Kandidatur zum Cursus Honorum [10/13] - Marcus Decimus Aquila


  • Marcus Cuspius Rusticus


    Der amtierende Consul Cuspius Rusticus rief die Kandidaten der kommenden Wahlen anhand einer wunderbar, weil alphabetisch geordneten Liste auf.


    Unter 'D' fand sich: “Marcus Decimus Aquila – er kandidiert als Vigintivir!“










  • Jetzt war es also so weit. Aquila atmete tief durch, als der Consul seinen Namen aufrief und damit aufforderte, nach vorne zu treten und sich zu präsentieren. Zu sagen, er wäre nervös, wäre weit untertrieben gewesen... er war verdammt nervös. Kein Wunder, bei der Runde, vor der er gleich sprechen würde, die schon allein durch ihre Menge beeindruckend war, und noch weit mehr durch die Tatsache, was sie waren. Die höchsten Würdenträger des Reichs. Aquila atmete noch mal tief durch, berührte kurz den decimischen Siegelring, den er am Finger trug, und rief sich die Zeit seines Unterrichts in Erinnerung. Er war in den letzten Jahren für das hier ausgebildet worden. Er hatte sich in den letzten Wochen für das hier vorbereitet. Er konnte das. Zeit seine Lehrer stolz zu machen. Mit diesem Gedanken trat er nach vorne, ruhigen Schritts – lieber ein wenig zu langsam und dafür fest, sicher, als zu hastig und nervös –, und stellte sich den unzähligen Augenpaaren, die ihren Blick nun auf ihn richteten.


    „Patres conscripti“, begann er seine Rede, „ehrenwerte Senatoren des Imperium Romanum! Es ist mir eine besondere Ehre, heute vor euch zu treten in diesen Hallen und zu euch sprechen zu dürfen. Ich bin Marcus Decimus Aquila, Enkel des Maximus Decimus Meridius.“ An dieser Stelle machte Aquila eine kleine, wohldosierte Pause, um den Namen wirken zu lassen, bevor er weiter sprach: „Lange Jahre saß dieser selbst mit euch in dieser Curie, und er hat mir viel erzählt von dieser Zeit, in der er Rom und dem Kaiser gedient hat – hat mich viel gelehrt über die Bedeutung dieser Hallen, über die Tugenden und Werte Roms. Und er hat in mir den Wunsch geweckt, es ihm gleich zu tun, in seine Fußstapfen zu treten und meinen Teil dazu beizutragen, Roms Größe und Ruhm zu wahren und zu mehren. Ich will ihm ein würdiger Enkel sein, und so stehe ich heute vor euch, um den ersten Schritt auf diesem langen Weg zu tun, der mich hoffentlich eines Tages selbst in eure Reihen bringt.“ Wieder eine kleine Pause. Aquila tendierte ohnehin dazu, ein bisschen schneller zu reden als gut war, was nicht besser wurde wenn sich in ihm Nervosität breit machte, und so hatte er sich vorher nicht nur eingebläut, dass er langsam reden musste, sondern er hatte sich auch bewusst Gedanken über die Pausen gemacht – nicht nur für die Zuhörer, auch für sich selbst, um sich zu sammeln, ordentlich weiter zu machen, nichts zu vergessen. Ach ja: und nicht zu schnell zu werden.
    „Ich stamme aus Tarraco in der Provincia Hispania, in der meine Familie ihren Stammsitz und ihre Wurzeln hat. Der größte Teil meiner Ausbildung fand dort statt; eine zweijährige Bildungsreise nach Achaia, die mich vor allem nach Athen führte, hat meine Kenntnisse der artes liberales noch um ein Vielfaches vertieft und verfeinert. Hier in Rom angekommen führte ich meine Studien an der Schola Atheniensis in verschiedenen Bereichen fort“, fuhr er dann fort. Seinen Blick ließ er durch die Zuhörerschaft schweifen, während er sprach – nicht zu schnell, nicht zu langsam, jedenfalls hoffte er die richtige Geschwindigkeit zu treffen, während er auf der Suche von einem freundlichen Gesicht zum nächsten war, an dem sich sein Blick kurz festhalten konnte. Aber im Großen und Ganzen waren es einfach nur... naja: Gesichter. Eine Menge Gesichter. Und Aquila stellte dabei fest, dass es irgendwie einfacher war zu reden, als er sich davor vorgestellt hätte, gerade weil es so viele waren und er im Grunde nicht wirklich einzelne ausmachen konnte. „Auch die ersten praktischen Erfahrungen in der Politik konnte ich bereits sammeln: während des vergangenen Jahres in Rom hatte ich die Gelegenheit, bei dem Senator und noch amtierenden Aedil Titus Duccius Vala ein Tirocinium fori zu absolvieren und diesen zu unterstützen. Zudem kann ich mich glücklich schätzen, dass mein Patron, der ehrenwerte Consular Spurius Purgitius Macer, mir mit seinem Rat zur Seite steht auf meinem weiteren Weg. Sollte ich von euch gewählt werden, würde ich mein Wissen und Können gerne als Tresvir capitalis einsetzen, sofern ihr mir diesen Wunsch gewährt. Ich bin der Überzeugung, mit meiner bisherigen Ausbildung Rom in diesem Amt am besten dienen zu können – gleichzeitig sehe ich in dieser Tätigkeit die größte Herausforderung, der ich mich gerne stelle. Selbstverständlich würde ich aber auch jedes andere Amt, das ihr mir im Falle meiner Wahl zuweist, mit Freuden annehmen.“


    Er hielt erneut einen kurzen Moment inne, um den Senatoren die Gelegenheit zu geben, das Gesagte kurz zu rekapitulieren, bevor er weiter machte. Und diesmal nutzte Aquila sie auch selbst, um wie zu Anfang noch einmal ganz kurz durchatmen und flüchtig, unauffällig, den Ring zu berühren. Jetzt kam der Teil, der ihm am meisten Kopfzerbrechen bereitet hatte, und es immer noch tat. „Einige Worte zum Abschluss noch zu einer Thematik, die sicherlich viele von euch beschäftigt.“ Er hatte überlegt, ob er das wirklich von selbst ansprechen sollte. Aber es ließ sich ja nicht leugnen, und er ging davon aus, dass so oder so Fragen kommen würden zu der eher unrühmlichen Rolle, die ein paar seiner Verwandten im Bürgerkrieg gespielt hatten, oder besser: die sie im Nachhinein bekommen hatten, weil sie zum Verlierer gehalten hatten. Es brachte also wenig, fand er, in seiner Rede erst mal einfach so zu tun, als wäre nichts... im Zweifel wurde ihm das noch als Feigheit ausgelegt. Dann schon lieber selbst das Thema ansprechen und vielleicht dem ein oder andere damit von vornherein den Wind aus den Segeln nehmen – oder zumindest schon mal ein paar Fragen beantwortet zu haben. Er hoffte nur, dass er die richtigen Worte gefunden hatte bei seiner Vorbereitung, und dass er jetzt den richtigen Ton traf. „Manch einer meiner Verwandten war irregeleitet in jüngster Vergangenheit, hat sich von Einflüsterungen blenden lassen. Es geschah in dem festen – wenn auch falschen, wie wir heute wissen – Glauben, dass trotz all seiner Makel und Fehler der Usurpator der rechtmäßige Erbe gewesen sei. Ich weiß, das ändert nichts daran, dass es ein Irrweg war, und dass daran nichts zu beschönigen ist.
    Dennoch zeigt es eine Sache: meine Familie hat gekämpft für Rom, hat Opfer gebracht für Rom, und hat Rom und seinen Imperator immer an oberste Stelle gesetzt. Dabei durften wir auch stets die Erfahrung machen, dass ein solcher Einsatz nicht vergebens ist – dass Rom Engagement und Opferbereitschaft würdigt. Meine Vorfahren haben sich im Militär hochverdient gemacht und wurden mit dem Bürgerrecht belohnt. Mein Großvater hat sich noch ex caligae hochgearbeitet bis in eure Reihen und wurde für seinen Einsatz und seinen Verdienst mit einem Triumphzug geehrt. Meine Base hat ihre Familie in jungen Jahren zurück gelassen, um Rom heute als eine von sechs Vestalinnen zu dienen, die alle Opfer bringen, um Roms Fortbestand zu sichern, und die alle dafür in höchstem Maß verehrt werden. Das ist es, was meine Familie verinnerlicht hat, was uns ausmacht, was uns antreibt: das Wissen, dass wir Rom alles zu verdanken haben – und die Bereitschaft, im Gegenzug alles für Rom zu geben.“
    Diesmal hatte Aquila nicht mal dran denken müssen, nicht zu schnell zu werden. Zu sehr war ihm bewusst, wie brisant dieses Thema war, und so hatte er die Worte wohl gesetzt, war seine Stimme wie von selbst eindringlich geworden. Wichtig war vor allem eines: dass die Senatoren spürten, dass er überzeugt war von dem, was er sagte. „Ich will diese Tradition meiner Familie fortsetzen, will ebenfalls meinen Dienst leisten für Rom – und ich bitte euch darum, mir die Möglichkeit zu gewähren, eben dies zu tun. Ich danke euch, werte Senatoren, für eure Aufmerksamkeit.“

  • Livianus, der umringt von einigen Klienten und Unterstützern in der vordersten Reihe saß erhob sich und erbat beim Konsul das Wort. Als Verwandter und Förderer des jungen Aqulia sah er es fast schon als sein Pflicht an, ihm als erster seine Unterstützung auszusprechen. Zudem war er sehr stolz auf die erste Rede seines jungen Verwandten vor dem Senat. Aquila hatte seine Sache wahrlich gut gemacht.


    "Patres Conscripti! Ich unterstütze die Kandidatur von Decimus Aqulia und bitte euch, ihm ebenso eure Stimme zu geben.


    Viele von euch werden nun sagen – Natürlich! Er ist ja der Enkel deines Cousins, des Triumphators Maximus Meridius. Und ich kann euch darauf antworten - Genau aus diesem Grund unterstützte ich ihn bei seinem Bestreben! Denn wer sollte ihn besser kennen oder seine Befähigung für dieses Amt besser einschätzen können, als ein Verwandter, der selbst erfahrenes Mitglied des Senats ist.


    Während meiner Zeit in Hispania hatte ich das große Glück Aquila zu einem jungen Mann heranwachsen zu sehen, seine Ausbildung zu beobachten und unzählige Gespräche über die Politik, das römisches Recht, die römische Verwaltung oder zahlreiche andere Themen zu führen. Ich kann euch daher mehr als versichern, dass ihr hier einen intelligenten, strebsamen und hoch gebildeten jungen Mann vor euch stehen habt, der aus meiner Sicht eine große Bereicherung für das 20-Männer-Kollegium und in einigen Jahren bestimmt auch für den Senat darstellt.


    Gebt ihm eure Stimme und ich versichere euch, er wird euch ebenso wenig enttäuschen, wie sein Großvater Senator Decimus Meridius."

  • Unter den vielen Reden kam dann doch eine, zu deren Inhalt sich Sextus doch bemüßigt fühlte, etwas zu sagen. Kurz hatte er noch überlegt, zu schweigen, um sein bislang recht gutes Verhältnis zu Consular Purgitius und die weitere Zusammenarbeit mit eben jenem nicht zu gefährden. Auf der anderen Seite überraschte es wohl auch den Consular nicht, wenn jemand einen Decimer nach der etwas jüngeren Vergangenheit etwas ausgiebiger und auch kritischer befragte. Immerhin hatten diese in eben jener eine nicht gerade unauffällige Rolle gespielt.


    Den Zuspruch von Consular Decimus ignorierte Sextus da schon geradezu. Immerhin waren die beide recht eng verwandt, da war es ja wohl selbstverständlich, dass der Consular seinen verwandten zu protegieren versuchte. Und nicht unbedingt ein besonderer Beweis irgendeiner Eignung.
    Sextus wartete die kleine Meldung also ab und erhob sich nun seinerseits aus der Riege seiner Vertrauten und Verbündeten, um das Wort zu ergreifen. “Verstehe ich dich also recht, junger Decimus, dass du die Verhaltensweise deiner Verwandten nicht nur rechtfertigst, sondern sogar befürwortest? Und damit meine ich nicht nur den Krieg und ihre Rolle in eben jenem traurigen Kapitel unserer Geschichte, sondern vielmehr die anderen Dinge. Wie die Verbreitung von infamen Lügen über ehrenwerte Mitglieder des Senats wie Consular Tiberius und nicht zuletzt unseren Kaiser? Die Gefangennahme und Verschleppung hochrangiger Frauen? Und über alles die Festnahme und Folter von dem ehrenwerten Consular Vinicius Lucianus, entgegen unserer Gesetze und den Sitten der Vorväter, nur noch übertroffen durch die ebenso widerrechtliche Hinrichtung desselben durch den Usurpator Vescularius, um dessen nun dem ganzen Volk bekannte Verbrechen zu verschleiern?
    Welche Opfer also hat deine Familie gebracht, verglichen mit diesen Verbrechen? Du wirst die Ehre, eine Tochter den Vestalinnen zu übergeben, nicht ernsthaft mit der Verbannung und Tod gleichsetzen wollen, wie sie viele Familien in jüngster Zeit erdulden mussten.“

  • Aquilas Mundwinkel hob sich andeutungsweise in einem kurzen, dankbaren Lächeln, als sein Onkel als erster das Wort ergriff und sich für ihn aussprach. Natürlich war ihm klar, dass die meisten hier genau das wohl erwartet hatten, und dass es nicht übermäßig viel zählen mochte – andererseits: es zählte nicht mehr und nicht weniger, als wenn sich ein Patron für seinen Klienten aussprach. Und ihm selbst tat es gut, jetzt, nach Ende seiner Rede, wo er da stand und nichts anderes tun konnte als abzuwarten, was ihm wohl an Fragen an den Kopf geworfen werden würden, erst mal etwas Positives zu hören. Es linderte die Nervosität etwas, die wieder angestiegen war, nachdem er geendet hatte, und das allein war schon hilfreich.
    Mehr als hilfreich, wie Aquila gleich darauf erfahren musste. Kaum hatte sein Onkel geendet, ergriff ein weiterer Senator das Wort, ein eher junger. Also, immer noch alt, eigentlich, aber immerhin jünger als die meisten anderen in diesem Gremium. Und was der sagte, hatte es in sich. Der hatte es nicht so mit langsam angehen... der fuhr lieber gleich die schweren Geschütze auf. Und legte ihm dazu auch noch einfach irgendwelche Worte in den Mund, denn wann bitte sollte er gesagt haben, er befürwortete, was seine Verwandten getan hatten? Das war ja wohl bitte einzig und allein seiner Fantasie entsprungen.


    Aber Aquilas Ausbildung war in der Tat gut gewesen, hatte ihn auch auf diese Situationen vorbereitet, so gut es in der Theorie möglich war, und mehr noch: in seinem Tirocinium fori hatte er auch mehr als nur einmal ganz praktisch erleben können, wie so etwas lief. Und es war ja nicht so, als hätte er nicht damit gerechnet, dass irgendetwas in der Richtung kam... selbst wenn der Kaiser sich selbst zurückgehalten gegenüber seiner Familie, es glaubte wohl keiner, dass er nicht trotzdem seine scharfen Hunde hatten, die das Beißen für ihn bei Bedarf übernahmen. „Verzeih, wenn ich dich korrigiere, Senator. Ich sagte mit keinem Wort, dass ich die Taten meiner Verwandten unter der Herrschaft des Usurpators befürworte. Im Gegenteil habe ich betont, dass sie falsch lagen. Dass sie einem Irrweg folgten, in allem, was sie in jüngster Vergangenheit taten, und damit meine ich auch jene Dinge, die du genannt hast.“ Aquila atmete kurz und versuchte diesen Moment zu nutzen, seinen Mund wenigstens etwas wieder zu befeuchten, der ihm mittlerweile staubtrocken vorkam.
    „Es war und ist mir aber wichtig, zu erwähnen, warum sie so handelten. Sie waren nicht aus auf mehr Reichtum und Macht. Sie waren niemals zu Gast im kaiserlichen Palast wie die zahlreichen Speichellecker, die der Usurpator um sich geschart hat. Sie haben niemals versucht sich die Gunst des Vescularius mit exorbitant teuren Geschenken zu erkaufen. Sie haben sich nicht mit seinen Günstlingen eingelassen und ihre Positionen nicht ausgenutzt für persönliche Vorteile. Sie haben den Usurpator unterstützt, weil sie überzeugt davon waren, das Beste für Rom zu tun.“ Aquila hob leicht die Hände und nutzte die winzige Pause erneut, diesmal um seine Lippen kurz zu befeuchten. „Das Falsche aus den richtigen Gründen zu tun ist dennoch falsch. Das weiß ich. Aber würden wir Decimi uns jetzt zurückziehen, weil einige von uns Fehler gemacht haben, wäre es feige. Es wäre der einfache Weg, zu warten, bis in Vergessenheit geraten ist was passiert ist – aber es wäre feige. Und es würde Rom nicht gerecht werden, und dem, was wir erhalten haben in all den vergangenen Jahren. Do ut des – Rom hat meiner Familie so viel gegeben. Ich stehe hier, weil ich meinen Teil zurückgeben will. Gerade jetzt, wo es gilt, Unrecht wieder gut zu machen.“

  • Aelius Quarto ergriff an dieser Stelle das Wort.


    “Marcus Decimus Aquila, erlaube mir eine Frage. Du sagtest, dass du bei Senator Duccius Vala als Tiro fori tätig warst. Welche Rolle hat er in den vergangenen Jahren gespielt, also was, frage ich, was hat Titus Duccius Vala getan? War er ein Anhänger und Unterstützer des Thronräubers und Mörders Salinator? War er das? Hast du bei ihm gelernt, dass seine Regentschaft... nein: seine Tyrannei... also, hast du an seinem Beispiel, an Senator Duccius' Beispiel erfahren, dass sie richtig und gerecht war?“


    Es war natürlich eine rein rhetorische Frage, denn im nächsten Moment beantwortete er sie selbst:
    “Nein! Natürlich nicht! Titus Duccius Vala gehörte zu jenen, die ihn bekämpft haben, den Usurpator, als Tribunus bei der Legio VIII Augusta. Das wissen wir. Und wir wissen, dass er dir ein Tirocinium fori angeboten hat. Stehst du deshalb im Verdacht, dem Unrechtsregime des Mörders nahe zu stehen? Wohl kaum!“


    Er machte eine kurze Pause. Dann wies er mit der leicht zitternden Rechten auf den Kandidaten.
    “Dieser junge Mann dort, er hat uns versichert erkannt zu haben, was Unrecht ist und zu wissen, dass es Unrecht bleibt, auch wenn man in guter Absicht handelt. Es gibt viele Ältere, die diese Wahrheit niemals sehen können und selbst die größten Dummheiten noch mit honorigen Absichten zu rechtfertigen suchen.“


    Der alte Consular breitete die Arme aus, als wolle er das ganze Plenum umarmen.
    “Wir sollten in die Zukunft schauen, gemeinsam. Wir sollten jungen Männern nicht länger die Vergangenheit vorwerfen. Es gilt ein Haus zu renovieren und in neuer Pracht zu errichten, dass Haus des römischen Staates. Das müssen die Jungen tun, Männer wie Marcus Decimus Aquila. Männer wie er, die in mir die Hoffnung wecken, dass aus guten Absichten auch gute Taten erwachsen. Ich werde ihn wählen!“

  • Furianus beugte sich ein wenig vor, um Quarto besser sehen zu können, denn sie saßen nicht unweit voneinander.


    "Damit implizierst du, Aelius, dass es besser wäre nichts zu tun. So käme man nicht in die Verlegenheit sich für Fehler zu rechtfertigen, damit wäre jedoch auch die Möglichkeit des Richtigen und damit folgenden Ruhmes verwehrt.", sprach er hörbar laut.


    Sein Blick wanderte auf den jungen Aspiranten.


    "Warum sollte ich nicht in die Vergangenheit schauen? Sie ist unsere Identität und schlussendlich richtet sie über uns. Ein jeder Römer hat sich für seine Taten, wie auch Tatenlosigkeit in evidenten Momenten, zu verantworten! Immer!"


    Er lehnte sich wieder zurück. Es waren klare Worte, keine Fragen, doch eine Mahnung an jene, die nun blindlings zu vergessen schienen was noch vor Monaten passiert war in dieser Stadt. So etwas leichtfertig zu vergessen war töricht, die Verantwortlichen nicht ihrem Urteile zuzuführen nur dumm. Er vergaß nicht so schnell und er würde Vergeltung fordern für das, was ihm angetan wurde.
    Auch von dem Decimi.
    Eine Flavia war immer noch verschollen, verschleppt von Prätorianern unter einem Decimus und das würde nicht ungesühnt bleiben. Nicht für ihn.

  • "Fehler? Mitnichten, Senator Lucius Aelius. Wir haben doch gerade attestiert, vielmehr du, dass Tatenlosigkeit ein guter Weg wäre. Ich bin anderer Meinung.", und langsam verschränkte er die Hände vor der Brust, um Sekunden später dem jungen Mann demonstrativ in die Augen zu blicken. Mit einem Gesicht, welches recht einschüchternd sein konnte.


    "Er hat nichts gemacht. Gar nichts. Er hat weder römische Tugenden bewiesen noch einen anderen Dienst, der während dieser schrecklichen Zeit jemandem, der außer Stande war tätig zu werden, gerecht wäre.
    Mal im Ernst, Senator Lucius Aelius,"
    , sein Blick wanderte wieder auf Quarto: "Was hat er schon aufzuweisen außer der Tiro fori eines Senators zu sein, den hier niemand kennt oder kennen müsste? Sein Patron, welchen ich im Übrigen immer noch schätze, brillierte ebenfalls nicht mit Maßnahmen gegen den Usurpator, sondern ließ es über sich ergehen."


    Feige waren sie, alle feige. Daher fixierte er wieder den Decimus.


    "Während ehrbare Männer, gar Familien, durch die ausführende Hand eines engen Verwandten bluteten, starben, was hat dieser Mann geleistet?!", seine Worte brausten und er wurde etwas lauter.
    Feige, sagt er, wäre es sich nun zurück zu ziehen aufgrund der familiären Verstrickungen und dem Fehlerverhalten seiner engesten Familia. Er sagt es sei feige und damit nennt er sich im selben Atemzug mutig. Du und mutig?!", seine Wangen bebten.
    "Sühne erstmal für die Gräueltaten deines Vetters, diene Rom, bevor du uns hier weiter verspottest. Bewähre dich, beweise dich, ehe du dich mutig nennen kannst. Das hier ist kein Altar, um Sühne und Buße Rom gegenüber zu tun, das ist der Senat! Der Senat ist eine Ehre und kein Steigbügel für einen Verkrüppelten Jüngling, der eine Beschäftigung zur Sühne sucht!"


    Er hatte genug gesagt. So ein Bengel würde es nicht wagen ihn das Wort mutig zu lehren. Der Flavier musste erst einmal verschnauben, denn die Lunge raste in seiner Brust - er war doch recht schwach.
    Es war auch äußerst ungeschickt, taktisches Fehlverhalten, nicht vorher bei hohen Senatoren vorstellig zu werden. Besonders jenen, in deren Gunst man nicht allzu hoch stehen mochte.

  • Bisher hatte Macer die Vorstellung seines frischesten Klienten schweigend verfolgt, denn dieser hatte schon andere namhafte Fürsprecher auf seiner Seite, die ihn dem Senat empfahlen und ihm bei Gegenrede zur Seite standen. Als nun aber Flavius Furianus ihn doch sehr direkt ins Spiel brachte, erhob er sich zügig und ergriff als Consular auch sehr bald das Wort.


    "Und du hast brilliert, Senator Flavius?", fragte er trocken zurück. Das war aber auch die einzige Stelle, in der er diesen Senatskollegen explizit ansprach oder anschaute. "Es fällt leicht, einem jungen Mann vorzuwerfen, er hätte noch nichts für Rom getan. Und ja, dieser junge Mann hier, den ich selber auch noch nicht allzu lange kenne, hat wenig getan bisher in seinem Leben. Er hat den amtierenden Aedil Duccius Vala als Tiro begleitet, er hat von seinem eigenen Großvater gelernt, er hat Bildung und Ausbildung genossen. Das ist nicht viel. Und doch mehr, als die meisten Bürger draußen auf dem Forum üblicherweise in diesem Alter getan haben. Aber was noch viel wichtiger ist: Hat Rom jemals einem Rekruten die Rüstung und die Caliga verweigert, wenn dieser sie zum ersten Mal anlegen wollte? Welchem jungen Mann oder welcher jungen Frau würde man es ernsthaft verbieten, den Weihrauch auf die Kohle zu legen, wenn er oder sie zum ersten Mal in ihrem Leben an den Altar tritt? Verbietet man dem Schreiner, die Säge zu führen, bis er eigenhändig einen Baum gefällt und die Rinde entfernt hat? Nichts von alle dem tut man, denn es gibt für jede große Entscheidung im Leben einen ersten Schritt, den man vorbehaltlos gehen muss. Nicht so vorbehaltlos, dass man die Vergangenheit gänzlich ignorieren dürfte. Nein, das keineswegs. Dafür sind wir hier, um Rede und Antwort zu hören, Motivationen und Ansichten zu ergründen. Aber wenn wir hier sowohl in den Taten der Vergangenheit als auch in den fehlenden Taten einen Mangel sehen, dann trocknen wir uns selber aus. Bei Decimus Aquila sehe ich keinen Mangel und werde ihm meine Stimme geben." Macer hatte vieles davon allgemein gesprochen, ohne bestimmte Senatoren dabei anzusehen. Darum nickte er jetzt zum Abschluss auch demonstrativ dem Kandidaten zu, bevor er wieder Platz nahm.

  • Nun erhob sich auch Livianus mit einem breiten Lächeln im Gesicht und sah zu Purgitius Macer.


    "Aber ich bitte dich Consular! Natürlich hat er brilliert. Ich konnte mich schließlich nun lange Zeit an den Statuen ergötzen, die man in meiner Heimatstadt Tarraco ihm zu Ehren erbauen ließ. Sie sind wahrlich prachtvoll geworden und ich habe sie sehr bewundert, auch wenn darauf leider nicht vermerkt wurde, was genau sein Verdienst um Hispania war. Ich bin mir dennoch sicher, dass er sie sich redlich verdient hat. Mir ist auch über sein Consulat berichtet worden. Ich denke du erinnerst dich. Gleich nach seinem Amtsantritt soll es jedoch sehr ruhig geworden sein um ihn. So ruhig das es danach angeblich nicht einmal zu einem Res Gestae am Forum gereicht hat. Doch ich bin mir sicher er hatte seine guten Gründe. Und seine heldenhafte und lange Dienstzeit im Exercitus Romanum wollen wir nicht vergessen. Hat er überhaupt jemals ein senatorisches Tribunat abgeleistet oder unser Reich mit dem Schwert in der Hand verteidigt? Ganz gleich. Ein Mann seines Standes hat man die Ehre schon mit in die Wiege gelegt."


    Mit einer abwertenden Handgeste bedachte Livianus zum Abschluss noch Furianus, ohne ihn dabei einen Blickes zu würdigen.

  • Wäre das Thema an sich nicht so ernst, wäre es ja beinahe lustig, dass hier die Senatoren untereinander mehr diskutierten, als der Decimer, der sich eigentlich bewarb. Stattdessen meinte der alte Aelier, der ja wie andernorts gesagt worden war bald verschwägert mit dem jungen Burschen sein würde (was sein exorbitantes Plädoyer auch erklärte), in die Bresche springen zu müssen und statt dem eigentlich zur Befragung stehenden zu antworten. Woraufhin sich auch sogleich ein wildes Wortgefecht entspann. Sextus schüttelte kurz den Kopf.


    Ich würde gerne den Kandidaten noch etwas fragen“, meldete er daher eher vorsichtig schon an, bevor die nächsten Senatoren noch in wilde Wortgefechte ausbrachen und dabei die eigentliche Sache vergaßen. “Und ich hoffe doch, dass dieser für sich allein sprechen kann“, fügte er eher halblaut hinzu, aber durchaus so, dass Consular Aelius es hören mochte – sofern seine Ohren nicht schon taub waren.


    Zum Thema 'Ehre schon in der Wiege' erntete Senator Decimus nur einen vielsagenden Blick, der keines weiteren Kommentars bedurfte. “In welchem Amt bei den Vigintiviren siehst du dich am ehesten und weswegen? Wie denkst du, dass du dort das Unrecht durch deine Familie wieder schmälern kannst?“

  • Was im Anschluss an seine Antwort folgte, war etwas, womit Aquila im Leben nicht gerechnet hätte. Bekam er zuerst noch aelische Unterstützung, kam plötzlich noch mehr Gegenwind, und bevor er etwas sagen konnte, bevor er es sich versah, kam plötzlich eine Diskussion unter ein paar Senatoren in Gang, in die er sich nicht mehr so wirklich einmischen konnte. Und bei allen Göttern, der eine, der Flavier, fing an ihn in der Luft zu zerfetzen. Aquila begann sich zu fragen, was er ihm – ihm ganz konkret – denn eigentlich vorwarf. Dass er mit 15, 16 Jahren noch keine Legion unter sich gehabt hatte, um den Usurpator aus Rom zu vertreiben? Dass er Hispanien nicht zum Aufstand gebracht hatte, noch bevor er überhaupt seine Bulla abgelegt hatte? Aquila wusste ja nicht, wie alt er wohl auf den Flavier wirkte – so alt wie der war, waren seine Augen vermutlich nicht mehr die besten –, aber er bekam das Gefühl als ob er ihn für 25 hielt oder so. Und was, fragte er sich in diesen Momenten, während die Senatoren untereinander diskutierten, sollte er jetzt nach Ansicht des Flaviers sonst tun, wenn nicht genau das, was er getan hatte und tat – den traditionellen Weg gehen, ein Tirocicinium fori absolvieren, wie es die Sitten verlangten, zu kandidieren für das Vigintivirat? Wie sollte er sonst Rom dienen, wo doch gerade der Aufstieg ex caligae nahezu unmöglich geworden war heutzutage, weil es eine Rückbesinnung auf alte Werte gab? Nein, Aquila bekam mehr den Verdacht, dass der flavische Senator einfach nur ein alter Sack war, den störte, dass er keine große Nummer mehr war und sonst nichts mehr zu melden hatte.


    Was er sich freilich niemals getraut hätte, laut zu sagen. Generell hätte er nicht gewusst, wie er auf die Situation nun hätte reagieren sollen. Er hatte mit kritischen Bemerkungen und Fragen gerechnet, das ja, hatte sich auch darauf vorbereitet – aber das, was da gekommen war? Nein, damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet, und auch nicht dass die Diskussion plötzlich über seinem Kopf hinweg geführt wurde, und er fühlte sich nicht nur etwas überfordert damit. Auch wenn er natürlich froh war, dass andere sich für ihn aussprachen, oder zumindest gegen den flavischen Senator – darunter sein Patron, dessen Nicken er ganz kurz erwiderte, mit einem dankbaren Blick dazu. Mit ein bisschen Glück fiel in der hitzigen Debatte vielleicht auch keinem auf, dass er ziemlich... nun ja: überrumpelt von der Wendung, die seine Vorstellung gerade genommen hatte. Entsprechend war er fast dankbar, als der kritische Senator von vorhin ihm mal wieder eine Frage stellte, so dass er nicht einfach nur da stand und zuhörte. Auch wenn der schon wieder etwas fragte, was er eigentlich in seiner Rede schon erwähnt hatte. „Meine Präferenz liegt bei den Tresviri capitales, Senator“, wiederholte er. Es war nicht das angesehenste Amt unter den Vigintiviri, aber es war nicht nur ein Schreibtischposten... und so wie die Diskussion hier gelaufen war, war ein bisschen Bescheidenheit in seinem Fall scheinbar auch nicht ganz unangebracht. „Ich glaube, ich habe dafür die besten Voraussetzungen. Ich interessiere mich für kriminaltechnische Belange, ich habe mich juristisch weiter gebildet, und ich werde gerne selbst aktiv. Und es ist eine Arbeit, die nicht immer bequem ist oder angenehm. Sie ist nicht nur vom Schreibtisch aus zu führen, sie bringt einen in Kontakt mit Verbrechern und in die Gefängnisse. Ich bin überzeugt ich kann begangenes Unrecht am besten wieder gut machen, indem ich dabei helfe, für Recht zu sorgen und Verbrecher ihrer gerechten Strafe zuzuführen.“

  • Sein eigener Klient präferierte ebenfalls die Tresviri capitales. Und da diese – wie der Name schon sagte – drei Männer waren und daher es auch nur drei mögliche Plätze gab, war dies natürlich ein Grund, dafür zu sorgen, dass die Konkurrenz dafür möglichst klein ausfiel. Einen Grund, diesen Decimer hier gänzlich vom Cursus auszuschließen, konnte ihm gerade nicht dringlich einfallen. Zumal er die Beziehungen zu Consular Purgitius nicht völlig zerstören wollte. Das hieß allerdings nicht, dass er nicht doch den ein oder anderen 'Verbesserungsvorschlag' für das Leben des jungen Burschen anbringen konnte.
    “Da du selbst auch die Vergangenheit erwähntest... auch dein verwandter hatte die Aufsicht über einige Gefangene, und hatte Mitverantwortung bei deren Verurteilung und Hinrichtung. Daher halte ich deine Wahl nicht unbedingt für diplomatisch, wenngleich das Amt eines Tresvirn nicht gleichzusetzen ist mit das des Praefectus Praetorio. Allerdings denke ich nicht, dass ein solch aktives Amt mit so vielen Parallelen dazu geeignet ist, Begangenes Unrecht vergessen zu machen. Vielmehr könnte so mancher an vergangene Taten erinnert werden.
    Daher schlage ich vor, dich einem anderen Kollegium, so du gewählt wirst, unterzubringen. Die tresvirn in urbe purgandis?“
    schlug er scherzend als erstes das wohl unbeliebteste der Ämter hierbei vor. Straßenreinigung in einer Stadt wie Rom war weder eine einfache, noch eine besonders prestigeträchtige Arbeit. Die allerwenigsten Aspiranten meldeten ihren Wunsch speziell hierfür an.
    Allerdings ließ Sextus es als Scherz erkennen, indem er – was seltenst vorkam – breit lächelte. “Nein, diese vielleicht nicht. Aber ich denke, bei den decemviri litibus iucandis könntest du weit mehr Unrecht wieder gut machen, wenn du denjenigen zu ihrem rechtmäßigen Erbe verhilfst, die in diesem langen und blutigen Krieg einen Angehörigen verloren haben.“

  • Aquila glaubte seinen Ohren nicht ganz zu trauen. Ausgerechnet der Senator, der als erster angefangen hatte ihn wegen seiner Verwandtschaft rundzumachen, schlug jetzt vor, dass er das sowohl einfachere als auch prestigeträchtigere Amt bekommen sollte? Ausgerechnet in so einem wollte er ihn nun sehen?
    Das überraschte ihn ernsthaft, und für einen Moment war ihm das wohl auch anzusehen. Es dauerte allerdings nur einen Augenblick, bis er sich wieder gefangen hatte. „Verzeih mir, wenn ich da anderer Ansicht bin als du, Senator. Ich denke, gerade die Parallelen, in Kombination mit der von dir schon erwähnten Tatsache, dass ein Tresvir capitalis bei weitem nicht mit einem Praefectus Praetorio zu vergleichen ist, sondern letztlich ein Gehilfe des Praetors ist, sind dazu geeignet, das Unrecht wieder gut zu machen. Zu beweisen, dass es Decimi gibt, die dieser Verantwortung gerecht werden. Die eine solche Arbeit mit der Genauigkeit, Ehrbarkeit und moralischer Integrität verrichten, die nötig dafür ist. Gerade weil die Arbeit unbequem ist und keine Ausflüchte lässt, halte ich sie für geeigneter zu beweisen, dass ich mich nicht vor Verantwortung drücke oder vor der Pflicht, die auch auf meinen Schultern liegt aufgrund der Fehler meiner Verwandten. Gerade weil es eine Tätigkeit ist, die hohen persönlichen Einsatz fordert, bis hin zu eigenen nächtlichen Rundgängen, um für Sicherheit zu sorgen, halte ich sie für geeigneter, um Wiedergutmachung an Rom zu leisten. Ein Decemvir litibus iudicandis leistet ohne Zweifel wichtige und ehrbare Arbeit. Aber er leistet sie von einem Schreibtisch aus. Der persönliche Einsatz, der erforderlich ist, liegt bei den Tresviri capitales in meinen Augen höher, und es ist genau dieser persönliche Einsatz, den ich für Rom bringen möchte.“

  • Auch Hungi wollte seinen Ohren nicht ganz trauen, wenn auch aus einem anderen Grund.


    Senator Aurelius, die Ämter des Cursus Honorum sind kein orientalischer Basar. Der Kandidat hat seine Präferenz angegeben, genauso wie wir das bei allen Kandidaten erfragen. Und der Senat wird nach der Wahl entscheiden, welcher Kandidat wo eingesetzt wird.


    Das Anbieten eines anderen Amtes jetzt und hier ist daher gänzlich unangebracht. maßregelte er den jungen Senator.


    Ansonsten denke ich, daß man den jungen Mann hier durchaus wählen kann.

  • “Du hast mich falsch verstanden, Consular Vinicius. Mitnichten wollte ich dem jungen Decimus ein Amt anbieten. Wie du schon treffend festgestellt hast, steht mir dieses gar nicht zu.
    Ich wollte ihm lediglich meine Bedenken zu seinem Wunsch mitteilen und hören, wie er die Sachlage unter diesem Gesichtspunkt sieht, und inwieweit auch ein anderes Amt für ihn in Frage käme. Und nach seiner Antwort nun weiß ich es und habe keine weitere Fragen an den Kandidaten selbst.“

    Den Rüffel des Consulars nahm Sextus eher gelassen, als er sich setzte. Natürlich konnte er so etwas nicht allein bestimmen, sondern darüber entschied das Gremium der – nach dem Bürgerkrieg etwas dezimierten – Senatoren gemeinschaftlich. Aber durch seinen Einwurf hatte er den ein oder anderen vielleicht jetzt schon zum Nachdenken gebracht, wo man denn den Decimer hinstecken würde, wenn man ihn denn überhaupt wählte. Immerhin ging das eine mit dem anderen einher.

  • Mit versteinerter Miene hockte Vala in der Nähe seines Patrons und verfolgte diese, nach der Vorstellung der höheren Magistrate, weiterhin mit Lächerlichkeiten nur so um sich werfenden Farce. Wenigstens hatte der junge Decimus den Schneid gehabt sich bei seinem Patron vorzustellen, was Vala die Unterstützung seines Tiros recht einfach machte: "Ich unterstütze die Kandidatur des Decimus, und dies auf entschiedenste Art und Weise. Er hat sich während seines Tirociniums als engagierter, lernwilliger und aufstrebender junger Mann gezeigt der seine Prüfung im Zuge des Cursus Honorum durchaus wert ist. Das dazu.. der Unterstellung, der Decimus hätte bisher wenig in seinem Leben getan, kann ich nur entgegnen: der Junge ist siebzehn Jahre alt, hat förmlich gerade erst seine Toga Praetexta abgelegt. Was bitteschön soll ein junger Mann in diesem Alter denn noch geleistet haben? Er hat Schulen besucht, hat sein Tirocinium Fori absolviert und sich DARÜBER HINAUS einer Factio angeschlossen. Das einzige, was er in diesem Alter VIELLEICHT hätte noch machen können ist, sich einem Kultverein anzuschließen. Aber dies ist eine Tradition, die in den letzten Jahren durchaus nicht nur von so jungen Männern vernachlässigt wurde.", wandte sich an den purgitischen Konsular, "Ich bitte dich daher, Purgitius, den Tempel im Dorf zu lassen und zu bedenken, dass der Decimus in seiner Jugend und seiner damit einhergehenden kurzen Vorbereitung dem Idealtypus des Aspiranten auf das Vigintivirat entspricht. Die anderen sind die Ausnahme... der hier ist die Regel.", machte er noch einmal deutlich, dass das Vigintivirat nichts anderes war als ein Einstiegsamt in das eben junge Männer gewählt wurden sobald sie die Männertoga angelegt und das Tirocinium Fori absolviert hatten. Das was die anderen machten war den Situationen oder dem eigenen Wunsch nach traditionsfremder Individualisierung geschuldet, aber sicherlich keine Vorbereitung auf den Senat auf deren Basis man nun dem Decimus vorwerfen könnte, er hätte wenig gemacht.


    Vala setzte sich wieder, ohne das Geschwafel der vorlauten aber inhaltsleeren Fraktion der Patrizier auch nur mit einem Kommentar zu bedenken. Die kommentierten sich vornehmlich einfach nur selbst und nahmen Vala dadurch einen Haufen Arbeit ab.

  • Er hatte den jungen Kandidatus im Haus des Senators Decimus Livianus kennen gelernt. Schon damals ging es um die Wahlen, Kandidaturen und Ideen den Cursus Honorum in den nächsten Monaten zu gestalten. Er war nun kein Cicero, aber er hatte gute Ansätze und ein Senator fiel auch nicht vom Himmel. Er lernt in den Jahren seiner ehrenamtlichen Tätigkeit das zu tun, was richtig und gut für Rom ist. Ein guter Schüler kann irgendwann die Insignien eines Senators anlegen. Diese Chance sollte man Jedem geben.


    Natürlich ging das aus politischen, moralischen und menschlichen Ansätzen nicht. Doch dieser Kandidat sollte die Chance darauf erhalten.

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