In orientierungsloser Hilflosigkeit unterwegs

  • Erst ein leises Pochen, dann ein immer lauter werdendes Dröhnen. Anders konnte ich einfach nicht erklären, was grade meine Wahrnehmung darstellte, die vorerst schlichtweg auf viele, irritierende Geräusche zugeschnitten war. Wahnsinnige Schmerzen strahlten von meinem Kopf aus und ich konnte mir beim besten Willen nicht erklären, woher sie kamen. Nur langsam spürte ich, wie zunehmend Leben in mich und meine Glieder kam, doch ich empfand nicht den Wunsch, dieses Leben auch entsprechend zu nutzen. Als ich langsam probierte, meinen Arm zu heben um nach meinem Kopf zu tasten, erforderte dies große Anstrengungen von mir. Ich fühlte mich kaum stark genug, um diese auch wirklich zu leisten, doch schlussendlich tat ich es. Was ich dort, an meinem Hinterkopf, ertastete, gefiel mir nicht. Es war eine dicke, noch stellenweise feuchte Kruste unter verklebtem Haar und allein diese leichte Berührung ließ mich vor Schmerzen zusammenzucken. Nun öffneten sich meine Augen von ganz allein, um zu erblicken, was meine Hand da zu Tage förderte und ich konnte den Blick kaum abwenden. Es war Blut.
    Erschrocken wandte ich den Blick von meiner Hand ab und ließ ihn durch die Umgebung schweifen. Viele Menschen waren in meiner unmittelbaren Umgebung nicht zu sehen. Ich lag in einer weniger hellen und recht engen Gasse, der Boden unter mir war feucht. Ich wollte überhaupt nicht wissen, warum er das war. Es roch unangenehm und eigentlich konnte ich es mir auch denken. Mühsam versuchte ich auf die Beine zu kommen, wobei mir diese im ersten Moment den Dienst versagten. Es dauerte einen Moment, bis ich es auf die Füße geschafft hatte und mich mit verschwommener Sicht erneut zu orientieren versuchte. Ergebnis- und chancenlos. Nichts kam mir hier bekannt vor.
    Auf unsicheren Beinen und mich an der Wand abstützend näherte ich mich der etwas helleren Straße auf der ich recht viele Menschen geschäftig entlang laufen sah. Ich brauchte Hilfe, ich hatte Schmerzen und ehrlich gesagt empfand ich auch eine gewisse Angst. Warum lag ich mitten im Dreck, mitten in irgendeiner Gasse und... Wer war ich überhaupt?


    Die Welt schien sich wieder zu drehen, als diese Unkenntnis in mein Bewusstsein drang, wie ein neuerlicher Schlag auf meinen ohnehin schon lädierten Kopf. Mit der Seite stürzte ich schwach gegen die Wand, welche die Gnade besaß, mich auf den Beinen zu halten. "Bei den Göttern." murmelte ich und schaute wieder auf meine Hand. Ich hätte nie gedacht, dass mir ein solches Schicksal einmal geschehen könnte, aber wer rechnete schon damit? Und was überhaupt hatte ich früher einmal gedacht? Was war mein Leben gewesen?
    Stück für Stück begann ich mich nun wieder zu der belebteren Straße hinzuarbeiten, was mir nur leidlich gut gelang. Aber es gelang mir. Ich suchte in den Gesichtern nach Gnade, suchte in ihnen nach einer Antwort, doch eines wie das andere Gesicht erschien mir fremd, ja, kalt gar. Da war niemand, der in Erwägung zog, mir eine Hilfe zu sein. Manche gar rümpften angewidert die Nase, was wiederum mich dazu führte, einen Blick an mir selbst entlang gleiten zu lassen. Ja, sauber war etwas anderes. Mein Chiton wies einige Schmutzflecken auf und ließ ganz und gar nicht mehr einen halbwegs respektablen Eindruck erwecken. Auf der Rückseite, was ich natürlich nicht sehen konnte, hatte sich einiges Blut gesammelt und mein Haar fiel wenig gepflegt über meine Schultern. Ich hatte dunkles, mit nur leichten Wellen durchzogenes Haar. Doch auch hieran konnte ich mich kaum mehr erinnern.


    Was machte man in dieser Welt, wenn man nicht wusste, wo der eigene Platz in ihr war? Ich spürte, wie mir heiße Tränen die Wangen herunterliefen, während ich fast bittend die Hand nach irgendeinem dieser fremden Gesichter ausstreckte. Wie eine alte, bettelnde Frau. War ich eine Bettlerin? Meine Kleidung, die vom Material her nicht schlecht war, ließ eigentlich anderes vermuten. Dennoch musste ich heruntergekommen wie eine Hure wirken. Und dass ich eine Hure gewesen war, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Oder? Im Grunde wäre das jetzt auch völlig gleichgültig. Wenigstens wüsste ich dann, wo ich hingehören würde. "Bitte..." sprach ich die nächste Gestalt an, ohne zu wissen, worum ich sie eigentlich genau bat. Wie sollte mir jemand helfen können, den ich selbst nicht einmal klar um etwas Konkretes bat? So führte mich mein Weg, kleinen Schritt für kleinen Schritt, durch die Menschen, kaum noch in der Lage, mich auf den eigenen Beinen zu halten und hoffend, dass sich meiner jemand erbarmen würde. Aber so war die Welt, wenn man an ihrem untersten Ende angekommen war. Ungnädig.

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    Serrulus rannte in die Gasse um sich vor dem bösen Riesen zu verstecken den Shani aufgegabelt hatte und der versucht hatte ihn umzubringen
    Jedenfalls war es so in Serrulus Erinnerung bereits manifestiert. Ein kleiner Teil von ihm hoffte das der Riese nun wo er als Beute ausgefallen war sich nicht auf Shani stürzte. Irgendwie mochte er sie ja...ein kleines bisschen...halt zu soviel Liebe er als Straßenjunge der als Waise in der Subura aufgewachsen war fähig war. Richtig was getan hatte Shani ihm bisher jedenfalls nicht.


    Jedenfalls als Serrulus in die Gasse stürmte konnte er gerade noch verhindern in eine junge Frau...ja fast noch ein Mädchen oder... er schaffte es gerade noch einen Zusammenstoß zu verhindern. Er war erst auf die andere Seite der Gasse ausgewichen bis er erkannt hatte das sie niemanden angreifen wollte sondern offenbar angegriffen wurde. Ängstlich blickte er sich erst einmal um. Von den Angreifern war erst einmal nichts zu sehen.
    Vorsichtig ging Serrulus näher und sah das das Mädchen weinte. Gut sah sie nicht aus...also ihr Zustand. Das sie eine Kopfwunde hatte entging ihm erst einmal.
    "Was has´n du und warum weinste?"

  • Ich erschrak heftig, als der Junge fast in mich hinein gelaufen wär, doch ich hätte es nicht verhindern können. Viel zu langsam war mein gesamtes Reaktionsvermögen und viel zu langsam bewegte ich mich außerdem aufgrund meiner Schmerzen. Mein Blick suchte langsam den Jungen, der sich mir nun mit einem misstrauischen Art und zögerlichen Blicken näherte. Ich wischte mir die Tränen aus den Augen. Er sah nicht durch mich hindurch und auch nicht an mir vorbei, nein. Er sah mir direkt in die Augen und er sprach mich an. Ein Mensch, wenn auch ein sehr junger Mensch, der offensichtlich die Absicht hatte, wenigstens nach mir zu fragen. Ob er mich kannte? Er fragte, was ich hätte und weshalb ich weinte.


    "Ich... ich weiß nicht." erwiderte ich zögerlich. Was sollte ich ihm schon auch antworten? Dass ich inmitten einer mir unbekannten Gasse aufgewacht war, ohne etwas bei mir und ohne den Hauch einer Ahnung, wer ich überhaupt war und wohin ich gehörte? Gehörte ich überhaupt noch irgendwohin, wenn ich nicht sagen konnte, wohin? Komplizierte Fragen und beim Versuch diese in meinem malträtierten Schädel hin- und herzuwälzen bereitete mir mehr Kopfschmerzen als Linderung. Ich schloss kurz die Augen und rieb mir die Schläfe. Ich hatte Hilfe gewollt, aber ich wusste überhaupt nicht, wie mir jemand helfen konnte.


    "Kennst du mich?" fragte ich dann den Jungen. Es wäre wohl sonst üblich gewesen, eher nach seiner Herkunft statt der eigenen zu fragen, aber was blieb mir schon übrig? Ich zwang mich zu einem leichten Lächeln. Der Junge hatte sich immerhin schon ein Herz gefasst, mich anzusprechen, dann konnte ich ihm auch Schrittweise ein wenig entgegen gekommen. Ich war vor kurzem einundzwanzig Jahre alt geworden, was mir allerdings in dieser Situation keineswegs bewusst war. Damit war ich wohl schon ein ganzes Stückchen älter als er, keineswegs aber alt. "Ich habe Kopfschmerzen." wandte ich an, mir erst einmal noch verkneifend, dass ich keinen Dunst hatte, wo ich mich befand. Ich hatte durchaus den einen oder anderen Verdacht, aber ich wusste es nicht und noch viel weniger wusste ich, wie ich hierher gekommen war.

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    Serrulus sah die junge Frau verwirrt an
    "Wie du weißt nich... wie kann das denn?" So richtig schien er dem Braten noch nicht zu trauen. Auf der einen Seite war er sicherlich keine Beute für die sich so eine ausgeklügelte Falle lohnen würde... es sei denn diese Schauergeschichten das in manchen dunklen Ecken der Subura auch Menschfleisch verzehrt wurde. Aber Geld oder sowas hatte er nicht.


    Ganz vorsichtig kam er näher. So wie ein wildes Tier welches man Futter anbot und das nur Stück für Stück näher kam.


    Als er schließlich auf einer halben Armlänge an der jungen Frau dran war schaute er sie ganz genau an.
    "Ich glaube nicht aber du bist ganz dreckig...vielleicht erkenne ich dich wenn du sauberer bist... ein bisschen siehst du Asprena ähnlich."


    Als die Frau ihre Kopfschmerzen erwähnte schaute Serrulus ganz vorsichtig auf die Hinterseite ihres Kopfes.


    "AUA... wer war das denn? Das hat doch bestimmt gaaaaanz doll weh getan oder?"


    Er schaute sich plötzlich um und suchte eine Stelle wo die Frau gelegen haben konnte. Anhand des vielen Blutes musste ja auch durchaus an dieser Stelle Blut am Boden zu sehen sein. Falls er fündig wurde sah er sich ein wenig hektischer um und würde sagen:
    "Wir müssen hier schnell weg sonst kommen die wieder und machen dich ganz kaputt kannst du gehen?"

  • Würde mein Kopf nicht so elendiglich schmerzen und meine ganze Situation nicht so sehr verzweifelnd sein, dann hätte ich vermutlich nachsichtig gelächelt, als der Junge so fassungslos darüber war, dass ich keinen Schimmer hatte, was passierte. Aber es war einfach nicht so komisch und da ich die Betroffene war, war mir auch jeder Humor entgangen. Trotzdem, der Junge war irgendwie liebenswert und ich persönlich sehr froh über die Hilfe, die er mir da anbot. In meinen Augen zeigte sich dieselbe Milde, die auch in diesem Moment mein Fühlen und Denken bestimmte, als ich zu ihm hinunter blickte, während er sich mir, noch immer, misstrauisch näherte. So wie ich aussah konnte ich ihm das allerdings auch keineswegs verübeln. Ich würde mir selbst wohl auch nicht über den Weg trauen. Ehrlich gesagt traute ich mir selbst das auch nicht. Wie kam man in eine solche Situation, wenn man sich nichts zuschulden kommen lassen hatte?


    "Asprena?" Ein leiser Hoffnungsschimmer regte sich in mir, ob der Verlautbarung dieses Namens. Der Name weckte allerdings auch nichts in mir, gar nichts, außer Hoffnung. Kein Erkennen, keine Vermutungen und auch keine Erinnerungen. Meine Hoffnung beruhte einzig und allein auf dem flüchtigen Gedanken, dass Asprena mich möglicherweise kannte. Wenn ich sauberer war, ja, dann ja vielleicht sogar der Junge. Möglich war alles. Ehe ich allerdings weitere Vermutungen anstellen konnte, wurde der Junge auf meine Verletzung aufmerksam und ich sah ein, dass ich ihm hierzu vielleicht erst einmal Antwort geben sollte. Er war schließlich ein Kind und ich wollte seine Hilfe. Ich, eine Erwachsene, wollte die Hilfe eines Kindes.


    "Ich weiß nicht, ob..." war ich grade im Begriff zu antworten, als der Junge offenbar ängstlicher wurde. Vermutlich hatte er in der schmalen Gasse, aus der ich eben noch gestrauchelt war, die blutige Stelle am Boden gefunden. Ob ich dort niedergeschlagen wurde? Nicht einmal bis dahin reichte meine Erinnerung. Ich wusste nicht einmal, ob ich wirklich geschlagen wurde oder nur gestürzt war. Ich wusste nichts.
    "Ja, ich kann gehen. Aber nicht zu schnell, ja?" bat ich ihn also mit erschöpfter Miene. Ich konnte gehen, allerdings war ich nicht sonderlich stabil auf den Beinen und konnte keineswegs rennen. Ob ich wirklich Verfolger hatte? Angst machte sich in meinem Herzen breit. Eine weniger große, dafür aber hektischere Furcht, als ich sie ob meiner Orientierungslosigkeit empfinden konnte. "Aber wohin denn?" fragte ich den Jungen, der mich selbst noch gar nicht nach meinem Namen gefragt hatte. Dies fiel mir auf, als ich merkte, dass er für mich immer noch nur 'der Junge' war. Wie er wohl hieß? Wie ich wohl hieß?

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    Als sie den Namen fragend wiederholte, wiederholte auch Serrulus seine Vermutung kurz


    "Du könntest sie sein...ist schon was länger her und du bist ja so...besudelt. Komm ich dir denn bekannt vor?"


    Mit großer Erleichterung hörte er das sie gehen konnte. Ohne langes zögern schmiegte er sich an sie, legte ihr die Hand um die Hüfte, für die Schultern war er ja zu klein und half ihr beim gehen. Das Tempo war für seine Verhältnisse quälend langsam aber für Lenaea und ihrem Zustand wahrscheinlich mörderisch.


    "Das ist gut, wir müssen hier schnell weg. Shani kann gut auf sich aufpassen aber ich glaube hinter mir waren sie auch her. So ein Riese hat mich durch die Gegend geworfen kurz bevor ich dich gefunden habe. Ich bring dich in ein sicheres Versteck wenn du willst. Dafür müssen wir aber ein ganzes Stück gehen. Ich kenne Schleichwege das wir die großen Straßen meiden können...Schaffst du das?"

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