Überarbeitung der internen Senatsrichtlinien

  • Als ersten Punkt der heutigen Sitzung hatte Livianus die Überarbeitung der internen Senatsrichtlinien gesetzt. Ein Projekt, dass er bereits Palma und einigen Senatoren vorgestellt hatte und das bisher nicht auf all zu negative Reaktionen gestoßen war. Gespannt was der Senat dazu sagen würde erhob er sich, um die Sitzung und die Diskussion zu diesem Thema zu eröffnen.


    "Patres Conscripti,


    wie ihr alle wisst, sind unsere internen Senatsrichtlinien bisher nur in sehr bescheidener Form schriftlich vorhanden und ausformuliert. Ich denke daher, dass vor allem für neue Senatoren aber auch für uns eine wesentliche Erleichterung darstellen würde, diese Richtlinien in eine gewisse Form zu bringen und so einen genaueren Rahmen für unsere Tätigkeiten und eine Art Nachschlagewerk für die Verfahrensweisen innerhalb dieses Gremiums zu schaffen.


    Ich spreche dabei nicht von einem gesetzlichen Rahmen, sondern lediglich von einer Überarbeitung und eventuellen Erweiterung dieser internen Bestimmungen, die nach wie vor lediglich hier im Senat aufliegen und als Behelf dienen soll. Bei der Durchsicht einiger Statuten und Vorordnungen manch einer Societates oder Communitates hatte ich das Gefühl, das diese Vereinigungen detailliertere Verfahrens- und Vorgehensweisen vorweisen können, als das wichtigste Gremium des Reiches. Auch die wenigen gesetzlichen Vorlagen die existieren, wie Beispielsweise die Aufgaben eines Princeps Senatus unter § 57 des Codex Universalis sind nur sehr vage formuliert und sagen eigentlich nicht wirklich etwas aus.


    Ich denke daher, dass es im Interesse aller Senatoren wäre und eventuell auch ein besseres Verständnis für unsere Arbeit in der Öffentlichkeit bringen würde, wenn wir uns entschließen, dieses Vorhaben ehestmöglich umzusetzen."

  • Das Vorhaben klang in Macers Ohren interessant, auch wenn er sich noch nicht allzu viel darunter vorstellen konnte. Aber er hatte schon eine Frage, so dass er sich bald zu Wort meldete. "Du sprichst von unseren internen Senatsrichtlinien und gleichzeitig vom Interesse der Öffentlichkeit. Ich mag mich irren, aber ich glaube kaum, dass die internen Richtlinien, wie der Name auch schon sagt, außerhalb der Curia allzu bekannt sind oder auf großes Interesse stoßen. Geht es dir also eher um unsere Arbeit oder die Außenwirkung? Ich denke nicht, dass wir beides mit einer Maßnahme erreichen können."

  • Livianus nickte verständnisvoll während Macer sprach, ehe er dem Senatskollegen antwortete.


    "Mir geht es in der Tat um beides Senator Macer. Du hast natürlich vollkommen Recht, dass die eigentlichen Senatsrichtlinien vermutlich auf wenig Interesse beim Volk stoßen werden, allerdings interessiert sich die Bürger sehr wohl dafür, was im Senat geschieht und vor allem über die Art und Weise wie dies von statten geht. Wir reden hier schließlich auch von einer gewissen Vorbildwirkung, die der Senat und wir als Senatoren einnehmen.


    In erster Linie würden konkreter ausformulierte oder überarbeitete Senatsrichtlinien natürlich unserer Arbeit im Senat dienen. Ich hoffe aber doch, dass wir dadurch auch eine positive Außenwirkung erzielen können. Das sollte Hand in Hand gehen."

  • Macer nickte verstehend, auch wenn sie seine Skepsis nicht beseitigen konnten. Da er aber die Vorschläge nicht kritisieren wollte, bevor sie überhaupt vollständig auf dem Tisch lagen, verzichtete er auf weitere Fragen und nahm wieder Platz.

  • Nachdem außer Senator Macer vorerst keiner seine Meinung zu diesem äußern wollte bzw. keiner eine weitere Frage stellte, fuhr Livianus mit seinen Ausführungen fort.


    "Ich möchte mit den Aufgaben des Princeps Senatus und den bereits angesprochenen § 57 des Codex Universalis beginnen. Einige Punkte sind darin sehr detailliert niedergeschrieben. Andere wesentliche Elemente wie beispielsweise, dass der Vorsitzende auf den Erhalt von Moral, Ordnung und Disziplin zu achten hat, gehen nicht näher darauf ein, welche Mitteln ihn dabei zur Verfügung stehen.


    So könnte ich mir vorstellen, dass man dem jeweiligen Vorsitzenden zur Gewährleistung dieser gesetzlichen Bestimmung auch konkrete Maßnahmen in die Hand gibt, die er nötigenfalls ergreifen kann. Ich möchte dabei auch daran erinnern, dass manches bereits jetzt zu einer Art Gewohnheitsrecht geworden ist, jedoch wurde es bisher noch nie niedergeschrieben. Ich denke da an Mittel wie beispielsweise einen Ordnungsruf, dem Entzug des Wortes, die Unterbrechung oder die Vertagung einer Senatssitzung."

  • Erneut meldete sich Macer recht bald zu Wort, denn schon wieder hatten die Ausführungen des Consuls ihm ein Fragezeichen auf die Stirn gemalt. "Gestatte mir eine Frage, bevor wir auf die konkreten Maßnahmen kommen, die in diesem Fall den Princeps Senatus betreffen", leitete er seine Rede diesmal ein. "Ist es dein Ziel, die Richtlinien in der Art zu überarbeiten, dass dort die zulässigen Mittel stehen, womit es nicht gestattet wäre, andere als die dort genannten Mittel einzusetzen, oder ist es dein Ziel, die Richtlinien so zu formulieren, dass sie Mittel vorschlagen, die auf jeden Fall zulässig sind, darüber hinaus aber auch die Möglichkeit für andere Maßnahmen lassen? Ich denke, diese grundsätzliche Ausrichtung ist sehr wichtig zu klären, bevor wir darüber sprechen können, welche Mittel in die Auflistung kommen", gab er zu bedenken. "Im ersten Fall sollte die Auflistung recht umfangreich sein, um die Handhabe nicht zu sehr zu beschränken, während im zweiten Fall vielleicht nur die üblichsten und am häufigsten angewandten Mittel Aufnahme finden sollten, um die RIchtlinien handhabbar und übersichtlich zu halten."

  • "Nun, die letztliche Entscheidung darüber wird natürlich der Senat treffen, aber ich für meinen Teil würde eher die Aufzählung der in jedem Fall zulässigen und gängigen Mittel präferieren. Ich möchte die Richtlinien durch diesen Vorstoß keineswegs einengen oder ein zu strenges Regelwerk festlegen. Vielmehr sollte es den Vorsitzenden, aber auch vor allem den jüngeren Senatoren als Rahmen und auch als Nachschlagewerk für gängige Verfahrenswege dienen und ihnen so die Arbeit und den Umgang hier im Senat erleichtern. Welche der beiden Möglichkeiten würdest du bevorzugen?"

  • "Dieselbe", antwortete Macer kurz und bündig und war froh, dass er dem Consul hier nicht widersprechen musste. Da es ihn aber auch interessierte, was die anderen dachten, wollte er seine eigene Meinung keineswegs als entscheidend ansehen. "Aber vielleicht solltest du nicht nur mich, sondern auch die anderen fragen", fügte er daher mit einem Lächeln hinzu und nahm wieder Platz.

  • Livianus lächelte ebenfalls ertappt, dass er sich zu dieser kurzen Doppelconférence hinreißen hatte lassen und wandte sich an das restliche Auditorium, dass sich hoffentlich ebenfalls vom bisherigen Gesprächsverlauf dazu hinreißen ließ ihre Meinung kund zu tun.


    "Natürlich sind mir auch weitere Meinungen zu diesem Thema sehr Willkommen."

  • Es gab kaum Diskussionsthemen, welche Gracchus mehr ennuyierten denn jene über die Abänderung oder Erweiterung von solch faden Paragraphen und Gesetzen wie etwa Verfahrensanweisungen, Protokollregularien oder Verhaltenscodizes - gleich welchen Gremiums. Zwar wurde im Imperium Romanum seit jeher in allen Bereichen des alltäglichen Lebens jedes noch so marginale Detail schriftlich erfasst, wurde minutiös protokolliert, umfänglich reguliert und verfügt, doch hatte er noch nie Gefallen an dererlei Wortverwendung gefunden, welche in seinen Augen bisweilen mehr einer Wortverschwendung glich in Anbetracht dessen, was sonstig damit alles hätte erschaffen werden können. Wer mochte wissen, welch großartige Epen, Dramen und Lyrik Rom war bereits verlustig gegangen einzig dadurch, dass eine unermessliche Zahl an Worten gebunden war in gehaltlosen Registern, öden Regularien und umfassenden Codizes? Und auch an diesem Tage verschwand eine kleine Kulmination kreativer Ergüsse - allfällig hätte das Distichon eines neuen Kaiserepos daraus entstehen können, gewiss jedoch zumindest der furiose Anklang nächtlicher Agonie - in den unendlichen Weiten schnöder Politik.
    "Eine Auflistung der angängigen Maßnahmen erscheint mir ebenfalls überaus suffizient, denn eine allzu starre, rigide Reglementierung würde die Arbeit des Senates wohl eher obstruieren als ihr förderli'h zu sein."

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Da die bisher gehörten Wortmeldungen sich mit der Meinung des Consuls weitestgehend deckten, war es nun wohl an der Zeit sich an einen Erstentwurf heranzuwagen. Zu diesen Zwecke hatte der Decimer als Diskussionsgrundlage eine kurze Auflistung der aus seiner Sicht wesentlichen Punkte vorbereiten lassen, die auch bereits mit möglichen Formulierungsvorschlägen versehen waren. In Form von einigen Tabula wurden diese im Plenum verteilt, während Livianus weitersprach



    Interne Senatsrichtlinien


    Vor Beginn jeder Senatssitzung ist die Anzahl und Identität und damit der Status (Voll-, Beisitz- oder Gaststatus) der Anwesenden festzustellen. Die Sitzung beginnt mit der Feststellung der Beschlussfähigkeit des Senats durch den Princeps Senatus. Die Sitzung endet durch Ende der Rednerliste oder Aufgrund einer Vertagung.


    § 1 Zum Gewährleisten des ordnungsgemäßen Verlaufs der Sitzung gem. §57 des Codex Universalis stehen dem Vorsitzenden folgende Mittel zu Verfügung:
    - der Verweis zur Sache
    - die Erteilung eines Ordnungsrufes
    - das Zurückweisen eines beleidigenden Ausdruckes
    - der Entzug des Wortes für den betreffenden Punkt der Tagesordnung
    - die Unterbrechung der Sitzung auf höchstens eine Stunde
    - die Vertagung der Sitzung


    § 2 Debatte
    (1) Die Redner erhalten das Wort in der Reihenfolge ihrer Wortmeldungen.
    (2) Die Reihenfolge der vorgemerkten Redner wird unterbrochen, wenn jemand ad hoc oder
    zur Berichtigung das Wort verlangt. Es ist dabei der senatorische Rang zu beachten. In diesem Fall ist demjenigen vor dem nächsten Redner Gelegenheit zu einer kurzen Bemerkung zu geben.
    (3) Wenn jemand einen Antrag auf die unten angeführten Punkte stellt, so werden die Verhandlungen über einen Antrag oder einen Tagesordnungspunkt unterbrochen
    - Vertagung der Angelegenheit
    - Schluss der Debatte zu einem Antrag oder Schluss der Debatte zu einem Tagesordnungspunkt
    - Zuweisung einer Angelegenheit an ein anderes Gremium oder Bildung einer Inquisitio Senatus
    - Vertagung der Sitzung.
    Zu diesen Anträgen erhält nur noch ein Kontra-Redner das Wort, danach gelangen sie sofort zur Abstimmung. Wird der Antrag angenommen, so erhält zu der betreffenden Angelegenheit niemand mehr das Wort.


    $ 3 Anträge
    Bei Anträgen unterscheidet man:
    - Hauptanträge (ist der zuerst, meist bei Sitzungsbeginn gestellte Antrag)
    - Zusatzanträge (ist ein, im Verlauf der Sitzung gestellter Antrag, der den Hauptantrag erweitert oder beschränkt)


    $ 4 Abstimmungen
    (1) Abzustimmen ist, wenn keine weiteren Wortmeldungen zu einem Antrag vorliegen, oder der Antrag auf Schluss der Debatte angenommen wurde.
    (2) Zur Annahme eines Antrages ist, sofern im Codex Universalis nicht das Vorliegen einer qualifizierten Mehrheit vorgeschrieben ist, das Vorliegen von mehr Pro- als Gegenstimmen erforderlich. Enthaltungen bzw. ungültige Stimmen sind zulässig, sie gelten weder als Pro- noch als Kontrastimmen. Zusatzanträge sind vor den entsprechenden Hauptanträgen abzustimmen.


    "Ich möchte euch einen groben Erstentwurf vorlegen, den wir als Diskussiongrundlage heranziehen können. Natürlich liegt es mir fern diesen so wie er nun aufgeschrieben ist sofort in Stein meißeln zu lassen. Vielmehr mehr können wir uns nun gemeinsam einer Ausformulierung oder auch Erweiterung bzw. Streichung einzelner Punkte widmen."

  • Sextus brauchte nicht lange, um schon den ersten Widerspruch zur ersten Einlassung des Decimus bei jenem Machwerk aufzudecken: “Consular Decimus, mit Verlaub: Dein Entwurf nun widerspricht doch wieder deiner ersten Prämisse, Beispiele für geeignete Mittel zu geben. Hier werden dezidiert Mittel vor- und dadurch auch festgeschrieben, was eben zuvor erwähnten Ermessensspielraum des Princeps Senatus doch arg einschränkt. Und nicht nur das, müssen wir so doch wieder über die Rechtmäßigkeit jedes einzelnen Mittels befinden, um Missbrauch zu vermeiden.“


    Das war schonmal das erste, aber bei Weitem nicht das einzige. Vor allem eine Sache hätte Sextus beinahe zum Schmunzeln angeregt.
    “Und ebenso muss ich rückfragen, was du mit dem vierten Paragraphen zu bezwecken versuchst? Unsere gesetzlichen Vorschriften schreiben ganz klar eine benötigte Mehrheit von 60% der Stimmen für alle Consulta Senatus vor. Auch wenn es in der Vergangenheit mehrere Versuche gab, dies auf eine einfache Mehrheit abzuändern, wurde dies jedes Mal vom Senat abgelehnt.
    Verzeih, wenn mir dein Vorschlag nun wie der verdeckte Versuch, dieses alte Thema doch wieder heimlich zur Vollendung zu führen, wirkt. Warum hier diese künstliche Konstruktion mit der Einschränkung anderslautender Gesetze, wo doch bekannt ist, dass es anderslautende Gesetze gibt?“

  • Livianus versuchte nichts damit zu bezwecken und sah daher fragend an seiner eigenen Tabula hinunter, um den ausgeführten Gedankengängen des Aureliers besser folgen zu können.


    "Bei der im Gesetzestext verankerten Consulta Senatus geht es meiner Auslegung nach um die Abstimmung über Gesetzesentwürfe. Diese sollen natürlich unangetastet bleiben, daher der eindeutige Verweis auf bereits im Codex Universalis verankerte Bestimmungen. Bei der von mir vorgeschlagenen Abstimmung mit einfacher Mehrheit geht es mir eher um beispielsweise einen Antrag auf Vertagung einer Sitzung oder Schluss der Debatte. Es handelt sich dabei also um gänzlich anders gewichtete Entscheidungen. Aber ich habe kein Problem damit auch hier einer 60%-Grenze zuzustimmen, wenn der Senat sie für Sinnvoller erachtet.


    Doch bitte lass uns deine Vorschläge hören, wie eine solche Ausformulierung aussehen könnte. Wie gesagt ist das hier eine Diskussionsgrundlage und ich bin jeder konstruktiven Anregung offen gegenüber."


    Der Consul legte seine Tabula beiseite, als wäre sie für ihn schon wieder hinfällig und wartete gespannt auf die Vorschläge des Aureliers. Immerhin war es nicht seine Absicht eine von ihm erstellte Verfahrensanweisung durchzuboxen, sondern gemeinsam mit dem Senat Richtlinien dafür auszuformulieren und zu erarbeiten.

  • Na gut, wenn der Decimus darauf bestand, seine Meinung zu hören, dann wollte Sextus ihm den Gefallen gern tun, eben jene zu verkünden.
    “Nun, meiner Ansicht nach ist das gesamte Konstrukt als solches völlig überflüssig. Wann hätte es schonmal den Fall gegeben, dass der Princeps Senatus zu solchen Mitteln hätte greifen müssen? Niemand würde ihm absprechen, diese Mittel prinzipiell anzuwenden, auch ohne dass sie in eine Gesetzesform... oder wie auch immer man dies nun nennen mag... gegossen wurde. Aber war es bislang nötig? Ich wüsste nicht.
    Wir alle hier, egal welcher Herkunft nun, sind gebildete Männer von Stand, die der Imperator höchstselbst in diesen Stand auch einberufen hat, um ihn zu beraten. Sollte man da nicht annehmen können, dass sich alle soweit gesittet benehmen können, als dass diese Androhung von strafe in stillschweigendem Wissen verbleiben kann, da ohnehin niemand vorsätzlich einen Akt solcher Barbarei vorbringen würde, um sie nötig zu machen? Wann wäre hier schon einmal jemand einem anderen derart ins Wort gefallen, dass dieser nicht seine Rede zu einem Ende hätte bringen können? Wann wäre es nötig gewesen, jemandem das Wort zu verbieten? Noch dazu, wo dieser Senat die Äußerung einer Meinung bislang stets geschätzt hat, auch wenn diese nicht mit der Meinung eines Antragsstellers geteilt hat?


    Dieser Senat, dieses Heiligtum der einstigen Republik, war stets demokratisch. Es gab stets unterschiedliche Meinungen, und im Kompromiss wurde stets eben wegen diesen unterschiedlichen Standpunkten – und nicht trotz, wie manche böse Zunge behaupten möge – der bestmögliche Vorschlag dem Kaiser unterbreitet.
    Unter dieser Prämisse, welchen Sinn würde es hier also machen, festzuschreiben, dass der Princeps Senatus das Recht hat, einem Mann das Wort zu verbieten, wenn wir doch gerade festgestellt haben, dass zum einen hier nur Männer von Ehre sitzen, die sich benehmen können – und wenn nicht, noch immer jeder das Recht hat, wegen Beleidigung und dergleichen zu klagen - und zum anderen das Wort eines jeden geschätzt wird? Nur, weil er es im stillschweigenden Einverständnis aller jetzt auch schon könnte, allein aufgrund seiner herausgehobenen Ehrenstellung? Nur, damit es schriftlich fixiert ist? Ein hohles Gesetz, dass nie Anwendung findet?

    Sextus schüttelte den Kopf und fuhr dann fort.


    “Ebenso die Rednereihenfolge... wie soll hier verfahren werden, damit auch ja niemand vor einem Höhergestellten redet? Soll der Princeps jeden namentlich seinem Rang nach aufrufen, ob er etwas zu sagen habe? Was geschieht bei gleichrangigen Mitgliedern des Senates? Entscheidet dann das Los?
    Bislang hat der Princeps Senatus noch immer Männer so aufgerufen, dass sich niemand deshalb lautstark beschwert hat. Und selbst wenn es eine Zwischenfrage außerhalb einer konkreten Wortmeldung gab, war diese doch noch immer bereichernd für die Diskussion. Überhaupt sollte die Diskussion eher angeregt werden, und nicht noch mehr reguliert.“


    Sim-Off:

    Das ist mein eigentlicher Hauptkritikpunkt an dem Ganzen: Wir sind grade mal ein Dutzend Senatoren, wo man froh sein kann, wenn 3-4 bei einem Thema wirklich mitreden. Das muss man jetzt nicht noch regulieren. Sollen Senatorenanfänger so erst 2 Wochen warten, ehe sie mitreden, weil ein Consular ja eventuell noch was sagen könnte? Ich finde das kontraproduktiv.


    “Folglich ist für mich dieses ganze Konstrukt vollumfänglich überflüssig und reguliert theoretische Fälle ohne jedweden Praxisbezug.
    Wenn es aber von der Mehrheit der Senatoren als unbedingt nötig und nützlich angesehen werden sollte, müsste es in seiner Grundform abgeändert werden. Der vierte Paragraph ist ersatzlos zu streichen.
    Ebenso sehe ich den dritten Paragraphen als selbstredend. Wortdefinitionen sind üblicherweise keine Gesetze. Man könnte ihn eventuell umformulieren in etwas wie.... Jeder Senator hat das Recht, zu einem Antrag noch Nebenanträge zu stellen...... wobei dies für mich aufgrund des demokratischen Charakters des Senats ebenfalls selbstverständlich ist.


    Über den zweiten Paragraphen habe ich meine Meinung schon hinlänglich gesagt. Zu regulierend, zu kontraproduktiv, zu praxisfern und nach gesundem Menschenverstand und den Sitten unserer Vorväter nach gänzlich überflüssig.
    Ein Regulatorium, wie über Vertagungen beschieden wird, kann man beschreiben. Muss es aber nicht zwangsläufig. Da reicht auch ein einfacher Satz – meinetwegen auch mit Bezug auf deine vorgenannte Absicht bezüglich des vierten Paragraphens – Über eine Vertagung eines Themas auf die nächste Senatssitzung kann auf Antrag mittels einfacher Mehrheit entschieden werden.
    Dass der Princeps Senatus Männer bei gleichzeitiger Wortmeldung ihrem Rang nach aufruft, ist denke ich keines Wortes nötig. Wenn es als unbedingt nötig erachtet wird, reicht auch ein einfacher Satz wie Redner erhalten das Wort durch den Princeps Senatus nach Aufruf. und Punkt. Man sollte einem langjährigen Mitglied des Senats zutrauen, die Vorgehensweise zu kennen. Und sollte er sie...vergessen... finden sich meist schnell Mittel und Wege, dass er ehrenvoll dieses Postens entbunden wird. Ohne, dass es irgendwo festgeschrieben werden musste.


    Ebenso ist der erste Paragraph vollkommen überflüssig und zu regulatorisch. Dass der Princeps Senatus zur Wahrung der Ordnung geeignete Mittel, vor allem jene der Moral und des Gewissens, zur Verfügung hat, ist selbsterklärend.“


    Damit war wohl seine Meinung recht deutlich gesagt.

  • Livianus dachte bei den Worten des jungen Aureliers an die Zeit zurück, in der er selbst noch ein so junger und motivierter Mann war. Auch damals wurde im Senat oftmals heiß diskutiert und nicht immer waren alle einer Meinung. Doch letzten Endes verband alle etwas gemeinsames – das Interesse, der gemeinsame Diskurs, an dessen Ende sich alle einander noch in die Augen sehen konnten und die Freude am gemeinsamen Weiterausbau des Imperium Romanum. Viele Gesetze wurden hier in dieser Halle beschlossen und oft gingen die Meinungen über deren Sinnhaftigkeit oder Notwendigkeit auseinander. Man denke nur an die wahre Reformationsflut während des Consulats von Tiberius Durus über die Senatsgerichtbarkeit, die Todesstrafe für Mörder und Räuber, die Änderung der Strafformen und des Instanzenzugs oder die Neufassung der Appellatio. Oder auch die unter Consul Aelius Quarto geänderten Gesetze über die Wahlfälschung, die Einteilung der Strafbaren Handlungen, die Zuständigkeiten der Gerichte, die Reform der Advocatio Imperialis und vieles andere. Er konnte nicht sagen, in wie vielen Fällen diese Gesetze, welche auch heute noch in Kraft waren, seid ihrer Einführung geahndet oder gebraucht wurden. Doch aus Livianus Sicht war es wichtig sie zu haben und vor allem was viel wichtiger war - es hatte damals vermutlich allen Beteiligten Freude bereitet mit Interesse an einer aktiven Senatsarbeit teilhaben zu können.


    Das letzte Gesetz, das hier ratifiziert wurde, war die Änderung der Lex Mercatus am ANTE DIEM VIII KAL IUN DCCCLXI A.U.C. (25.5.2011/108 n.Chr.). Die wenigen Diskussionen, die seit dem aufkamen stießen entweder auf wenig Interesse oder wurden meist gleich zu Beginn im Keim erstickt. Die einzigen wichtigen Abstimmungen seit der Lex Mercatus, die hier abgehalten wurden, waren die Übertragung der Kaiserwürde an zwei neue Herrscher - jeweils mit 100% Zustimmung des Senats. Bei seiner Kandidatur hatte Livianus gehofft diese Zeiten der Politikverdrossenheit oder des Desinteresses hätten sich verändert und es wäre eine neue Aufbruchsstimmung zu spüren. Doch wie es schien, hatte er sich dabei geirrt. Doch warum gab es dann dennoch junge Männer die immer noch danach strebten? Waren es die gutbezahlten Posten, das hohe Ansehen oder gar die vermeintliche Macht, die dann aber doch wieder nicht ausgeübt wurde? Der Decimer wusste sich keine Antwort darauf. Vielleicht musste er sich einfach damit abfinden zu einer aussterbenden Generation zu gehören, die noch mit Eifer und Begeisterung nach Veränderung und Weiterentwicklung strebte. Als der Aurelier geendet hatte, nickte ihm der Consul dankend zu und wandte sich dann fragend an die restlichen Senatoren.


    "Ich danke dir Senator Aurelius. Gibt es noch andere Meinungen zu diesem Thema oder möchte sich jemand Senator Aurelius Worten anschließen?"

  • "Was es an deinem Vorschlag schon zuvor zu bedenken und zu kritisieren gab, wurde von Senator Aurelius treffend zusammengefasst.", konstatierte Vala kurz und knapp auf trockene Art und Weise nachdem er sich das Wort hatte geben lassen, und kam ohne großes Gerede auf den Punkt: "Dementsprechend kann ich mich seinen Ausführungen ohne weiteres anschließen."
    Sprach's, setzte sich und verfolgte mit einem Ohr in den Senat und einem anderen zum Getuschel seiner Sitznachbarn halbwegs interessiert den weiteren Verlauf der Debatte.

  • Da sich außer den beiden Archetypen zukünftiger Oppositionspolitiker keiner der Anwesenden zu Wort melden wollte oder an einer gemeinsamen Erarbeitung bzw. Umgestaltung der Vorschläge Interesse zeigte, war das Thema wohl endgültig abgeschlossen. Livianus nickte und meinte trocken


    "Wenn es sonst keine Meinungen mehr gibt, dann schließe ich daraus, dass kein Interesse daran besteht die internen Senatsrichtlinien zu überarbeiten oder in schriftlicher Form festzuhalten. Kommen wir also zum nächsten Punkt der Tagesordnung."


    Damit war die Debatte über die Senatsrichtlinien zu Ende und man widmete sich dem nächsten Thema.

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