Wer sucht, der findet...hoffentlich?!?!

  • Iulia Torquata, 14 Jahre alt, hatte soeben den Esquilin überwunden und betrat nun zum ersten Mal in ihrem Leben das prächtige Forum Romanum und blickte staunend zu der imposanten, mit reichlich Travertin- und Marmorstuck verzierten Basilica Iulia.
    Mit einem Anflug von Stolz stellte das schmächtige Mädchen fest, dass die Verwaltungszentrale des Imperium Romanum einen Teil ihres eigenen Namens trug - was natürlich unsinnig war, denn von ihrem Vater - die Götter mögen sich seiner Seele erbarmen - wusste sie, dass der plebeiische Zweig der heutigen Iulier nicht direkt mit dem patrizischen Zweig verwandt war, dem auch Gaius Iulius Caesar und Augustus angehörten. Wehmütig dachte Torquata an die Zeit, als die Iulier noch eine bedeutende Macht in den Adelskreisen des Römischen Imperiums dargestellt hatten. Aber trotzdem...'Bedenke immer, dass du ein Iulier bist', hallte die Stimme ihres verstorbenen Vaters in ihrem geist wider.
    Seit sie vor einigen Tagen aus Misenum hierher, in die ewige Stadt, gekommen war, hatte sie einige Überraschungen erlebt. Aber immerhin wusste das Mädchen jetzt, wer ihr Tutor war - und den Göttern sei Dank, dass sie sich mit ihm gut verstand! - und hatte ihren lang vermissten Bruder gefunden!
    Nun wollte Torquata sich aber unter die Leute mischen - vielleicht traf sie ja den einen oder anderen netten Menschen, mit dem sie sich unterhalten konnte und ihr die Stadt zeigen konnte?
    Mit einem weltoffenen Lächeln auf ihrem Gesicht ordnete sie mit einer flüssigen Bewegung die kunstvoll gelegten Falten ihrer roten Stola, welche ihre zarte, blasse Haut und rabenschwarzes, glänzendes Haar auf fabelhaftester Weise zur Geltung brachte.
    Neugierig richteten sich ihre großen, sturmgrauen Augen auf die Menschen um sie herum...und blieben an einem hochgewachsenem, braunhaarigen Mann hängen. Er war jung...höchstens 30 Jahre alt, schätzte Torquata...und er fiel auf durch seine sehr gerade Haltung, die etwas Soldatisches an sich hatte.
    Vielleicht einer der Stadtwachen in Zivil?, fragte sich Torquata. Nun, ihr Vater meinte immer, dass die Stadtwache Roms aus den anständigsten und besten Männern Roms bestanden - welchem Fremden konnte sich also ein zartes kleines Mädchen also besser anvertrauen?
    Sicher, ihr schönes, kindliches Engelsgesicht mit den großen Augen würde eine gewisse Rolle spielen, aber längst nicht alle Erwachsenen ließen sich davon beeindrucken. Sergia *hust* Fausta zum Beispiel, die streitsüchtige Frau ihres Vormundes Iulius Dives.
    Guter Dinge und mit einem Lächeln auf dem Gesicht schlenderte Iulia Torquata leichtfüßig auf den fremden Mann zu.


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  • Cato war irgendwo in einer der Markthallen verschwunden. Er müsse seinen geheimen Vorrat an Billigwein wieder einmal aufstocken, hatte er gesagt, und dass die Feldflaschen, die er im Contubernium versteckt hatte, sich wie durch Zauberei seltsam schnell leerten. Kein Wunder, wenn die halbe Truppe daraus trank. Der Iunier jedenfalls hatte beschlossen sich derweil auf dem Forum selbst etwas umzusehen, wobei er vermutete, dass Cato unterwegs ohnehin irgendwo hängen geblieben war – wo genau, das mochten alleine die Götter wissen. Er hatte den Kerl schon seit mehr als einer halben Stunde nicht mehr gesehen. So verbrachte man also einen freien Nachmittag … was für ein Heidenspaß. In Gedanken versunken ließ er den Blick über die nahen Stände der Händler schweifen, durch die Menschen und hielt inne, als seine Augen auf die eines jungen Mädchens trafen. Die pechschwarzen Haare, die schmale Figur… beides wirkte seltsam vertraut, lediglich die hellen Augen hatten etwas Ungewohntes. Seltsam, wie eindringlich sie ihn musterte… vor allem aber schien sie direkt auf ihn zuzukommen.
    "Hä?", machte er erst reflexartig, bevor er sich daran erinnerte, dass er sich außerhalb seiner Einheit besser einer etwas geschliffeneren Sprache bedienen sollte. "Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte er deshalb nur kurz darauf, jedoch kein bisschen weniger verwundert. Was machte ein so junges Ding überhaupt alleine auf dem Forum? Sogar die Erwachsenen, die es sich leisten konnten, gingen nicht ohne Custodes aus dem Haus, und aus ärmlichen Verhältnissen kam sie mit den Kleidern sicherlich nicht.

  • Er hatte sie bemerkt. "Hä?", machte er und Torquata musste beinahe grinsen.
    "Kann ich dir irgendwie helfen?"
    Oh ja, das denke ich schon, dachte Torquata und fragte grußlos: "Bist du von den Cohortes Urbanae?" Dann legte sie den Kopf schief, wobei sie ihm eindringlich in die Augen sah. Ja ja, die ungewöhnliche Farbe ihrer Iris half ihr natürlich ungemein darin, Leute festzunageln.
    Torquata streckte eine ihrer feingliedrigen, weichen Hände aus. "Ich bin Iulia Torquata."


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  • Wie? Urbaner? Er sah sie fragend an, obwohl er ihre Frage natürlich klar und deutlich verstanden hatte. Vielleicht war er ihr ja damals bei seiner Zeit bei den Cohortes Urbanae schon einmal begegnet, und er hatte es schlichtweg vergessen. Dabei vergaß er Gesichter doch so gut wie nie. Und dieses Gesicht… er war sich eigentlich vollkommen sicher, es noch nie in seinem Leben gesehen zu haben.
    "Äh… nein, Cohortes Praetoriae", antwortete er irgendwann und griff mehr oder weniger automatisch nach der Hand, wobei er jene gar nicht wirklich drücken wollte, so schmal und zierlich war sie. Nicht dass er am Ende noch etwas zerquetschte. "Aulus Iunius Avianus."
    War ja fast schon ein wenig unheimlich, das Mädchen. Auch hatte sie seine Frage nicht beantwortet, deshalb fragte er sich immer noch, was sie überhaupt von ihm wollte, ein kleiner Plausch würde ja wohl nicht alles sein. Aber gleich erneut nachzufragen, käme ihm irgendwie blöd vor, war er sich doch sicher, dass sie ihn gehört hatte.
    "Bist du hier alleine unterwegs, Iulia? Rom kann gefährlich sein", bemerkte er dann, um endlich wieder einmal in richtigen Sätzen zu sprechen. Und wie gefährlich das Herz des Imperiums sein konnte - er musste es schließlich wissen. Vor allem für junge Mädchen die vollkommen unbekümmert auf fremde Männer zugingen, um ihnen mal eben die Hand zu schütteln.

  • Ein Praetorianer, also. Beinahe hätte Torquata vor Bewunderung gepfiffen, denn schließlich waren die Cohortes Praetoriae die Leibgarde des Kaisers. Doch dann lächelte sie, als Iunius Avianus ihre Hand so vorsichtig schüttelte, als wäre sie zerbrechlich wie Glas.
    Wer hätte gedacht, dass ein Soldat in der Lage sein würde, ihr nicht die Knochen zu brechen?
    "Bist du hier alleine unterwegs, Iulia? Rom kann gefährlich sein", fragte er dann.
    Und Torquata erwiderte: "Eben. Deshalb frage ich ja auch, ob du von den Cohortes Urbanae bist, denn schließlich sind die ja für den Ordnungserhalt in Rom zuständig, oder?" Ist doch völlig logisch???
    "Aber dass du zu den Praetorianern gehörst, ist ja noch besser - da muss ich mir ja überhaupt keine Sorgen mehr machen, nicht wahr?" Und da lugte sie unschuldig unter ihren dichten, langen Wimpern zu ihm hinauf.
    Doch noch bevor Avianus antworten konnte, trat plötzlich ein düsterer Ausdruck in die seelenvollen Augen des Mädchens. "Obwohl die Frau meines Vormundes sicherlich froh darüber wäre, mich loszuwerden", meinte sie zynisch. "Sie hasst mich wahrscheinlich so sehr, dass sie in diesem Moment darüber nachdenkt, wie sie das bewerkstelligen könnte." Torquata merkte, dass sie schon ein wenig mehr über sich preisgeben musste, damit der arme Mann überhaupt wusste, warum sie dieses Gespräch anfing.
    "Meine Eltern wurden vor 2 Jahren bei unserem Landgut nahe Misenum erschlagen und ich suchte seitdem nach meinem Bruder Servius Iulius Macro. Vor einigen Monaten erfuhr ich, dass er hier den Cohortes Urbanae beigetreten sei und reiste ihm nach. Mein Vater, Iulius Octavenus - die Götter seien seiner Seele gnädig! - bestimmte Iulius Dives testamentarisch zu meinem Tutor." dann stockte sie kurz. Wieso erzählte sie das eigentlich einem wildfremden Praetorianer?! das hat sie bisher noch niemandem erzählt! "Und obwohl ich mich mit ihm gut verstehe, befürchte ich, dass Sergia Fausta früher oder später etwa gegen mich unternehmen wird. Deshalb," und da sah sie Iunius Avianus an, "muss ich mich entsprechend auf diesen Tag vorbereiten, um mich selbst in der Stadt behaupten zu können."
    Verworren. Ja, das war wohl das beste Wort für diese seltsame Begegnung.
    "Wie du aus meiner Geschichte entnehmen kannst, bin ich auf der dringenden suche nach Hilfe." Sie wandte sich nun mit einer klaren Bitte und einem hilfsbedürftigen Lächeln an Avianus. "Du könntest mir doch sicherlich weiterhelfen?"


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  • Vermutlich hatte sie recht, dachte er. Er hatte ja scheinbar wirklich nichts Besseres zu tun, als irgendwelche Mädchen zu beschützen, die glaubten, sich alleine auf dem Forum herumtreiben zu müssen.
    Und ehe Avianus zu Wort kam, erzählte sie weiter, während dem Iunier immer mehr die Überforderung ins Gesicht geschrieben stand, als er versuchte ihrer Geschichte zu folgen. Doch nicht Iulius Dives, der ehemalige Duumvir? Ach, zu den Iulii gehörte sie also. Das war aber auch das einzige was er von dem ganzen Gerede wirklich verstand. Naja, außer dem offensichtlichen natürlich. Tote Eltern, Iulius Dives, der Tutor, dessen fiese Frau … Jetzt stellte sich nur die Frage, was er damit zu tun haben sollte, irgendein fremder Kerl, sie einfach auf dem Forum anquatschte. Nachdenklich runzelte er die Stirn.
    "Hilfe? Wobei überhaupt? Ich meine, was soll ich da machen?", fragte er und sah sie ziemlich unbeholfen an. So ganz verstand er noch immer nicht. Wollte sie nicht jemand anderen um Hilfe bitten? Irgendwen… der vielleicht nicht schon genügend eigene Probleme hatte? Oder wenigstens jemanden, der besser darin war, alles wieder auf die Reihe zu kriegen, wenn mal was schief ging. Also jeden, nur nicht ihn. Doch ihr kurzerhand zu sagen, dass sie sich lieber verziehen sollte, brachte er wiederum ebenfalls nicht übers Herz. Am Ende fragte sie dann den nächstbesten Typen und geriet dabei an den falschen.
    Schließlich ging der Iunius etwas in die Knie, um etwas mehr auf Höhe der jungen Iulia zu sein. "Am besten bringen wir dich nach Hause und du klärst das alles mit … nun, deinem Tutor?" Er zuckte kurz mit den Schultern. Zumindest hatte er keine Ahnung, was ausgerechnet er für sie tun sollte.

  • Torquata wusste, dass der Iunier keine Lust hatte, sich mit einem kleinen Mädchen abzugeben. Wahrscheinlich hatte er selber irgendwelche persönlichen Probleme. Aber wer hat sie nicht?!
    Doch dann sagte er etwas, das ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    "Am besten bringen wir dich nach Hause und du klärst das alles mit … nun, deinem Tutor?"
    "NEIN!", schrie sie dann beinahe und mehrere Leute in der Umgebung drehten sich nach ihr um. Hastig senkte sie die Stimme. "Ich kann es einfach nicht ertragen, mit dieser Sergia mehr Zeit zu verbringen als unbedingt notwendig. Und wehe du sagst Iulius Dives irgendetwas!", drohte sie mit einem hübschen Schmollmund. Dabei blickte sie Avianus mit gefährlich zusammengekniffenen Augen an.
    "Ich bin auf der Suche nach Beistand", gab Torquata dann plakativ zu. "Ja ja, ich weiß, es ist ziemlich verrückt einfach jemanden auf der Straße anzuquatschen, aber wer ist heutzutage nicht übergeschnappt?!" Sie richtete sich zu ihrer vollen - und leider nicht sehr beeindruckenden - Größe auf und stemmte die Fäuste in die Hüften.
    "Warum lungerst du eigentlich hier auf dem Forum herum?", fragte das Mädchen unverblümt. Und bevor der Praetorianer auch nur den Mund aufmachen konnte, um etwas zu erwidern, sprach Torquata auch schon weiter. "Du scheinst ja viel Zeit zu haben. Da könntest du mir ja auch sagen, wo mein Vormund sich als Tribunus Cohortis Urbanae normalerweise aufhält? Er hat mir nämlich versprochen, mich endlich zu meinem Bruder zu bringen!", befahl Torquata mit übermütig funkelnden Augen.


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    Einmal editiert, zuletzt von Iulia Torquata ()

  • "Schon gut, schon gut", meinte er beschwichtigend, als Torquata in mit einem Mal anfuhr, und richtete sich wieder auf. "Ich sag' gar nichts! Ich kenne dich doch gar nicht …" Was hatte er eigentlich an sich, das die Frauenwelt dazu brachte, sich in seiner Gegenwart so seltsam aufzuführen. Das ewige hin und her mit der Tiberia war Avianus inzwischen gewohnt, doch das hier war definitiv neu. Man könnte ja fast meinen, Lupae wären die einzigen weiblichen Wesen, die etwas mit ihm anzufangen wussten. Jedenfalls fiel ihm nichts Besseres ein, als Torquata mindestens so skeptisch zu beäugen, wie sie ihn - und erstmal nichts mehr zu sagen. Übergeschnappte Geschichten hatte er ja durchaus zu erzählen, da konnte er ihr nicht widersprechen.
    Und da wurde sie plötzlich hochnäsig. Warum mussten sich die Weiber immer so aufblasen, wenn er in der Nähe war? Musste wohl wirklich an ihm liegen. Aber das auf sich sitzen zu lassen, hatte er nicht nötig. Der schwarzhaarige Zwerg sollte froh sein, dass er sich überhaupt Zeit für sie nahm. Das wurde ja wirklich immer besser.
    "Kannst du auch ein bisschen weniger Fragen stellen?", fragte er schlussendlich freiheraus. Das Mädchen war scheinbar nicht auf den Kopf gefallen, da konnte er ruhig auch etwas bissiger sein. "Vielleicht bin ich ja gerade in zivil einem Feind des Kaisers auf der Spur und du behinderst mich bei der Arbeit", meinte er dann, um sie daran zu erinnern, wen sie vor sich hatte, ließ am Ende aber doch ein schelmisches Lächeln durchblitzen. "Der Tribun sitzt wahrscheinlich in der Castra Praetoria, aber da kommen kleine Mädchen nicht rein."

  • "Vielleicht bin ich ja gerade in zivil einem Feind des Kaisers auf der Spur und du behinderst mich bei der Arbeit", sagte Avianus gereizt.
    Torquata sah ihn ungläubig an. "Wenn es tatsächlich so wäre dann hättest du mich schon längst abserviert, oder täusche ich mich?", entlarvte das Mädchen die Ausflüchte ihres Gegenübers und ärgerte sich im nächsten Moment enorm, dass er sie als kleines Mädchen abstempelte.
    Aber sie besann sich. Vielleicht war es sogar ganz gut, ein Kind zu sein. "Aber große starke Praetorianer kommen doch hinein?", zwitscherte Torquata und blickte ihn erwartungsvoll mit dem Gesicht eines kleinen Kätzchens an.
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  • "Vielleicht versuche ich auch einfach einen freien Nachmittag zu genießen. Ich frage mich eher warum jemand wie du hier herumlungert", entgegnete Avianus mit einem gleichgültigen Schulterzucken.
    "Ich bitte dich, große starke Praetorianer wohnen dort drin", antwortete er mit einem gespielt selbstgefälligen Lächeln, das etwas verblasste als er in ihre hellen Augen sah, die groß zu ihm hinaufblickten. "Willst du etwa mit dem Tribunus reden oder eine Nachricht überbringen? Dann sag' das doch gleich. Oder was willst du sonst?"
    Die junge Iulia war ja schon in ihrem Alter ganz Frau und scheinbar nicht in der Lage, ihm zu erklären, was sie nun wirklich von ihm wollte, sodass er im Grunde immer noch etwas verwirrt darüber war, was die Sache hier überhaupt sollte. Beistand hatte sie gesagt… was das nun genau sein sollte, war wieder Interpretationssache. Er hatte weder Einfluss noch einen Haufen Sesterzen in der Tasche, da konnte er für sie nur hoffen, dass Torquata mentaler Beistand genügte.
    "Bist du auf der Suche nach einem neuen Kumpel oder sowas?", fragte er deswegen unschlüssig. Wenn dem so war, wusste er allerdings bei aller Liebe nicht, warum sie ausgerechnet ihn angesprochen hatte. Er fand ja, dass er in letzter Zeit einen fürchterlich schlecht gelaunten Eindruck machte. Aber gut, vielleicht sollte er es als Kompliment sehen.

  • Torquatas Stirn legte sich bei dem saloppen Begriff "Kumpel" in Falten.
    "Kumpel", wiederholte sie dann kritisch und probierte das Wort aus, als wäre es ihr neu. "Ja, wenn es auch socius einschließt, dann könnte man vermutlich sagen, ich sei auf der Suche nach einem Kumpel. Du musst verstehen, die ganze Situation ist ein wenig schwierig für mich, da ich als junge unverheiratete Frau ja eigentlich keinen Umgang mit nicht verwandten Männern haben darf. Aber kein Gesetz verbietet Kumpels."
    Da strahlte sie ihn an.
    "Und du bist geradezu perfekt für die Rolle: Du siehst von außen zum Fürchten aus, bist aber eigentlich ein ganz galanter Gentleman." Natürlich hätte sie auch einfach 'netter Kerl' sagen können, aber das entsprach nicht unbedingt dem Wortschatz, den man sie gelehrt hatte.
    "Und ich habe außerdem den Eindruck, dass du in letzter Zeit eher schlechte Laune hattest." Da musste sie grinsen. "Was war Schuld: der Dienst oder eine Frau? Denn eins von beiden ist höchstwahrscheinlich die Ursache. Und nein, heute bin ich nicht auf der Suche nach dem Tribunus, aber vielleicht kannst du mir sagen, wie man die Torwachen vor der Castra bearbeiten muss, sodass sie mich auch ohne starke Rückenstärkung zu meinem Bruder vorlassen?", flötete sie lieblich. So, nun kam sie auf den zweiten Schwerpunkt dieser reichlich verwirrenden Unterhaltung zu sprechen.


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  • Etwas belustigend war es schon, dass die Iulia offenbar glaubte er habe keine Ahnung von den Anforderungen, die die Gesellschaft an junge Frauen stellte. Gut, er war kein Mädchen, aber er war schließlich als Römer aufgewachsen. Deshalb rollte er nur stillschweigend und schief lächelnd mit den Augen.
    Bis sie kurz darauf etwas von sich gab, dass er nicht einfach ignorieren konnte.
    "Ich sehe zum Fürchten aus? Wieso das denn? Für Kinder oder für hinterhältige Verbrecher?", fragte Avianus etwas verblüfft. Er hatte ja schon viel gehört, von hässlich über verwegen bis hin zum Schönling, wobei sich alles zusammen eher selten ernst gemeint angehört hatte. Aber Torquatas zum Fürchten hörte sich sehr überzeugt an. Vielleicht sollte er abends in der Castra mal etwas genauer in den Spiegel schauen.
    "Alles zusammen, werte Iulia. Mehr brauchst du nicht zu wissen", antwortete er seufzend. Der Mist, den er hier und da fabrizierte, ging vorerst wirklich niemanden was an.
    Er machte Anstalten, ein paar Schritte übers Forum zu machen. Kurz blickte er noch zu Torquata zurück, um sicherzugehen, dass sie ihm auch folgte, bevor er fortfuhr: "Wenn du in der Castra wirklich deinen Bruder finden willst, solltest du erst einmal herausfinden, bei welcher Einheit er dient. Danach kannst du auf jeden Fall mal nachfragen, ob du ihn zumindest vor dem Tor sprechen kannst. Ich bezweifle, dass man dich einfach so in die Unterkünfte spazieren lässt." Wenn er es sich recht überlegte, glaubte er auch nicht, dass sie das überhaupt wollte.

  • Iulia nickte bekräftigend. "Ja, zum Fürchten! Nicht, dass jeder sofort Reißaus nehmen würde, aber durchaus so, dass man sich stillschweigend darauf vorbereitet." Dann sah sie, dass sein Blick etwas Zweifelndes bekam. Über meines Geistesgesundheit oder über sein Aussehen?, fragte sie sich. Letzteres, entschied sie dann und prompt setzte sich ihre Torquatische Unverblümtheit durch. "Aber keine Sorge, nur zum Fürchten - nicht hässlich!"
    Dann machte Avianus einige Schritte übers Forum und Torquata beeilte sich, ihm zu folgen. Dann sagte er etwas von 'Einheit' und sie meinte: "Ich weiß nicht, in welcher Einheit er ist." Dann überlegte sie kurz. "Ist Anfänger eine eigene Einheit?" Und dann: "Und sehen alle Praetorianer so finster aus wie du?"


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  • Torquatas Worte stimmten ihn etwas nachdenklich. Vielleicht würde es ja schon reichen, wenn er auch zwischendurch mal etwas weniger grimmig dreinschaute. Dabei hatte der Iunius gar nicht das Gefühl immer ein derart grimmiges Gesicht zu machen.
    "Ohne Einheit wirst du nicht weit kommen, zumindest nicht am Tor, und selbst drinnen zu suchen, kannst du praktisch vergessen. Cohors und Centuria wären das mindeste. Wenn du glaubst, du läufst dem da drinnen einfach mal eben über den Weg, irrst du dich. Aber du kannst dich ja mal an die Porta Praetoria stellen, dasselbe Gesicht wie vorhin machen und fragen, ob sich jemand auf die Suche macht."
    Sah ja so aus, als hatte die Iulia absolut keine Ahnung davon wie es in der Castra zuging, was selbstverständlich auch nicht weiter verwunderlich war. Aber wenn er ehrlich war, könnte sein Tipp sogar klappen, zumindest wenn jemand wie sein Kollege Cato Wache schob... wo war der eigentlich abgeblieben? Na egal ... wenn sie schon ihren Bruder suchte, hätte man jedenfalls annehmen können, dass sie mehr Anhaltspunkte hatte als nur einen Namen. Da tat sie ihm ja fast schon ein wenig leid … oder doch nicht, bei der letzten Frage die sie stellte.
    "Jetzt hör aber wieder mal auf", brummte Avianus. "Bist du etwa immer gut gelaunt?"
    Wahrscheinlich würde sie ihm gleich mit einem fröhlichen "Ja" antworten. Ihr größtes Problem war schließlich die unfreundliche Frau ihres Tutors. Bei ihm musste sich nun wirklich keiner wundern, dass er finster aussah, wie sie ihn gerade so schön betitelt hatte. Wobei er selbst schon bemerkt hatte, dass er damals vor seiner Reise nach Germania ein ganzes Stück weniger Pessimist gewesen war. Aber war doch eigentlich alles halb so wild, ließ sich ja schnell ändern. Einfach ein wenig mehr grinsen. Da war es schon, sein aufgesetztes Lächeln. Perfekt. Naja, fast.

  • Als Avianus ein fast echt wirkendes Grinsen aufsetzte, musste Torquata zugeben, dass er ziemlich gut aussah. Ah ja, sie konnte sich schon vorstellen, dass es gewisse Damen gab, die ihn sehr...ah...mochten.
    "Bist du etwa immer gut gelaunt?", wollte er dann wissen.
    Na klar, wollte sie schon enthusiastisch antworten. Doch dann erinnerte sie sich an die letzten beiden Jahre und die zwei Wörtchen blieben ihr im Hals stecken. "Nein, nicht immer", meinte sie dann. "Ich hatte in den letzten beiden Jahren nicht so viel zum Lachen. Aber ich versuche...immer das Beste aus der Situation zu machen." Beim Letzteren sah Torquata Avianus eindringlich an. "Selenus meinte immer, dass es einem in dieser Welt gar nichts anderes übrig bleibt, als ein Pragmatiker zu sein. Er hat einmal etwas ziemlich Schlaues gesagt: Götter, gebt mir den Mut zu ändern, was ich ändern kann, gebt mir die Geduld zu ertragen, was ich nicht ändern kann - und: Gebt mir die Weisheit beides zu unterscheiden!"
    Torquata ließ den Blick schweifen und blieb bei einer Filiale des Buchladens des Pollius Valerianus' hängen. "Oh schau mal Avianus! Da ist ein Buchladen!", rief sie sogleich aufgeregt.
    Ohne nachzudenken packte das Mädchen den Praetorianer am Arm und zerrte den verblüfften Mann hinter sich her.
    Quer über das ganze Forum Romanum.


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    Einmal editiert, zuletzt von Iulia Torquata ()

  • Avianus schenkte ihr mitleidige Blicke.
    "Ich versuche auch, das Beste aus allem zu machen, ich befürchte nur, dass bin nicht sonderlich gut darin bin", meinte er. "Aber dieser Selenus war wohl ein kluger Mann."
    Und kaum hatte er geantwortet, da wurde er plötzlich wegen ein paar Büchern über das halbe Forum geschleift, sodass es ihm vor Verblüffung die Sprache verschlug. Außerdem hatte das hagere Mädchen doch mehr Kraft, als man es ihr auf den ersten Blick ansah. Aber selbst als er über den ersten Schub an Verwunderung hinweggekommen war und problemlos hätte stehen bleiben können, ohne dass ihn die kleine Iulia einen weiteren Zentimeter bewegt hätte , ließ er es über sich ergehen. Zumindest versuchte er es weniger danach aussehen zu lassen, als würde ihn ein kleines Mädchen hinter sich herziehen, und trottete ihr stattdessen schlichtweg nach. Wie das wohl aussah – vermutlich nicht sehr viel besser.
    "Oh, wie toll", sagte er dann sarkastisch, und grinste gleich darauf schief. Seit er in Rom lebte, hatte er selten Zeit für Bücher, und wenn er Zeit dafür hatte, unternahm er lieber etwas anderes. Torquatas Begeisterung verriet ihm, dass es bei ihr vollkommen anders war. Sollte sie doch ihren Spaß haben, auf Cato brauchte er ja sowieso nicht mehr zu warten.

  • Trotz ihres Begeisterungssturms angesichts der schriftlichen Schätze hörte sie Avianus' Bemerkung zu Selenus und sie strahlte über das ganze Gesicht.
    "Selenus ist der klügste Mensch der Welt! Und das schon mit 34!", proklamierte Torquata, während sie interessiert nach einer Ausgabe des "De deorum" von Poseidonius griff. "Ich hoffe wirklich, dass mein Tutor mir erlaubt, weiter bei ihm Unterricht zu nehmen."
    Dann fragte sie unvermittelt: "Was tust du denn so in deiner Freizeit? Wenn wir schon Kumpels sind, dann müssen wir ja schließlich mehr über einander erfahren."


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  • "Ach, tatsächlich? Na dann …", kommentierte Avianus bloß mit hochgezogenen Brauen und wollte ihr erstmal nicht widersprechen. Er wäre doch verrückt, den Zorn eines kleinen Mädchens auf sich zu laden, dachte er belustigt. "Wenn er tatsächlich so klug ist wie du sagst, sollte dein Tutor froh darüber sein, dass du von ihm lernen darfst", fügte er stattdessen mit einem Augenzwinkern hinzu und wandte sich den Schriften zu, die der Händler seinen Kunden präsentierte.
    Kumpels. Sie sagte es tatsächlich. Er selbst hatte das Wort benutzt ohne groß nachzudenken und fand es eigentlich schon amüsant, dass jetzt scheinbar ein junges Mädchen sein Kumpel sein sollte. Dazu kam noch dass man Frauen doch eigentlich nicht als Kumpels bezeichnete und der Begriff aus ihrem Mund sowieso etwas seltsam klang... da musste er erst einmal leise lachen.
    "Meistens unternehme ich was mit den anderen aus meiner Centurie und versuche etwas Spaß zu haben … funktioniert aber nicht immer, heute zum Beispiel. Manchmal besuche ich auch die Casa meiner Gens." Für Torquata musste seine Antwort fürchterlich unspektakulär klingen, was aber auch daran liegen könnte, dass er ihr nicht die ganze Wahrheit erzählte und das hatte er auch absolut nicht vor. Niemals.
    "Und du liest wohl?"

  • Torquata seufzte. "Ja nur leider sind mein Tutor und seine eingebildete, dumme Kuh von Ehefrau nicht ganz so überzeugt von ihm", berichtete sie.
    "Sergia Fausta ist eigentlich die Person, die mir den Aufenthalt in der Casa Iulia vergrault." Torquata griff nach des Komödienschreiber Plautus' Werk 'Die Gefangenen'.
    "Deshalb lese ich sehr viel - solltest es vielleicht auch versuchen. Es trainiert den Geist und lässt dich über die Probleme des Alltags hinweg blicken, weil es dich über jede menschliche Kleingeistigkeit - die ja alles Übel hervorruft - erhaben macht", schilderte Torquata ihre Erfahrung mit großem Ernst.
    Seltsamerweise konnte Torquata völlig offen mit diesem Soldaten reden, ohne dass es ihr unangenehm wurde - ganz im Gegenteil: Der Umgang mit ihm gefiel ihr sogar ziemlich gut!
    Verwundert über sich selbst blickte das Mädchen durch die Buchrolle hindurch.
    "Sag mal Avianus, wie oft hast du eigentlich frei?"


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    Einmal editiert, zuletzt von Iulia Torquata ()

  • "Ach …?", machte er nur kurz. Der Iunier hätte überraschter sein können, als sich Torquata plötzlich auffällig erwachsen aufführte, während sie wenige Sekunden zuvor noch die Sergia als dumme Kuh bezeichnet hatte, denn dass die Iulia etwas eigen war, hatte er ja schon gleich zu Beginn herausgefunden.
    Dann hakte sie weiter wegen seiner Freizeit nach und er ahnte bereits, worauf sie hinaus wollte. "Das hängt vom Dienstplan ab. Abends habe ich immer wieder mal frei, und manchmal bekommen wir zusätzliche freie Tage. Wieso?" Obwohl er die Antwort wahrscheinlich schon kannte, kam er nicht umhin noch einmal genauer zu fragen.
    Einen Rat hatte er allerdings noch an das Mädchen, und vermutlich wusste sie ohnehin, was er ihr gleich sagen würde, aber es konnte nicht schaden, sie erneut daran zu erinnern: "Weißt du, manchmal muss man sich mit bestimmten Leuten arrangieren … Torquata ..." Er war nicht vollkommen sicher, ob er sie nicht doch lieber als Iulia ansprechen sollte. "… wenn man gegen sie schon nichts unternehmen kann jedenfalls. Und sich hier mit mir auf dem Forum zu verstecken, wird dir auch nicht weiterhelfen, denke ich", bemerkte er vorsichtig. Vielleicht war es auch seine Meinung, weil er einfach nur fürchterlich schlecht darin war, sich zurückzuhalten und gar nichts zu tun. Womöglich sollte er nicht mehr versuchen, irgendwem Rat zu geben, schließlich war er kein Experte in irgendwas - außer natürlich darin, Gladius und Scutum zu halten.

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