Officium | Die Welt ist nicht genug

  • 'Mit vielen Worten nichts sagen' Seine Schwester schien noch in die Haut eines Politikers zu schlüpfen, was Lepidus ein angenehmes Lächeln auf die Lippen zauberte. "Ich habe vollstes Vertrauen in deine Fähigkeiten zur nichtssagenden Kommunikation." Schade, dass er das wiederum nicht selbst miterleben würde. Was die Veneta anging: Tja, das war ein heikles Thema. "Nun, die Veneta ist eine nette Factio - zweifellos. Aber in einen bloßen Rennstall sollte man jetzt auch nicht allzu viel Tradition hineinlesen. Richtig, Durus war dort Mitglied. Doch es geschieht immer mal wieder, dass Menschen derselben Familie unterschiedlichen Factios angehören. Und so wie die Fahrer auch einmal wechseln, so wechselt manchmal auch die Anhängerschaft oder die betreuenden Personen." Dass in der Veneta nicht unbedingt die edelsten Patrizier zu finden waren, sparte er jetzt einfach mal komplett aus. "Ich hatte eine Unterredung mit meinem Patron und mein Ziel sollte es eher sein, aus einer der etwas brachliegenden Factiones etwas neues zu schaffen. Die Veneta hat schon genug Mitglieder und ich brauche wirklich nicht noch mehr Konkurrenz. Wo kämen wir denn auch hin, wenn es nur noch eine einzige 'Einheits-Factio' gäbe, wo auch wirklich jedes Gesindel unterkommen kann?" Allein um die Vielfalt zu bewahren musste der Tiberier schon woanders Mitglied werden, obwohl er das sicher weniger für die Allgemeinheit als für sich selbst tat. "Letztlich denke ich, bietet mir eine andere Factio deutlich bessere Profilierungsmöglichkeiten. Aber wie gesagt: Wenn du gelöchert wirst, halt dich vage und sag zur Not, dass ich durch meinen Patron möglicherweise, aber noch nicht endgültig feststehend, an eine andere Factio gebunden sein könnte." Was wohl Dives letztlich davon halten würde? Nun gut, er wäre sicherlich ein echter Sportsmann. "Wenn du selbst allerdings durch die Veneta überzeugt wirst: Eine Mitgliedschaft steht dir sicherlich offen. Wie gesagt, für mich bedeutet eine Factio nichts Politisches. Es sind nette Vereinigungen für den Sport und für das soziale Miteinander, mehr aber auch nicht. Ich schließe selbst nicht aus, dass ich im Laufe meines Lebens vielleicht sogar das ein oder andere Mal die Factio wechseln werde, vielleicht nur um mich am Aufbau eines brachliegenden Rennstalls zu beteiligen."


    "Apropos Dives", führte er dann gleich noch an. "Welchen Eindruck hattest du eigentlich vom Iulier, als er hier bei uns speiste? Ich denke manchmal, du bist eine bessere Menschenkennerin als ich. Glaubst du, ich bin dort eine sinnvolle Freundschaft eingegangen?"

  • Was sollte denn das jetzt wieder heißen, er hatte vollstes Vertrauen dass sie nichtssagend kommunizieren konnte?! Lucia runzelte die Stirn und wollte schon einen gekränkten Einwand erheben, doch Lepidus nutzte Wohl die älteste Taktik der Welt: Er redete einfach weiter. Ob er ahnte, dass Lucia – typisch Frau – drauf und dran gewesen war ihm die Worte im Mund herumzudrehen? Und das obwohl sie diese grade selbst verwendet hatte… aber Lepidus hatte es wieder so ausgedrückt, dass man es auch ganz anders verstehen konnte und Lucia ging davon aus, dass ihr Bruder sie in jedem Moment mit irgendetwas necken oder sogar ärgern wollte. Alte Gewohnheiten vergisst man nicht so schnell!


    Er wollte sich also profilieren, das konnte Lucia durchaus nachvollziehen, aber nicht warum er es seinem offensichtlichen Freund Dives nicht auch so erklärte. Doch da ihr Bruder es augenscheinlich so wünschte… Lucia unterdrückte ein Seufzen und nickte abermals bestätigend. … dann sollte er es auch so haben, er würde schon sehen, was er davon hatte…


    Ihr Eindruck? Lucia musste einen Moment überlegen und verschaffte sich diesen, indem sie einen Schluck nahm. „Er ist ein galanter, gebildeter Mann.“, begann sie vorsichtig und versuchte sich Einzelheiten in Erinnerung zu rufen. „Er hat Ausstrahlung und einen gewissen Ehrgeiz, er kommt damit zwar nicht an deinen heran, aber immerhin.“, sie warf ihrem Bruder ein freches Grinsen zu und fuhr fort: „Ich glaube er ist ein Genießer, nicht nur was die schönen Künste angeht… Ich glaub wenn er nicht aufpasst wird er rasch ziemlich dick werden.“ Ein Glück hörte das grade niemand außer ihrem Bruder! Lucia war irgendwie ins Tratschen hineingekommen und hatte sich diese kleine Spitze einfach nicht verkneifen können. Da sie das jedoch selbst bemerkte, nahm sie bewusst einen weiteren Schluck und versuchte wieder sachlich zu werden: „Ich denke ihr könnt euch gegenseitig helfen, wenn ihr euch nicht irgendwann auf eurer Karriereleiter in die Quere kommt.“ Lucia tippte sich nachdenklich mit der Fingerspitze gegen das Kinn und nickte dann. „Mehr weiß ich grade nicht dazu zu sagen. Was hältst du denn von ihm?“

  • Tatsächlich dachte Lepidus diesmal tatsächlich nicht an eine Neckerei. Für ihn war das tatsächlich eine nützliche Eigenschaft, auch wenn er sie sehr zweideutig umschrieb. Der Tiberier war manchmal schon so von schlechten Tugenden überzeugt, dass er sie ohne rot zu werden für gute hielt.


    Den Ausführungen zu Dives hörte er aufmerksam zu. War das allerdings eine nüchterne Beschreibung oder nicht schon fast Schwärmerei? Aber dann setzte sie noch eine nette Bemerkung hinzu, die Lepidus unweigerlich zum lachen brachte. "Ja, allerdings. Der wird bestimmt mal kugelrund!" Bei Dives' derzeitiger Statur konnte man sich das zwar nicht so ganz bildlich vorstellen, aber da sprach sicherlich so ein wenig der Neid auf den athletischen Körperbau des Iuliers. "Ich denke, sein Charme ist recht einzigartig und da hast du ihn wohl auch gut erfasst. Ich selbst halte natürlich nur Gutes von ihm. Ansonsten hätte ich diese freundschaftliche Verbindung auch nicht gesucht. Du weißt ja, die Zeit ist zu kostbar, um sie mit unbedeutenden Persönlichkeiten zu verbringen." So sprachs auch völlig aus der gehobenen Patrizier-Seele. "Und auch wenn ich dazu neige sehr vorsichtig zu sein, so denke ich, dass ich ihm in jeder Hinsicht volles Vertrauen schenken kann. Deshalb liegt mir natürlich auch viel an deiner Meinung, weil ich natürlich darum fürchte, selbst etwas nicht zu erkennen, was für einen anderen offensichtlich ist. Aber ich werde von Tag zu Tag zuversichtlicher. Dives wird jedenfalls ein favorisierter Gast dieser Villa sein und seine Post hat Vorrang vor anderen, eine Antwort zu erhalten. Das werde ich auch den bediensteten noch einmal mitteilen." Und dann schlug er auch gleich noch den Bogen zur Factio-Problematik. "Deshalb ist es mir auch so wichtig, dass Dives denkt, ich sei ein Opfer von ungünstigen Umständen. Es wäre doch kaum zu erklären, sein freundschaftliches Angebot aus gewissen, scheinbar selbstsüchtigen, Eigeninteressen und Profilierungsbedürfnissen abzulehnen. Ich möchte jedenfalls nicht den Eindruck erwecken, ihn im Stich zu lassen oder unhöflich zu sein. Doch leider habe ich auch die Verpflichtung unsere Familie wieder nach oben zu führen. Dies alles in Einklang zu bringen, ist eben manchmal recht kompliziert. Aber ich bin sicher, du verstehst das, Schwester." Es war schon manchmal wahrlich nicht einfach die richtige Fäden zu spinnen, doch wenn, dann wollte das Lepidus in seiner verqueren Welt natürlich ganz genau machen.

  • Ach, ein wenig Schwärmen hatte noch keinem geschadet! Man traf schließlich nicht jeden Tag einen gutaussehenden jungen Mann, der sich nicht nur zu benehmen wusste, sondern auch noch überaus charmant war. Aber von selbst wäre Lucia wohl nie darauf gekommen, dass sie sich ein wenig in den guten Dives verguckt haben könnte. Er war aber auch wirklich ein Gentleman!


    Lepidus Lachen erleichterte die kleine Tratschtante und sie kicherte selbst ein wenig. Wieder etwas was sie sich merken konnte: Der eine oder andere freche Kommentar schien ihrem Bruder zu gefallen.


    Was jetzt kam musste man ja fast schon als süß bezeichnen! Zumindest das letzte Drittel… „Mach dir keine Gedanken.“, konnte sich Lucia da nur wiederholen. „Ich werde das Ganze von mir aus nicht ansprechen, aber wenn er direkt fragen sollte… Ich werde ihm schon klar machen, dass wenn einer an der ganzen Situation Schuld hat, was natürlich nicht so klar zu definieren ist… aber wenn, dann wird er der Meinung sein, dass dein Patron der eigentliche Böse hier ist. Und dass du ihm eigentlich ein guter Freund sein möchtest.“ Bei den Göttern, klang das schwülstig! Und ein wenig verworren… aber es war sicher nicht verkehrt wenn auch Dives nicht so ganz durchsteigen würde können.

  • Wenn man Lucias Worten zuhörte, konnte man sich manchmal getrost in Sicherheit wiegen. Sie schien alles immer so gut zu verstehen und sich wahrlich auch Mühe zu geben, dass sich Lepidus sowohl mit seinen Paranoia, als auch mit seinem Sozialverhalten recht wohlfühlen konnte. Sie würde es schon regeln. Das trug immer mit dazu bei, dass der Tiberier gleich viel sorgenloser in die Zukunft blicken konnte. An einer Factio-Geschichte sollte seine Freundschaft zum Iulier auch wahrlich nicht zugrunde gehen. Dafür musste man schon sorgen. "Meinen besten Dank, Lucia. Ich bin überzeugt, der charmante Iulier wird sich wiederum deines Charmes nicht erwehren können", schmeichelte er ihr noch. "Soweit habe ich erst einmal kein Anliegen mehr an dich und müsste dann auch weiterarbeiten. Aber ich bin mir sicher, dass wir zur Not noch ausreichend Zeit haben auf dem Weg nach Dianium miteinander zu reden. Ich bin schon sehr gespannt auf den Senator Duccius." Und das obwohl er im Inneren schon ahnte wie schlecht ihm diese Reise bekommen würde. Für Lucia war es wohl das Schicksal mit einem nörgelnden Bruder mit bleichem Gesicht eine recht nervige Seefahrt überstehen zu müssen.

  • Hochzufrieden hatte es sich Lepidus hinter seinem Schreibtisch gemütlich gemacht. Jetzt so kurz nach der Wahl gab es natürlich viel zu tun, obwohl er den Hauptteil seiner Tätigkeit wohl in die Basilica verlegen müsste. Ein kleiner Schritt war getan, obwohl die ganze großen freilich noch kommen mussten. Jedenfalls war es ein guter Augenblick mal wieder mit seiner Schwester Rücksprache zu halten. Er hatte nach ihr einen Sklaven geschickt und rechnete jeden Augenblick mit ihrem Auftauchen. Immerhin musste sie ihm auch noch einiges erzählen, worunter beispielsweise das Treffen mit der Veneta zählte. Daneben hoffte er auf ein paar kleinere nützliche Informationen, die sie vielleicht irgendwo in ihren Frauenrunden aufgeschnappt hatte. Während der Tiberier noch wartete, ließ er eine Antwort auf den Brief seines Verwandten Verus aufsetzen.

  • Er hatte nach ihr geschickt. Lucia war grade aus der Therme wiedergekommen und hatte nach einer Ausrede gesucht mit ihrem Bruder zu reden… ja reden. Da schickte er nach ihr und der Sklave hatte Mühe mit Lucias ausgreifenden Schritten mitzuhalten. Sie war nicht gerade auf hundertachtzig, doch viel fehlte nicht mehr. Dabei war Lucia weniger wütend als geschockt. Mit viel zu viel Schwung stieß sie die Tür auf und begann mit dem ersten Schritt in Lepidus Officium schon zu reden: „Sag mir, dass du es nicht gewusst hast! Wehe, wenn du es gewusst hast und es mir nicht erzählt hast! Ich hab es grade durch Zufall in der Therme erfahren! Ich kann eigentlich nicht glauben, dass du es noch nicht weißt!“ Sie schritt zügig und wild gestikulierend um den Schreibtisch herum, um direkt vor Lepidus zum Stehen zu kommen. Ihr war im Moment ein wenig die Fähigkeit abhandengekommen in den Minen anderer zu lesen, so dass sie ihrem Bruder suchend ins Gesicht starrte. „Wusstest du es?“, ihre Augen verengten sich. Nach kurzem Zögern, entscheid sie sich Lepidus doch noch den einen oder anderen Hinweis zu geben: „Das mit deinem Freund Iulius und dieser Sergia?!“ sie deutete aufgebracht hinter sich, so dass man fast erwarten könnte, dass dort eben diese Person stand. Noch immer war sich Lucia nicht ganz sicher, warum sie diese Information so ärgerte, es war doch was ganz normales, jeden Tag verlobten sich Menschen, hin und wieder auch jemand den sie kannte…

  • Lepidus zog vor Verwunderung eine Augenbraue hoch. Was war denn nun in seine Schwester gefahren? Als würde ihn der Schwall ihrer Worte ein wenig zurückdrücken, stützte sich sein Oberkörper ein wenig nach hinten. Erst als er erfuhr, dass es um den Iulius und irgendeine Frau ging, machte er wieder ein entspanntes Gesicht. Fast absichtlich fing er an zu gähnen und wandte sich an seine Schwester nach einem kurzen zögern, da er sich nur vergewissern wollte, dass sie auch fertig war. Mit einem Lächeln wies er auf die Plätze vor seinem Schreibtisch. "Ach Lucia, bitte setz dich doch." Absichtlich fing er gleichsam an zu gähnen. während er mit beruhigender Stimme sprach: "Nein, natürlich wusste ich davon nichts. Was kümmert mich denn das Privatleben des Iuliers?" Das war natürlich eine bewusste Verharmlosung, denn Hochzeiten (gerade in höheren Kreisen) waren natürlich alles andere als rein Privat und hatten nicht selten auch eine politische Botschaft, auch wenn er diese im Falle einer Sergier nicht wirklich für offensichtlich hielt. Daneben war es auch geradezu paradox, dass sich Lepidus nicht für das Private eines 'Freundes' interessieren sollte. Das lag wiederum auch mehr an seiner seltsamen Definition eines solchen. Zuletzt entsprach seine Aussage, dass er davon nichts aber auch der Wahrheit. Selbst die Verlobung der beiden, die relativ öffentlich in einer Arena (oh, wie ekelhaft romantisch hätte er das wohl gehalten) stattfand, hatte er nicht miterlebt, da er in Anbetracht der Spiele, die er als langweilig empfand, mit seinem Gefährten Scaevola ziemlich schnell wieder vom Ort des Geschehens verschwunden war. "Und im Übrigen: Ist diese Angelegenheit so wichtig, dass ich nicht einmal eine kleine Gratulation zur Amtseinführung erhalte?" Dass Tiberius gewählt war, war ja nun schon allgemein bekannt. Die Amtseinführung war nun aber sehr frisch und seitdem hatte er seine Schwester noch nicht wieder gesehen. Immerhin stand sie jetzt hier im Officium eines Magistrats von Rom. Wenn das nicht Priorität gegenüber dem Treiben des Iuliers hatte, dann musste sich Lepidus doch ernsthaft fragen, ob dieser auf seine Schwester nicht doch einen etwas zu bedenklichen Einfluss auszuüben drohte.

  • Den interessierte das anscheinend gar nicht! Lucia war furios! Ihr Bruder gähnte! Er gähnte! Lepidus wollte sie auf einen der Plätze vor dem Schreibtisch komplimentieren, doch Lucia war grade viel zu… ja was eigentlich? Dass sie durch den Wind war, das war eindeutig und Hummeln im Hintern hatte sie auch noch – sie schritt statt sich hinzusetzen auf und ab. Außerdem wollte ihr keine passende Erwiderung einfallen. Ihre Ideen schwankten von: „Aber er ist doch dein Freund!“ über „Du willst mir tatsächlich weismachen, dass du nichts von der Verlobung weißt?“ zu einem viel zu plumpen „Was!?“. Die Worte blockierten sich gegenseitig und sie brachte bis auf ein paar aufgebrachte Geräusche nichts heraus. Doch dieser sah sich das Ganze nicht lange an, mit einer schlichten Frage nahm er Lucia stattdessen allen Wind aus den Segeln. Sie blieb mitten in der Bewegung stehen und sah ihn mit großen Augen an.
    „ Ich hab dir noch nicht gratuliert?“, fragte sie ungläubig und widerholte dann leiser und eindeutig entsetzt: „Ich hab dir noch nicht gratuliert.“
    Sie hob erschrocken die Hand vor den Mund und alle Spannung wich aus ihrem Körper. „Oh, Lepidus, das tut mir so leid! Ich hätte die erste sein sollen…“ Mit entschuldigender Geste trat sie abermals auf ihren Bruder zu. „Ich war einfach viel zu sicher, dass alles glattlaufen wird. Ich hab das ganze viel zu oft in meinem Kopf durchgespielt und dann irgendwann wohl geglaubt dass ich schon…“, sie brach diese fruchtlose Rechtfertigung ab und wiederholte das einzige, was diesen Fehltritt zumindest ein wenig wieder graderücken konnte: „Es tut mir so leid! Entschuldige!“ Und dann tat sie das einzige was ihr noch einfiel: Sie umarmte ihren Bruder und drückte ihn fest. „Herzlichen Glückwunsch! Ich gratuliere dir von Herzen und bin sehr stolz dich meinen Bruder nennen zu dürfen!“

  • Offensichtlich war es genau das richtige, um seine Schwester aus ihrem offensichtlich emotional aufgebrachten Zustand herauszuführen. Als sie dann um seinen Schreibtisch kam und ihn sogar in seinem Stuhl sitzend umarmte, war er sogar etwas überrascht und machte große Augen. Als sie ihn so fest drückte, erwiderte er es etwas unbeholfen mit zwei sanften Klopfern auf den Rücken. "Ähm, vielen Dank, Schwester. Es ist eine großartige Zeit für mich, aber noch viel wichtiger dies ist dies für unsere Familie insgesamt", sprach er dann selbst ihr gegenüber recht diplomatisch, bevor er sich langsam wieder von ihr zu lösen versuchte. "Dein Entschuldigung nehme ich natürlich an." Heute hatte Lepidus mal wieder seinen gönnerischen Tag. "Möchtest du dich nun nicht doch setzen?" Er hoffte, dass Lucia sich nun tatsächlich ein wenig beruhigt hatte. Wenn sie hier vor ihm herumstand oder gar noch anfing hin und her zu laufen, würde ihn das sicherlich wahnsinnig machen. So blickte er fast abwechselnd auf die Sitzgelegenheit und auf seine Schwester, in der Hoffnung allein dadurch seinen Willen geschehen zu lassen.

  • Das ganze konnte man einfach nur als emotionale Achterbahnfahrt bezeichnen. Lucia war eigentlich immer noch aufgebracht wegen der Verlobungsgeschichte, gleichzeitig entsetzt über ihr Versäumnis und dann unendlich erleichtert, dass Lepidus ihr so leicht verzieh. Sie bemerkte wohl, dass sich ihr Bruder nicht so ganz wohl in der Umarmung fühlen musste, drückte ihn aber trotzdem nochmal, ehe sie von ihm abließ. „Danke!“ Sie lächelte ihn verlegen an und nickte kurz bestätigend, dass sie sich nun setzen wollte. Doch sie ließ sich auf dem Weg um Lepidus Schreibtisch herum Zeit, strich dabei gedankenverloren mit den Fingern über die Tischplatte und wandte sich dann mit gerunzelter Stirn wieder Lepidus zu. „Du weißt also noch gar nicht, dass sich Iulius Dives mit Sergia Fausta verlobt hat?“ Sie schaffte es jeden Vorwurf aus ihrer Stimme herauszuhalten und klang nunmehr neugierig und ungläubig zugleich. Noch tat sie Lepidus nicht den Gefallen sich zu setzen, doch wenigstens schritt sie nicht mehr auf und ab und wirkte auch nicht mehr allzu aufgewühlt. Sie hatte auch inzwischen das Gefühl Lepidus eine zumindest kurze Erklärung zu schulden. „Ich hab bei meinem Thermenbesuch mit Flaminina unter anderem eben diese Sergia getroffen. Sie hat vor ihren Freundinnen mit ihrem Verlobten geprahlt und mich damit kalt erwischt.“ Das war wirklich eine mehr als knappe Zusammenfassung der Ereignisse, aber soweit nicht falsch.

  • Immer noch setzte sie sich nicht. Was war seine Schwester nur durch den Wind. Aber wahrscheinlich musste man das alles hier erst einmal richtig ordnen, denn noch immer verstand der Tiberier nicht ganz, wo hier denn der Hund begraben lagt. "Nein, das ist völlig neu für mich", bestätigte der Bruder noch einmal. "Aber wo genau liegt denn dabei das Problem? Und weshalb wirst du von so einer Nachricht 'kalt erwischt'? Wenn dich so etwas in Unruhe versetzt, dann wahrscheinlich auch bei jeder anderen Kleinigkeit." So spielte er das Thema erneut herunter, bis er dann selbst seiner Schwester ein wenig auf den Zahn fühlte. "Oder dachtest du womöglich, dass du selbst dem Iulier versprochen werden würdest?" Das würde doch zumindest die Aufruhe erklären, auch wenn Lepidus beileibe nicht wusste, wie seine Schwester auf diesen Gedanken kommen sollte. Vielleicht war das kürzliche Treffen mit Dives und die Tatsache, dass Lucia zu selbigem zur Versammlung der Veneta geschickt wurde, etwas missdeutlich.

  • Wieder musste Lepidus alles so herunter spielen! Sie und bei jeder Kleinigkeit die Ruhe verlieren? Das Schlimme war, dass Lepidus es allein mit diesen Worten schon schaffte Lucia zu ärgern, was wiederum seine Worte bestätigte, was Lucia nur noch mehr ärgerte. War sie wirklich zu leicht aus der Fassung zu bringen? Sie schüttelte vehement den Kopf. Doch schon mit der nächsten Frage bewies ihr Bruder ihr schon wieder das Gegenteil. Sie dem Iulier versprochen? Lucia blieb der Mund offen. Hatte sie das gedacht, gehofft vielleicht? Bewusst hatte sie sich nie darüber Gedanken gemacht… doch jetzt war es erstmal an ihr diese Frage plausibel von sich zu weisen: „Ach, Unsinn! Ich weiß doch was die Voraussetzungen wären!“ Ihre Worte klangen nicht so überzeugend, wie sie es gerne hätte, also schob sie noch eine weitere Erklärung für ihr Verhalten nach:
    „Es ist keine Kleinigkeit, wenn man davon spricht jemanden zu kennen und jemand anderes überrumpelt einen dann mit so einer Nachricht!“ Sie dachte nicht groß nach, während sie redete und es schien auch noch ganz gut zu funktionieren. Auch wenn diese Geschichte nicht ganz der Wahrheit entsprach, sie war doch eine viel bessere Erklärung, als eine mögliche Vernarrtheit ihrerseits. Gerade vor ihrem Bruder würde sie das sicher nicht zugeben! „Jetzt denken die andren Frauen am Ende noch ich würde bei jeder Geschichte so übertreiben und mein Wort hat weniger Gewicht als davor!“ Sie schaffte es tatsächlich sich wieder in Rage zu reden. „Und du tust auch noch so, als wäre es nichts!“ Wenig elegant ließ sie sich in den Stuhl plumpsen und verschränkte schmollend die Arme vor der Brust. Das hatte hoffentlich gereicht um Lepidus von dieser absolut törichten Idee abzubringen, sie könnte selbst auf ein Verlöbnis gehofft haben, einfach lächerlich! Absolut albern! Total!

  • Lepidus stützte nun seinen Ellenbogen auf dem Schreibtisch vor ihm ab und ließ gleichsam seinen Kopf in die entsprechende Hand sinken. Etwas seitlich gebeugt saß er nun ziemlich schludrig da und hin und wieder strich er sich mit den Fingern über die Schläfe. Womöglich war dies schon dir Vorsorge für die eventuell noch auftretenden Kopfschmerzen. "Da bin ich ja beruhigt, dass du die Tatsache nicht missdeutet hast, dass ich dich einmal zum Iulier als Begleitung entsandte", konstatierte er und war zufrieden, dass ihm seine Schwester erst einmal keine Vorhaltungen bezüglich einer möglichen Heiratschance machte. "Ich, äh, verstehe nichts von den Problemen... von Frauen... untereinander. Also... ich kann dir da nun kaum weiterhelfen." So richtig hatte der Tiberier wahrlich nicht verstanden, was er nun machen sollte. Er sah sich ja völlig unbeteiligt an der ganzen Sache und die Nachricht war ja schließlich auch für ihn eine Neuheit. Ja, da war es doch besser einfach irgendwie auf ein anderes Thema umzuschwenken, doch auch hier musste der Tiberier gedanklich resignieren. Weshalb hatte er eigentlich nochmal nach ihr geschickt? Was wollte er mit ihr besprechen. Diese unerwartete Geschichte hatte ihn völlig aus dem Konzept gebracht. "Entschuldige, ich hab nun auch irgendwie vergessen, was ich noch mit dir besprechen wollte..." Etwas angestrengt dachte der Tiberier nun nach und legte die Stirn in Falten, als wenn es ihm auf der Zunge lag.

  • Er schien ihr zu glauben, wenigstens etwas. So würde er zumindest so schnell nicht wieder auf dieses Thema zu sprechen kommen und Lucia konnte erstmal ihre Gedanken bezüglich des Iuliers ordnen. Ihr schmollender Blick fiel auf ihren Bruder, der so überhaupt nicht dasaß wie sonst. Es schien fast so, als ob nicht nur er sie, sondern sie ihn nicht minder aus dem Konzept gebracht hatte. Dies versöhnte Lucia fast auf der Stelle und sie richtete sich mit einem schwesterlichen, leicht heimtückischen Lächeln auf. Sie kam sich unerhört gut dabei vor, als sie Lepidus folgende rhetorische Frage stellte: „Könnte es sein, dass du wissen wolltest, wie es gelaufen ist, als du mich ‚zum Iulier als Begleitung entsandtest‘?“ Er hatte ihr sicher auch noch selbst etwas zu erzählen gehabt, aber diese Gesichte passte Lucia jetzt einfach nur zu gut in den Kram.

  • "Genau! Das wars!", rief Lepidus plötzlich auf und setzte sich wieder einigermaßen gerade hin. "Was genau hat denn die Vollversammlung ergeben und konntest du einige interessante Leute kennenlernen?" Zum Glück half ihm seine Schwester hin und wieder auf die Sprünge. Manchmal hatte der Tiberier einfach zu viel um die Ohren, um in jedem Moment bei klarem Verstand zu sein. "Ich hoffe, Dives war nicht allzu enttäuscht über meine Abwesenheit."

  • Treffer! Lucias Lächeln wurde etwas weicher und sie lehnte sich in eine bequemere Erzählposition zurück. Wie konnte sie das Ganze am besten formulieren, um Lepidus seine eigenen Worte ein wenig heimzuzahlen? Leider fiel ihr so schnell nichts ein und sie fing einfach mal so an zu erzählen: „Ich fürchte du hast ihn schon ein wenig enttäuscht. Beinahe seine ersten Worte an mich war die Frage nach dir. Wirklich, er hat mich kaum begrüßt, da fragte er schon wo du bist. Und das obwohl er deinen Brief bekommen hat. Ich glaube er wollte dir wirklich einen Gefallen tun und dich dem einen oder anderen vorstellen.“ Mit einem bedauernden kleinen Kopfschütteln hatte sie ihre Worte abgeschlossen. Das war ja fast schon Heimzahlung genug! Erst beim Sprechen war Lucia aufgefallen, wie wunderbar sie ihrem Bruder hier ein schlechtes Gewissen einreden konnte und das hatte sie sogleich probiert. Jetzt ließ sie Lepidus erst mal ein wenig zappeln und hoffte auf eine entsprechende Reaktion.

  • "Hmpf", war seine erste Reaktion. In einem späteren Thermenbesuch hatte er sich ja noch einmal mit Dives über diese Factio-Angelegenheit unterhalten, aber selbstverständlich war diese Information alles andere als ein Stimmungsheber. "Nunja, manchmal sieht das Schicksal eben andere Wege vor. Es bringt da auch nichts, etwas mit Gewalt zu erzwingen, von daher muss der Iulier wohl damit zurechtkommen. Niemand bedauert es mehr als ich, wenn man seine Freunde ein wenig enttäuschen muss" Dabei hatte Lepidus ziemlich zielsicher darauf hingesteuert. Etwas nachdenklich, aber sich schnell wieder fangend, saß er seiner Schwester gegenüber und wartete, was sie sonst noch von der Versammlung zu berichten hatte.

  • Geschwisterliche Liebe war schon etwas ganz besonderes! Was sonst bereitete einem so viel Vergnügen, wie den eigenen Bruder zu quälen? Gut, er reagierte nicht ganz so, wie Lucia es sich erhofft hatte, aber das ‚Hmpf‘ zeigte ihr wenigstens, dass er nicht ganz unberührt blieb. Immerhin etwas.
    „Aber du brauchst dir keine allzu großen Gedanken deswegen machen“, tat sie nun gönnerhaft und gab gleich darauf ein wenig an: „Ich denke, ich hab ihn ganz gut davon ablenken können. War nicht ganz einfach, aber du kennst mich.“ sie lächelte selbstzufrieden. „Er hat mich seinem Patron, dem Vinicius Hungaricus vorgestellt. Und dem kurz darauf frisch gewählten Princepes Factionis Germanicus Sedulus ebenfalls.“ Hier verschwieg sie lieber, dass es bei der Vorstellung geblieben war, da die Sitzung angefangen hatte. „Dives ist übrigens zum Vicarius Principis Factionis gewählt worden und hat mich als erste Amtshandlung als Mitglied der Factio willkommen gehießen.“ Damit wäre das auch erwähnt. „Und du hast sicher schon erfahren, dass mich Dives danach nach Hause begleitet hat, oder?“

  • "Ah gut, Germanicus Sedulus also Princeps und Dives selbst Vicarius", sprach er ihr einfach nach, um sich die neuen Strukturen in der Veneta noch einmal zu vergegenwärtigen. Man musste ja wissen, wer wo stand und wen man in welchem Fall ansprechen konnte. Anschließend staunte Lepidus nicht schlecht, dass seine Schwester den kühnen Schritt gewagt hatte, sogleich der Factio beizutreten. "Da darf ich dich wohl zu deiner Mitgliedschaft beglückwünschen. Aber auf der Versammlung hattest du wahrscheinlich auch gar keine andere Wahl, oder?" Lepidus lächelte. Er fand es tatsächlich völlig in Ordnung, dass seine Schwester bei der Veneta war, während er selbst sich um die Aurata kümmerte. Factiones waren ja nun auch keine Ansammlung von Familienverbänden. Sportliche Sympathien konnten auch innerhalb der Verwandtschaft unterschiedlich sein. Anschließend jedoch, tauchte wieder ein großes Fragezeichen über seinem Kopf auf. "Mir hat niemand berichtet, wer dich nach Hause geleitet hat. Findest du daran etwas ungewöhnlich?" Hmm.. zumindest der Ianitor hätte das eventuell erwähnen können, allerdings hatte er auch nie um vollständige Informationen bezüglich seiner Schwester gebeten. "Ein sehr netter Zug von ihm.", kommentierte er dagegen nur recht harmlos. "Ich bin sicher, du hast ihn den Abend über gut begleitet. Ich weiß ja zum Glück, dass ich mich auf dich verlassen kann. Sonst hätte ich dich ja auch nicht darum bitten können, diese Einladung für mich wahrzunehmen."

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