[Vicus Apollinensis] Taberna Medica Alpina

  • Gewissenhaft entkernte Runa nach der Anleitung von Alpina die Hagebutten und verfolgte auch genau was sie sagte um sich zu merken wofür man was brauchte und vor allem wie man es herstellte. Gerade das es die Abwehrkräfte stärkte und bei Erkältungen half, war eine wertvolle Information für Runa, denn der Winter und somit auch die zeit der Erkältungen hatte ja gerade erst begonnen.
    Während die Früchte nun aufkochten begann Alpina zu erzählen.
    Runa hörte aufmerksam zu, bevor sie antwortet ließ sie sich jedoch eine Weile Zeit.
    „Ich hoffe, dass du die Antworten findest die du suchst.“ dann legte Runa ihre Hand auf die von Alpina. „Plagen dich Träume?“ fragte sie. „Also kannst du nicht schlafen weil dich Träume plagen? Weißt du es sind Träume, die uns oft offenbaren, was wir eigentlich nicht zu finden glauben. Also wenn du solche Träume hast solltest du diese der Seherin erzählen, sie kann sie dir auch deuten.“ Runa sagte diese mit einer festen Überzeugung. „Ich glaube das die Träume uns von den Göttern gesendet werden, nur sind aber nur wenige auserkoren diese Zeichen der Götter auch zu deuten. Nur die Seherinnen können dies. Sie ist eine Frau, die über das zeitlose Wissen der Germanen, über den Ursprung der Welt, das Werden, das Leben und den Untergang der Welt und deren Wiederkommen in neuer Form, verfügt. Sie wird dir helfen bei allen deinen Fragen.“ Runas Stimme war ehrfürchtig geworden, man konnte gut hören, wie sie eben jene Frauen bewunderte und verehrte.

  • Dankbar spürte Alpina Runas Anteilnahme und hörte mit Interesse ihren Rat.
    "Ja, auch ich glaube, dass diese Träume von den Göttern gesandt werden. Ich weiß nur nicht, von welchen. Wenn ich ehrlich bin, befürchte ich, dass es die Nornen sind, die mich strafen für meine Schuld..." Sie brach ab und griff sich an den Talisman, den sie von Runa geschenkt bekommen hatte. Alpina seufzte tief, dann erhob sie sich.
    "Es wird Zeit, dass wir den Honig einrühren und dann die Masse im Mortarium fein zermusen."


    Wie bereits geschildert, gab Alpina nun einige Löffel Honig in die Fruchtmasse und goss sie portionsweise in eine große, steinerne Reibschüssel. Mit einem Stößel begann sie die wenigen, noch intakten Schalen der Hagebutten zu zerreiben. Als sie mit dem Ergebnis zufrieden war, ließ sie Runa das fertige Produkt probieren.
    "Und, wie schmeckt´s dir?", fragte sie.
    Sie holte mehrere Vorratsgefäße und füllte die zähe, rote Masse ab. Mit Korken verschloss sie die Gefäße. Zwei Töpfchen hielt sie Runa hin. "Der eine ist wieder dein Arbeitslohn, zauberhafte Gehilfin, der zweite für Albin. Er kann es brauchen. Man löst einen Löffel von diesem Mus in heißem Wasser auf. Bei einer Erkältung kann man das natürlich auch mehrmals am Tag machen. Wie du gemerkt hast, schmeckt es auch recht gut, so dass es sich als Füllung für Gebäck oder Aufstrich auf Brot eignet. Hast du noch Fragen?"

  • „Alpina was auch immer du getan hast, die Nornen strafen dich nicht. Die Nornen, diese drei Schicksalsfrauen genannt, Warbede, Embede und Wilbede*, stehen über dem Walten der Götter und spinnen den Faden aus dem wir Menschen und die anderen Wesen das Gewebe des Lebens wirken. Jedes Wesen legt durch seine Taten den Boden für neue Taten. Es gibt keine “Sünde”, es gibt nur Taten die gutes oder schlechtes Orlog legen. Der Endpunkt einer Handlung ist der Ausgangspunkt der nächsten. Gutes Uurd, rechte Tat, schafft daher gutes Orlog und damit die Ausgangsbedingungen für weiteres gutes Uurd.“ sagte sie leise zu ihrer Freundin und drückte ihr die Hand, bevor sie sich beide erhoben.
    „Hm das schmeckt gut.“ sagte Runa lächelnd. „Und ich dachte immer das Medizin ganz furchtbar schmeckt.“ schob sie noch lachend nach.
    Natürlich half Runa wie schon beim letzten Mal wieder beim Abfüllen des Masse.
    „Ich werde es Albin geben, er wird sich sicher darüber freuen. Als Füllung für Gebäck, aufs Brot oder in heißem Wasser auflösen.“ wiederholte Runa sicherheitshalber noch mal.
    „Ja habe ich..." Runa lächelte. „Wann sehen wir uns wieder? Alpina ich genieße wirlich jden Augenblick mit dir, ich lerne hier so viel nützliches. Nicht das ich in den tempeln nichts lernen würde, aber das ist anders, das hier was ich bei dir lerne, dass ist so … so ...“ Runa suchte nach den richtigen Worten. „.. praktisch?! Ja praktisch, denn du hilfst den Menschen mit deiner Medizin... und Alpina..."Runas Stimme wurde leise. „... Du tust so viel Gutes, du weißt Gutes schafft wieder Gutes.“ Schließlich umarmte sie ihre Freundin.


    *südgermansich; auf nordisch Urd, Verdandi und Skuld

  • Interessiert hörte Alpina Runas Erklärungen zur germanischen Weltsicht und zu den Nornen. Sie schienen weit nachsichtiger zu sein, als die römischen Rachegöttinnen, die Furien oder, wie die Griechen sagten - Erinnyen. Runa ahnte ja nicht, was sie getan hatte. Alpina war klar, dass nach römischen Vorstellungen der Mord an einem Familienmitglied, also den Eltern oder in ihrem Fall, dem eigenen Kind, sehr wohl eine Schuld auf Alpinas Schultern lud, die nur durch Sühneopfer oder wie im Fall des Orestes, durch die Erfüllung einer edlen, frommen Tat gesühnt werden konnte. Dennoch machte es Mut, Runas Erläuterungen zu Orlog und UUrd zu hören.


    "Ich wünschte, du hättest Recht, Runa. Ich hoffe auf die Nachsicht der Nornen", sagte sie vorsichtig. Dann lächelte sie. "Du kannst so oft zu mir kommen, wie du möchtest. Je nachdem wie dein Dienst im Tempel es zulässt. Ich fürchte, dein Lehrer würde mir böse sein, wenn ich zuviel von deiner Aufmerksamkeit für die praktischen Dinge des Lebens und für die Heilpflanzen abziehe. Er nimmt seine Aufgabe sehr ernst und ich verdanke ihm so viel, dass ich ihn in keinem Fall verärgern möchte. Vielleicht spreche ich ihn in einer ruhigen Minute darauf an... Ich wäre jedenfalls sehr dankbar, wenn ich in dir eine versierte Helferin hätte, denn gerade wenn es um das Thema Frauenheilkunde oder auch die Geburtshilfe geht, kann ich nicht Leonides, meinen Sklaven, einspannen. Er vertritt mich ab und an in der Taberna Medica, wenn ich Besorgungen machen muss oder auch wenn ich auf Reisen bin. Aber er wird weder eine junge Frau mit Menstruationsbeschwerden untersuchen können, noch eine Frau von einem Kind entbinden. Außerdem ist er ein alter Mann. Er wird mich ohnehin nicht mehr lang vertreten können... es wäre ein gutes Gefühl, eine Freundin in die Geheimnisse der Heilkräuterkunde einweisen zu können..."
    Das war schon lange Alpinas Wunsch gewesen. Doch was würde Curio dazu sagen, und was Runas Vater? Alpina wollte es sich nicht mit diesen beiden für sie und Runa so wichtigen Männern verscherzen!
    Sie umarmte Runa und hielt sie eine Weile lang ganz fest. Als sie die Freundin wieder losließ, sagte sie leise: "Komm bitte bald wieder!"

  • Das Glöckchen über der Tür von Alpinas Taberna Medica leutete Sturm. Sie beeilte sich, vom Haus in den dazugehörigen Laden zu kommen. Am Verkaufstresen stand eine junge, sehr bunt gekleidete Frau.


    Sie wirklte gehetzt und platzte sofort heraus:
    "Bist du Alpina, die Hebamme und Kräuterfrau?"


    Alpina nickte. "Salve. Ja, die bin ich. Wie kann ich dir helfen?"


    Die junge Frau beugte sich über den Tresen und flüsterte eindringlich. "Du musst sofort mitkommen! Meiner "Schwester" Agnodice geht es nicht gut. Sie redet wirr und schlägt um sich. Und sie hat eine starke Monatsblutung, die einfach nicht aufhören will. Komm!"


    Sie griff nach Alpinas Tunikaärmel und zog daran.


    "Nun mal langsam", sagte Alpina beruhigend. "Wo ist denn das? Ich muss zunächst einen Korb mit Heilmitteln packen und meinem Sklaven Bescheid geben, dann kann ich mitkommen."


    Verwirrt nickte die junge Frau, versprach, dass es nicht weit sei und wartete. Alpina eilte in die Casa Atia zurück, gab Leonides Bescheid, dass sie einen Hausbesuch machen musste und packte ihren Korb. Dann folgte sie der bunt gekleideten Frau. >>

  • Die Kapuze des Wintermantels tief ins Gesicht gezogen, lief Alpina den Weg vom Lupanar aus zur Taberna Medica. Sie hoffte, dass niemand ihren zweiten Besuch in diesem Haus gesehen hatte. In der Taberna angekommen machte sie sich sofort daran, einen Entgiftungstee für die arme Agnodice zu mischen. Sie nahm Brennnessel, Löwenzahnwurzel, Schafgarbenkraut und Birkenblätter. Dazu noch eine Hand voll Ringelblumenblüten, dann vermischte sie alles.


    Weil sie gerade keine Spanschachtel in passender Größe zur Hand hatte, griff sie kurzerhand nach einem gebrauchten Papyrusbogen vom Feuerholzstapel und faltete ihn zur Tüte. Dort hinein füllte sie die Kräuter. Da die Außenseite noch unbeschrieben war, konnte sie die Dosierungsanleitung daraufschreiben:


    3 mal täglich 2 ligula in einen Becher geben und mit kochendem Wasser übergießen. Sobald der Trank auf Trinktemperatur abgekühlt ist, mit Honig süßen oder pur trinken.


    Schließlich faltete Alpina das Tütchen fest zu und legte es beiseite, bis jemand vom Lupanar es abholen würde.

  • Nachdem Alpina die Entgiftungsrezeptur hergestellt hatte, beschäftigte sie sich noch mit einer weiteren Mischung, die ihr sehr am Herzen lag. Sie wußte, dass Runa gerade ihren Eid im Cultus Deorum abgelegt hatte und damit offiziell Discipula war. Als kleines Geschenk für diesen wichtigen Schritt im Leben, wollte sie ihr eine spezielle Räuchermischung herstellen. Alpina hatte dafür eigens eine hübsche Schatulle in der Basilika erworben. Diese füllte sie jetzt mit verschiedenen einheimischen Räucherstoffen: den Harzen von Tanne, Fichte und Kiefer und den Blüten des Dosts, die nicht nur aromatisch dufteten, sondern auch apotropäische Wirkung haben sollten.


    Nachdem sie die Mischung in das Kästchen gefüllt hatte, kam Alpina auf die Idee, dass diese Räuchermischung womöglich auch ihrem Problem mit den Manen oder Larvae oder im schlimmsten Falle den Furien Abhilfe schaffen könnte. Sie bereitete eine weitere Portion des Räucherwerks zu und nahm sich vor, Curio danach zu fragen, wann der richtige Zeitpunkt für einen Versuch wäre.


    Am Nachmittag wollte Alpina die frisch gebackene Discipula vor dem Tempelbezirk abfangen und ihr das Geschenk überreichen.

  • Tatsächlich erschien gegen Mittag ein Bote, der die Kräutermischung für das Lupanar abholte. Er bezahlte auch dafür, so dass Alpina zumindest dafür entlohnt worden war. Sie nahm sich fest vor, am kommenden Tag, bei ihrem nächsten Besuch der kranken Agnodice, auf ihrer Entlohnung zu bestehen.


    Ein wenig später bat Alpina Leonides für sie bei einer Schreinerei in der Nachbarschaft neue Spanschachteln zu besorgen, denn sie hatte keine Gefäße mehr zum Abfüllen. Papyrus war im Haus ohnehin so selten, dass sie nicht davon ausgehen konnte, häufiger daraus Tüten falten zu können.
    Sie selbst setzte sich mit einer Wachstafel hin und schrieb zusammen, welche Kräuter sie mitnehmen wollte, wenn sie auf ihre Reise in die Germania Libra aufbrach. Denn soviel stand fest, eine gewisse Notfallapotheke würde sie schon mit sich führen müssen.

  • Corvinus Vorrat seiner Medizin war fast zu Ende, würde vielleicht noch für 2 oder 3 mal reichen. Er ging also in die Taberna Medica und gab ein grüßendes
    "Salve", in den Raum da er nicht wusste ob Alpina selber oder der Sklave da war.


    "Ich wollte meine Medizin abholen!"

  • Alpina sah von ihrer Buchrolle auf, in die sie vertieft gewesen war. Als sie erkannte, dass Corvinus die Taberna Medica betreten hatte, stand sie schnell lächelnd auf. Sie freute sich über den Besuch des Centurios.


    Als er jedoch dann den Grund seines Besuchs sagte, sank ihr das Herz. Sie wusste, dass sie ihm so kurz nach dem Abend der Geständnisse, ein weiteres Mal eine unangenehme Wahrheit sagen musste. Sie hatte sich entschieden, ihm keine weiteren Flaschen mit Mandragorawein zu geben. Diese Medizin, die gefährliche Alkaloide enthielt, hatte sie ohnehin nur vorübergehend vorgesehen gehabt. Sie hatte gehofft, dass er mit Hilfe der schlaf- und traumfördernden Droge schneller über seinen Verlust hinwegkäme. Doch die Eröffnungen des vergangenen Treffens in der Casa Atia hatten ihr gezeigt, dass das Gegenteil der Fall war. Er hatte sich bereits zu sehr an die Droge gewöhnt und verdrängte gänzlich die Realität. Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen und körperliche Auszehrung waren auch bereits zu erkennen. Alpina wusste, dass Mandragorawein eine ganze Reihe Nebenwirkungen hatte, von leichten, wie Mund- und Schleimhauttrockenheit über die Erweiterung der Pupillen bis hin zu Wahn und Delir bei Überdosierung. Im schlimmsten Falle konnte der übermäßige Genuss sogar eine Atemlähmung und damit den Tod verursachen.
    Es war also dringend an der Zeit, ihn auf Entzug zu setzten. Auch wenn sie Angst vor der Reaktion des großgewachsenen Centurios hatte. Sie umrundete ihren Tresen und kam ihm lächelnd entgegen.


    "Salve, Corvinus. Ich freue mich, dich zu sehen."


    Das entsprach absolut der Wahrheit, entsprechend selbstsicher trat sie auf. Ein Blick in seine Pupillen, zeigte ihr, dass er in der vergangenen Nacht offenbar den Mandragorawein genutzt hatte. Sie waren groß und dunkel. Alpina verlor sich in ihnen und musste sich zur Räson rufen. Jetzt oder nie.


    "Leider muss ich dir sagen, dass ich dir keinen weiteren Mandragorawein mehr geben kann."


    Jetzt war es raus. Ihre Stimme zitterte nur wenig, denn es war ihre feste Überzeugung, dass es notwendig war, dass er lernte die Realität anzunehmen und seinen Schmerz anzunehmen.
    Den Blick weiterhin auf seine schwarzen Pupillen gerichtet, wartete sie angstvoll auf die Reaktion des Centurios.

  • Alpinas Antwort verwirrte ihn ordentlich. Sie hatten ja eine Abmachung und dergleichen.
    Vielleicht hatte er sie ja aber auch nur falsch verstanden und ihr waren nur gerade irgendwelche Zutaten ausgegangen.
    Trotzdem etwas irritiert fragte er nach
    "Du meinst sicher nur gerade weil dir irgendeine Zutat fehlt richtig? Wann soll ich wiederkommen?"

  • Alpina musste feststellen, dass er sie nicht verstanden hatte. Es ging nicht um heute, es ging um zukünftig! Immerhin reagierte er ruhig und besonnen. Nun denn, sie würde wohl eine Erklärung folgen lassen müssen.


    "Ich meine nicht, dass ich dir heute keinen Mandragorawein geben werde... ich meine von nun an nicht mehr... nicht heute, nicht morgen und auch in Zukunft nicht... außer in begründeten Notfällen. Die Mandragora oder Alraune ist eine Heilpflanze aus dem Mittelmeerraum. Sie enthält Substanzen die beruhigen, Schlaf und Träume fördern. In höheren Dosen verstärkt sich die Wirkung zunächst. Das heißt, die Traumwirkung nimmt zu bis hin zu Wahnvorstellungen oder die Schläfrigkeit steigert sich bis zum Delir. Eine weniger schlimme Nebenwirkung ist die Trockenheit der Schleimhäute und die bei dir deutlich sichtbare Mydriasis, die Weitung der Pupillen und damit eine Blendempfindlichkeit. Wenn du allerdings viel zu viel davon einnimmst, kann sie Atemlähmung und den Tod verursachen... soweit die körperlichen Symptome. Ich habe dir diesen Trank gegeben, um dir über deinen schweren Verlust hinwegzuhelfen. Es war deutlich wie sehr du leidest... noch immer leidest. Keiner kann das besser verstehen als ich.."


    Sie hielt inne und schluckte.


    "Doch das ist keine Dauerlösung. Du flüchtest vor der Realität, versteckst dich in deinen Träumen... vergisst, dass es noch eine Welt um dich herum gibt, die durchaus ihre Reize hat, wenn man sie sehen kann und will. Lass es mich auf eine Art und Weise erklären, die du vielleicht verstehst... du hast eine Schlacht verloren, das tut weh... aber es bringt nichts, diese Schlacht wieder und wieder durchzukauen und nachzuspielen... während du noch beschäftigt damit bist, dieser verlorenen Schlacht nachzutrauern... tut sich vielleicht längst ein neuer Kampfplatz auf. Wenn du nicht aufpasst, dann verlierst du diese Schlacht auch noch.... anstatt die wohlverdiente Beute heimzuschleppen..."
    Sie war gespannt wie er mit so viel Metaphorik klar kommen würde...

  • Was faselt Alpina denn da ging es Corvinus recht schnell durch den Kopf. Was bei ihm zunächst hängen blieb war das sie ihm gar keinen mehr verkaufen wollte. War das jetzt also der Dank für seine Hilfe? Sie hatten ja schließlich eine Abmachung getroffen. Bereits schon ärgerlich aber noch nicht wütend schüttelte er energisch den Kopf.


    "Genau das hat die Medizin doch gemacht! Sie hat mich beruhigt, mich schlafen lassen und mich träumen lassen. Davor war es schlimm nicht damit! Der Trank lässt mich den Verlust vergessen, mit ihm ist er fast nicht mehr vorhanden. Das kannst du nicht ernsthaft beenden wollen! Mal ganz davon ab das wir eine Abmachung haben!"



    Ganz leise, einen Teil ihrer Anspielungen hatte er verstanden, fügte er noch an:
    "Ich habe keine Schlacht sondern den Krieg verloren. Es wird keine weiteren Schlachten geben!"

  • Traurig sah Alpina den Centurio an. Er war so tief verletzt, dass er die Wirklichkeit nicht mehr sehen wollte. SIe merkte, dass sie ihn so nicht erreichen würde. Vielleicht würde es besser werden, wenn er erst einige Tage ohne die psychoaktiven Substanzen war.


    "Verstehst du nicht? Ich kann dir nicht länger diesen Wein geben Ich kann es nicht verantworten, dass du eine Überdosis nimmst oder dich ruinierst, wenn du dauerhaft unter dem Einfluss dieser Droge bist. Du beginnst deinen Körper zu vernachlässigen... sieh selbst, wie stark du abgenommen hast und welche Augenringe du hast... das geht so nicht weiter. Und was unsere Vereinbarung angeht... ich gebe dir Leonides zurück. Damit ist unsere Vereinbarung nichtig."
    Sie atmete tief durch: "Corvinus, bitte, bedenke: deine Reaktionsfähigkeit ist eingeschränkt unter dem Einfluss der Mandragora. Wenn du in einen Kampf verwickelt wirst, könnte das schlimme Folgen haben...."


    In diesem Moment kam ihr ein Gedanke.


    "Oder ist es das, was du willst? Ein Suizid auf Raten? Eine gute Gelegenheit, dich davonzumachen?"

  • "Ich will den alten Sack gar nicht haben. Keine Ahnung was ich mit dem soll! Ich will weiterhin die Medizin! Sie hilft verdammt nochmal und ich weiß nicht warum das auf einmal ein Problem ist. Ich hab so stark abgenommen wegen der verdammten Schufterei bei der Straße!"


    Langsam wurde er echt sauer. Warum musste eigentlich gerade alles den Bach runtergehen. Erst die Nachrichten von Alpina und Curio bei seiner Rückkehr, dann der Tod des Kaisers und jetzt auch noch das versiegen seiner Mandragoraquelle.


    "Du hast keine Ahnung vom Kampf also lass das meine Sorge sein.
    Ausgerechnet du willst mir was über´s davonmachen und umbringen vorwerfen? Wer hat sich denn was umgebracht und wer will es ein weiteres Mal versuchen und alleine zu den Barbaren rübermachen! Du oder ich?"

  • Das war es also! Alpina war richtig gelegen. Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Sorge um ihn in Ärger umschlug. Sie musste auch damit leben, dass der Mann, der ihr die große Liebe vorgebetet hatte, sie einfach verlassen hatte und sie das Kind aus dieser verhängnisvollen Affäre umgebracht hatte. Nacht für Nacht verfolgten sie die Furien, die Rachegöttinnen. Was wollte er ihr von Schmerz erzählen...


    SIe baute sich vor ihm auf, stemmte die Hände in die Taille und fauchte:


    "Vielleicht wirst du in eine paar Tagen nüchtern sein. Dann unterhalten wir uns wieder. Bis dahin zerfließe nicht völlig in Selbstmitleid! Und denke vielleicht zur Abwechslung mal nicht nur an dich, sondern auch an diejenigen, denen noch etwas an diesem Haufen Selbstmitleid liegt. Es wird wohll am Besten sein, wenn du jetzt gehst."

  • Jetzt war er richtig wütend. Da warf sie ihm doch tatsächlich Selbstmitleid und Egoismus vor. Ihm der alles für andere gegeben hatte und als Dank dafür alles verloren hatte.
    Die Wut musste irgendwo hin. Er war nicht gut in sowas. Mit aller Kraft schlug er auf den Tresen.
    "Ja ich werde jetzt gehen. Aber nur damit du überlegst was auf einmal los sein soll. Alles war in Ordnung bis zu deinem Anfall heute!"


    Er drehte sich um, trat die Tür mehr auf und verließ die Taberna.

  • Leonides saß auf einem Hocker hinter dem Tresen und flocht eine Kordel. Er sah auf als Alpina die Taberna Medica betrat. Sein Blick war forschend. Sie wusste nicht, wieviel er von der vergangenen Nacht und den turbulenten Ereignissen des darauffolgenden Morgens mitbekommen hatte. Sie räusperte sich.


    "Leonides, ich breche jetzt zu meiner Reise auf. Bitte versorge du die Taberna Medica und den Kräutergarten so gut es eben geht. Vertröste die Schwangeren und entschuldige mich bei ihnen. Die beiden helvetischen Brüder werden dir Familia sein. Zögere nicht, dich mit Bitten an sie zu wenden."


    Ihre Kehle wurde trocken. Er erhob sich langsam und ächzend.
    "Ich weiß, dass ich viel von dir verlange. Es tut mir leid." Sie umarmte den alten Mann.


    Er erwiderte die Umarmung. "Mensch, Mädel, was tust du denn?", krächzte er weinerlich.
    Alpina musste sich losreißen, sie hatte Tränen in den Augen.


    "Leb wohl, vale bene, Leonides."


    Mit eiligen Schritten ging sie in die Casa zurück.

  • Mit klopfendem Herzen öffnete Alpina die Tür zu ihrer Taberna Medica. Das Glöckchen über der Tür veranstaltete einen Tanz, doch der Mann, der hinter dem Tresen in sich zusammengesunken saß, reagierte nicht. Im Halbdunkel konnte sie kaum erkennen, dass es Leonides war. Was ihr aber auffiel waren die halbleeren Regale. Die Taberna Medica war in einem desolaten Zustand. Offenbar hatte Leonides es nicht für nötig gehalten, für Nachschub zu sorgen und sich nur unzureichend um die Herstellung der Heilmittel gekümmert. Alpina seufzte. Wie sah dann wohl der Kräutergarten aus?


    Mit zügigem Schritt ging sie auf den alten Sklaven zu.


    "Leonides, meine gute Seele! Ich bin es, Alpina!"


    Der alte Mann erschrak. Er stemmte sich von seinem Stuhl hoch und stammelte.
    "Alpina, Dominella, wie siehst du denn aus? Bei Iuppiter, was haben sie mit dir angestellt? Wo sind deine schönen langen Haare geblieben?"


    Alpina lächelte und umarmte den Sklaven. "Ich freue mich, dich wiederzusehen. Und mach dir keine Sorgen, die Haare wachsen wieder. Ich musste sie schneiden, um nicht sofort als Frau erkannt zu werden. Du kannst dir sicher vorstellen, dass es für eine Frau nicht ungefährlich ist alleine zu reisen."


    Leonides nickte. "Hast du erreicht, was du wolltest?"


    Die Raeterin bejahte es. "Ja, Leonides, ich habe die weise Frau gefunden nach der ich gesucht habe und ich habe unendlich viel von ihr gelernt. Es hat mich und meine EInstellung zum Leben sehr verändert. Erzähl du mir, was sich hier zugetragen hat. In der Taberna Medica und in der Casa Atia."


    Der alte Mann seufzte. "Ich habe ja versucht, dich so gut es möglich mal zu vertreten. Doch ich hatte oft einfach nicht die Kraft, all die Salben und Tees zu mischen. Und dann die vielen detailierten Fragen der Kunden... ganz zu schweigen von den Schwangeren. Es war furchtbar, Dominella. Lass mich nie wieder so lange allein!"


    Alpina musste lächeln über das Lammentieren ihres Leonides.
    "Ich verspreche dir, dass ich ab jetzt hier bleiben werde. Ganz sicher. Es wird sich ohnehin einiges verändern in diesem Haus. Aber zunächst werde ich meine Sachen ablegen und mich waschen. Ach ja, was machen die helvetischen Brüder?"


    Sie versuchte die Frage so beiläufig wie möglich zu stellen, doch Leonides Blick ließ erkennen, dass er wusste, dass ihr dieses Thema besonders am Herzen lag.
    Er schüttelte den Kopf.
    "Nun, seit Iullus Helvetius Curio Magister Vici ist, sehe ich ihn nur noch wenig. Sogar die Abende verbringt er meist außer Haus. Und seinen Sklaven hat er immer dabei. Er war mir keine große Hilfe im Haus und im Garten."
    Schon wieder dieser jammernde Unterton.
    "Der Centurio wurde nach seinem Fehlverhalten wohl zum Decurio degradiert. Er ist nur selten da. Aber unlängst hat er sich einen heftigen Streit mit deiner duccischen Freundin geliefert. Ich habe nicht zugehört, aber da das Ganze im Garten stattfand, war es unüberhörbar, dass sie sich gestritten haben."


    Alpina sah Leonides entsetzt an. Runa und Corvinus hatten gestritten? Worüber denn? Sie musste unbedingt bald mit Runa sprechen. Am besten gleich am kommenden Tag oder noch an diesem Abend, nach ihrem Hausbesuch bei der schwangeren Gisela? Alpina war schon wieder voll im Alltag angekommen. Sie schulterte ihre Rückentrage.
    "Ich werde dann ins Haus gehen und mich frisch machen. Falls Curio äh, der Magister Vici kommen sollte, richte ihm aus, dass ich auf einem Hausbesuch bin. Wenn er das Bedürfnis verspürt mir irgendetwas mitzuteilen, muss er warten bis ich wieder da bin."


    Leonides konnte hören, dass sie nicht gut auf Curio zu sprechen war.

  • Den gesamten Tag war Alpina damit beschäftigt, Salben herzustellen, Teemischungen zu bereiten und Duftbalsame zu mischen. Gegen Nachmittag sahen die Regale endlich wieder gut gefüllt aus. Als hätte sich herumgesprochen, dass sie wieder da war, bekam die Türglocke keine Pause. Die Kunden rannten ihr förmlich die Ladentür ein.
    Zufrieden packte Alpina gegen Nachmittag ihre Palla und übergab die Aufsicht über den Laden bis zum Sonnenuntergang Leonides. Sie wollte ihre Freundin Runa abpassen, wenn sie vom Unterricht im Tempel kam. Sorgsam legte sie das Tuch über den kurzen Haarschopf.

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