Kandidatur zum Cursus Honorum [05/14] - Lucius Tiberius Lepidus

  • Die Tagesordnung für die heutige Sitzung des Senates war einfach: Reden der Wahlkandidaten. Also rief der Consul einen nach dem anderen nach vorne, damit er zu den Senatoren sprechen könne.


    "Als nächstes bitte ich in unsere Mitte den gewesenen Vigintivir Lucius Tiberius Lepidus, der seine Kandidatur zum Quaestor erklärt hat."

  • Nachdem das Echo auf seine Res Gestae, gelinde gesagt, eher 'bescheiden' ausfiel, musste sich der Tiberier in der Vorbereitung auf seine erneute Kandidatur innerhalb des Cursus Honorum doch so seine Gedanken machen. 'Was tun?', war die beliebte Frage. Wie denn nun die ehrwürdigen Männer des Senats überzeugen? Von solch eher demotivierenden Gedanken musste sich erst einmal befreit werden. Retrospektiv ließ sich nun auch nicht mehr viel richten, also hieß es wohl Augen zu und durch sowie Hoffen auf die Götter.


    "Patres Conscripti", begann er wie gewohnt. "Es freut mich sehr heute erneut vor euch zu stehen. Nachdem ihr es mir durch eure Wahl ermöglicht habt, das Vigintivirat erfolgreich bei den Quatuorviri viis in urbe purgandis zu absolvieren, so stehe ich heute erneut vor euch, um für das Amt eines Quaestor zu kandidieren. In der festen Überzeugung, dass ich während meiner ersten Magistratur gute Arbeit leistete, um die Straßen Roms ein wenig sauberer zu machen, hoffe ich, dass ich euch von meinen Fähigkeiten überzeugen konnte und den Beweis erbrachte, dass ich mich für den Cursus Honorum als tauglich erwies und ich damit in euren Augen würdig bin, diesen weiter zu beschreiten." Lepidus musste dafür sorgen, dass seine erneute Rede nun nicht wieder ein allzu großes Ausmaß annehmen würde. Wahrscheinlich waren die mangelnden Reaktionen auf ihn auch der Tatsache geschuldet, dass er es nur allzu gut verstand seine Mitmenschen einzuschläfern. Auch jetzt machte sich wieder die Tendenz sichtbar allzu viel zu schwafeln.


    "In dem Jahr nach meiner Amtszeit, habe ich mich insbesondere wieder meinen religiösen Verpflichtungen gewidmet. Nach meinem langjährigen Dienst als Aedituus im Tempel des Iuppiter Optimus Maximus, wählte mich das Collegium Pontificum in seine Reihen unter Zustimmung des Kaisers persönlich. Die Tatsache, dass mir dieses Vertrauen ausgesprochen wurde und die Tatsache, dass der große Cornelius Palma bereits meine Standeserhebung in den Ordo Senatorius bewirkte, zeigt, so hoffe ich, meine Kaisertreue und dass ich für unseren ehrwürdigen Imperator kein unbekannter Name bin. Aus diesem Grunde möchte ich inbesondere darum bitten, mich als Quaestor Principis zu wählen und einzusetzen. Als persönlicher Sekretär des Augustus wäre ich sicherlich von großem Nutzen. Meine Fähigkeit zur Organisation und die Bewältigung von bürokratischen Maßnahmen, konnte ich bereits während meines Vigintivirats unter Beweis stellen. Und ich bin mir sicher, dass der Kaiser auf mich als eine zuverlässige Hilfe zählen kann."


    "Patres Conscripti, auch diesmal bitte ich um euer Vertrauen. Gebt mir erneut die Chance zu zeigen, dass ich ein Magistrat zum Wohle Roms sein kann. Auch diesmal werde ich euch nicht enttäuschen und meine gesamte Kraft in meine Amtszeit als Quaestor stecken. Pflichtbewusst werde ich meine Aufgaben im Sinne des Kaisers, des Senates und der Götter ausführen! Ich danke für eure Aufmerksamkeit!"

  • Da Livianus aus der Rede des Tiberiers immer wieder heraushörte, das dieser den Senat auf eine Art Naheverhältnis zum Kaiser hinweisen wollte, waren die Gedankengänge des Decimers wohl nicht überraschend. Er ließ sich das Wort erteilen, verzichtete jedoch sich zu erheben und stellte seine Frage schließlich ganz unverblümt.


    "Nachdem dich der Kaiser, wie du selbst ehrwähntest, bereits mehrmals gefördert hat und du ihm nicht unbekannt bist, würde mich interessieren, ob er sich auch in diesem Fall bereits für dich als seinen Wunschkandidaten für das Amts des Quaestor Principis ausgesprochen hat."


    Schließlich war es nicht unerheblich zu wissen, ob ein Kaiser einen Kandidaten gerne auf einem bestimmten Posten sehen wollte oder nicht. Dies konnte sowohl eine Wahl, als auch die Zuteilung eines Amtes maßgeblich beeinflussen.

  • "Werter Consular Decimus, ich danke für deine Frage. Es gibt keine Verlautbarung des Kaisers diesbezüglich. Ich weiß, dass es durchaus einmal so gewesen ist, dass Candidati Principis für die Aufgaben eines Quaestor Principis vorgesehen wurden. Meine bescheidenen Nachforschungen in Vorbereitung auf meine Kandidatur ergaben jedoch eine Reihe von Namen, welche vom Senat in der Vergangenheit gewählt wurden, ohne dass sie den Status eines Candidati Principis inne gehabt hätten und der Kaiser die Entscheidung somit wohl gänzlich dem Senat überließ. Sollte wider Erwarten unser Augustus für die jetzige Wahl einige Candidati Principis benennen, dann werde ich gern von meinem Wunsch Abstand nehmen. Ansonsten kann, so denke ich, davon ausgegangen werden, dass er die Wahl erneut einzig den weisen Überlegungen des Senates anvertraut, der ihm - wie auch bereits in der Vergangenheit praktiziert - zuverlässige Männer an die Seite stellt und von daher dienen meine zuvor gesprochenen Worte als gute Argumente, dass ich ein solch zuverlässiger Mann sein kann."

  • Auch wenn die Antwort des Kandidaten sehr ausschweifend war, so hatte Livianus und die anderen Senaotren zumindest das herausgehört, worauf die Frage abzielte - zog man sich Palams Unmut zu, wenn man diesen Kandidaten nicht in diese Funktion wählte. So wie es sich nun darstellte, war dies nicht der Fall. An Candidati Principis hatte er dabei gar nicht explizit gedacht, da dies ohnehin im Senat verlautbart worden wäre. Hier ging es im eher darum, ob sich Palma in irgendeiner anderen Form oder bei anderer Gelegenheit schon für diesen Kandidaten ausgesprochen hatte - und wäre es nur dem Kandidaten direkt gegenüber gewesen. Da der Decimer aber schon mal am Wort war, schloss er gleich mit einer nächsten Frage an.


    "Verzeih mir wenn ich es vielleicht schon wissen sollte,…" immerhin waren sich die beiden Männer nicht unbekannt "…. aber warst du schon einmal außerhalb von Rom in irgendeiner Funktion tätig? Wäre es für dich auch denkbar und würde es vielleicht nicht auch für dich durchaus neue Erfahrungen mit sich bringen, Rom für ein Jahr zu verlassen und einen Statthalter als Quaestor Provincialis zu unterstützen?"

  • "Ich bekleidete keinerlei Funktion außerhalb Roms - wie es überhaupt kaum vorkam, dass ich Rom in Richtung der Provinzen verließ. Von daher wäre dies in der Tat eine völlig neue Erfahrung für mich." Das konnte er recht frei zugeben, ohne jedoch gleichsam seine tiefe Abscheu vor langen Reisen mitteilen zu müssen. Der Tiberier war doch eher ein Nesthocker und Rom zu verlassen, war für ihn jedes Mal wieder ein Gräuel, selbst wenn es sich nur um das Ziel eines italischen Landsitzes handelte. "Ich hätte somit leider auch wenige Argumente vorzubringen, weshalb ich ganz besonders zum Quaestor Provincialis geeignet wäre. Allerdings scheue ich mich auch keiner Herausforderung. Würde der Senat dies für sinnvoll erachten, dann wäre es für mich natürlich denkbar." Etwas anderes zu sagen, blieb dem Tiberier ja auch gar nicht übrig. Obwohl sich Lepidus wahrscheinlich sehr quälen würde und in Gedanken die größten Hoffnungen hegte, Rom nicht verlassen zu müssen, so würde dem von Rom verwöhnte Patrizierkind ein Wurf ins kalte Wasser der Provinz sicherlich gut tun und ein wenig mehr mit der wirklichen Welt konfrontieren. Letztlich müssten wohl vor allem seine Schwester oder gar seine potenzielle Ehefrau darunter leiden, die er wohl mit wehleidigen Klagebriefen überhäufen würde.

  • Sextus erhob sich kurz, um seinem Klienten zur Seite zu stehen – wenngleich dieser das nicht wirklich nötig hatte, waren seine Antworten doch wohlüberlegt und gewählt ausgedrückt. Abgesehen davon war er wohl der Kandidat der letzten Jahre, die sich am meisten in ihrem Vigintivirat verdient gemacht hatten, obwohl sie vom Senat den meisten Gegenwind erhalten hatten. Gerade das sollte wohl auch die letzten Skeptiker überzeugen.
    “Ich möchte hiermit Tiberius Lepidus meine vollste Unterstützung für seine Kandidatur zum Ausdruck bringen. Er war vor zwei Amtsperioden wohl unbestreitbar der Vigintivir, der sich am meisten um sein Amt verdient gemacht hat. Darüber hinaus war er der einzige, an dessen Res Gestae ich mich überhaupt erinnern kann. Von mehreren Seiten wurde er für seine Arbeit, die er vollbracht hat, für eine Belobigung vorgeschlagen! Nicht zuletzt auch durch den ehrenwerten Consular Decimus selbst.
    Und dies, obwohl er nicht den Posten erhalten hatte, den er sich erhofft und auf den er sich sicherlich gut vorbereitet hatte. Man mag sich kaum vorstellen, wie viel mehr er als Vigintivir hätte leisten können, wenn er seinen Wunschposten damals in der Tat auch bekleidet hätte!


    Ich sehe nicht den geringsten Grund, ihm nun keine Möglichkeit zu geben, sein Geschick als Quaestor zu beweisen. Daher bleibt mir nur, ihm für die Wahl meine vollste Unterstützung und meine Stimme zuzusprechen.
    Und zumindest in meine Überlegungen zur Postenbesetzung wird später, wenn die Wahl vorüber ist, sicherlich sein Können im Vigintivirat mit einfließen, ebenso wie die Tatsachen, dass er ein verdienter Pontifex dieser Stadt ist und darüber hinaus dem Kaiser schon von mehreren Begegnungen persönlich bekannt.“


    Sextus sah nicht einmal einen Grund, warum man Lepidus als Pontifex der Stadt Rom irgendwo in die Pampa schicken sollte. Er war wohl der Kandidat, der es sich wirklich aufs Härteste verdient hatte, dahin gesteckt zu werden, wo er wollte.

  • Livianus gefielen die bisherigen Antworten des Kandidaten und der Tiberier machte dabei denselben souveränen Eindruck, den er auch in vergangenen Aufeinandertreffen gemacht hatte. Grundsätzlich hatte auch der Decimer kein Problem damit, einen Kandidaten auf jenen Posten zu setzen, den dieser selbst präferierte. Schließlich war davon auszugehen, dass er dort auch die bestmögliche Leistung erbrachte. Er hatte bei seinen Fragen daher auch keinerlei bösartige Hintergedanken jeglicher Art, obwohl er die einstige öffentliche Zurückweisung des Tiberiers nicht vergessen hatte. Doch trotz alledem interessierten ihn manchmal die Beweggründe der Kandidaten für ihre Entscheidungen. Daher sah er nichts Falsches daran sie zu hinterfragen. Noch dazu wo man erst vor kurzem über eine Art Eignungsprüfung gesprochen hatte, die eine solche Kandidatur vor dem Senat zweifellos ebenso darstellte, wie die Möglichkeit, den Kandidaten etwas besser kennenzulernen. Davon dass Livianus selbst sogar trotz seiner Fragen weder die Funktion des Quaestor Principis, noch die des Quaestor Provincialis in der heutigen Zeit für sinnvoll erachtete, mal ganz abgesehen. Sie waren wohl bei den alteingesessenen Beamten ebenso gerne gesehen, wie die angehenden Senatoren, die in einer Legion ein Jahr lang ihr Tribunat ableisteten. Denn sowohl ein Kaiser als auch ein Statthalter hatten einen mehr als ausreichenden Stab hinter sich stehen und waren vermutlich nicht all zu sehr auf die Unterstützung eines Quaestors angewiesen. Doch diese Ämter boten zweifellos andere Vorteile für junge aufstrebende Männer und was noch viel wichtiger war, sie dienten dem Erhalt alter Traditionen, die der Decimer für ebenso erhaltenswert erachtete. Nachdem sich kurz Senator Aurelius zu Wort gemeldet hatte, um seinen Klienten zu unterstützen, nickte Livianus bestätigend.


    "Ja, auch ich kann über das Vigintivirat des Tiberius nur lobende Worte finden. Er hat dabei sehr viel Eifer und Pflichtbewusstsein an den Tag gelegt.


    Ein junger Magistrat kann als Quaestor sehr viel Erfahrung für seine zukünftige Laufbahn sammeln und die Funktionen und Arbeitsweisen in den jeweiligen Bereichen kennenlernen. Das von dir gewählte Amt des Quaestor Principis ist zweifellos sehr angesehen und bringt gewiss auch einiges Ansehen mit sich. Doch davon allein sollte man sich nicht blenden lassen. Da die Chancen, dass du eines Tages Kaiser wirst, trotz deiner schon bewiesenen Talente, doch sehr gering sind, würde ich dir daher den bescheidenen Ratschlag geben, als Quaestor Provincialis eher ein Jahr lang die Arbeit eines Statthalters kennenzulernen. Denn in einer solchen Funktion, sehe ich dich ohne Frage in einigen Jahren, wenn du deinen Weg so zielstrebig weiterverfolgtest wie bisher.


    Doch ich bin mir sicher, dass du dir sehr viele Gedanken über deine Kandidatur gemacht hast, daher unterstütze ich sie ebenso, ganz gleich welchen Weg du letztlich für den Richtigen erachtest."

  • Der nach wie vor immer wieder in trübsinniger Grübelei versinkende Senator aus dem Hause der Duccii hatte der Kandidatur des Tiberius weitestgehend entspannt entgegengesehen, gab es doch nichts wirklich an ihm zu bemängeln. Die Kandidatur verlief natürlich wie zu erwarten, der Tiberius präsentierte sich und seine Leistungen rhetorisch adäquat und in angemessen nüchterner Form, seine Leistungen ließen zudem nichts zu wünschen übrig.


    Als der Decimus dann die Frage nach einer potentiellen Favorisierung durch den Kaiser stellte, spitzte Vala dann allerdings die Lauscher. Die Antwort des Tiberius verwunderte ihn dann allerdings kein Stück, Vala selbst war als nicht explizit favorisierter Kandidat trotzdem Quaestor des Kaisers geworden, auch wenn er diesen letztlich kein einziges Mal zu sehen bekommmen hatte, da Valerianus schon damals von seinem Praefectus Urbi, dem späteren Usurpator, hermetisch abgeriegelt worden war. Dementsprechend sah Vala das ganze dann auch als ziemlich unproblematisch an... bis der Decimus die Empfehlung aussprach, den Tiberius in eine der Provinzen zu schicken. Den Ausführungen aufmerksam zuhörend konnte Vala den Gedanken des Decimus weitestgehend zustimmen, auch wenn ihn das ganze in ein Dilemma brachte... hatte der Tiberius doch schon in der letzten Amtszeit nicht das Amt bekommen hatte, andererseits konnte er ohne Probleme dem Gedanken folgen, dass die Provinzen ihrer Aufmerksamkeit bedurften.


    "Tiberius, ich muss meine Meinung über deine Leistungen während deines Vigintivirats nicht wiederholen..." , begann er daher halbwegs diplomatisch, "...allerdings kann ich dem Decimus in dieser Sache wenig widersprechen. Das Amt des Quaestor Provincialis ist ebenso wichtig wie die anderen und wenn du dich ebenso präsentierst wie während deines Vigintivirats wird es kaum Einbußen geben dich für ein Jahr aus der römischen Gegenwart zu verabschieden.
    Darüber hinaus allerdings würdest du dich als Mann präsentieren, der brilliert wo man ihn auch hinschickt... und dich damit als verlässliche Stütze der Res Publica und des Reichs präsentieren.
    Natürlich werde auch ich dir nicht im Weg stehen, solltest du darauf beharren deinen quaestorischen Dienst an der Person des Kaisers zu versehen, allerdings sei dir sicher, dass es offensichtlich nicht wenige Senatoren gibt, die es mit Wohlwollen annehmen würden, solltest du dich zum zweifelsohne sehr wichtigen Dienst in den Provinzen bereit erklären."

  • Nicht nur da er Lepidus' Kandidatur aus persönlichen Gründen befürwortete, sondern auch ob der Richtung, welche die Diskussion nahm, sah Gracchus sich bemüßigt einige Worte dieser hinzuzufügen.
    "Was die Eignung Tiberius' betrifft, so kann ich mich nur meinen Vorrednern anschließen - nicht nur aufgrund der her..vorragenden Leistungen während seines Vigintivirates, sondern ebenso ob seines Engagements innerhalb des Cultus Deorum. Meine Stimme ist ihm darob in jedem Falle sicher."
    Seine Bedenken bezogen sich nicht auf den Kandidaten, sondern die in Aussicht gestellte Entscheidung des Senates - sofern eine solche würde notwendig werden.
    "Dahingegen sofern wir bereits über ein geeignetes Amt für Tiberius' Quaestur reflektieren, so muss ich als Pontifex pro magistro gegen den geäußerten Vorschlag, ihn in die Provinz entsenden zu wollen, Einspru'h erheben. Die Aufgaben des Collegium Pontificum betreffen Rom, darob ist von einer langfristigen Absenz der Pontifices aus der urbs aeterna dringend abzusehen, wiewohl es im Falle Tiberius' zweifelsohne eine Ver..geudung von Potential wäre, ihn auf eines der beiden Ämter - die Quaestur oder das Pontificat - zu reduzieren. Da an stadtrömischen Quaesturen letztlich kein Mangel besteht, sollte der Senat im gegebenen Falle Tiberius Lepidus eine solche zuspre'hen, denn dass er brilliert, wo man ihn auch hinschickt, hat er zweifelsohne bereits bei den Quatuorviri viis in urbe purgandis zur Genüge bewiesen."

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Auch Praetor Duccius schien die Meinung des Decimers zu teilen und legte dem Kandidaten den gleichen Vorschlag in seinen Worten nahe. Als sich schließlich jedoch Senator Flavius Gracchus zu Wort meldete, hörte Livianus verwundert auf und sah fragend in dessen Richtung. An der Unterstützungserklärung des Patriziers für seinen Standesgenossen war nichts ungewöhnlich, am darauffolgenden Einspruch umso mehr. Dies lag nicht nur an der Tatsache, dass der Flavier gegen einen „Ratschlag“ Einspruch erhob, sondern viel mehr daran, dass er dabei seinen, alles andere als unerheblichen, Rang als Pontifex pro magistro ins Spiel brachte und zudem noch einen vollkommen neuen und bisher unerwähnten Sachverhalt in den Raum stellte.


    "Verzeih mir verehrter Flavius, vielleicht habe ich es ja überhört, aber der Kandidat hat bisher in keinster Weise erwähnt, dass er während seiner Amtszeit als Quaestor auch weiterhin seinen Dienst im Collegium Pontificum versehen will."


    Die Frage die sich für den Consular daraus ergab war also, ob dies nun die im Vorhinein abgesprochene Meinung des Kandidaten, oder der Wunsch des Pontifex pro magistro war. Im ersteren Fall wäre es interessant gewesen zu erfahren, warum der Tiberier es in seiner Kandidatursrede nicht erwähnenswert gefunden hatte und bei Zweiterem, ob der Tiberier dies überhaupt ebenso wollte.


    "Es ist ja nicht so, dass ich ihn irgendwie loswerden möchte. Von mir aus kann er auch gerne in Rom bleiben,…." untermauerte der Decimer noch einmal die Tatsache, dass er lediglich einen Ratschlag ausgesprochen hatte und sah dabei zwischen dem flavischen Senator und dem kandidierenden Tiberier hin und her. "….aber es wäre nun durchaus der passende Zeitpunkt, solche Sonderwünsche und Details bekannt zu geben. Ist dies also nun der eigentliche Grund für die Kandidatur zum Quaestor Principis?"


    Bei der letzten Frage blieb der Blick des Decimers auf den Kandidaten gerichtet.

  • Eigentlich dachte der Tiberier ja, dass diese Art von Diskussion erst nach seiner Wahl so richtig aufbrechen würde, wenn es eigentlich an der Zeit war, einen Kandidaten einem bestimmten Posten zuzuteilen oder nicht. Ob man dabei seinen Wunsch berücksichtigte oder nicht, war in der Vergangenheit schließlich auch nicht allzu wichtig gewesen. Wenn man dann noch die Möglichkeit der Nicht-Wahl des Tiberiers bedachte, dann wurde hier sehr überflüssig geredet. Nichtsdestotrotz fühlte er sich natürlich geschmeichelt in Anbetracht des vielseitigen Interesses, welches er in Anbetracht seiner kaum beachteten Res Gestae fast schon bemerkenswert fand.


    Am meisten schmeichelte dem Tiberier natürlich die Tatsache, dass der gewesen Consul ihn bereits auf der Position eines Statthalters sah, wobei die Aussicht Kaiser zu werden für einen kurzen Moment ein breites Lächeln in das Gesicht des Tiberiers zauberte. Sowas durfte man einem Patrizier doch nicht sagen! Sich jedoch gleichsam wieder auf das Geschehen konzentrierend hätte er nicht gedacht, dass sich Duccius Vala hier ebenfalls noch einmischte, wo Lepidus nach seiner großzügigen Spende während seines Aedilats eher daran dachte, dass ihm dieser in Zukunft nur noch nach dem Mund reden würde. Aber vielleicht dachte er ja tatsächlich daran, dem Tiberier damit wirklich weiterzuhelfen, was ihm natürlich besonders zu denken geben sollte. Als dann auch noch sein Amt als Pontifex ins Spiel gebracht wurde, war der Gegenstand der Diskussion wohl völlig ins Unklare geraten. Hier musste zweifellos wieder einiges Gerade gerückt werden.


    "Patres Conscripti, mich ehrt das Interesse, welches offenbar mit meiner Kandidatur verbunden wird. Nun wollen wir aber die nötige Klarheit im Sachverhalt wahren. Zu meiner Tätigkeit als Pontifex: Es handelt sich hierbei nicht um einen Sonderwunsch oder ein Detail. Selbstverständlich möchte ich meinen, dass ich zurecht mit keinem Wort die Fortführung meiner Tätigkeit als Pontifex erwähnte. Alles andere wäre wohl eine Überraschung gewesen. Und dies gerade deshalb weil die Fortführung eben selbst eine völlige Selbstverständlichkeit sein müsste." Das Amt eines Pontifex bestand ja nicht zuletzt sogar auf Lebenszeit, sollte man es nicht selbst niederlegen wollen. Hier musste wohl tatsächlich eine gewisse Erläuterung folgen, da wohl nicht jeder die Feinheiten des Cultus Deorum kannte, der nicht selbst ein priesterliches Amt innehatte. "Die Magistratur ist mit einem Amt im Dienste der Götter jederzeit vereinbar. Beide Tätigkeiten werden nach wie vor ausgeführt und dies ist in der absolute Regelfall, welcher seit Jahrhunderten praktiziert wird. Von daher gibt es da keine Sonderwünsche zu beachten oder irgendetwas, was euch in der Entscheidungsfindung beeinträchtigen sollte. Es versteht sich als Diener der Götter von selbst, dass ich ein Diener der Götter bleiben werde." Man durfte sich das alles ja auch nicht wie Berufe vorstellen, die eine bestimmte feste Arbeitszeitregelung hatten. Zwar kam es immer mal wieder zu kleineren Problemen in Bezug auf öffentliches und religiöses Amt. Man denke nur allein an diejenigen Magistrate, die während des ganzen Monats März ihre Tätigkeit als Salier ausüben mussten, weil sich Festtag an Festtag reihte. Männer in öffentlichen Ämtern, die in der Provinz weilten mussten dafür extra wieder nach Rom reisen. Ihre Magistratur ruhte in jener Zeit fast völlig und nicht zuletzt traf sogar dies ja auf Lepidus als Salier zu. Aber zurecht hinterfragte man diese Praxis wohl nur selten und wer es tat, musste sich wohl dem Vorwurf aussetzen, die religiösen Traditionen nicht zu achten. "Allerdings, so muss ich zur Erläuterung beifügen, ist ein Pontifex nicht strikt an Rom gebunden. Die Wahl zum Quaestor Provincialis ist somit aufgrund meiner Tätigkeit als Pontifex nicht ausgeschlossen. Natürlich würde es mich schmerzen, nicht an den Sitzungen des Collegiums teilnehmen zu können. Faktisch könnte ich nur sehr eingeschränkt als Pontifex wirken. Dies wären natürlich die Folgen einer Provinzentsendung, die man bei der Wahl einkalkulieren muss, obwohl es, wie gesagt, kein Ausschlussgrund ist."


    "Zum Schluss möchte ich folgendes zusammenfassend sagen: Meine Präferenz besteht in der Ausübung meiner Magistratur als Quaestor Principis, weil ich dafür gute Gründe sehe, die ich nannte und die ich für gewichtiger halte, als diejenigen mich zum Quaestor Provincialis zu ernennen. Deshalb bleibt meine Präferenz natürlich bestehen. Da ich jedoch niemand bin, der die Weisheit des Senats in Frage stellen würde, wenn es hier eine Mehrheit gibt, die mich gern als Quaestor Provincialis sehen würden, habe ich erklärt, dass ich auch diese Quaestur für möglich halte und den Willen des Senats in jedem Fall achte. Deshalb schlage ich vor - für den Fall, dass ich überhaupt gewählt werde - beides zur Abstimmung zu stellen. Die Option Quaestor Principis, wobei erwähnt werden sollte, dass dies meiner Präferenz entspricht, als auch die Option Quaestor Provincialis. Das Votum des Senats ist dann nicht in Frage zu stellen und ich werde pflichtbewusst die Aufgabe erfüllen, die ihr mir zugedenkt. Dies jedoch nur mein bescheidener Verfahrensvorschlag als ein einfacher Kandidat und Nicht-Senator." Lepidus hielt es für wichtig, dass die Senatoren vor allem zwischen den beiden Optionen wählen konnten. Wenn einfach nur Quaestor Provincialis oder Quaestor Principis mit Ja oder Nein beantwortet werden muss, so ist es wahrscheinlich sicher, dass ersteres oder letzteres einfach akklamiert wird.

  • Sextus schüttelte kurz den Kopf.
    “Ich denke, dass wir mit Feinheiten der Postenvergabe wirklich so lange warten sollten, bis der Kandidat überhaupt gewählt wurde. Tiberius Lepidus kann wohl kaum die Verfahrensweise des Senats ausgiebigst beurteilen und Fragen zu eben jener Verfahrensweise beantworten. Außerdem hat der Kandidat nun schon mehrfach seine Bereitschaft bekundet, sich dem Willen des Senats zu fügen.
    Wenn er gewählt worden ist, wovon ich fest überzeugt bin, können wir die Frage der genauen Postenverteilung gerne noch einmal erläutern. Ich nehme den plebejischen Senatoren ihre Argumentation und ihr Unwissen im religiösen Bereich dahingehend auch bestimmt nicht übel. Aber nach der Wahl kann ich ihnen auch sicherlich eine genaue Auflistung darüber geben, wann das letzte Mal ein Patrizier und Inhaber eines religiösen Amtes in die Provinz geschickt wurde, noch dazu entgegen seinem geäußerten Wunsch. Ich denke, dann können wir auch noch einmal ausgiebig über Sonderfälle und Ausnahmen diskutieren und haben alle dasselbe Hintergrundwissen dazu.


    Aber jetzt und hier ist diese Diskussion wohl kaum zielführend.“

  • Livianus strich sich nachdenklich durch den Bart und lauschte aufmerksam und interessiert den Monologen der beiden Patrizier. Er war wirklich froh, dass es solche Kapazunder rund um den Cultus Deorum gab, denn es war kein wirkliches Geheimnis, dass dieser nicht gerade zu den großen Wissens- und Interessensgebieten des Consulars zählte. Ganz so unbedarft war er zwar nicht, doch fand er es im Zuge der Kandidatur auch nicht ganz unwesentlich noch vor der Wahl zu erfahren, ob sich der Kandidat, Patrizier oder nicht, ausschließlich auf sein magistratisches Amt konzentrieren wollte, oder ob er vor hatte einen Spagat zwischen zwei Verpflichtungen zu versuchen. Beides hatte seine Berechtigung und war für den Decimer daher auch grundsätzlich kein Thema. Es ging ihm lediglich um das Wissen darüber.


    Da er seine Antwort aber nun mehr oder weniger hatte, ließ er es dabei auch bewenden und wartete gespannt, ob auch andere Senatoren mit Fragen an den Kandidaten aufhorchen ließen, oder ob es ohne seinem eben bezeugten Interesse ebenso langweilig geworden wäre, wie beim letzten Res Gestae des ehemaligen Vigintivirs. Er persönlich gab sich da doch lieber die Blöße und stellte aus Unwissenheit vielleicht manchmal die eine oder andere für manch einen dumm erscheinende Frage, als diesen Kandidaten oder andere Senatskollegen mit Desinteresse und Schweigen zu strafen.

  • "Patres Conscripti! Ich danke für das große Vertrauen, welches ihr mir entgegenbringt. Redlich werde ich mich bemühen, es keinesfalls zu enttäuschen!" Mit diesen kurzen Worten bedankte sich Lepidus für die Wahl und hoffte nun, dass die Senatoren möglichst zeitnah darüber abstimmten, wo er denn nun eingesetzt werden sollte. Schon einmal musste seinetwegen die Amtseinführung verschoben werden. Dies sollte nun nicht zur Regel werden.

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