Ein kleines Landgut in den Albaner Bergen

  • Jetzt wo es raus war, und Seiana ein wenig mehrdeutig antwortete, war Seneca doch ein wenig enttäuscht. Er hatte natürlich nicht damit gerechnet dass sie ihm um den Hals fällt und 'Ja, ja, eine Millionen mal ja' schrie, aber er war ein wenig gekränkt dass sie nach all der Zeit noch immer Vorschläge unterbreitete wie sie es in diesem Moment getan hatte..
    Doch Seneca versuchte seine Enttäuschung zu verbergen, trotz ihrer Antwort gab es in diesem Moment keinen Platz für derlei Gefühle, und wieder musste der Iunier sich als Motivator versuchen.
    "Seiana, ich liebe dich. Ich liebe dich mehr als ich es jemals für möglich gehalten hätte." begann der Tribun zu erklären, und griff nach ihrer Hand, "Es gibt in Iudäa ein Meer dessen Wasser noch nicht einmal eine Maus versinken lässt." sprach er nun, und kurz wirkte diese Information weit aus dem Kontext gerissen, "Für mich bist du wie dieses Wasser. Ich versinke niemals wenn du bei mir bist. Wann immer ich zweifelte, ob als Gefangener nach dem Krieg, oder fernab der Heimat in Mantua, habe ich an dich gedacht, und hielt durch ohne die Hoffnung zu verlieren." erklärte er und lächelte nun leicht weil ihm die Worte einfach von den Lippen gingen..
    "Ich will keine Jüngere, ich will keine Andere." fuhr er fort, "Ich will es nicht einfach, und ich will es nicht unkompliziert. Ich will nur dich, nur uns. So wie ich es immer wollte." beendete er seine kleine Ansprache, und hoffte dass er Seiana nun überzeugt hatte ihm endlich die Qual des Wartens zu nehmen. Es gab wohl wenige Fragen wo das Warten auf die Antwort Sekunden wie Stunden erschienen ließen, aber die die er ihr stellte, gehörte definitiv dazu.
    Noch einmal küsste er seine verdutzte Hoffentlich-bald-Braut auf die Stirn, und hoffte sie damit zum einlenken bewegen zu können, denn je länger er wartete, desto mehr Gedanken machten sich in seinem Kopf breit, ein Phänomen das beide gut kannten, aber nicht unbedingt mochten.

  • Als Seneca antwortete, öffnete sich ihr Mund wieder leicht. Er wollte sie. Sie. Keine Jüngere, nichts Unkompliziertes. Ein Teil von ihr hatte immer noch Schwierigkeiten hatte, das wirklich zu begreifen. Es zu glauben. Sie wusste selbst nicht warum. Vielleicht, weil es so lange gar kein Thema gewesen war... Und vermutlich wohl auch, weil ein Teil von ihr nach wie vor, wie seit Jahren schon, glaubte sie sei nicht gut genug. Schon gar nicht für ihn. Aber Senecas Worte ließen keinen Zweifel mehr offen, im Gegenteil, er drückte sich ziemlich unmissverständlich aus. Und jetzt, endlich, begann dieser Funke größer zu werden, der verhieß, dass es doch eine Chance gab. Wie hatte sie gerade noch flüchtig gedacht? Die Umstände mochten nicht ideal sein, und das würden sie wohl auch nie, aber sie waren so gut sie es wohl je werden würden.
    Seiana atmete erneut tief ein, und dann kam die sachte Berührung seiner Lippen auf ihrer Stirn. „Ich liebe dich auch, Seneca. Ich liebe dich so sehr... es gab Zeiten, da weiß ich nicht wie ich überlebt hätte ohne den Gedanken an dich.“ Sie atmete noch mal tief ein. Sie wollte das aber nicht aussprechen, das ihr schon wieder auf der Zunge lag. Mit einem Ruck stand sie auf, lief ein paar Schritte, hin, her, bevor sie stehen blieb und Seneca einfach nur ansah. Sie machte den Mund auf als wollte sie etwas sagen, aber es kam nichts heraus. Fast ein wenig hilflos hob sie die Hände, in einer halb fragenden, halb belehrenden Geste. Sie listete in Gedanken all die Probleme auf, die sie haben würden, haben könnten, selbst jetzt noch. Sie listete sie auf, alle denkbaren, und dann alle undenkbaren, alles, was ihr einfiel. Und versuchte ihnen dadurch den Schrecken zu nehmen. Sie nicht mehr als unüberwindbares Hindernis wirken zu lassen. „Ja“, brachte sie schließlich hervor, griff nach seiner Hand und zog ihn nach oben, damit sie ihn umarmen konnte. „Ja“, wisperte sie noch mal, ihr Gesicht an seine Brust gepresst. „Ich will deine Frau werden.“

  • Ohne auch nur den Hauch eines Widerstandes ließ sich Seneca von Seiana hochziehen und schloss sie strahlend in seine Arme. Mit ihrem Gesicht an seiner Brust atmete er einmal tief aus, so dass sein Brustkorb spürbar flacher wurde, und die ganze Anspannung und Angst in einem Hauch von ihm abfiel..
    "Du machst mich wahnsinnig." flüsterte Seneca, wenn auch nur deshalb weil er durch die ganze Warterei und die Angst sie würde ihn ablehnen kein gerades Wort sprechen konnte, "Du machst mich zum glücklichsten Wahnsinnigen im Imperium." fuhr er flüsternd fort, und strich mit seiner Hand über ihr Haar..
    "Seiana.. Mein Verlobte...Seiana.." sagte er zu sich selbst, laut genug dass sie es hören konnte, immerhin war sie ihm sehr nahe. Lächelnd wie ein Honigkuchenpferd stand Seneca inmitten des Raumes und malte sich die Zukunft aus, die sich in seinem Kopf plötzlich von einem fahlen Blau-Grau zu einer hellen, in ein warmes Orange-Gelb getünchten Utopie wandelte, denn egal was passieren würde, sie würde bei ihm sein..
    "Ich.. Ich weiß nicht was ich sagen, ich kann es nicht beschreiben." und tatsächlich fehlten ihm die Worte. Nach all der Zeit, nach all den Hochs und Tiefs, hatten sie endlich zueinander gefunden, "Danke. Danke dass du mich so etwas fühlen lässt." sagte er nun während er ihr Gesicht mit seinen Händen umschloss, und vielleicht war es das Glücksgefühl, und dass dieses sich ein Ventil suchte damit er nicht platzte, aber er konnte sich einen kleinen Scherz dann doch nicht verkneifen, "Aber du hättest dir ruhig weniger Zeit lassen können."

  • Langsam begann auch Seiana zu lächeln, als Seneca sie umarmte und irgendwelche komischen Sachen vor sich hin flüsterte. Glücklich. Wahnsinnig. Verlobt. Ein leises Lachen entschlüpfte ihr, fast schon gegen ihren Willen, weil sie es selbst noch immer nicht so ganz fassen konnte. Sie war sich immer noch nicht so sicher, ob sie das wirklich würden durchziehen sollten. Ob sie es konnten. Aber sie hatte ja gesagt, und sie wollte es ja auch. Wie sie vorhin schon gesagt hatte: sie wollte das, seit sie sich tatsächlich aufeinander eingelassen hatte, wider besseren Wissens. Und dennoch schaffte Seiana es nicht so einfach, all die letzten Jahre wegzuschieben, die von Widerständen und Hindernissen geprägt gewesen waren. Das Lachen drückte irgendwie all das aus, diese irre Mischung aus Für und Wider, aus Glück und Unsicherheit, die in ihr brodelte. Und dann musste sie noch mehr lachen, als Seneca ihr Gesicht in seine Hände nahm und sich beschwerte, dass sie ihn hatte zappeln lassen. „Was überrumpelst du mich auch so, du kennst mich doch“, erwiderte sie, und diesmal zeigte sich tatsächlich ein Grinsen auf ihren Lippen, bevor sie sich auf die Zehenspitzen stellte und anfing ihn zu küssen. „Tut mir leid. Ich wollte dich nicht auf die Folter spannen“, murmelte sie dann, etwas ernster, ihr Gesicht, ihre Lippen immer noch an seinen, die sich dann doch wieder zu einem flüchtigen Lächeln verzogen bei den nächsten Worten. „Das ist nur... neu für mich.“

  • "Für mich ist es ebenso neu.", entgegnete Seneca weiter lächelnd noch immer in der Nähe ihrer Lippen, "Aber umso mehr freue ich mich darauf diese Erfahrung mit dir zu machen." fuhr er fort, und hielt ihre beiden Hände, "Das bedeutet natürlich eine ganze Menge Arbeit die auf uns zukommt. "...und einige ziemlich unangenehme Situationen für beide Seiten. Alte Gräben mussten irgendwie, wenn auch nur notdürftig, zugeschüttet werden, und alte Schatten mussten übersprungen werden, denn diese beiden Familien würden bald durch eheliche Bände verbunden sein, wenn auch beide Ehepartner nicht unbedingt im Zentrum der Familien standen.
    "Ich werde nach Mantua schreiben um einige Zeit frei zu bekommen, ich denke wenn ich von einem besonderen Anlass spreche, werde ich mich einige Zeit freistellen lassen können. Natürlich nur wenn es dir recht ist, aber ich denke wir sollten gemeinsam voran gehen." schlug er nun vor. Immerhin konnte er schwer erwarten dass Seiana alles alleine regeln würde, und das wollte er auch gar nicht..
    "Aber eventuell sollten wir die Organisation erst einmal beiseite lassen. Heute gehört der Abend ganz allein meiner Verlobten." sagte er nun mit einem charmanten Lächeln und schickte sich an sie erneut zu küssen.

  • Ebenso neu. Eigentlich noch neuer, ging es Seiana durch den Kopf, aber sie hatte nicht wirklich Heirat, Ehe an sich gemeint... sondern konkret das hier. Seneca. Es selbst zu entscheiden. Und wirklich zu wollen, nicht an ihre Familie zu denken, nicht daran was erwartet würde von ihr. Auch wenn ihr Verstand nach wie vor ihr zu sagen versuchte, dass sie sich nicht zu viel Hoffnungen machen sollte, dass es Hindernisse gab. Gerade weil sie diese Entscheidung ganz egoistisch für sich traf. „Ja...“, murmelte sie. Eine Menge Arbeit. Sie unterdrückte ein Seufzen – und sah ihn dann fragend an. „Gemeinsam? Meinst du die Planungen für die Hochzeit?“ Oder wollte er etwa dabei sein, wenn sie ihrem Bruder erzählte dass sie heiraten würde, oder Livianus... Götter, das kam ja auch auf sie zu. Und sie hatte, zumindest im Augenblick, keine Ahnung, wie sie das am besten angehen sollte.
    Dann allerdings schob Seneca das Thema beiseite, und obwohl Seianas Kopf schwirrte und es ihr nicht ganz so einfach fiel, das zu verdrängen, ging sie doch nur zu gern darauf ein. Sie lächelte zurück und erwiderte seinen Kuss, legte ihre Arme um seinen Hals und lehnte sich noch etwas dichter an ihn. Trotz all der Schwierigkeiten, die jetzt erst recht auf sie warteten, trotz der Tatsache, dass sie es noch immer nicht so recht glauben konnte – sie begann sich zu freuen. Kein Versteckspiel mehr. Kein wochen-, manchmal monatelanges Warten. Und nie mehr die Sorge, er könnte dessen, könnte ihrer irgendwann überdrüssig werden... Er wollte sie. Nach all der Zeit immer noch. Wollte sie heiraten. Seiana konnte gar nicht ausdrücken, was ihr das bedeutete. „Soso“, machte sie mit einem Lächeln, als sich ihre Lippen lösten. „Und wie hast du dir den restlichen Abend vorgestellt, wenn wir nicht mit der Organisation anfangen sollen?“

  • Immer noch wie im Rausch sah er nur sie im Tunnelblick, Seiana, seine Frau, Ehefrau, was für eine Vorstellung! Wenn gleich auch noch immer so unwirklich, und wenn er eins gelernt hatte, dann war es erst an etwas zu glauben wenn es tatsächlich soweit ist..
    "Ja, genau, die Planungen für unsere Hochzeit, woran dachtest du?" fragte Seneca grinsend zurück, denn dass sie an ihren Bruder und ihren Vater dachte, ahnte er in diesem Moment nicht. Wenn er es geahnt hätte, bei den Göttern, wäre er noch nervöser geworden. Mit ihrem Bruder wäre er sicherlich noch klargekommen, aber ihr Vater, der große Livianus, Seneca graute es vor diesem Tag, vor allem wegen Silanus, der ihm wohl ähnlich wie Axilla tödliche Blicke zuwerfen würde.. Aber er beschloss diese Gedanken zu verdrängen, sie zählten schlicht nicht, was zählte waren Seiana und Silana, in diesem Moment, auch wenn er ein stolzer Vater war, hatte Seiana die Nase noch weiter vorn.
    Schön war es dann doch Seiana Lächeln zu sehen, und noch schöner war es dass sie auf seinen Vorschlag einging und nicht direkt mit dem organisieren beginnen wollte.
    Es war keineswegs so dass Seneca weniger Begeistert von der Hochzeit war, ER hatte ja das alles erst angeleiert, aber er hatte auch seine Liebe lange nicht gesehen, und der Ernst des Lebens und die Planung würde die beiden noch früh genug überfordern..
    "Ich dachte mir ein wenig Wein, ein Essen, Zeit mit meiner Liebsten. Wir haben Zeit und uns, mehr brauche ich nicht um einen schönen Abend zu verbringen. Ich kann dir all die langweiligen Geschichten aus Mantua erzählen." entgegnete Seneca nun etwas neckisch, und führte Seiana an der Hand als ob er wüsste wo er hingehen würde, was natürlich nicht ganz der Fall war, wie er bald auch selbst feststellen musste, da er keine Ahnung hatte wo er all diese herbekommen sollte.. Außer seiner Liebsten natürlich, die würde er so schnell nicht mehr loslassen, aber ansonsten musste er sich darauf verlassen dass er souverän wirken würde, während Seiana sich aufgrund seiner völligen Ahnungslosigkeit um die Verpflegung kümmerte.

  • Nur die Planungen. Zum Glück. Wenn es um ihren Bruder ging, wollte Seiana lieber zunächst allein mit ihm reden, ebenso wie mit Livianus – und umgekehrt war sie nicht sonderlich erpicht darauf dabei zu sein, wenn Seneca mit seiner Familie sprach, auch wenn sie dem nicht ausweichen würde, wenn er sie dabei haben wollte. „Davor gibt es ja auch noch ein paar Dinge zu erledigen“, erwiderte sie. „Unsere Familien informieren, beispielsweise. Aber ich glaube es ist besser, wenn wir das erst mal allein angehen.“


    Aber die Organisation mussten sie ja nicht jetzt schon angehen, auch wenn zumindest Seianas Gedanken weiterhin schwirrten und schwirrten – und anhielten, als Seneca das Thema beiseite schob. Es fiel ihr nicht ganz leicht, aber er hatte Recht, dass es nicht heute Abend sein musste. Er war vorhin erst gekommen, und sie hatten sich schon seit längerer Zeit nicht mehr gesehen... Sie zwang sich, jedes Mal von neuem, wenn Gedanken an die Hochzeit, die Organisation, die Probleme auftauchen wollten, diese einfach zu verdrängen. „Das Essen ist schon in Arbeit“, schmunzelte sie zurück, es war ja sowieso bald Zeit dafür, und hatten Bescheid bekommen, dass es einen Gast zum Essen gab – die jedenfalls, die nicht ohnehin Seiana nahe genug standen, dass sie wussten, dass dieser Gast bleiben würde. „Es wird nicht mehr lange dauern, denke ich.“ Sie ging voraus ins Triclinium, wo die Sklaven tatsächlich gerade angefangen hatten alles vorzubereiten. „Dann erzähl mir mal eine langweilige Geschichte. Wenn sie langweilig genug ist, kannst du sie später Silana noch mal erzählen, zur Zeit ist es manchmal schwierig, sie zum Einschlafen zu bringen...“

  • Seneca folgte seiner Verlobten..Verlobte, irgendwie, es klang für ihn noch immer seltsam, aber es war tatsächlich real. Hunger hatte er keinen, wie konnte er auch nach dieser ganzen Aufregung im positiven Sinne?
    "Oh, gib Mantua ein paar Momente und sie schläft im stehen ein." scherzte Seneca und suchte sich einen Platz..
    Das Essen begann kurz darauf, und zum ersten Mal aßen sie als so etwas wie eine Familie. Während der Cena konnte Seneca kaum die Augen von Silana und Seiana lassen, so stolz war er auf das Bild dass sich ihm bot.
    Er erzählte die ein oder andere Geschichte, und versuchte viel mit Silana zu sprechen, sie war so klug und aufgeweckt, und das sagte er nur höchstens zu 70% weil er ihr Vater war.
    Nachdem das Essen beendet war ließ es sich Seneca nicht nehmen die Kleine ins Bett zu bringen. Er erzählte ihr von Tarraco, der schwarzen Erde und den wilden iberischen Pferden. Vom Fischen, und dem Meer, und irgendwann, er redete noch, bemerkte er wie Silana längst im Land der Träume war. Er strich ihr kurz über die Stirn, schaute sie verträumt an, und ging dann langsam aus dem Zimmer wobei er die Tür einen Spalt offen ließ, damit es nicht zu dunkel würde..


    Der Abend neigte sich dem Ende zu. Die ersten Sklaven waren in die Nachtruhe entlassen und es wurde still auf dem Landgut als Seneca Seianas Cubiculum betrat nachdem er sachte angeklopft hatte. Es war noch immer so als müssten sie zueinander schleichen, die Schatten und Winkel der Gemäuer als ihre wichtigsten Verbündeten. Er war froh das dies bald vorbei war, und dennoch fiel es ihm schwer alte Gewohnheiten abzulegen, aber immerhin war er in ihrem Zimmer..
    "Sie schläft tief und fest. Scheinbar bin ich tatsächlich so langweilig dass es die Menschen in den Tiefschlaf versetzt." scherzte Seneca, und fuhr sich durch die Haare, die Ereignisse des Tages noch einmal durchlebend, "Ich bin so aufgeregt Seiana, ich kann es noch gar nicht glauben." entfuhr es ihm freudestrahlend während er aus dem Fenster auf das Landgut blickte, "Also meine Zukünftige..." sagte er nun etwas schelmisch, "...Hast du mir schon ein Cubiculum herrichten lassen? Irgendwo muss ich ja schlafen." fuhr er fort, und war sich gar nicht mal so sicher dass er nun tatsächlich nicht ihrem Zimmer verwiesen wurde, denn immerhin war zwischen ihnen noch nichts offiziell, und er wusste nicht wie Seiana das mit den Sklaven und seiner langen Abwesenheit regeln würde, hoffte aber natürlich auf das beste.

  • Seiana konnte es nicht ändern, sie fühlte sich ein wenig seltsam während des Essens. Der Besuch, ihre Pläne, und dann wieder gemeinsam mit dem Kind da zu sitzen... es fühlte sich merkwürdig an. Ungewohnt. Und dass sich Seneca so sehr seiner Tochter widmete... es war schön, es sollte sie freuen und das tat es auch. Aber auch dort lauerten zum einen Probleme – sie würden irgendwie entscheiden müssen, wie sie das würden machen wollen. Und zum anderen gab es einen kleinen Part von ihr, der dann doch nicht ganz so begeistert davon war, wie Seneca sich mit Silana verstand. Er schien sich viel leichter mit ihr zu tun als sie... und er war abgelenkt. Seiana gestand sich das nicht wirklich ein, aber irgendwie gefiel ihr das nicht ganz. Trotzdem war es ein schöner Abend, und sie genoss es, dass Seneca überhaupt da war.
    Als es Zeit war für Silana ins Bett zu gehen, ließ Seiana sie mit ihrem Vater allein, der es sich nicht nehmen ließ das selbst zu erledigen und nicht der Amme überlassen wollte. Seiana selbst zog sich in ihr Cubiculum zurück, wo sie versuchte ein wenig zu lesen, aber auch hier schweiften ihre Gedanken ab, zu all dem, was jetzt bevorstand, was sie organisieren und erledigen mussten. Dazu kam, dass sie es noch immer nicht so ganz realisierte. Seneca und sie, das war so lange ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, dass es sich jetzt anfühlte wie eine Illusion. Und das hing nur zum Teil daran, dass es noch einiges zu tun gab... selbst dass sie überhaupt ja gesagt hatte, kam ihr noch unwirklich vor.


    Sie hob den Kopf, als es klopfte, dankbar für die Ablenkung, und lächelte dann als Seneca eintrat. „Um die Uhrzeit soll sie auch schlafen. Schon längst, eigentlich“, erwiderte sie mit einem leichten Schmunzeln. „Von daher gehe ich einfach mal davon aus, dass du es genau darauf angelegt hast...“ Sie stand auf und ging zu ihm ans Fenster, aus dem er gerade hinaus sah. „Ich auch nicht“, murmelte sie leise, kaum hörbar, und obwohl sie sich darum bemühte freudig auszusehen, konnte sie nicht verhindern dass bei ihr ein wenig Zweifel mitschwang. Aber sie hatten heute ja nicht über die Planung reden wollen, und schon gar nicht über mögliche Probleme. Also verkniff sie sich jeden weiteren Kommentar. „Selbstverständlich ist eines für dich hergerichtet worden“, antwortete sie dann, mit gemischten Gefühlen. Sie hatte gehofft, er würde bleiben – das hatte sie auch schon vor der Verlobung. Das Landgut war klein, ihren Leuten hier vertraute sie, und davon abgesehen hatte sie sich so sehr nach ihm gesehnt, dass es ihr nun fast – nur fast – egal war. „Ich hatte allerdings gehofft, du würdest noch bleiben.“ Sie warf ihm einen Blick von der Seite zu, eher vorsichtig, und wünschte sich nicht zum ersten Mal in seiner Gegenwart, sie könnte sich verführerischer geben.

  • Ihre Worte klangen wie Musik in seinen Ohren, und er konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen, und er fand es furchtbar süß wie schüchtern Seiana immer noch in seiner Gegenwart werden konnte, erlöste sie aber schnell aus ihrer Unsicherheit..
    "Und genau diese Worte waren es die ich hören wollte." entgegnete er ihr als er sie sachte an der Hüfte anfasste, "Dann haben die Sklaven auch ein Bett weniger zu machen." scherzte er und küsste sie sachte, "Ich liebe dich." hauchte er mehr als er es sprach, und wunderte sich dabei ob er es nicht zu oft gesagt hatte, aber es musste einfach raus..
    Sachte löste er sich von ihr, nur um seinen balteus zu lösen, schließlich hatte er nicht vor in seiner Kluft ins Bett zu gehen.. Auch die leicht staubige Tunika der Legion musste dran glauben. Sicher, sie war edler als die der meisten Soldaten, aber dennoch hatte sie eine lange Reise hinter sich.
    Da stand er nun also, nur noch in einer Schurz.. Die Jahre im Exercitus hatten Spuren hinterlassen, Narben, Kratzer, und erst kürzlich eine blaue Flecken die er sich bei den persönlichen Übungen zugezogen hatte. Aber jede Narbe erzählte eine Geschichte, hatte irgendwie einen Sinn, sodass er sie trug wie Abzeichen, auch wenn viele der Narben negative Erinnerungen hervorriefen.
    Ein wenig verloren stand nun auch er da, schließlich hatte sie ihn länger nicht gesehen, und er wusste nicht direkt was er nun machen sollte.. Sich einfach ins Bett legen? Warten dass sie ihn irgendwie einlud? Oder die Initiative sonst wie ergriff? Er ging langsam wieder auf sie zu, und hoffte dass sie dies irgendwie nutzen würde..

  • Ein Lächeln glitt über Seianas Gesicht, als sie Senecas Worte hörte. Auch wenn sie sich manchmal wünschte, sie könnte sich verführerischer geben – nicht allgemein, aber ihm gegenüber –, brauchte sie es offenbar nach wie vor nicht. Auch das war etwas, was sie an ihm liebte, dass er nichts von ihr wollte, was sie nicht war, und dass es reichte, wenn sie einfach sagte was sie wollte. „Ich liebe dich auch“, murmelte sie, kurz bevor sich ihre Lippen trafen, und danach sah sie ihm erst mal einfach dabei zu, wie er sich bis auf den Schurz auszog. Sie hatte ihn so lange nicht gesehen. Sie wollte es genießen, dass er jetzt da war. Vorfreude machte sich in ihr breit, nicht nur wegen des heutigen Abends, sondern zum ersten Mal seit er ihr den Antrag gemacht hatte auch wegen der Zukunft. Wenn sie alles irgendwie würden lösen können... dann könnte sie ihn immer haben. Kein Versteckspiel mehr. Kein monatelanges Warten. Keine Unsicherheit, wie es weiter gehen sollte, wo sie standen, was sie füreinander waren. Sie würden einfach zusammen gehören, offiziell und ohne dass jemand etwas dagegen haben konnte. Der Gedanke war traumhaft.
    Sie kam ihm entgegen, als er dann auf sie zuging, hob eine Hand und berührte ihn, strich über seine Haut, seine Narben, bevor sie ihn erneut küsste, sacht zuerst, dann drängender. Sie wollte ihn, daran hatte sich nichts geändert in all der Zeit, wollte ihn spüren, seine Nähe, seine Berührungen, und es dauerte nicht lang, da lagen auch die letzten Kleidungsstücke am Boden, während sie irgendwie auf dem Bett gelandet waren.

  • Seneca hatte sich so lange danach gesehnt wieder bei ihr zu sein, und ihr wiedersehen war genau so wie er es sich vorgestellt hatte. Alles war perfekt, sie hatte ja gesagt, nun verbrachten sie die Nacht zusammen, und er würde sie wieder ganz nah bei sich spüren.
    Die Tage der Einsamkeit, die Tristesse in Mantua und all die Strapazen die er in den letzten Monaten und Jahren durchleben musste, all dies war vergessen, wenn auch nur für diese Nacht.. Und den nächsten Morgen, denn Seneca liebte es neben ihr aufzuwachen, auch wenn es ihm dann stets schwer fiel überhaupt aufzustehen.
    Er berührte sie mit der ganzen Hingabe die nur Liebende füreinander empfinden können, und ab und zu huschte ein zartes Lächeln über sein Gesicht als ihm klar wurde dass er das Ganze tatsächlich nicht träumte und sie in Zukunft offiziell als Mann und Frau die Nächte zusammen verbringen konnten.
    Jede Minute hätte er ihr ins Ohr flüstern können was er für sie empfindet und dass sie ihn zum glücklichsten Mann im Imperium gemacht hatte, und er musste sich fast schon zügeln, denn auf eine seltsame Art hatte er immer noch befürchtet dass sie ihm eine Absage erteilen würde. Doch in diesem Moment zählten seine Sorgen nicht, es gab nur sie und ihn, und das war viel mehr als er sich jemals erhofft hatte.

  • Seiana seufzte, als er sie berührte. So lange. Es war so lange her, und sie hatte so oft versucht sich einzureden, nichts zu erwarten, wenn sie sich wieder sahen. Trotzdem hatte sie freilich gehofft, dass sich eben nichts geändert haben würde, und dass sich das erfüllte, mehr als das sogar, begann sie nun mehr und mehr zu realisieren – nicht nur vom Verstand her, sondern tief in ihrem Inneren. Sie genoss jedes seiner Worte, jede seiner Berührungen und Bewegungen. Immer noch war es ein bisschen unfassbar für sie, wie Seneca es schaffte, dass sie sich so gehen lassen konnte bei ihm, es so genießen konnte, wenn sie beieinander waren. Sie hatte es mittlerweile aufgegeben sich zu fragen warum das so war – irgendwann nachdem sie aufgegeben hatte, sich dagegen zu wehren. Und dass er genauso glücklich wirkte wie sie, machte es irgendwie noch besser.


    Als sie am nächsten Morgen wach wurde, spürte sie sofort, dass etwas anders war. Sie wachte nicht nur mit dem Gedanken auf, dass Seneca da war, sondern spürte, dass er mit ihr im Bett lag, auch wenn sie im Lauf der Nacht den Körperkontakt verloren hatten, weil Seiana dann doch lieber ohne Berührung schlief. Trotzdem war es etwas anderes, ganz allein im Bett zu liegen, oder noch jemanden neben sich zu haben... Sie drehte sich um, wandte sich ihm zu und küsste ihn leicht. „Guten Morgen. Gut geschlafen?“ Sie lächelte flüchtig und richtete sich dann auf. „Möchtest du Frühstück?“

  • Seneca hatte geschlafen wie ein Stein. Wie ein sehr massiver, nicht zu bewegender Stein.. Zumindest fühlte es sich so an. Und es gab einige Faktoren die dazu beigetragen hatten. Zum einen war es eine sehr intensive Nacht gewesen, und er hatte jeden Augenblick genossen, und das alles wegen ihr. Zum anderen war auch sie es gewesen die ihn so ruhig hat schlafen lassen. Sie beruhigte ihn durch ihre Anwesenheit auf ihre ganze eigene Art und der Iunier hatte ewig nicht mehr so gut geschlafen wie in dieser Nacht.
    Sicher, zum Sonnenaufgang war er dann doch einmal wach, die innere Uhr, durch den Exercitus gedrillt konnte auch er nicht abschalten aber ein kurzer Blick auf die friedlich schlafende Seiana überzeugte ihn dann doch davon dass er die Augen ruhig noch eine Weile würde schließen können.
    Letztlich war sie dann doch früher bereit in den Tag zu starten als Seneca es sich innerlich erhofft hatte. Er war selten so wundervoll geweckt worden, und dennoch war sein Urteil innerlich gespalten.. Schlaf oder ein schöner Morgen? Schwierige Entscheidung.
    Am Ende fiel die Entscheidung wie so oft für Seiana aus, wie konnte er auch nein sagen? Er öffnete langsam die Augen und lächelte noch schlaftrunken bevor er die Füße ausstreckte und ihr über die Haare strich..
    "Wenn es eine Steigerung von gut geschlafen gibt, dann wohl eher das." entgegnete er und wandte sich nun ebenfalls zu ihr, "Ich hoffe du hast auch gut geschlafen? Die Kameraden behaupteten früher immer ich würde im Schlaf sprechen, aber das hielt ich stets für ein Gerücht." scherzte er und rieb sich noch einmal kurz die Augen, während er beobachtete wie sie sich aufrichtete..
    "Sehr gerne." antwortete er ihr, blieb aber noch einen Moment liegen, ehe auch er sich aufrichtete um den Tag zu beginnen.

  • Sie betrachtete ihn mit einem Lächeln, während sie zusah, wie er aufwachte. „Mh“, machte sie, gespielt nachdenklich. „Nein... ich habe zumindest nichts davon gemerkt. Was aber nicht unbedingt was zu heißen hat.“ Sie setzte sich auf und strich ihm noch mal flüchtig über die Wange, bevor sie ganz aufstand und anfing, sich anzuziehen. Sie mochte es, irgendwie, mit ihm aufzuwachen. Vielleicht lag es daran, dass diese Gelegenheiten so selten waren, noch viel seltener als generell ihre Begegnungen... was sie plötzlich wieder daran erinnerte, was am vorigen Abend passiert war. Sie waren verlobt. Verlobt. Kurz hatte sie das Gefühl, als ob ihre Brust sich zusammenzog, eher aus Angst denn aus Freude, und für einen Augenblick hielt sie inne, sah Seneca an, als ob sie etwas sagen wollte... aber es kam dann doch nichts über ihre Lippen. Es war offensichtlich gewesen, gestern, dass er sich wenig Gedanken um die Schwierigkeiten machte, die auf sie warten würden, und sie wollte ihm die Freude nicht verderben. Aber ihr selbst fiel es, kaum dass sie wieder daran gedacht hatte, schwer sich nicht damit zu beschäftigen.
    Frühstück. Erst mal Frühstück. Sie gab den Sklaven Bescheid und ließ etwas herrichten, und unterhielt sich mit Seneca, über belanglose Nichtigkeiten, letztlich. Kleine Geschichten über das, was so passiert war. Sie hielt sich zurück, bis sie beim Frühstücken waren, sie beide allein, bevor sie schließlich anschnitt, was ihr auf dem Herzen lag: „Wir... sollten über ein paar Dinge reden, glaube ich.“ Er hatte gestern gesagt, dass er es nicht einfach wollte, aber Seiana war sich nicht ganz so sicher, ob ihm bewusst war, was auf sie zukommen konnte. Vielleicht sah sie es auch einfach nur zu schwarz, aber es fiel ihr schwer, das zu glauben. „Mein Bruder weiß inzwischen auch Bescheid. Er ist... nicht unbedingt begeistert von dir“, formulierte sie es vorsichtig. „Nur dass du vorgewarnt bist. Ich werde mit ihm und Livianus reden, ich weiß nur nicht, wie sie reagieren werden. Und ich...“ Sie zögerte einen Moment, dann fuhr sie fort: „Wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich nicht in Rom heiraten.“ Es war nicht ihre erste Ehe, das wussten sie beide nur zu gut, und sie war sowieso im Begriff, ein paar Leute vor den Kopf zu stoßen mit ihrer Entscheidung. Sie hatte ja gesagt, weil sie endlich glücklich sein wollte, und weil sie glaubte, dass das mit Seneca gelingen könnte, trotz aller Widerstände. Aber Widerstände würde es so oder so geben – da würde es auch nicht mehr ins Gewicht fallen, wenn sie auf ein paar Traditionen verzichtete, auf die sie selbst ohnehin keinen Wert legte, jedenfalls nicht mehr.

  • Seneca ahnte bis zum Frühstück nichts von Seianas Sorgen. Sicher, er war noch zu euphorisch um sich jetzt über solche Probleme den Kopf zu zerbrechen, und er hatte gehofft noch ein paar Tage unbeschwert in den Tag hinein leben zu können, und während er ihr beim anziehen zuschaute und sich selbst daran machte langsam aus dem Bett zu steigen, freute er sich mehr auf das Frühstück als auf die Bewältigung der Probleme die noch anstehen würde..
    Später beim Frühstück dauerte es dann auch nicht allzu lange bis die beiden allein waren und Seiana ans Eingemachte ging. Kaum hatte Seneca einige Trauben in der Hand legte er sie auch schon wieder behutsam zur Seite und hörte ihr aufmerksam zu. Ihr Bruder war nicht begeistert? Was hatte er jetzt schon wieder angestellt? Wie man es tat war es scheinbar falsch, zumindest beschrieb das seine Beziehung zu mindestens 80% seines Umfeldes..
    "Darf ich fragen was er gegen mich hat?" fragte Seneca weniger ernst als Seiana das wohl erwarten würde. Ein kurzes Lächeln umspielte seine Lippen, einfach nur weil er gespannt war welchen Groll der Decimer gegen ihn hatte, eventuell lag es ja daran dass er nicht gut genug zu sein schien..
    "Sicher, du musst mit ihnen reden, genauso wie ich mit meiner Familie reden muss." entgegnete der Iunier, dem es in diesem Moment schon davor graute, aber es musste ja sein, "Es wird jedoch nichts an unserer Verlobung ändern." fuhr er fort.. Zumindest für ihn.. Aber seine Verwandten waren auch nicht zwei der einflussreichsten Männer Roms, was ihm schon ein paar Bauchschmerzen bereitete.. "Ich hoffe dennoch dass sie unserem Vorhaben wohlgesonnen sind." sagte er nun wieder lächelnd und aß anschließend eine Traube.
    Mit Seianas Wunsch hatte er kein Problem, mehr noch, die Idee nicht in Rom zu heiraten gefiel ihm sogar ganz gut. Er hatte in Mantua gelernt wie elendig Rom sein kann, und während er Rom früher liebte, war seine Sicht heute wesentlich differenzierter. "Das ist gar kein Problem." antwortete er ihr, während er seine Hand auf den Tisch legte, nicht weit genug um ihre zu greifen, aber immerhin annähernd,"Ich gehe sowieso nicht davon aus dass eine Hochzeit in der Casa Iunia eine gute Idee wäre. Und die Reaktionen deiner Familie stehen ja noch aus." befand der Tribun und grinste dann, "Mantua muss jedoch auch nicht für unseren schönsten Tag herhalten."

  • Seiana, die ohnehin schon recht wenig gegessen hatte, hörte auch auf damit. Sie musterte Seneca, der ziemlich gelassen zu sein schien... und fragte sich warum das so war. Warum schien ihm das so wenig auszumachen? „Es ist... mehr als nur eine Sache. Dass wir ein Verhältnis haben, gefällt ihm nicht. Weil er dein Vorgesetzter und es hinter seinem Rücken war. Weil es meinen Ruf zerstören kann.“ Womit Faustus ja auch Recht hatte. Anders als Seneca, dem ihre Affäre kaum weiter schaden würde, wenn es ans Licht kam. „Ich habe ihm gesagt, dass das ein Risiko ist dass ich selbst eingegangen bin, aber...“ Sie zuckte die Achseln und beendete den Satz nicht. „Das andere ist, dass es ihm immer noch nachhängt, wie mit ihm umgesprungen worden ist nach dem Bürgerkrieg. Er ist allein gelassen und enttäuscht worden, von vielen Menschen, und er... das denkt er auch von dir. Oder er projiziert es auf dich, ich weiß es nicht. In jedem Fall hat er das noch lange nicht verwunden.“
    Sie unterdrückte ein Seufzen – und noch einmal, als er von seiner Familie sprach. Ihr schwante nichts Gutes, was das betraf, aber sie wollte nicht wirklich darüber reden. Sie hatte ihn vorwarnen wollen, was ihren Bruder anging, weil er davon noch nichts wusste... aber mehr als das konnte keiner von ihnen tun. Es brachte nichts, sich vorher schon den Kopf zu zerbrechen. Sie nickte nur auf seine Worte hin, dass es nichts an der Verlobung ändern würde, und bemühte sich um ein Lächeln, das ihr aber nicht so wirklich gelingen wollte. „Das hoffe ich auch“, murmelte sie und trank etwas. Der Appetit war ihr irgendwie völlig vergangen.
    Als seine Hand in der Nähe der ihren zu liegen kam, überbrückte sie die letzte Distanz und berührte sacht seine Finger. Sie war erleichtert, dass er nichts dagegen hatte nicht in Rom zu heiraten – wie sehr, bemerkte sie selbst erst, als sie seine Zustimmung hörte. „Nein, das wäre es wohl nicht“, antwortete sie, und ihr Gesicht verschloss sich ein wenig, als er von seiner Casa sprach. Sie wollte dort nicht hin, wollte dort nicht leben. Sie wusste, dass das ungut war, aber sie konnte es auch nicht ändern. Zu viel war passiert. „Wir könnten hier oder auf dem Nachbarlandgut heiraten, je nachdem wie viele kommen. Gerade nebenan gibt es genug Platz zum Übernachten, wenn Gäste bleiben möchten oder müssen. Und... wohnen würden wir dann Mantua?“ versuchte sie vorsichtig die Tatsache zu umschiffen, dass sie ganz sicher nicht vorhatte in die Casa Iunia in Rom einzuziehen.

  • Seneca beugte sich bei Seianas Worten ein wenig nach vorn. Sicher, der erste Teil war nachvollziehbar, beide wussten es, und beide wussten auch dass sich dieser Umstand nicht ändern würde, so sehr sie es auch wollten. Beim zweiten Faktor jedoch traute Seneca kurz seinen eigenen Ohren nicht. Ihr Bruder hielt IHN für einen Verräter?! Er hatte gut reden, er war ja kaum auf seinem Gaul gewesen da war er schon wieder unten, und seine Männer waren auf sich allein gestellt, Centurie für Centurie, eingekesselt gegen eine Übermacht. Seneca musste sich wirklich arg zusammenreißen nicht zu prusten ob der Anschuldigungen ihres Bruders, und er trank einen Schluck um das Gefühl der Unverständnis hinunterzuspülen..
    Er stellte den Becher sehr behutsam ab, blickte Seiana dabei aber nicht an. Nicht weil sie etwas dafür konnte oder ähnliches, er wusste schlicht nicht wie er reagieren sollte..
    "Nun. Es gibt sicher auch andere Meinungen." sagte er diplomatisch, auch wenn Seiana, die ihn sehr gut kannte, wohl merkte dass ihn diese Anschuldigung recht tief traf. Er war kein Verräter, er hatte gekämpft solange es ging, und wollte nur das Leben seiner Männer retten, zumindest von denen die nicht bei dem Frontalangriff auf befestigte Stellungen draufgegangen waren..
    "Ich..." begann er einen Satz, seufzte dann jedoch und brach ihn wieder ab, die Bilder von den Mauern Vicetias verfolgten ihn ab und an ebenfalls noch, "Vielleicht ändert er seine Meinung ja wenn er mich wirklich kennenlernt." er ließ die Situation ziehen, es lag nicht an Seiana das aus der Welt zu schaffen, außerdem war sie nicht dabei gewesen.
    Als es dann wieder um den Ort ihrer Hochzeit ging, gelang es Seneca seine Gedanken wieder etwas abzuschütteln, und er konnte sich sogar wieder ein leichtes Lächeln abringen, auch wenn es bei weitem nicht mehr so unbeschwert war wie eben noch. "Das ist eine hervorragende Idee." befand er und dachte über die Möglichkeiten nach die das Landgut bat, "Ich denke das ist die optimale Lösung." beschloss er für sich und sprach dann weiter als es um die Zeit nach der Feier ging, natürlich war ihm bewusst dass Seiana nicht in der Casa Iunia leben könnte oder wöllte, er allerdings ebenso wenig, da er weitab von Rom diente..
    "Es würde mich freuen wenn du, ihr, mit mir nach Mantua kommt." erklärte der Iunier und schob nun seine Hand weiter über den Tisch um ihre Finger leicht zu streifen. "Aber ich sehe auch wie gut es dir hier geht. Solltest du dich in Mantua also nicht wohlfühlen, kannst du auch hier bleiben. Ich will dich nur weiter so Lächeln sehen."

  • Seneca sah sie nicht einmal an, als sie ihm erklärte was ihren Bruder umtrieb. Seiana schloss kurz die Augen und erlaubte sich, für einen winzigen Moment nur, sich zu wünschen die Dinge lägen anders. Aber es brachte nichts, sich zu wünschen oder auch nur daran zu denken, dass es einfacher sein könnte, also versuchte sie die Gedanken daran wieder zu vertreiben. „Ich weiß“, erwiderte sie leise. „Ich sage nicht, dass er Recht hat.“ Bei den Göttern, sie wusste sie ja nicht einmal wer Recht hatte. Oder ob man in seiner Angelegenheit wie dieser überhaupt davon sprechen konnte, auch wenn ihr Bruder das ziemlich eindeutig sah – in diesem Fall: alle anderen hatten ihn enttäuscht, verraten, verkauft. Eine Zeitlang hatte er wirklich die ganze Welt gegen sich geglaubt, so sehr, dass er noch nicht einmal hatte wertschätzen können was es bedeutete, dass er nicht mit dem Tod, nicht einmal mit Exil bestraft worden war. „Und ich sage erst recht nicht, dass es in Ordnung ist, wie lange er diesen Groll nun schon mit sich schleppt. Es tut ihm selbst nicht gut. Aber...“ Ein wenig hilflos zuckte sie die Achseln. „Ich wollte dich vorwarnen. Auch das wird nicht einfach.“ Unschlüssig und immer noch hilflos musterte sie ihn. Sie konnte sehen, dass ihn gerade etwas umtrieb, dass er an etwas zu knabbern hatte, und bei dem worüber sie gerade sprachen, war es nicht schwer sich zu denken, dass es um den Krieg ging. Aber sie wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Sie wollte ihm helfen, aber sie wusste nicht wie. „Wenn du... reden willst... Du weißt, dass du das mit mir kannst. Ja?“


    Die Erleichterung hielt immer noch vor, erst recht als er zustimmte, dass die decimischen Landgüter in den Albaner Bergen in Frage kamen. Das würde es um so vieles einfacher machen. Sie lächelte flüchtig und nickte. „Sehr gut. Dann machen wir das hier.“ Alles andere würde weniger ein Problem darstellen, die weitere Organisation konnte im Zweifel komplett Bediensteten übergeben werden. Was Seiana auch vorhatte, größtenteils jedenfalls. Sie verschränkte ihre Finger mit seinen und musste bei seinen nächsten Worten unwillkürlich erneut lächeln. „Mach dich nicht lächerlich. Was soll ich hier, wenn wir verheiratet sind und du in Mantua lebst? Wir finden dort irgendwas.“ Er hatte ihr gesagt, was Seiana zum nächsten Thema brachte, das nicht unbedingt einfach war... aber wenn sie schon dabei waren, konnte sie das auch gleich hinter sich bringen. „Und Silana kommt selbstverständlich mit. Nur... wir sollten irgendwann entscheiden, was wir mit ihr machen. Wir haben zwar noch Zeit, so lange sie so jung ist, aber trotzdem sollten wir das nicht zu lange aufschieben.“ Sie zögerte kurz. Sie hatte lange nachgedacht, wie sie es mit dem Mädchen anstellen sollten. Wie sie aufwachsen sollte, mit welchem Namen, welchem Status, welcher offiziellen Beziehung zu ihnen. Sie hatte über ihre eigenen Ideen nachgedacht, über Faustus' Vorschläge, hatte sie verworfen und wieder aufgenommen und wieder verworfen. Irgendeinen Nachteil gab es immer, bei jeder Variante. Was in ihren Augen zum eigentlichen Problem werden könnte war allerdings, dass sie befürchtete Seneca könnte diese Nachteile anders gewichten als sie, und deswegen ein völlig anderes Vorgehen wünschen als das, von dem sie glaubte dass es wohl das Beste war. „Wir könnten es so machen, wie ich es ursprünglich vorhatte: dass ich sie als Kind entfernter Verwandten von mir ausgebe, das ich in meine Obhut genommen habe, nachdem diese gestorben sind. Nach der Hochzeit, wenn einige Zeit vergangen ist und es keinem mehr seltsam vorkommt, könntest du sie dann adoptieren.“

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