von Irvin, Raum VI im OG der Villa Urbana des Tiberius Helvetius Varus

  • Der letzte Abend, bevor sie wohl für eine ganze Weile tagsüber nicht im Haus war. Sie musste noch mit Irvin reden, ihm sagen, dass er von nun an ohne sie zurecht kommen müsste.
    Irvin hatte sich zum Glück als lernbegierig erwiesen und lernte erstaunlich schnell, inzwischen sprachen sie nur noch selten germanisch miteinander. Nur noch dann, wenn Irvin wirklich nicht verstand was gesagt wurde, dies kam aber immer seltener vor.
    Seine Tür war nur angelehnt, Varia klopfte und ging hinein.
    „Irvin? Ich bin ab morgen im Ludus, das ist ein Schule für Kämpfer, Gladiatoren nennen die Römer die, ich bin also nicht im Hause. Du musst es selber schaffen. Inzwischen verstehst du ja schon sehr viel und das mit dem Sprechen wird schon. Rede einfach drauf los, die anderen werden dich schon verstehen und wenn notwendig verbessern.“ Sie schaute zu dem Germanen. „Ich werde unsere Zeit im Hortus vermissen.“ Ja sie hatte es wirklich genossen, Irvin hatte ihr viel über Pflanzen und Kräuter erklärt, er hatte dies mit so viel Liebe und Freude getan, man konnte deutlich merken, dass er ein Kind von Mutter Natur ist. Im Garten, ja da blühte der Germane förmlich auf. „Wir sehen uns dann nur noch Morgens und Abends, wenn überhaupt.“ Sie nickte ihm zu und war im Begriff sein Zimmer wieder zu verlassen.

  • Irvin schaute Varia traurig an. „Wenn du meinst du muss das Tun und es dich zufrieden macht.“ Er war weit mehr als enttäuscht.. Als er hörte was sie machen würde erfuhr er endlich mit Gewissheit was sie war. Sie war nicht besser als jene Fremde, die schlachtend und mordend seine Heimat zerstört hatten. Er hatte immer so etwas geahnt, Varia aber nie nach ihrer Vergangenheit gefragt. Es war eine Art Selbstschutz um nicht das letzte Fünkchen Hoffnung zu verlieren, das sie nicht das war, was er dachte.


    Irvin war Varia sehr dankbar, dass sie ihm die Sprache der Römer beigebracht hatte. Sie hatte nicht locker gelassen und einfach weiter gemacht als er es nicht wollte. Dennoch hatte er immer gespürt, sie machte es nur, weil sie auf etwas wartete. Dieses Warten hatte mit der Angst zu tun, welche die anderen vor ihr hatten. Gut vor ihm hatten sie auch Angst, doch das war wegen seiner Größe und das konnte er noch nachvollziehen. Aber vor einer Frau? Jetzt war es endlich raus. Deshalb war er zufrieden und dennoch maßlos enttäuscht.
    Eine Frage kam von ihm: „Und das ist, was dir wirklich Freude macht, morden?“
    Wenn sie nur gewusst hätte was sie gerade zerstört hätte.

  • Als ob man sie gefragt hätte... Aber warum sollte sie mit ihm diskutieren. Sollte er doch denken was er wollte. Sie wollte schon gehen, als sie seine Frage hörte.
    Freude? Freude am töten? Sie schüttelte den Kopf.
    „Es ist das was ich kann, es ist das was notwendig ist um sich gegen Feinde zu verteidigen. Und bevor du fragst, ja ich habe getötet, im Kampf, nie aus purer Lust am töten. Hat es mir Freude gemacht. Nein hat es nicht. Aber was wäre die alternative gewesen, zuzusehen, wie man meine Heimat vernichtet? Wie man alle die ich liebe abschlachtet oder versklavt?“
    Sie atmet tief durch. „Du bist ein friedfertiger Mensch Irvin, aber es muss auch solche wie mich geben, denn sonst herrscht Rom bald über die ganze Welt.“ Sie nickte ihm zu und wand sich wieder zur Tür.

  • Langsam ging Irvin auf Varia zu um ihr in die Augen zu schauen. Genau das hatte er erwartet, er sah nichts, sie verschloss ihre Gefühle und Gedanke. Vor ihm? Bestimmt. Vor sich selber, schon möglich, ob das für sie gut war, das bezweifelte er.
    Für das Leben in das sie hineingeboren wurde und aufgewachsen war konnte sie nichts, daraus machte er ihr keinen Vorwurf.
    Auch nicht, wenn er auch gerade von ihr etwas anderes erwartet hätte, dass sie jetzt das machte was von ihr verlangt wurde.
    Doch eins wollte er jetzt wissen, was sie jetzt noch mit dieser Kampfkunst wollte.
    „Du bist Sklave wie ich, was willst du jetzt mit dieser Kampfkunst? Du wirst bestimmt nicht gegen die Römer hier antreten. Also sage mir ehrlich, du freust dich darauf aber warum?

  • Als er sie so forschend ansah, bemühte sie sich, dass nichts von ihrem Inneren nach außen drang. Sie hatte über die Jahre gelernt, dass es nicht gut war Gefühle zu zeigen, es machte verwundbar.
    Ja sie war Sklave wie er, doch sie hatte nicht vor ihr Schicksal hinzunehmen. Sie hatte sich nicht damit abgefunden...
    „Ich freue mich nicht Irvin, aber du sagst es ich bin Sklave wie du und es wird verlangt, dass ich in den Ludus gehe. “ Sie hatte zwar nicht wirklich was dagegen, so konnte sie dass machen, was sie wirklich konnte. „Das einzig Gute daran ist, dass ich hier nicht den ganzen Tag herumsitze.Und wer weiß, vielleicht kämpfe ich mich eines Tages aus Rom heraus.“ Sie erwartet nicht, dass er sie verstand. „Irvin sag mir eins, du stammst von den Germanen, viele deiner Leute sind hervorragende Krieger, die Rom und was es verkörpert bekämpfen, die sich nicht dem Willen Roms beugen, sind die alle schlecht in deinen Augen?“ Varia hatte sehr wohl verstanden, dass Irvin Gewalt in jeglicher Form verabscheute, deswegen hatte sie sich auch die ganze Zeit zurück gehalten. Und versucht ihn nicht damit zu konfrontieren.

  • Er spürte sie wollte ihn herausfordern, dazu bringen einzusehen, dass es Menschen wie sie geben mussten. Genauso wusste er, dass sie sich nie einigen würden, bei diesem Thema.
    Hoffnungslos startete er einen letzten Versuch. „Ja ich hörte von diesen Menschen, doch sind sie nicht wie wir, sie glauben an andere Götter, nicht an die große Göttermutter. Sie erwartet, dass wir jede Form von Leben achten und nicht zerstören.
    Doch Varia sag mir, was würdest du, die Krieger, Kämpfer, Soldaten und all die so sind wie ihr, machen wenn es uns nicht gäbe? Wovon würdet ihr Leben?
    Ja du kannst jetzt sagen es gibt Bauern und Sklaven."
    Seufzend fuhr er fort: "Ich weiß, die Menschen halten mich für feige, vielleicht du auch, doch du ahnst nicht wie viel Kraft es kostet so zu sein und an seinem Glauben fest zu halten. Doch was würde sich ändern wenn ich hier starker Mann spiele?“
    Irvin machte eine Pause und überlegte kurz. „Nehmen wir mein erstes Essen in der Culina. Ich wollte raus. Du stelltest dich mir in den Weg, ich wollte keinen verletzen. Nehmen wir an, ich hätte die Frauen durch die Gegend geworfen. Atermas schützend vor mich gehalten. Du wolltest mich aufhalten. Atermas wäre weiter mein Schutzschild gewesen und du hättest auch nicht aufgegeben. Was wäre zum Schluss erreicht worden? Ein Sieger, viele Verletzte und weiter? Gewalt erzeugt doch nur Gegengewalt, das beste Beispiel sind Römer und Germanen.“
    Soviel hatte Irvin selten in seinem Leben geredet und hier in Rom noch nie. Im nachhinein wusste er noch nicht einmal ob er in seiner Muttersprache oder die Sprache der Römer benutzt hatte.
    Außerdem war er sich nicht sicher, ob Varia ihn überhaupt verstanden hatte.

  • Varia schaute ihn an, als sie ihm antwortete kamen ihre Worte aus ihrem Herzen, was man auch spüren konnte.
    „Gäbe es keine Krieger, Irvin, wäre die Welt wohl ein Stück besser. Ich halte dich nicht für feige, ich denke du bringst vielleicht sogar eine größere Willenskraft auf, als ich, um deiner Göttermutter die Treue zu halten.“
    Sie schaute ihn und überlegte, ja was wäre gewesen, wenn er an seinem ersten Tag...? Nein sie wollte nicht darüber nachdenken.
    „Eben, Gewalt erzeugt Gegengewalt. Irvin ich bin ein Produkt der Erfahrungen meines Volkes. So wie du deiner Göttermutter geschworen hast, habe ich vor meiner Göttin geschworen, meinem Volk zu dienen und es zu beschützen. Nur ist meine Göttin etwas kriegerischer als deine Göttermutter.“
    Sie atmete hörbar aus. Nein sie beiden würden in dem Punkt wohl nie auf einen grünen Zweig kommen.
    Varia ging einen Schritt auf ihn zu, legte die Hand auf sein Herz. „Irvin, du bist ein guter Mensch und hast ein reines Herz. Bewahre es dir.“ Schon zog sie ihre Hand wieder weg und ging wieder auf Distanz.
    „Wenn du Probleme haben solltest, dann kannst du,so du es willst zu mir kommen. Gute Nacht Irvin.“
    Es war nun wirklich alles gesagt zwischen ihnen. Irvin würde sie wohl nie verstehen. Aber sie würde sich auch nicht rechtfertigen, für das was sie war. Sie hatte es ihm erklärt, entweder er akzeptierte es oder er ging ihr aus dem Weg.
    Sie hatte nun mal nicht den Anspruch everybody's darling zu sein.

  • „Ja es ist wie es ist, wir haben uns nichts selber geschaffen und müssen es nehmen wie es kommt. Doch etwas wünsche ich dir von Herzen, dass du einmal in deinem Leben auf einen Menschen triffst den du berühren kannst ohne zurück zu weichen, den du an dich heranlässt und dass du dann nicht enttäuscht wirst“.
    Noch einmal schaute Irwin Varia an und dieses mal lächelte er. „Ich wünsche dir auch eine gute Nacht.“


    Das Gespräch mit ihr beschäftigte ihn noch weiter, doch anders als er selber erwartet hätte. Er spürte wie die Neugier sich regte.
    Neugier zu wissen, was man sich bei einem Kampf fühlte. Wie es vor, bei und nach dem Kampf war. Ob man danach, alles wofür man vorher stand, vergaß? Ob man mehr von den Kämpfen haben wollte. Ob man sich veränderte und wie?
    Viele sagten, sie würden zum Schutz für die Familie, dem Dorf, der Heimat kämpfen. Wofür kämpften denn die Angreifer? Wollte man irgendwann mehr und mehr kämpfen?


    Nach einiger Zeit wurden diese Gedanken Irvin zu viel. Er musste nach draußen, brauchte frische Luft zum nachdenken.
    Bald saß er an seinem Lieblingsbaum gelehnt und schloss die Augen.

  • Zitat

    “Ich wollte dir”, weiter kam Irvin nicht. Mit entsetzen sah er welche Geste Esther machte, auch wenn er sie nicht verstand, so wusste er doch genau was sie sagte. Dachte sie jetzt wirklich er würde sie schlagen.
    Schnell kniete er sich vor sie, ergriff vorsichtig ihr Hände und sprach leise zu ihr. “Hast du wirklich gedacht ich würde dich schlagen?” Die rechte Hand löste sich von ihrer, hob sie und strich ihr begütigend über den Kopf. Sanft hob er dann ihr Kinn an und schaute ihr in die Augen. “Hör zu, ich bin kein schlagendes mordendes Ungeheuer, ich möchte nur einfach meine Ruhe haben und was mir noch wichtiger ist, meinen Bart behalten. Er ist das einzig was mir von meinem alten Leben, außer den Erinnerungen geblieben ist.” Fragend schaute er Esther an, mit der Hoffnung, dass sie ein klein wenig von all dem Verstanden hatte oder zumindest keine Angst mehr hatte. Fast hätte er sie tröstend in die Arme geschlossen, doch er befürchtet sie bekäme dann noch mehr Angst.


    Zitat


    Varia hatte Irvin wohl gehört, sie hatte jedoch einen Moment gebraucht, je eher er sich dran gewöhne würde ohne ihre Übersetzungen klar zu kommen, um so besser wäre es wohl für sie beide. Varia war wirklich nicht zum reden geboren, sie mochte kurze klare Anweisung, kein ewiges Palavern...
    So betrat sie also erst nach einigen Augenblicken das Zimmer wieder. Sie hob eine Augenbraue, als sie die Situation sah. Da sie aber immer noch davon überzeugt war, das Irvin, trotz oder vielleicht gerade wegen seiner körperlichen Überlegenheit, einer der friedfertigsten Menschen war, die sie je getroffen hatte, blieb sie in der Tür stehen. Als er geendet hatte, wusste sie was ihn aufbrachte.
    „Esther, er ist kein gewalttätiger Mensch, und er will dich nicht schlagen. Aber seinen Bart gibt er nicht her.“ Varia konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Wisst ihr denn nicht, dass die meisten Germanen denken ihre Kraft stecke in ihrem Bart? Es ist für sie ein Symbol ihrer Männlichkeit.“ Dann wand sie sich Irvin zu. „Etwas stutzen solltest du ihn schon, er sieht nicht sehr gepflegt aus, aber das ist kein wunder nach deiner Reise.“
    Sie selbst blieb erst mal im Türrahmen stehen, und schaute beide fragend an, ob sie noch benötigt wurde.


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    Esther ließ sich hochziehen hatte aber deutlich immer noch Angst und brachte auch ihre Arme zwischen sich und Irvin um so im Falle eines Angriffes doch noch eine kleine Chance auf Verteidigung zu haben.


    Als dann Varia reinkam und sprach war Esther doch erleichtert.
    Esthers Worte waren dann aber nicht nur leicht verzweifelt und ihr standen Tränen in den Augen.
    "Aber das wollte ich doch gar nicht... also jedenfalls nicht ernsthaft... ich weiß nur das die meisten Römer Bärte gar nicht mögen.... Varus oder Shani entscheiden ob der drann bleibt oder ab muss.... wo soll das alles nur enden mit ihm....",
    man merkte Esther gerade jetzt ein bisschen an das sie keineswegs auf die Erfahrung vieler Jahre als Sklavin und älterer Frau zurückblicken konnte. Sie war nur wenige Jahre älter als Irvin und Varia wenn überhaupt und auch noch keine Ewigkeiten Sklavin.

  • Innerlich seufze Varia, wenn dies hier so weiter ging würde sie bald besser reden als kämpfen. Wohin waren die guten Zeiten, wo sie erst zuschlug und dann fragte? Nun ja sie konnte das Häufen Elend ja nicht einfach so stehen lassen, außerdem war Esther bisher immer nett zu ihr gewesen...
    Sie ging also auf die junge Frau zu und legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter.
    „Schsch … nicht weinen. Du kennst seine Kultur nicht, wer will dir das verübeln? Und Lass es doch Shani oder den Bauern... Varus entscheiden, was mit seinem Bart wird. Vielleicht versteht und spricht er bis dahin Latein, dann kann er für sich selber sprechen.“ Varia wische ihr vorsichtig die Tränen weg, so wie sie es immer bei ihrer kleinen Schwester, der einzige Mensch dem gegenüber sie jemals Gefühle zugelassen hatte, gemacht hatte. „Meinst du er kann im Garten schlafen? Er wird nicht weglaufen.“ Schon zog sie sich wieder zurück.

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    Beim Spruch Bauern musste Esther kurz grinsen und wischte sich fast ärgerlich einmal kurz über die Augen.
    "Warum nennst du ihn eigentlich immer Bauer?"


    Die Frage die noch im Raum stand ließ Esther kurz nachdenken und schließlich mit der Schultern zucken.
    "Hab ich ja nicht zu entscheiden, genauso wie ich ihn eigentlich nicht beaufsichtigen soll. Ich hab ihn nur im Hortus gefunden und gedacht ich bring ihn ins Bett. Wir können ja jetzt beide gehen und dann wissen wir ja gar nicht wo er letztendlich geschlafen hat."

  • „Weil er doch einer ist, ein Bauer für Wein. Und weil er als er mich auf dem Markt gekauft hat mehr wie ein solcher aussah.“ Varia grinste zurück. „Dann lass uns gehen und der Große kann sich einen Schlafplatz suchen, wo es ihm gefällt.“ Sie nahm Esther bei der Hand und schaute zu Irvin. „Du kannst auch draußen schlafen wenn du willst.“

  • Irvin nickte Varia zu. Er war sichtlich genervt. Die beiden Frauen sprachen über ihn, in seinem Cubiculum, ganz als wäre er nicht anwesend und er verstand kein Wort. Dankbar registrierte er, das sie nun gingen, ihn würde es auch nicht länger hier drinnen halten. Kaum hörte er ihre Schritte auf dem Gang sich entfernen, machte er sich auf zum Hortus. Die erste Nacht die er nach Monaten alleine verbringen konnte.

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    Bevor Serrulus das Haus für einen Botengang verließ hatte Commodus ihn noch abgefangen und zu Shani und Irvin geschickt. Beide sollten sich im Atrium mit Helvetia Vera treffen und diese zu den Märkten usw. begleiten.
    Der eine zum Tragen die andere zum bezahlen bzw. ausmachen wohin geliefert werden sollte.

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