familie befanden.

  • Und es dauerte nicht lange und die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Massa erreichte das Atrium "Onkel, willkommen Zurück!"
    Er freute sich zwar doch gleichzeitig hatte er schon Angst vor dem Gespräch mit Hungaricus, über dessen Bruder und Massas Vater.

  • Dieses befürchtete Gespräch würde tatsächlich nicht lange hinauszuzögern sein, denn als Massa, der Neffe, im Atrium eintraf, kam es Hungi so vor, als würde er einen Geist sehen.


    Bona Dea... war deswegen seine erste Bemerkung. Du siehst genauso aus wie dein Vater in jungen Jahren. Es bestand kein Zweifel, dieser junge Mann war der Sohn seines Bruders. Daher konnte wohl jeder den nächsten Wunsch verstehen, den Hungi nun äußerte: Lass dich ansehen.


    Ein damenhaftes Räuspern erinnerte ihn jedoch der anderen Personen im Hause. Meine Frau Licinia kennst du ja sicher noch. Er glaubte sich zumindest zu erinnern, daß sie sich über den Weg gelaufen waren. Und das hier sind meine Söhne Calenus und der jüngere hier ist Cerco, ihn haben wir in Sala bekommen. Livilla ist auch hier irgendwo.

  • Massa fand die ganze Szene ein wenig unangenehm, doch er ließ sich natürlich von seinem Onkel begutachten..... Auf die aussagen seines Onkels reagierte Massa kaum..... War es nun gut oder schlecht wie sein Vater zu sein..... Er wusste es immer noch nicht, doch hoffte er natürlich, dass sein Onkel ihn nun wirklich die Wahrheit erzählen würde.


    Nachdem Hungaricus seine Familie vorgestellt hatte, die er freundlich und familiär begrüßte, wandte er sich wieder seinem Onkel zu.
    "Onkel Hungaricus, was hast du nun vor, da du wieder hier bist? Wirst du wieder in den Senat zurückkehren? Wie geht es mit unser Familie weiter und am allerwichtigsten: kannst du mir die Wahrheit über meinen Vater erzählen?"

  • Hungi seufzte fast unhörbar. Kinder, geht spielen. befahl er seinen Söhnen und seine Frau nahm sich dankenswerter Weise den Kindern an und geleitete sie aus dem Atrium, so daß Hungi und sein Neffe allein waren im Atrium, außer natürlich den obligatorischen Sklaven, die immer irgendwo herumhuschten und geschäftig wirkten, da mit der Ankunft der Familie Arbeit verbunden war.


    Ich werde mich zunächst einmal wieder einleben. begann er auf die Fragen seines Neffen zu antworten. Und sehen, wie die Lage im Senat und in Rom ist. Die politische Lage, meine ich. Der Vescularier wird sicher für einen ordentlichen Kahlschlag gesorgt haben, neue Leute werden auf die arrivierten stoßen. Und natürlich wie unser neuer Kaiser sein Amt auszuführen gedenkt. Kurz gesagt: Abwarten und beobachten. Und ich denke, ich werde mich wieder für ein Konsulat bewerben. Nicht zu den jetzigen Wahlen, das wäre zu knapp, aber vielleicht bei den nächsten oder übernächsten. erläuterte er seine Gedanken über seine nähere politische Zukunft.


    Die letzte Frage seines Neffen war wie man sich denken kann die brisanteste. Welche Wahrheit? Ob er den Mord an Valerianus in Auftrag gegeben hat? Niemals. Dein Vater und ich waren Iulianus sehr verbunden, niemals hätte er dessen Sohn töten lassen. Verstehst du? Niemals. In Wahrheit war er sich dessen nicht so sicher, wie er es seinem Neffen eindringlich sagte. Aber für die Familie war es wichtig, daß sein Neffe das Andenken seines Vaters überzeugend ehrte.

  • Massa hörte zu, nickte ab und an zu den Vorhaben des Onkels und hoffte natürlich, dass dieser ihm selbst bei seiner Zukunft helfen würde.
    Als die Sprache dann auf Massas Vater kam, und sein Onkel dessen Unschuld so vehement beteuerte fiel Massa zwar zunächst ein Stein vom Herzen, doch ebenso warf dies neue fragen auf.


    "Aber er hat doch gestanden, Hungaricus, deswegen wurde er ja auch hingerichtet. Man erzählt sich, dass er dies noch mit stolz und Überzeugung getan hatte?!"

  • Unter der Folter kann viel mit einem Menschen passieren, Massa. Als Hungi noch Praefectus Praetorio war, war er zu den Insassen auch nicht zimperlich gewesen. Die Ironie schlug ihm mit der Faust ins Gesicht, als er selber im Carcer der Prätorianer saß und der Folterknecht seine berufsbedingte Brutalität an ihm ausließ. Da galt sein Name und seine Vergangenheit als oberster Prätorianer nur mehr ganz wenig.


    Manche tragen nur körperliche Narben davon... Er wies dabei beiläufig auf sein Knie. ... bei anderen hingegen wird zusätzlich die Seele gebrochen. Vielleicht ist das Lucianus passiert. Doch wenn das wahr wäre, sollte es nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Konntest du deinen Vater noch sehen? Im Carcer oder später?

  • Massa senkte den Kopf
    "Nein, ich konnte ihn nicht mehr sehen, denn zu diesem Zeitpunkt dürfte niemand wissen, dass ich zurückgekehrt war. Ich weiß nicht einmal, was mit seinem Leichnam geschehen ist"


    Massa kämpfte mit seinen Gefühlen und den hervortretenden Tränen, die er mit aller Gewalt zurück zuhalten versuchte.

  • Mit der Rückkehr von Lucianus‘ Bruder aus dem Exil, das der inzwischen ausgetauschte Kaiser verhängt hatte, schien endgültig der Alltag wieder eingekehrt zu sein. Zumindest in Form von Sicherheit und Stabilität in einem Maß, das man als jeglicher römische Sklave erwarten konnte. Nein, nur erwarten konnte, solang kein Bürgerkrieg herrschte. Phaeneas hatte ja schon fast alle Formen an Unsicherheit und Willkür erlebt, aber per omnes deos*(1) - die Gefahr eines Plötzlich heraufziehenden Bürgerkriegs würde er nie vergessen. Und der Schrecken darüber würde ihm für immer in den Knochen stecken. ‚Danke, Lucianus. Und danke, dass du dich bei der Gelegenheit noch endgültig aus dem Leben verabschiedet hast.‘
    Natürlich war Phaeneas einer der ersten, die im Atrium erschienen, sobald sich ein wenig herumgesprochen hatte, dass Lucianus‘ Bruder es betreten und nach allen Bewohnern des Hauses verlangt hatte. Aber gemäß seiner Erziehung hielt er sich im Hintergrund. Das war eine der Gelegenheiten, bei denen man bemerkte, dass Phaeneas in einem anderen Haushalt aufgewachsen war als die vinicischen Sklaven, die ihre Neugierde unverhohlener zeigten.


    „Bona Dea... Du siehst genauso aus wie dein Vater in jungen Jahren.“ Das hatte sich Phaeneas so schon gedacht. Der Junge war seinem Vater allgemein in vielem ähnlich. Manchmal fragte sich Phaeneas, ob Lucianus in jüngeren Jahren auch so naiv gewesen war. Wobei, in vielem war Lucianus bis zum Schluss blauäugig gewesen. Nicht zuletzt hatte ihn sein unzerstörbarer Glaube an was auch immer das Leben gekostet. Deshalb war Phaeneas die große Ähnlichkeit zwischen Lucianus und seinem Sohn auch nur ein geringer*(2) Trost.


    Denn Lucianus war tot. Und er hatte Phaeneas hier zurückgelassen. Wenn es auch nur entfernt irgendwie die Möglichkeit gegeben hätte, hätte Phaeneas liebend gern sein Leben gegeben, um Lucianus zu retten. Denn es wäre ihm tausend mal lieber gewesen, er wäre gestorben und Lucianus würde leben, als dass Lucianus tot war und Phaeneas lebte.
    Er, der nicht mal leben wollte.


    Sim-Off:

    *(1) per omnes deos = bei allen Göttern
    *(2) Vorsicht, Sarkasmus!

  • Der Leichnam seines Bruders... Daran hatte Hungi selbst gar nicht gedacht. Ein Hochverräter würde wohl kaum angemessen bestattet werden, doch der ihm blitzartig aufkommende Gedanke, der tote Körper seines Bruders wäre irgendwo verscharrt, war ihm hochgradig zuwider, mehr noch, es verschaffte ihm Übelkeit.


    Ich weiß es auch nicht, Neffe. Aber ich werde es herausfinden. sprach er leise zu Massa. In der Zwischenzeit hatten sich die Sklaven des vinicischen Haushaltes eingefunden und er wollte diese Angelegenheit nicht vor ihnen behandeln. Er war sich zwar sicher, daß die Sklaven ohnehin über alles Bescheid wussten und wenn nicht, dann würde es nicht lange dauern, bis dem so wäre, aber ein gewisser Rest an Würde und Distanz musste gewahrt bleiben. Wir werden später darüber genauer sprechen. raunte er ihm zu, dann schickte er sich an, zu den vinicischen Bediensteten zu reden.


    Ich sehe hier noch viele bekannte Gesichter, eine Vorstellung ist daher nicht notwendig. begann er. Auch wenn der Verlust des Senators Lucianus sehr schmerzvoll ist, ab nun soll in diesem Hause wieder Alltag herrschen. Zu diesem Zweck möchte ich die für ihre Bereiche verantwortlichen Sklaven sprechen. Doch eines möchte ich hier in aller Klarheit darstellen: jene Personen, die unter der Herrschaft dieses verwünschten Vesculariers gegen meine Familie agiert haben, sind in diesem Hause fortan nicht mehr erwünscht. Allen voran Octavius Victor. Wenn also ein Octavier an dieser Porta klopft, wird ihm nur der Weg zur Straße gezeigt. Ich habe mich klar ausgedrückt?
    Er wusste, die Sklaven würden diese Nachricht ganz fix in die Welt hinaustragen, und das war von Hungi auch so gewollt.

  • Ein paar Sklaven murmelten etwas, was man als "Ja" interpretieren konnten, andere wiederum blieben still und nickten nur. Das reichte dem Hausherrn als Bestätigung und er entließ sie mit wenigen Worten an ihre Arbeit. Die verantwortlichen Sklaven für Küche, Haushalt und dergleichen würde er später sprechen. Er wartete noch ein wenig, bis die meisten Sklaven das Atrium verlassen hatten, dann wandte er sich wieder an seinen Neffen.


    Wir werden einiges zu tun haben, Massa. begann er zu sprechen. Nebst dem Bergen des Leichnams deines Vaters werden wir uns um dein Erbe kümmern. Und dann hätte ich noch ein oder zwei Ideen, wie die Familie sich in der Öffentlichkeit präsentieren könnte. Aber das will ich jetzt noch nicht besprechen, das machen wir in Ruhe, wenn der Umzug hierher abgeschlossen ist, in Ordnung? Komm dann einfach in mein Officium, da sind wir am ungestörtesten.

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