[Trans Tiberim] Tarpeia – Ein Stück von Liebe und Wahn

  • Kein Problem, Initiand Serapio, blablabla, hörte Avianus den Germanicus antworten, und filterte heraus, dass soweit zumindest alles in Ordnung war, während er bereits damit beschäftigt war, den Kerl in der Tür hinter den Wächtern zu mustern. Der war nämlich um einiges interessanter.
    "Gute Arbeit", meinte er noch zu seinem Miles, war aber in Gedanken bereits ganz wo anders. Das Gesicht im Türspalt war ihm nicht unbekannt und er benötigte einige Augenblicke, um zu realisieren, dass er sich mit seiner Ahnung nicht irrte, jedenfalls nicht, wenn seine Sinne ihn nicht täuschten, und das hatten sie noch nie getan. Ganz und gar unmöglich, dachte er dennoch, und wusste gar nicht recht, wie er reagieren sollte. Der Serapio? Das war doch vollkommen verrückt.
    "Decimus Serapio …?", stellte er dem Gesicht in der Tür mehr oder weniger eine Frage, und hatte gleichzeitig schon zehn andere im Kopf. Etwa: Was zum Teufel hatte ausgerechnet er mit abgestochenen Händlern und Dieben zu tun? Oder hatte man ihn und seine Leute schlicht einer falschen Spur hinterhergeschickt? Oder war hinter der Sache wirklich mehr, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte?
    "Könnten wir ein paar Worte wechseln?", versuchte er sich an einem Anfang. Sich vorzustellen schien ihm unnötig, seit der Germanicus zuvor seinen Rang und Namen genannt hatte.




  • Als ich den kantigen jungen Mann da so allein im Gang stehen sah, glaubte ich mich zu allererst einem Angestellten des Theaters gegenüber. Bei der Ansprache 'Salve Civis' ging mir auf, dass er wohl doch leider ein Stadtsoldat war. Hatte er Dives begleitet, hatte der ihn geschickt, um mir noch mehr liebevolle Worte zu überbringen?
    Nein – Castus war der Übeltäter, der ihn auf meine Spur gebracht hatte. Castus? Der sanftmütige Kapellmeister? Ich verspürte den Stich des Verrates, den bitteren Groll des Hintergangen-Werdens, der, seitdem alle Welt und so gut wie alle "Freunde" mich so ausserordentlich behände hatten fallen lassen, stets und stark bereit war aufzuwallen. - Zugleich gefiel es mir gar nicht zu hören, dass dieser Urbaner anscheinend im Tempel nach mir geforscht hatte. Dass ich nicht in mein verborgenes Leben dort zurückkehren konnte, das stand zwar ohnehin fest, wegen Borkan, aber trotzdem war es mir natürlich nicht egal was die Priester und Brüder von mir dachten, oder ob sie durch mich in Schwierigkeiten gerieten.


    Mit einem Mal fegte dann noch ein Schwung Soldaten in zivil herein. Es wurde eng in dem Korridor, meine Leibwächter warfen sich in kampfbereite Pose, und ich für meinen Teil wurde etwas blass um die Nase, als ich den Namen des jungen Optios hörte, und darauf auch sein Gesicht wiedererkannte. Iunius Avianus. Denn diesen Namen brachte ich sehr eindeutig mit der Garde in Verbindung, hatte ich doch damals den Versetzungsbefehl selbst gegeben. Prätorianer, die hinter mir her waren?! Wollte der senile Giftgreis mich nun doch umlegen lassen, oder wieder einkerkern?! Wie traurig-absurd wäre das denn, wenn ausgerechnet der Sohn meines gefallenen Kameraden das anführte? Eine flaue Leere breitete sich in meinem Magen aus, und ein kaltes Kribbeln lief über meine Kopfhaut hinweg.
    Du siehst Lemuren, Faustus! Sicherlich ist es nur wegen des Händlermordes. sagte ich mir, und dass es gewiss nur Urbaner waren, doch meine Hand war fest um den Türrahmen gekrallt, und ich hatte den dringenden Impuls, die Türe zuzuknallen, und... Fersengeld zu geben, während die Custodes meinen Rückzug deckten? Wie unwürdig.....oder mich hinter der mottenzerfressenen Hydra zu verstecken, und zu hoffen dass sie mich nicht entdeckten, oder in einem Kranichkostüm zu tarnen, und gladiusschwingend aus dem Hinterhalt zu attackieren? Nnnnein.


    Ich will mal behaupten, dass ich trotzdem nicht mit der Wimper zuckte und mit dem Anschein von kaltblütiger Gelassenheit dem jungen Optio ins Auge sah. Er wirkte, dafür dass er mich gesucht hatte, erstaunlich verblüfft, mich gefunden zu haben. Ach. 'Initiand Serapio'. Falls sie nur danach gesucht haben sollten – Castus kannte ja meinen Gensnamen nicht - wäre ich in all meiner abgewrackten Pracht natürlich eine Überraschung.
    "...Sicher." antwortete ich reserviert, "Tritt ein, Optio."
    Und "Lasst ihn durch." gebot ich den Leibwächtern. Das taten sie (und falls er einen seiner Begleiter dabeihaben wollte würden sie auch diesen mit reinlassen.) Einer der Wächter kam auch mit rein, zwei blieben draussen. Darauf schloss ich die Türe wieder, und wies mit ironischer Gastgeber-Geste auf die absonderlichen Sitzgelegenheiten.
    "Nimm Platz." forderte ich Iunius auf, setzte mich selbst wieder auf die Bordwand der "Argo", so als wäre dies hier mein Officium in dem ich jeden Tag Besucher empfinge.
    "Was führt euch zu mir?"




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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Avianus nickte, als die Leibwächter ihn passieren ließen, und betrat seinen Leuten voranschreitend das Kulissenlager. "Danke, Decimus", meinte er knapp.
    Nie im Leben wäre er auf die Idee gekommen, am heutigen Tag in irgendeinem Lagerraum hinter einem Theater auf seinen ehemaligen Vorgesetzten zu treffen, der ihn zwar vermutlich nicht kannte – immerhin war er damals nur Miles gewesen –, aber es reichte ihm bereits, selbst zu wissen, wer der Decimus war. Und Avianus hatte noch immer eine gewaltige Menge Respekt vor dem Mann, was auch immer in der Zwischenzeit geschehen war. Natürlich war die Herrschaft Palmas der Karriere des ehemaligen Praefectus Praetorio nicht förderlich gewesen. Der konnte wahrscheinlich froh sein, noch zu Leben. Dennoch verband der Iunius das Gesicht, das er nun vor sich hatte, noch immer in gewisser Weise mit den Praetorianern. Praetorianer zu sein… damit hörte man nicht einfach auf, wusste er selbst. Und man hatte schließlich auf derselben Seite gestanden, und der einzige Grund, weshalb er unbeschadet durch den Krieg gekommen war, war Glück gewesen kein Offizier zu sein.
    Er folgte der Aufforderung des Decimus, nahm auf einer Truhe Platz und lehnte sich an die recht eindimensionale Nachbildung eines Triumphbogens in seinem Rücken, und sah sich noch einen Augenblick um, zwischen den seltsamen Kulissen. Gebäude, Schiffe, phantastische Wesen, zusammengeschustert aus Holz, Stoff und Leim. Wie seltsam das alles war ... der Ort genauso wie die Situation.
    "Wir sind auf der Suche nach einem Peregrinus, der vor einiger Zeit mögliches Beweismaterial von der Leiche eines ermordeten Händlers entwendet hat. Wir konnten seine Spur bis zum Tempel des Serapis in Trans Tiberim zurückverfolgen. Dort ist er scheinbar gemeinsam mit einem gewissen Serapio verschwunden", umriss er kurz die vergangenen Ereignisse und blickte den Decimus fragend an, "Ich gehe davon aus, du weißt wovon ich spreche." – Es sei denn natürlich, sie hatten den falschen Serapio.
    "Kannst du uns etwas dazu sagen? Was weißt du über diesen Peregrinus?", fragte er nicht unfreundlich, denn er ging schon davon aus, dass der Ex-Praefectus mit ihnen zusammenarbeiten würde, oder zumindest nicht gegen sie. "Weißt du vielleicht, wo er sich aufhält?"




  • Mich in Schweigen hüllend, musterte ich den jungen Mann. Borkan suchten sie also. Wie gut dass er sich bereits aus dem Staub gemacht hatte.
    Hm... Es war sicher nicht leicht gewesen, seine Spur aufzunehmen... und auch mich hier zu finden, das war schon eine Leistung, die von Hartnäckigkeit zeugte. Vielleicht war das ein Zeichen, diese Ermittlung, von der ich nach Dives Komödiantenauftritt ohnehin die Schnauze gestrichen voll hatte, aufzugeben, und sie endlich denen zu überlassen die dafür bezahlt wurden. Sollte doch mal jemand anders die Wahrheit aus dem Schmutz wühlen (die am Ende eh niemand würde hören wollen.)
    So überlegte ich resigniert, doch dann gefror meine Miene, und zwar an der Stelle, als Iunius ohne Umschweife begann, mir seine Fragen zu stellen, auf eine Weise als wolle er mich verhören. Für einen kleinen Optio, der zu meiner Zeit im Exercitus so himmelweit unter mir gestanden hatte, zeigte er sich verdammt respektlos. Zwischen uns lagen Welten, und auch wenn ich alles verloren hatte - anders als die Wendehälse, die den Namen der Garde durch kampflose Kapitulation und geschmeidiges Überlaufen zu Feind entehrt hatten – ich würde den Hades tun, mich von diesem Jungspund verhören zu lassen wie ein kriminelles Subjekt.
    Seine voreiligen Fragen ließ ich unbeantwortet im Raum nachklingen, blickte ihn unverwandt an, und erwiderte schließlich unterkühlt:
    "Zuerst einmal, Optio: auf wessen Befehl ermittelst du? Weiß der senatorische Tribun Iulius davon?"




  • Der Decimus traute ihm nicht recht über den Weg, soviel stand schon einmal fest: In seinem Gesicht rührte sich kaum etwas, er sagte nicht mehr als unbedingt notwendig und stellte nun ihm Fragen, anstatt Antworten auf jene des Iuniers zu geben.
    Avianus runzelte die Stirn und blickte den Decimus irritiert an, unsicher, wie der plötzlich auf den Namen ausgerechnet seines Tribuns zu sprechen kam, über den bisher kein Wort gefallen war. Abgesehen davon gab es bei den Cohortes Urbanae mehr als nur einen Tribunus. Es sei denn natürlich, er wusste, dass gerade dieser iulische Tribun möglicherweise in die Sache verwickelt war, wenn auch unfreiwillig. Dann erklärte sich natürlich, weshalb ausgerechnet dieser eine Name gefallen war.
    "Genau dieser Tribunus Iulius ist mein Vorgesetzter, und er ist es auch, der diese Ermittlungen angeordnet hat, falls das deine Fragen beantwortet", ließ er den Decimus bereitwillig wissen, selbst wenn ihn seine Befehle eigentlich rein gar nichts angingen. Ganz so einfach war es dann eben doch nicht, aus dem ehemaligen Vorgesetzten herauszubekommen, was man wissen wollte, also spielte er einfach mit und hoffte, es würde sich auszahlen. "Ich will hier nur meine Arbeit machen, Decimus", stellte er schlussendlich klar, während sein Blick noch immer auf dem Decimer ruhte, allerdings bei weitem nicht so eisig wie der seines Gegenübers. "Wir haben die Vermutung, dass der Mörder nicht nur ein Verrückter war und es diesen Händler nicht nur aus reinem Zufall getroffen hat, sondern jemand speziell diesen Mann loswerden wollte. Wir wollen lediglich wissen wer." Hieß so viel wie: Wer nicht dieser jemand war, hatte nichts zu befürchten.



  • Ich will hier nur meine Arbeit machen – das war ein Satz, der mir auch schon das ein oder andere Mal über die Lippen gekommen war... gegenüber unkooperativen Bürgern und sich an nichts erinnern wollenden Zeugen und so weiter und so fort... Der Satz erinnerte mich dann doch irgendwie daran, dass es wichtigeres gab als meinen verwundeten Stolz, zum Beispiel Borkans Sicherheit und dass die Sergia nicht immer wieder ungestraft davon kam.


    "Diese Vermutung teile ich." antwortete ich darum etwas zugänglicher.
    "Du irrst dich allerdings insofern, als der besagte Peregrinus nichts von der Leiche des ermordeten Händlers an sich genommen hat, sondern von der des Attentäters. Er sah diesen bizarren Mord mitsamt Selbstmord, war schockiert und stellte sich genau die gleiche Frage wie ihr sie euch stellt – wer steckt dahinter? Darum besah er sich den Leichnam des Attentäters genauer, und als er eine Botschaft bei ihm fand, nahm er diese geistesgegenwärtig an sich, damit sie nicht durch plündernde Leichenfledderer verloren ginge.
    Er kam damit zu mir, denn er weiß um meine Vergangenheit, und wir haben... ein paar Überlegungen angestellt. Du kannst die Suche nach dem Peregrinus also getrost aufgeben, ich kann dir ebensogut Auskunft geben. - Jedoch... solltest du darauf gefasst sein, dass deine Ermittlungen, wenn sie weiter voranschreiten, dem senatorischen Tribun ein Dorn im Auge sein werden."

    Ob Dives versuchen würde, es zu vertuschen, oder einfach so tun würde als sähe er nichts, oder sogar (hoffentlich nicht...) seine wirrköpfigen Anschuldigungen gegen mich weiter verbreiten würde?
    "Du scheinst mir ein tatkräftiger und scharfsinniger junger Mann zu sein, Iunius. So wie es auch dein Vater einst war. Kannst du mir zusichern, dass ihr den Peregrinus unbehelligt lasst? Und dass du diese Ermittlung weiter verfolgen wirst, auch wenn Iulius versuchen wird, die Angelegenheit zu verschleiern?" fragte ich, ihn prüfend begutachtend. Das gute war ja, dass senatorische Tribunen nur Praktikanten waren, die kamen, mehr oder weniger nutzlos ihre Zeit absaßen und dann wieder gingen, so dass Dives auf die Dauer keinen Einfluß mehr darauf haben würde.
    "Dann kann ich dir so einiges sagen."




  • Am liebsten hätte er sich die Hand an die Stirn geschlagen. Da kaute er die Geschichte des ermordeten Händlers zehnmal korrekt durch, und ausgerechnet vor seinem ehemaligen Praefectus unterlief ihm ein Irrtum.
    "Äh ja, richtig … vom Attentäter …", stimmte Avianus dem Decimus schlussendlich zu. Aber gut, solange Versprecher seine gröbsten Fehler blieben, konnte er vermutlich froh sein, und ohnehin waren längst andere Themen interessanter.
    Denn inzwischen bekam er doch ein wenig mehr zu hören, dabei fragte er sich allerdings, ob der Vorschlag, der ihm gemacht wurde nicht etwa ein Witz sein sollte. Der Decimus bestand darauf, vorerst ihre einzige Informationsquelle zu sein, die ihnen im Grunde erzählen konnte was sie wollte, und im selben Atemzug gab er zu verstehen, dass der Tribunus Iulius wenig Freude daran haben würde, die Urbaner trotzdem weiter ermitteln sollten, selbst wenn sich der Tribunus dagegen stellte, und diesen Forderungen sollte er zustimmen, bevor er überhaupt erführe was der ganze Mist überhaupt sollte. Da konnte man dem Iunier wohl kaum übel nehmen, dass er vorerst skeptisch blieb.
    "Ich soll also dich, ohne deine Absichten zu kennen, als meine vorerst einzige Informationsquelle heranziehen, und zustimmen, gegen meinen Tribunus zu arbeiten, und selbst dann weiter zu ermitteln, wenn der Iulius sich dagegen stellt, und all das ohne jegliche Hintergrundinformationen?", fragte er zur Sicherheit noch einmal ruhig, wenn auch wenig begeistert, um sicherzugehen, dass er alles richtig verstanden hatte, "Du verstehst bestimmt, dass ich mir gerne selbst ein Bild von der Situation machen würde, um anschließend zu entscheiden, wie am besten weiter zu verfahren wäre. Das soll nicht heißen, dass ich dir misstraue, aber ich kann nicht behaupten, dich wirklich zu kennen. Und du weißt sicherlich, wie sich dein Vorschlag für jemanden anhören muss, der dich im Grunde nicht kennt. Ich will nicht aus Unwissenheit auf der falschen Seite irgendwelcher Streitigkeiten landen. Von mir aus lassen wir deinen Peregrinus in Ruhe, aber was den Rest angeht, würde ich gerne selbst eine Entscheidung treffen, sobald ich weiß, worum es überhaupt geht oder wenigstens ein paar Informationen mehr habe."



  • Was hier so alles rumstand! Antias war schlichtweg fasziniert. Hatte beim Betreten des vollgestopften Raumes seine Aufmerksamkeit noch ausschließlich der Hintertür gegolten, so nahm ihn jetzt die seltsame Atmosphäre zwischen all den Requisiten völlig gefangen. Daran, dass in Roma jeder noch so unwichtige Nebenraum über mindestens eine Hintertür verfügte, hatte er sich schon gewöhnt. Aber so etwas sah man wirklich nicht alle Tage! Als hätten die Götter die Geschichte zusammengefegt und hier einen Teil davon zurückgelassen. Allerlei Säulen lehnten an den Wänden, Teile von Brüstungen standen herum, eine der Länge nach halbierte Triere, die hölzernen Einzelteile eines gewaltigen Gaules, Rüstungen aller Epochen, Helme, Schilde, ein zerlegter Streitwagen, aus Korbgeflecht und Lehm geformte Tierköpfe und Standbilder, das reinste Elysium für kühne Jugendträume.


    Wie gerne hätte er hier herumgestöbert, sich eine der vielen Masken übergezogen, die wohlgeordnet auf den Wandbrettern lagen, oder sich in einen bronzenen Glockenpanzer gezwängt, gleich eines Perseus, eines Ajax, eines Leonidas! Nur die Ruhe, alberner junger Titus, gemahnte er sich selbst, all dies ist nur Fassade, nur ein Abklatsch der Realität! Richtig, die Realität. Die Realität wollte es, dass er in wenig heroischer Aufmachung reglos und kommentarlos drei Schritte hinter seinem Optio verharrte und bestenfalls dabei lernte, die richtigen Fragen zu stellen. Den Serapio, der offensichtlich weit mehr war als ein gewöhnlicher Initiand, endlich ausfindig gemacht zu haben, erfüllte ihn durchaus mit einiger Genugtuung, auch wenn er nicht wusste, was ihnen das letztlich einbringen würde. Dieser aristokratisch wirkende Mann hatte die Tabula nicht entwendet, noch hatte er irgend etwas mit den bizarren Geschehnissen auf dem Mercatus zu tun, gut möglich, dass die Urbaner nie eine Antwort auf all die offenen Fragen erhalten würden. Nur mit verminderter Aufmerksamkeit dem Hin und Her des Gespräches folgend, wanderten Antias’ Blicke wieder träumerisch in den Requisiten umher.


  • "Bedenke mit wem du sprichst." wies ich den jungen Iunier scharf zurecht. Er hatte unter mir gedient, er kannte meinen Ruf, und quatschte mich doch so unverschämt an als hätten wir früher zusammen Schweine gehütet.
    "Erdreistest du dich gerade tatsächlich, mir zu unterstellen, es ginge hier um persönliche Streitigkeiten?" Verärgert schüttelte ich den Kopf. "Ich muß mich wohl verhört haben, Optio. - So du deine Ermittlungen bisher sauber durchgeführt hast, so sollte dir nicht entgangen sein, dass der Ermordete vor seinem Tod eine etwas heikle Geschichte über eine Vestalin in spe weitererzählt hat. Ein Mädchen, welches zufällig die Adoptivtochter des senatorischen Tribuns Iulius ist."
    Ich konnte nicht glauben, dass ihnen dieser Zusammenhang nicht aufgefallen war. Dafür hätte man doch sehr schlampig ermitteln müssen, und die Hartnäckigkeit mit der sie sich an Borkans Fersen geheftet hatten, die sprach für das Gegenteil von schlampig.
    "Du verkennst die Situation, Optio, wenn du meinst, es ginge hier darum, für oder gegen Iulius zu arbeiten. Es geht einzig und allein darum, dieses sonderbare Verbrechen aufzuklären, dessen ungeachtet was Iulius dazu meint. Er kann diese Ermittlung, allein dadurch dass der Name seiner Familie darin fällt, nicht mehr unvoreingenommen betrachten. Das..." Ich zögerte, fuhr dann aber doch fort, nun an beide Urbaner gerichtet: "...hat sich gerade bestätigt. Ich habe nämlich versucht, ihn über das was ich herausgefunden habe in Kenntnis zu setzen." Müde und entnervt von dem ganzen Geschrei das daraus entstanden war, rieb ich mir mit zwei Finger die Nasenwurzel. "Er wollte aber nicht einmal zuhören. Letztendlich... führt kein Weg daran vorbei, dem Stadtpräfekten direkt über diese ganze seltsame Angelegenheit Bericht zu erstatten."
    Worauf ich natürlich so gar nicht scharf war. Ich ahnte ja nicht, dass mein Vater mir schon bald die Hand reichen würde, und wir das Zerwürfnis kitten und uns wieder versöhnen würden.
    "Ihr werdet verstehen warum, wenn ihr euch die besagte Tabula anseht..."
    Mit diesen Worten holte ich das Objekt der Begierde hervor und zeigte es den beiden, erst einmal stumm ihre Reaktionen beim Lesen verfolgend.



    DER SYRER HAT SEINEN ZWECK ERFÜLLT. DAS GERÜCHT IST IM UMLAUF. JETZT LASS IHN SEINE BEZAHLUNG ERHALTEN UND BEREITE SEINEM LEBEN EIN ENDE. DANACH, WENN DIR DIE LEBEN DEINER FRAU UND KINDER DAS WERT SIND, BEENDE AUCH DEIN EIGENES LEBEN. SEI GRÜNDLICH UND LÖSCHE AUCH DIESE TABULA, BEVOR DU ZUR TAT SCHREITEST.


    MIT ERWARTUNGSVOLLEM GRUSS DEINES KLEINEN SOHNES




  • Mit wem er sprach? Avianus blickte den Decimus etwas überrascht an. Er hatte nicht vorgehabt, jemanden zu verärgern, und seine Einwände für völlig gerechtfertigt gehalten. Gut, er hatte sich in der Vergangenheit schon mehrere Male gehörig im Ton vergriffen, sodass es auch heute nicht weiter verwunderlich wäre, zurzeit hatte er sich allerdings recht gut im Griff, so dachte er zumindest.
    Der Decimus allerdings verstand anscheinend nicht, dass er längst kein Prätorianer mehr war. Er war auch nicht mehr sein Vorgesetzter. Er war ein in Ungnade gefallener Eques, der sich in Ermittlungen der Cohortes Urbanae einmischte. Was für den Iunius im Grunde kein Problem darstellte, solange es ihnen einen Vorteil brachte.
    "Woher soll ich wissen, ob es um persönliche Streitigkeiten geht?", fragte er leicht irritiert die Stirn runzelnd, aber noch immer ruhig, "Es sieht mir nur so aus, als wärst du auffällig interessiert an diesen Ermittlungen, aus welchem Grund auch immer …"
    Avianus kratzte sich leise seufzend das Kinn. Er hätte erwartet, dass es weniger anstrengend werden würde. Vermutlich weil er einen anderen Serapio erwartet hatte. Aber manche Dinge konnte man sich eben nicht aussuchen. Blöd gelaufen.
    Zumindest ging etwas vorwärts, und er erfuhr ein wenig mehr darüber, wo der Decimus in diesem Wirrwarr von Geschehnissen stand. Und er reichte ihnen eine Tabula. Nein, nicht irgendeine. Die Tabula – sagte er jedenfalls.
    Während er das auf der Wachstafel geschriebene erneut überflog und sich dabei Falten in seine Stirn gruben, blieb er stumm, und blickte im Anschluss erst von der Tabula zum Germanicus, um zu sehen, ob der etwas dazu zu sagen hatte, und anschließend wieder zum Decimus.
    "Wir wissen von der Tochter des Tribunus. Allerdings hatten wir bisher keinen stichhaltigen Beweis dafür, dass der Mord etwas mit den Gerüchten zu tun hat, die über sie in Umlauf gebracht wurden …", erklärte er erst, und ließ alles andere vorerst beiseite, etwa Kleinigkeiten wie weshalb der Täter die Tafel entgegen der Anweisung offenbar nicht gelöscht hatte. "Ist das die Tabula, die der Mörder bei sich hatte? Was sollen wir jetzt verstehen? Da steht nicht mehr, als wir bereits vermutet hatten." Er wurde seine Verwirrung einfach nicht los, und fragte sich inzwischen, ob es an ihm lag. Ob er etwas übersehen hatte. Seine Arbeit nicht gut genug gemacht hatte. Aber auf der Tabula stand im Grunde nichts. Kein neuer Anhaltspunkt, kein Auftraggeber, keine Namen. Nichts. Ein enttäuschendes Ergebnis.
    "Wenn du lediglich daran interessiert bist, die Wahrheit aufzudecken, ist das ja schön und gut. Wir wollen dasselbe, wenn das hier alles ist, sehe ich aber schwarz."



  • Der harsche Ton des Befragten riss Antias endgültig aus seinen schwärmerischen Tagträumen. Was war hier eigentlich los? Der Optio solle bedenken, mit wem er sprach? Also wusste Avianus mit wem er da sprach? Schön für die beiden. Verwirrt trat Antias einen Schritt näher, blickte mit gerunzelter Stirn von einem zum anderen und fragte sich fieberhaft, ob ihm da etwas Elementares entgangen war. Dieser Serapio war ein Decimer, das hatte Antias soweit kapiert. Auch die Reaktion des Optios auf die Nennung dieses Namens war ihm nicht entgangen. Dennoch schienen sich beide Männer noch nie begegnet zu sein, was bedeutete, dass man diesen Serapio kennen musste. Nun ja, Antias jedenfalls kannte ihn nicht. Er wusste nur, dass der Decimus noch vor einigen Tagen Initiand des Serapistempel gewesen war, mehr nicht.


    Den Optio hier und jetzt um Aufklärung zu bitten kam selbstredend überhaupt nicht infrage. Besser, Antias hielt die Klappe und inspizierte weiter die unzähligen Requisiten. Allein, Neugier und Empörung hielten ihn davon ab. Die Neugier galt natürlich dieser verfluchten Tabula, an deren wirklicher Existenz er schon fast zu zweifeln begonnen hatte, die Empörung dagegen galt den ungehalten vorgetragenen Zweifeln an der Qualität ihrer Ermittlungen. Aber sicher wussten sie von diesen Gerüchten! Mehr noch, auch sie hatten bereits die Erfahrung gemacht, dass der Tribunus zu mauern begann, sobald seine Rolle darin zur Sprache gebracht wurde. Es viel verdammt schwer, den Mund zu halten, aber Avianus war nicht umsonst Optio, der wusste schon, was er tat.


    Dann geschah, womit Antias schon nicht mehr gerechnet hatte: Der Decimus brachte die Tabula zum Vorschein. Antias schluckte seine Erregung mühsam hinter, trat noch etwas näher und las. Der letzte Satz brachte etwas in ihm zum Köcheln, was er im Moment ganz und gar nicht gebrauchen konnte. Mit erwartungsvollem Gruß deines kleinen Sohnes. Er schluckte noch einmal, es half nichts. Der Zorn stieg in ihm hoch wie verdorbener Fisch. Irgendein von den Göttern verdammtes elendes Dreckschwein hatte diese Zeilen geschrieben. .. deines kleinen Sohnes ..


    Räuspernd wandte er sich ab und hustete ein paar mal in die hohle Hand. Das half schließlich. Verdammt! Er musste das sachlich betrachten! Der Optio reagierte da schon erheblich gefasster. Avianus hatte recht, all zuviel Neues lieferte die Tabula tatsächlich nicht, aber sie entlastete wenigstens den Tribunus. Nun war endgültig klar, dass der Iulier seine Finger nicht im Spiel gehabt hatte. Nicht das Opfer der Gerüchte hatte den Schwätzer zum Schweigen gebracht, sondern deren Urheber, jemand, dem eine Menge daran liegen musste, Dives zu schaden. Das war doch schonmal was.
    Während er sich noch immer um den Anschein sachlicher Abgeklärtheit mühte, rutsche Antias dann doch eine Frage heraus. „Wenn die Frage erlaubt ist, Civis Decimus, was hältst du selbst von dieser .... Nachricht?“


  • Hatte der Iunier denn bei der Garde nicht gelernt, wie man jemanden aushorchte? Oder versuchte er sich gerade daran, den Rüpel-Urbaner zu mimen, damit ich dann dem anderen alles erzählte? Wenn, dann gelang es ihm damit nur, mich, der ich doch eigentlich von mir aus schon ein großes Interesse daran hatte, die Urbaner über die Ergebnisse meiner Ermittlung zu informieren, zum zweifeln zu bringen ob das wirklich sinnvoll war. Oder nur verschwendeter Atem. Indigniert erhob ich mich.
    "Lass dir gesagt sein Iunius, dass du auf diese Weise als Ermittler nicht weit kommen wirst. Beweise fliegen einem im seltensten Falle wie gebratene Tauben in den Mund. Beobachten, zuhören, hinterfragen, geduldig weiterforschen – den Kopf zum Denken benutzen, und nicht wie einen Rammbock – dies ist das notwendige Handwerkszeug."
    Ob es vielleicht daran lag, dass ich als privater Ermittler unterwegs war? In den Schundgeschichten, die ich früher so gern gegelesen hatte, da traffen die genialen privaten Ermittler auch immer auf ausgesprochen tumbe Urbaner. Vielleicht war das in der Realität ja so ähnlich. Ich konnte mich zwar nicht daran erinnern, als Urbaner damals bei solchen Begegnungen besonders tumb gewesen zu sein, oder besonders geniale private Schnüffler getroffen zu haben...?
    Womöglich alles eine Frage der Perspektive.


    Der Miles begutachtete das Indiz allerdings wesentlich aufmerksamer als sein Vorgesetzter. Er hatte einen aufgeweckten, klaren Blick, und dann war ihm mit einem Mal deutlich die Empörung anzusehen. Darum erbarmte ich mich, und erklärte ihm auf seine Frage hin:
    "Wenn du diese Tabula betrachtest, Miles, musst du zugleich den gesamten Fall ins Auge fassen.
    Primum: Die Tötung des Händlers hat etwas hochgradig inszeniertes. Am hellichten Tage – auf dem belebten Markt – und zudem durch einen Mann, der sich gleich darauf selbst ersticht. Ginge es nur darum, jemanden aus dem Weg zu räumen, gäbe es wesentlich einfachere Wege. Doch all dies, was da aufgeboten wurde, ist dazu geeignet, maximale Aufmerksamkeit zu erregen.
    Secundum: Wenn wir den Inhalt der Nachricht noch kurz beiseite lassen - einen Sicarius aufzutreiben, der sich nach der Tat selbst ersticht, das ist verteufelt schwierig. Auch Mörder hängen an ihrem Leben. - Was also kann einen Menschen dazu bringen? Fanatismus. Doch selbst iudäische Zeloten nehmen ihren eigenen Tod eher in Kauf, als dass sie sich selbst entleiben würden. Eine Beziehungstat. In Konstellationen von Eifersucht und Verzweiflung kann es im Ausnahmefall zu einem solchen Mord kommen – doch dazu passt das Vorhandensein der Tabula wiederum nicht. Viel Geld für Hinterbliebene, extreme Furcht, Drohungen gegen Nahestehende, das sind mögliche Antriebsfaktoren. (Und Wahnsinn. Aber Wahnsinn zieht immer, und du solltest ihn erst als ultima ratio in Betracht ziehen.) Ergo – allein dies spricht für einen Auftraggeber mit einem gewissen Vermögen und/oder dem Talent zur Erpressung."

    Sobald ich einmal anfing mit dem dozieren, da packte mich trotz allem wieder die Faszination daran, einen Fall Steinchen für Steinchen zu betrachten und nach und nach herauszupuzzeln welche Mosaikbilder sich daraus zusammensetzen ließen.
    "Tertium: Die Tabula. Regelmäßiges Schriftbild, korrektes Latein, keine Rechtschreibfehler. Spricht für einen gebildeten Auftraggeber. Oder gebildeten Komplizen des Auftraggebers, versteht sich.
    Doch etwas macht stutzig an dieser Tabula."

    Ob es ihm bereits aufgefallen war?
    "Es steht darauf, der Mörder solle sie ausstreichen. Doch das ist kaum geschehen, wir können sie noch immer gut lesen. Würde ein Mann, der erpresst wird und der, um seine Frau und seine Kinder zu retten, die ungeheuerliche Tat begeht, nicht nur zu morden sondern auch sich selbst zu töten, würde ein solcher Mann eine so einfache Anweisung missachten? Nein. Er würde nicht das Risiko eingehen, dass der Erpresser die Drohung wahr macht und die Familie ermordet. Er hätte die Tabula ebenso gewissenhaft gelöscht, wie er das Leben des Händers ausgelöscht hat.
    Ergo – diese Tabula ist dazu gedacht, gefunden zu werden. Sie ist eine plump gelegte falsche Fährte.
    Quartum solltest du fragen, Miles: Cui bono? Wer profitiert davon, wenn öffentlichkeitswirksam ein Mann abgestochen wird, der kurz zuvor noch erzählt hat: 'das Iuliermädchen, das Vestalin werden will, hat Unzucht getrieben'. Und wenn durch die Tabula gleichzeitig verbreitet wird: die Geschichte von Iulias Eskapaden sei nur eine böswillige Verleumdung, in Auftrag gegeben von demselben Schurken, der auch den Mord plus Selbstmord veranlasst habe."

    Ich fixierte den Miles, gespannt auf seine Antwort.
    "Rein hypothetisch Miles, ganz spontan ins Blaue hinein gedacht, welche Personen würden davon profitieren?"



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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Avianus lehnte sich stumm zurück. Ein wenig eigen war er schon, der Decimus, und gerade eben hatte sich Avianus noch zurückhalten müssen, seinem Gegenüber nicht die eigene Meinung an den Kopf zu pfeffern, erst recht nachdem er nicht nur eine Standpauke kassiert hatte, sondern danach auch noch mehr oder weniger ignoriert wurde, als hätte er keine Ahnung, worum es bei der ganzen Sache ging. Dazu konnte er wohl kaum schweigen.
    Doch die Ausführungen des Decimers hatten all die Notizen, die sich wie in Stein gemeißelt in seinem Kopf festgesetzt hatten, zerbröckeln und sich neu zusammensetzen lassen, und er erkannte schließlich worauf der Decimus die ganze Zeit über hinauswollte. Er rieb sich das Gesicht, blickte einmal mehr von einem der anwesenden zum Nächsten. Vielleicht hatte er sich zu sehr in ihren Fall hineingesteigert, war durch Torquatas Briefe und die Freundschaft zu ihr zu voreingenommen und emotional an die Ermittlungen herangegangen. Hatte sich womöglich zu sehr vom Gerede des Iuliers einlullen lassen, der ihm deutlich gemacht hatte, die Iulier aus den Ermittlungen herauszuhalten, vor dem er praktisch hatte betteln müssen, um sich zumindest die Sache mit den Gerüchten genauer ansehen zu dürfen.
    "Wenn ich noch etwas dazu sagen darf ... Iulia Torquata persönlich hat mich darüber informiert, dass dieser Mord kein Zufall sein konnte und mich darum gebeten, den Fall zu untersuchen und herauszufinden, wer dabei die Fäden gezogen hat. Sie meinte, jemand wolle ihr schaden …" Entschuldigend blickte er seinen Miles an, der zum ersten Mal davon erfuhr, dass nicht jede Information auch ihn erreicht hatte. Aber den jungen Tiro in fast schon private Angelegenheiten einzuweihen, war ihm damals wenig vorteilhaft erschienen. Er hatte dem Soldat nachher wohl einiges zu erklären.
    "Der Mörder wusste was er tat – seine Stiche waren gezielt gesetzt – wirkte im Grunde aber wie ein armes Schwein, ein Niemand, ohne Geld, welcher nicht viel zu verlieren hatte, vermutlich verhältnismäßig leicht zu einer solchen Tat zu bewegen." Selbst wenn was auf der Tabula stand nicht der Wahrheit entsprach. Aber die Worte des Decimers ließen ihn ohnehin gerade alles anzweifeln. Ob der Täter wirklich nur ein armes Schwein gewesen war, oder ob dieser Eindruck ebenfalls nur zu der riesen Show gehörte, die jemand auf dem Markt veranstaltet hatte. Ob der Täter vielleicht ganz genau gewusst hatte, was er tat, und welche Wirkung es haben würde.
    "Wir haben also bisher vermutet, jemand wolle durch diesen Auftragsmord Iulia Torquata oder den Iuliern selbst schaden …", setzte er seine Reihe zumindest für Außenstehende bisher unzusammenhängender Aussagen fort, für ihn selbst gab jedoch erst jetzt annähernd Sinn, und was er sagte waren lediglich Bruchstücke dessen, was er dachte, "… indem derjenige das Volk dazu bringt zu glauben, die Iulier wären, als Warnung an jeden, der diese Gerüchte verbreitete, für den Mord verantwortlich. Möglich wäre auch gewesen, dass die Iulier selbst etwas damit zu tun haben, dass sie selbst für diese Warnung gesorgt haben ..." Nur hatte ihnen in all jener Zeit die Tabula gefehlt. Und die war, so sagte jedenfalls der Decimus so vorgefunden worden, wie sie ihnen jetzt vorlag. Verwischt? Ja. Gelöscht? Keinesfalls. Der Täter hatte nicht einfach nur vergessen, sie zu löschen. Ihm hatte nicht schlichtweg die Zeit dazu gefehlt. Er hatte sie verwischt, und das für jeden anderen unbefriedigende Ergebnis für ausreichend empfunden.
    Nicht nur der Mord war eine Botschaft, auch die Tabula. Eine Tabula, die nur auf den ersten Blick bestätigte, dass ein Gegner der Iulii dahintersteckte. Und vermutlich, wenn ein Blindfisch wie er einen Blick darauf warf.
    "Jemand, der den Iuliern schaden will, würde wohl dafür Sorge tragen, dass Informationen wie jene, die auf der Tabula stehen, nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Und der Täter war kein Amateur... und seine Familie wollte er ebenfalls nicht retten", schloss er, und obwohl er verstand, verstand er dennoch nicht ganz. "Aber ich kenne meinen Tribunus und dessen Tochter gut genug. Keiner der Familie, den ich kenne, würde eine solche Tat begehen, Decimus Serapio." Und dann stellte sich noch die Frage, ob Torquata ihn absichtlich einer falschen Fährte hinterhergeschickt hätte, den Feind ihrer Familie zu finden.



  • Während er den Worten des Decimers konzentriert lauschte, gingen Antias so einige Lichter auf. Eines war ihm bereits nach den ersten Sätzen klar geworden: Decimus Serapio, wer immer er auch sein mochte, hatte sein bisheriges Leben keinesfalls nur in Tempeln und Theatern verbracht. Dieser Initiand verfügte nicht nur über einen messerscharfen Verstand und eine ebenso geschliffene Eloquenz, mehr noch strahlte er eine Art von abgeklärter Autorität aus, die mit der üblichen Blasiertheit hochgeborener Cives nicht zu erklären war. Einen gelangweilten Müßiggänger hatte Antias hier nicht vor sich, so viel stand schon mal fest. Einmal mehr begann er sich zu fühlen wie ein unbedarfter Provinztrottel, was er im Grunde ja auch noch immer war.


    Unter zustimmenden Nicken ließ er sich die Ausführungen durch den Kopf gehen. Völlig richtig, es gab weit effizientere vor allem heimlichere Wege, sich eines Klatschmauls zu entledigen, als einen Auftragsmord vor Dutzenden von Zeugen. Der Markt war gezielt als Bühne für diese absurde Tat ausgewählt worden. Und dann diese Tabula. Die hatte für ihn ohnedies nie so recht in’s Bild gepasst, nicht einmal des Inhaltes wegen, vielmehr fragte er sich, warum der Mörder die Tafel überhaupt mitgenommen hatte. Antias hatte den Leichnam selbst durchsucht. Keine persönlichen Gegenstände, nur auffallend nichtssagende Dinge waren ihm dabei in die Hände gefallen. Ein Allerweltstalisman, ein lächerlich kleiner Geldbetrag, ein billiger Dolch, offenbar nur für den einmaligen Gebrauch erworben. Und dieses arme Schwein schleppte auf seinem letzten Gang ausgerechnet eine unhandliche Tabula mit sich herum? Warum? Um sich noch einmal zu motivieren? Unsinn.


    Nein, es war wie der Decimus sagte: Das Mitführen der verräterischen Tabula war ebenso Teil des Auftrages gewesen wie Mord und Selbsttötung. Hatte der Tribunus den Mord doch in Auftrag gegeben und gleichzeitig versucht, sich mit dieser plump lancierten Tabula selbst zu entlasten? Das konnte sich Antias bei aller Fantasie kaum vorstellen. Der Iulier, den er kannte, war kein Idiot, zudem hatte er nichts dabei zu gewinnen. Die Gerüchte selbst schadeten ihm, der Mord schadete ihm, die auf den ersten Blick entlastende Tabula schadete ihm bei genauerer Betrachtung gleichfalls. Egal wie man es drehte, Tribunus Iulius Dives kam bei der ganzen Geschichte denkbar schlecht weg. Etwaige Feinde des Tribuns, auf die der Inhalt der Tabula nun deutlich hinwies, allerdings auch. Das Gerücht ist im Umlauf – wozu dieser Satz? Doch nur, um den Finder geradezu mit der Nase darauf zu stoßen, dass die Verbreitung der Gerüchte und der Mordauftrag demselben Hirn entsprungen waren. Also waren die Feinde des Tribuns Idioten? Wohl kaum. Die ganze Angelegenheit nahm zunehmend das Bild eines gezielten Speerwurfs aus der zweiten Reihe an. Irgend jemand konnte aus einer komfortablen Deckung heraus sowohl den Feinden der Familie wie auch dem Tribun selbst empfindlichen Schaden zufügen, ohne sich exponieren zu müssen. Aber wer?


    Grübelnd ertappte sich Antias dabei, wie er sich mal wieder das Kinn kratze als hauste Kleinstgetier in den Bartstoppeln. Verdammt, das musste er sich endlich abgewöhnen! Der Decimus hatte seine Frage klar strukturiert beantwortet und überraschte ihn nun mit einer Gegenfrage. Antias atmete geräuschvoll aus. Er kannte nur Tribunus Iulius Dives, über die Personen in seinem näheren Umfeld wusste er rein gar nichts, war sich aber mittlerweile ziemlich sicher, dass der Speerwurf genau von dort gekommen war. Der Decimer erwartete eine Antwort. Welche Personen würden davon profitieren? Das Iuliermädchen selbst – wollte Antias schon antworten – oder jemand, der ihr sehr nahe steht, aber er kam nicht dazu, was ihn alles andere als unglücklich machte.


    Antias’ Verblüffung über die analytische Betrachtung des Decimus wurde von den nun folgenden Worten seines Optios noch übertroffen. Avianus stand in Korntakt mit dieser Iulia? War von ihr persönlich dazu animiert worden, die Nachforschungen voranzutreiben? Doch, das waren durchaus Neuigkeiten. Wie sollte er darauf reagieren? Gekränkt, weil ihm sein Optio offenkundig nicht vertraute? Alberne Vorstellung. Der Iunier war ein fähiger und bedächtiger Offizier, der sicher seine Gründe hatte, manches für sich zu behalten. Außerdem war er keineswegs dazu verpflichtet, einen gerade erst zum Miles ernannten Frischling in seine Gedankengänge einzuweihen. So reagierte Antias einfach gar nicht und konzentrierte sich stattdessen darauf, die Hand vom Kinn fern zu halten.


  • Etwas hatte sich verändert, während meiner wortreichen Ausführungen. Es war als wäre ein Funke übergesprungen. Der kantige Miles verfolgte meine Worte mit intensiver Aufmerksamkeit, und auch wenn er sich weiter in Schweigen hüllte, so meinte ich doch, die Gedanken hinter seiner hohen Stirn förmlich sich jagen zu sehen. Auch der Optio zeigte sich nun bereit meine Expertise gebührend zu würdigen. Das war, ich muß es eingestehen, eine wahre Wohltat. So oft, so vermaledeit oft war ich mit den Erkenntnissen meiner Ermittlungen (und ich spreche jetzt nicht nur von der hier) auf den Granit des agressiven Nichtwissenwollens (wie gerade wieder bei Dives), des Verlacht werdens oder der totalen Gleichgültigkeit gestoßen.
    Im Gegensatz dazu aufmerksame Zuhörer vor mir zu haben, engagierte Gesetzeshüter, und in Person des Optios sogar jemanden der selbst neue Fakten und Gedankengänge beisteuerte – das war eine ganz fabulöse Abwechslung! Mein Urteil über Iunius war wohl, befeuert von meinem verletzten Stolz, doch etwas arg vorschnell gewesen... so konnte man sich irren...
    Merk dir das, Faustus.
    Nun regte sich doch mein schlechte Gewissen, dass ich die Tabula, als ich Valentinas Namen ausstrich, verändert hatte. Ich sagte mir dann aber, dass es an der Aussage des Indizstückes grundlegend nichts änderte. Nur die Spur zu Sergia Fausta war damit nicht so deutlich.
    Iulia Torquata hatte den Optio selbst informiert, gemeint jemand wolle ihr schaden. Und der Mörder war kein Amateur. Ich fragte mich ständig, wie in aller Welt ein gestandener Sicarius sich zu sowas bewegen ließ. Das war und blieb einfach komisch. Es musste irgendwas damit zusammenhängen, Hinterbliebenen Vorteile zu verschaffen. Ansonsten wäre es doch weitaus naheliegender, die Erpresserin (oder den Erpresser) abzustechen als sich selbst.


    "Ich stimme dir zu, Optio. Und ich bin ebenfalls davon überzeugt, dass Iulius Dives nichts damit zu tun hat. Ich kenne ihn schon lange, und die Art und Weise dieses Verbrechens ist absolut nicht sein Stil. -" Lange Bekanntschaft hieß natürlich nicht wirklich kennen, und Monstrositäten verbargen sich in erschreckender Zahl auch unter vertrauten Gesichtern, aber diese Details gehörten gerade nicht hierher.
    "Iulia Torquata... - Was du berichtest, dass sie dir sagte, jemand wolle ihr schaden, das passt sowohl ins Bild der verschreckten Unschuld, als auch einer in das Verbrechen eingeweihten... oder sogar daran beteiligten, oder auch nur die wahren Hintergründe erahnenden... die euch bewußt in die Irre zu führen versuchte..." überlegte ich. Hmm. Das war wohl eher ein Steinchen zum an die Seite legen und später einfügen. "Doch so jung wie sie ist, ohne Einfluss das rechtfertigt es wohl, den Blick erst einmal auf plausiblere Möglichkeiten zu richten. Ihr Geliebter, der Soldat den sie des Nachts getroffen haben soll, der hätte natürlich auch ein Motiv. Wenn es ihn denn gibt.
    Doch das nur der Vollständigkeit halber. Ich halte eine andere Person für weitaus verdächtiger: "

    Nach einer mäßigen Kunstpause ließ ich die Katze aus dem Sack:
    "Und zwar die Ehegattin des Iulius Dives. Sergia Fausta.
    Die Frau hat nämlich sowohl ein Motiv: das Gerede über ihre Stieftochter zum Schweigen zu bringen, bevor es dem Ansehen der Iulier noch weiteren Schaden zufügt. Als auch, das Gerede durch die euch zugeschusterte Tabula als infames Gerücht darzustellen.
    Die Frau hat ausserdem, da sie sich nicht mit traditionellen Aufgaben begnügt sondern als Postpräfektin arbeitet, eine beträchtliche Anzahl von Verbindungen. Und Vermögen.
    Das allein würde für einen begründeten Verdacht noch nicht ausreichen. Doch hinzu kommt die... eigenwillige Natur dieser Dame. Sie ist bekannt dafür nach öffentlicher Aufmerksamkeit zu lechzen. Ihrer eher bescheidenen Herkunft zum Trotz hat sie ihre Hochzeit als Großereignis inszeniert, und ganz Rom dazu eingeladen. Streitlustig, ja, querulatorisch ist sie ausserdem, hat erst vor kurzem den Senator Germanicus Sedulus wegen irgendeiner Lex-Mercatus-Lappalie schlechtbegründet vor Gericht gezerrt und ist dort gescheitert."

    (Das erste Mal übrigens, dass ich mit diesem elenden Germanicer Mitgefühl gehabt hatte.)
    "Und zudem..." Ich zögerte, das war ja alles nicht gerade unheikel. "weiß ich, dass diese Frau sich früher bereits einmal als Erpresserin betätigt hat. - Auch wenn wir davon ausgehen, dass der Sicarius nicht durch die Nachricht auf der Tabula erpresst wurde, sondern diese Tabula ihm bewußt mitgegeben wurde, um uns irrezuführen.... es gibt doch zu denken. Jemand, der selbst bereits Erpressung eingesetzt hat, und zu bekommen was er, was sie, will... ist sicherlich auch schneller bei der Hand damit, dieses Verbrechen in eine Scharade wie diese einzubauen.
    Das alles ergibt natürlich noch keinen Beweis ihrer Schuld. Doch es würde ausgesprochen gut zusammenpassen."



  • "Nun, dieser Soldat… mir ist von Iulia Torquata der Name Hadrianus Fontinalis genannt worden. Ein Centurio der Legio I." Ausgerechnet ein Soldat. Und wenn er selbst nicht der Soldat war, von dem die Gerüchte handelten, wäre der Hadrianus wohl der nächste, der in Frage käme… es sei denn natürlich, die Iulia hatte sich so kurz nach ihrer Ankunft noch mit einem dritten Soldaten angefreundet.
    "Sie meinte, er könne zumindest den Ursprung der Gerüchte erklären und ursprünglich sagte sie auch, er solle anonym bleiben. Vielleicht steckt ja mehr dahinter. Ein Soldat, der ihr etwas bedeutet ..." Bisher hatte Avianus davon abgesehen, den Hadrianus in dieses Wirrwarr von Ermittlungen hineinzuzeihen, gerade weil Torquata ihn darum gebeten hatte. In den letzten Minuten hatte sich jedoch einiges geändert.
    "... wobei ich in Zukunft selbstverständlich vorsichtiger sein werde, ihre Informationen von vornherein als fehlerfrei anzunehmen. Aber wenn sich dieser Name als nützlich herausstellt, könnten wir zumindest vermuten, dass Iulia Torquata tatsächlich helfen wollte und sie die Situation ebenso wie ich falsch eingeschätzt hat. Und wir könnten uns eventuell versichern, dass der Soldat nichts damit zu tun hat."
    Dann war da aber immer noch die Sache mit der Sergia. Zumindest darin, den Tribunus von der Liste der Verdächtigen zu streichen, waren sie sich einig. Aber die Sergia? Avianus war doch leicht... überrascht. Der Fall wurde immer abgedrehter. Von ihr gehört hatte der Iunier zumindest. Von der hörte man schließlich überall und ständig. Aber von kennen konnte keine Rede sein und in Rom erzählte man sich schließlich viel, sodass sich er sich auf Serapios Beschreibung ihrer Person verlassen musste. Und jetzt begriff er auch, weshalb dieser zu Beginn bemerkt hatte, der Praefectus Urbi Decimus Livianus müsse informiert werden (der ja ohnehin niemand anderes war, als der Vater des Decimus, den er gerade vor sich hatte).
    "Sergia Fausta ...", wiederholte er zunächst wenig geistreich den Namen der Frau, "Deshalb soll wohl der Stadtpräfekt benachrichtigt werden, nehme ich an?" Wenn die Postpräfektin und Ehefrau des zuständigen Tribunus verdächtigt wurde, war das schließlich keine Kleinigkeit mehr. Er grübelte weiter. Er war zwar Centurio, aber mit einer wackeligen Theorie – denn mehr war das, was sie gegen die Sergia in der Hand hatten, nicht –, konnte er schlecht den Praefectus belästigen. Da konnte die Geschichte noch so gut zusammenpassen. Innerlich hoffte er natürlich, dass dessen Sohn etwas auf die Beine stellen könnte, sollte die Sergia tatsächlich in den Fall verwickelt sein. Er selbst würde sich ansonsten vorerst auf den Soldaten konzentrieren.
    "Ich habe Verwandschaft im Kommandostab der Legio I. Ich könnte mich zumindest darum kümmern, Kontakt zu dem Hadrianus aufzunehmen. Vielleicht ergibt sich daraus etwas." – Dass dieser zu der Zeit bereits unter der Erde lag, konnte der Iunier ja noch nicht ahnen.



  • "Das ist ja interessant." meinte ich zu Iunius' Ausführungen über den geheimnisvollen nächtlichen Liebhaber. Sogar einen Namen hatte er parat. (Und Dives hatte mir echt weismachen wollen, das Mädchen habe ihren Bruder treffen wollen.)
    "Wir sollten aber bedenken, dass es nicht Ziel der Ermittlung ist, herauszufinden, was das Mädchen da nachts im Park veranstaltet hat, oder mit wem, oder sie gar der Unzucht zu überführen. Die zweifelhafte Tugend des Mädchens zu beurteilen, das ist Sache der Vestalinnen. -
    Fakt ist, das Gerede war im Umlauf und führte zu dem Verbrechen. Ziel der Ermittlung ist es, diejenige, die (oder den, der) diesen bizarren 'Doppelmord' verschuldet hat, zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen.
    Die heiße Spur weist auf Sergia Fausta. Die Tat und der Verdacht wiegen mehr als schwer. Dem solltest du vor allem anderen energisch nachgehen, Optio, und deine Männer auf diese Frau ansetzen. Ich überlasse euch das Indiz, die Tabula. Nutzt es!"
    forderte ich die beiden Soldaten auf.
    "Besorgt euch eine Probe der Handschrift der Sergia und vergleicht sie mit dem Text auf der Tabula. Observiert sie geduldig und überprüft ob sie Verbindungen ins kriminelle Milieu pflegt. Horcht ihre Sklaven aus. Eine solche Intrige braucht Boten und Handlanger. - Eine Option wäre auch, ihr selbst aktiv eine Falle zu stellen, um sie zu überführen."
    Und deutlich weniger enthusiastisch versprach ich:
    "Ich selbst werde den Stadtpräfekten über die ganze Angelegenheit informieren. Lass uns so verbleiben Optio, und uns gegenseitig Bescheid geben, wenn es etwas Neues gibt. Viel Erfolg!"
    Nach diesem Appell verabschiedete ich mich. Ich verließ das Kulissenlager, sammelte meine Gorillas ein, schaute noch schnell bei Philonicus vorbei um mich für den ganzen Wirbel zu entschuldigen (er war mir bitterböse, wegen der Urbaner in seinem Theater) und zog von dannen. Zu Borkan und in eine Zukunft, in der die Ereignisse sich überschlagen würden, so sehr dass diese Angelegenheit wohl oder übel erst einmal in den Hintergrund treten würde... aber nicht in Vergessenheit geraten.



  • "Selbstverständlich. Ich dachte lediglich, solange wir keine handfesten Beweise haben, könnte es nicht schaden, alle anderen Involvierten auszuschließen", antwortete Avianus und nahm nickend die Tabula entgegen. Der Decimus war, so schien es, voll und ganz davon überzeugt, dass die Sergia die verantwortliche war, und er würde selbstverständlich nicht widersprechen, kannte sich der ehemalige Praefectus doch in den oberen Schichten weitaus besser aus als er, und hatte sicherlich den besseren Durchblick, wer zu welcher Tat in der Lage war. Aber er würde es sich trotzdem nicht nehmen lassen, sich über den Hadrianus zu informieren, schon alleine deswegen, weil er Torquatas von jetzt an nicht mehr einfach so hinnehmen würde. Es wurde höchste Zeit, dass endlich geklärt wurde, was der ganze Mist eigentlich sollte.
    "Ich danke dir, Decimus Serapio. Wir werden uns darum kümmern und unser Bestes versuchen", meinte er und verabschiedete sich schließlich ebenfalls mit einem "Vale". Noch immer mit einem unangenehmen Gefühl, weil er wichtige Informationen derart lange für sich behalten hatte, sah er sich nach dem Germanicus um, von dem die ganze Zeit über kaum ein Wort gekommen war. Er hatte private Angelegenheiten seine Arbeit beeinträchtigen lassen, etwas das ihm so schnell nicht mehr passieren würde, hoffte er zumindest. Jedenfalls hatte er heute eindeutig dazugelernt.
    "Miles … veni", sagte er knapp, "Suchen wir unsere Leute zusammen", und marschierte auch gleich voraus, den selben Weg hinaus aus dem Lagerraum, auf dem sie gekommen waren.



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