In gute Hände abzugeben

  • Die Entlastung seines Beines und ihre kleine Massage schien dem Herren gut zu tun und zu helfen. Für Nelia war es selbstverständlich das zu tun. Sie konnte weder Mensch noch Tier leiden sehen. Da musste sie einfach einschreiten, wenn es in ihrer Macht lag. So war es auch schon vorgekommen, dass sie auf Dächer oder Bäume stieg um ein Kätzchen zu retten. Ob dieses nun gerettet werden wollte oder nicht. Sie hatte schon immer verletzte Tiere nach Hause gebracht um diese zu pflegen. Sehr zum Unmut ihres Vaters. Und nun brauchte Casca ihre Hilfe.


    Er berichtete, dass er damals die besten Heiler hatte und nichts in seinem Knie zurück geblieben war. Welche Schmerzen er da als Kind gelitten hatte, wollte sich Nelia nicht ausmalen. Der Händler nervte, wurde jedoch nicht weiter beachtet. Vielleicht ergab die Situation ein seltsames Bild ab. Der Herr auf einem Stein und sie davon ihm Staub um sein Bein zu massieren. Doch auch das war Nela egal.
    "Ein bisschen Krankenpflege, Herr. Ich bin natürlich kein Heiler, aber unsere Hebamme hat sich auch um kleinere Leiden gekümmert und ich durfte ihr manchmal zu Hand gehen." Sie tastete nach seinem Knie und berührte sachte die Narbe. Sie sah wirklich so aus, als hätte ein Heiler ganze Arbeit geleistet.


    "Eine elastische Binde, würde dein Gelenk mehr stützen, Herr." Es müsste so sein, dass er sein Bein ohne Probleme beugen konnte und doch mehr Halt hatte. "Ich kann dir Zuhause zeigen was ich meine. Wenn du möchtest. Vor allem, wenn du außer Haus gehst, wäre das sehr sinnvoll."
    Casca lobte Nelia und ihre Augen strahlten ihn an. "Muckel ist ein Mann, Herr. Denen liegt so etwas wohl kaum. Außer sie können eine schöne Frau massieren, dann vielleicht schon." grinste Nel. "Jetzt hast du ja mich." Das Mädchen nickte. "Ich hoffe auch, dass wir uns verstehen. Ich habe mit Menschen wenig Probleme, außer sie mögen mich nicht."


    Was dann kam ließ Nelia allerdings stutzen. Ihr Augen wurden groß und sie vergaß einen Moment ihre Massage. "Peitsche?" wieder holte sie und schluckte. "Warum, willst du mich schlagen?" Hatte sie jetzt schon etwas falsch gemacht? Was gesagt, das Casca nicht gefiel. Sie kannte den Mann nicht, doch so hatte sie ihn nicht eingeschätzt.

  • Vielleicht hatte ich ja gar kein so schlechtes Geschäft getätigt mit dieser Sklavin, die doch einiges an Kenntnissen in ihrem Leben mitgenommen hatte und das vergessene Geld hatte auch etwas Gutes, wenn man es genau betrachtete. So konnte ich wenigstens feststellen, wes Geistes Kind sie war und mich ein wenig mit ihr unterhalten. Einer Hebamme war sie zur Hand gegangen? Nun gut, ich dachte nicht, dass ich irgendwann einmal selbst einer solchen Dame bedurfte. Ihre leichte Massage genoss ich sehr wohl und sie war meinem Bein mehr als nur angenehm, so war es an mir ein wenig verdutzt dreinzuschauen, als sie diese plötzlich unterbrach und Nelia mich erschrocken ansah. Peitsche? Warum ich sie schlagen wollte? Meine Stirn runzelte sich leicht, ehe es mir wie Schuppen von Augen fiel.


    “Oh, nein, nein,“ sagte ich schnell und hob meine Hand. “Ich... hatte nur laut gedacht.... und meinte nur, dass man dir nicht also, ich meine in keinem Fall mit einer Peitsche drohen muss.... Ich meinte das im Sinne eines...eines...gedanklichen Versuchs und wollte damit nicht sagen...“ Ich winkte ab und lachte ein wenig dümmlich. “Ich schlage meine Sklaven nur, wenn... also wenn...aber das muss dich nicht belasten,“ redete ich ein wenig nebulös daher. “Wenn ich Muckel mehr geschlagen hätte... dann wäre er heute garantiert nicht so und siehst du... schon ist es zu spät und er ist, wer er ist.“


    Ich seufzte neuerlich. “Nur glaube nicht, dass ich mir so einfach auf der Nase herumtreten lasse!“, wollte ich dann doch noch einmal klarstellen. Doch dabei wollte ich es auch belassen. Strafen und insbesondere Prügel waren kein Thema, in das ich mich gerne hinein steigerte.


    Ich hob mein Bein testweise wieder ein wenig an und stellte fest, dass der garstigste Anteil des Schmerzes verschwunden war. Nun ließ es sich aushalten. “Du meinst also eine elastische Binde?“, wollte ich das Thema dann wieder angenehmere Bahnen lenken. “Das musst du mir wirklich demonstrieren.“ Bisher hatte ich derartiges noch nicht versucht, weil ich immer dachte, dass Wickel und Binden einem älteren Menschen als mir doch eindeutig besser zu Gesicht standen. Dann schaute ich mich um und spähte schließlich in die Richtung, in die mein Sklave sich aufgemacht hatte. “Wo er nur bleibt?“, fragte ich und sah Nelia an. Dann grinste ich über die Worte, die mir in den Sinn kamen. “Hoffentlich hat er nicht auch ein schönes Mädchen zum Massieren gefunden!“

  • Das was Casca nun stammelnd versuchte zu erklären, verstand Nel überhaupt nicht. War sie zu ungebildet um einem hohen Herren und seine Gedanken folgen zu können? Ganz sicher, sie war vom Dorf und hatte nie eine Schule oder dergleichen besucht. Sie blickte Casca an und versuchte aus seinen Worten schlau zu werden. Er würde sie nicht schlagen? Oder nur unter bestimmten Voraussetzungen? Oder stellte er sich nur vor sie zu schlagen? War er vielleicht nicht normal?


    Sein Lachen klang auch eher seltsam. Er schlug seine Sklaven schon, wenn... Nelia wartete auf dieses 'wenn' aber es kam nichts mehr. Sondern er schien zu bereuen, dass er Muckel zu wenig geschlagen hatte. Nel runzelte leicht die Stirn. Was sollte das nun heißen? Er würde sie mehr schlagen, oder jetzt dann doch nicht?


    Das Mädchen massierte in Gedanken weiter und dachte über das Gesagte nach. Doch auf einen grünen Zweig kam sie dabei nicht. Er wollte sich also nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Das war etwas mit den Nelia arbeiten konnte. Doch auch das würde sie sich niemals erlauben. "Verstehe Herr." gab sie daher zur Antwort und presste leicht die Lippen zusammen.


    Casca hob sein Bein und schien zu testen wie es sich anfühlte. "Ja das meinte ich. Bei längerem laufen, würde das vielleicht etwas bringen. Wir probieren es einfach einmal und du entscheidest dann ob es besser wird." schlug sie vor und als hätte sie seine Gedanken lesen können. "Wenn es nicht zu sehr nach Verband aussehen soll, dann nehmen wir einen Stoff der zu deiner Kleidung passt und bedecken die Binde damit, Herr. Hauptsache es stützt ein wenig."


    Männer waren da ja immer etwas eitel. Sie wollten den Starken geben, dabei waren sie die Schwächern. Ihr Blick folgte seinem in die Richtung, wo er seinen Sklaven erwartete. Dann musste Nelia auch grinsen. "Das wäre jetzt denkbar ungünstig, nicht wahr?"

  • “Ja, ungünstig wäre es in der Tat,“ gab ich lächelnd bekannt. “Doch ich glaube nicht, dass das passiert. Ihm wachsen bestimmt schon Flügel an den Schuhen und er wird zu einer Art Mercurius!“ Mit einer Hand fegte ich durch die Luft und deutete somit die Geschwindigkeit an, die ich mir von meinem Sklaven erhoffte. Dabei schaute ich Nelia entgegen, deren Gesicht noch immer Erheiterung widerspiegelte. Es gefiel mir, dass sie so sehr um mein Wohl besorgt war und sich schon Gedanken über stützende Wickel in einem für mich annehmbaren Rahmen machte. Eine Masche jedoch um ihrem neuen Herrn Honig um das Maul zu schmieren schien es jedoch nicht zu sein, sondern es deutete sich doch eher an, dass sie aus freien Stücken und von Grund ihres Herzens auf gutmütig war. Immerhin waren helfende Tätigkeiten wie jene in ihrem Dorf niemals einem kaltherzigen Wesen beschieden.


    Nein, sie gefiel mir wirklich gut und ich wollte mehr von ihr erfahren. “Erzähle mir doch noch ein wenig mehr von dir, Nelia. Kannst du lesen und schreiben? Bei wem bist du aufgewachsen?“ Schließlich hatten wir noch ein wenig Zeit und selbst wenn Muckel nun so zügig durch die Straßen und Gassen trabte, wie ich mir das wünschte, so würde doch noch die ein oder andere Minute vergehen.


    Muckel unterdessen hatte die Casa bereits erreicht und er war so schnell gelaufen, dass ihm der Schweiß auf der Stirn stand und sein Atem so schnell ging, dass ihm die Lunge bersten wollte. Zielstrebig hielt er im Cubiculum auf das besagte Regal zu und durchsuchte die genannte Schatulle. Tatsächlich fand er darin das Geld und machte auf dem Absatz kehrt, klemmte sich das kleine Säckchen unter den Gürtel, trank noch einen großen Schluck aus einem der Krüge, die auf dem Tisch standen und sprintete wieder aus dem Haus, als wäre Kerberos persönlich hinter ihm her.


    Ich unterdessen saß bequem auf diesem Stein, hatte die Hände auf meinem Schoß gefaltet und lauschte meiner Sklavin.

  • Nelia musste lachen. "Stell dir vor Herr, wie sich Muckel gerade von zarten Händen massieren lässt. Dabei futtert er Obst und trinkt Wein. Während wir hier im Staub sitzen und in der Sonne vergehen."
    Natürlich würde der Sklave das wohl nicht tun, aber die Vorstellung war amüsant und ihren Herren ein bisschen zu necken ebenfalls. Dann wollte er mehr von ihr wissen und Nelia unterhielt ihn gerne mit ihrem Leben.


    "Wo fange ich denn an? Ich wurde in dem Dorf schon geboren. Leider war meine Mutter eine winzige und immer kränkliche Person. Zum Glück habe ich die Gesundheit meines Vaters mitbekommen. Er ist widerstandsfähig und stark. Meine Mutter starb an einer Grippe mit hohem Fieber, als ich drei Jahre alt war. Ich erinnere mich kaum an sie. Nur vom erzählen her. Gelebt habe ich weiterhin bei meinem Vater. Doch die Rose, die Hebamme, die ich eben schon erwähnte hat mich unter ihre Fittiche genommen. Mein Vater ist ein sehr strenger und aufbrausender Mensch. Vor allem wenn er getrunken hat."
    Nelia blickte auf ihre Hände, die Casca´s Bein weiterhin sanft massierten.


    "Er war nicht sehr nett zu mir und ich habe oft bei Rose in der Hütte geschlafen. Er verspielte unser wenig Geld. Daher bin ich auch hier gelandet. Schulden. Ich habe nie schreiben oder lesen gelernt. Ich war ein ziemlich wildes Kind. Bin auf Bäume geklettert und habe Forellen im Bach gefangen. Als ich etwas älter und..."
    Nelia schmunzelte
    "… vernünftiger wurde hat Rose mir beigebracht kleinere Wunden zu versorgen und mir gezeigt wie man aus Pflanzen Medizin oder Öle herstellt. Ich habe meine neu erworbenen Kenntnisse meist an verletzten Tieren ausprobiert. Habe alles heim gebracht was noch einigermaßen atmen konnte. Außer Spinnen, vor denen fürchte ich mich."
    Erklärte sie letzteres mit leichtem Nachdruck.


    "Ich habe mich um unser Haus gekümmert. Mein Vater war da sehr nachlässig. Schon als kleines Mädchen fiel mir auf, dass mir Leute wenig abschlagen konnten. Sie mochten Dinge nicht kaufen und ich hab ihnen erklärt, dass sie ohne unmöglich leben konnten. Tja, und dann dachte mein Vater er könnte mich reich verheiraten und davon profitieren. Doch wer nimmt schon ein einfaches Mädchen aus einem unbekannten Dorf. Um seine Schulden zu decken, hat er mich heute morgen dann kurzerhand verkauft."


    Sie strahlte Casca an. "Hab es doch gut getroffen, oder was meinst du, Herr? Du bist freundlich und hübsch... Sollte ich meinem Vater da noch böse sein?" Das würde ihr wenig bringen. Doch sie wollte hören was Casca dazu meinte.

  • Nein, sich auszumalen, wie Muckel sich verwöhnen ließ wollte ich nun wirklich in keinem Fall. Noch immer hoffte ich, er würde sich sputen. Ein kurzer Blick zu dem wachsamen Sklavenhändler genügte, um zu wissen, dass dies auch sein unbedingter Wunsch war, denn er schaute ständig zu uns hinüber. Ganz so, als würde ich – invalide wie ich im Moment war – die Sklavin ergreifen und mit ihr unter meinem Arm davon spurten. Ich wendete mein Augenmerk wieder ab und setzte es stattdessen auf die kleine Augenweide neben mir, die so stetig meine Muskulatur massierte. Das war schon viel erbaulicher! Dabei erzählte sie mir wie gewünscht aus ihrem Leben. Offenbar war es nicht einfach gewesen bei einer kranken und alsbald verblichenen Mutter, doch deren Konstitution hatte sie anscheinend nicht geerbt. Sie ging wohl eher auf ihren Vater zurück, was mich nun doch ein wenig beruhigte. Nur nicht, dass sie mir auch noch trunksüchtig wurde!


    Ich nickte dann und wann auf ihre Worte hin und lauschte weiter wie sie bei einer ländlichen Hebamme namens Rose ihre Zeit verbracht hatte, ehe ihr Vater wohl alles Geld verspielte und Schulden machte. Eine Schuldsklavin also. Ich brummte verstehend vor mich hin und hob nur sachte meine Augenbrauen, als sie meinte, ein doch recht wildes Kind gewesen zu sein. Derartiges hatte mir gerade noch gefehlt. Ich sah mich schon unter einem Baum stehend, lockend und säuselnd, als sie meinte, sie würde gerne auf dieser Art Gewächs klettern. Doch dann meinte sie, sie wäre vernünftiger geworden. Ich erinnerte mich dunkel, dass einer meiner Lehrer einmal sagte, dass Vernunft erst mit den Worten der Philosophen Einzug halten würde, doch da sie weder des Lesens noch des Schreibens kundig war, war dies bei ihr wohl ohne einen Aristoteles vonstatten gegangen.


    Ihr Schmunzeln war wirklich reizend und ich lächelte erneut. Dass sie kleine Wunden versorgen konnte und auch im Ansatz wusste, wie man Medizin herstellte, erfreute mich. Vielleicht könnte man dieses zarte Wissen noch ein wenig verfeinern. Und natürlich musste sie lesen und schreiben lernen. Dessen war ich mir sogleich sicher, auch wenn ich ansonsten doch noch nicht recht wusste, was mit meinem neuen Besitz anzufangen war. Hauptsache sie sammelte mir kein Viehzeug an. Spinnen wohl ausgenommen, wie sie mit Nachdruck behauptete.


    Nelia kannte sich wohl im Haushalt aus, wenn auch nur in einem recht kleinen und verstand sich, wie sie bereits schon einmal demonstriert hatte in dem Besitz unschlagbarer Geschäftstaktiken. Auf ihr Strahlen hin, hob sich einer meiner Mundwinkel ein wenig verzückt, ehe sich meine Miene in den Ausdruck tiefster Überraschung verzog. Ob sie es gut getroffen hätte? Ich wäre freundlich und hübsch?


    “Ich äh...nun ja...,“ War das gerade Verlegenheit, die sich unter einem beschränkt anmutenden Grinsen in mein Gesicht stahl? Nestelte ich da gerade am Kragen meiner Tunika herum? “Also...ich... so bin ich nun einmal und das ist mein Gesicht...ich meine...also...du hast es schon...hättest es anders treffen können...,“ ging mir gerade die Rhetorik vollkommen ab. “Bei mir gibt es Essen...Kleidung...eine Schlafstatt...vielleicht ein kleines Peculium...“ Ich räusperte mich schnell und fuhr mit der Rechten über das Kinn, als ich mich entsann, dass ich für mich vor einer Sklavin überhaupt keine Werbung machen musste. “Dafür erwarte ich natürlich Gehorsam, denn etwas anderes lasse ich natürlich nicht durchgehen! KEINE Haustiere und ein wenig Lerneifer....du wirst natürlich lesen und schreiben lernen müssen...und... überhaupt noch viel zu tun haben,“ ging ich dann auf meine wagen Erwartungen an sie über. “Waschen, Aufräumen, generell Ordnung halten und...“ Dann fiel es mir wieder ein. “...ein paar Ideen von dir wären gut. So wie das mit den gepflegten Leuten und 'Qualität ist entscheidend' Ich nickte und schaute sie erwartungsvoll an.

  • Nelia fand, dass sie das Bein von Casca lange genug massierte hatte und wechselte nun zu dem gesunden über, indem sie auch dieses an der Wade packte und zu sich herzog. Wenn man ein Bein ständig entlastete, weil man Schmerzen aus dem Weg gehen wollte, wurde das andere Bein doppelt beansprucht. Man ging eine Schonhaltung ein. Daher sollten alles Muskeln entspannt sein. Nel hatte den Händler im Rücken, daher sah sie nicht, dass dieser die Beiden immer wieder kritisch beäugte. Hätte sie es gesehen, so hätte sie ihm vielleicht die Zunge hinaus gestreckt, nur um seine schockierte Miene zu bewundern. Doch so war sie auf Casca konzentriert, erzählte ihm ihr Leben und hoffte, dass Muckel sich nicht mehr zu viel Zeit ließ.


    Nachdem sie geendet hatte, fand sie im Vergleich schon, dass sie es mit dem neuen Herren gut getroffen hatte. Er war jung, kräftig und sah gut aus. Zudem war er auch noch sehr nett. Ein bisschen eigentümlich vielleicht, aber nett. Sollte er mehr von ihr verlangen, was sein wohlergehen betraf hätte sie das weniger ein Problem, als mit einem alten dickwanstigen, rüpelhaften Gesellen. Bei dem Gedanken und dem dazugehörigen Bild, das in ihrem Kopf erschien schüttelte es Nelia beinahe. Nein, alles war gut.


    Nun hatte sie ihn wohl ein bisschen in Verlegenheit gebracht und sollte sich entschuldigen. Doch dafür belustigte sie seine Retraktion zu sehr. Dennoch wollte sie ihn nicht gänzlich in Bedrängnis bringen. "Oh Herr, das ist schon viel mehr als ich erwartete habe. Ich verspreche meine Aufgaben ernst zu nehmen und würde gerne lesen und schreiben lernen. Und du bekommt von mir jeden Einsatz für deine Geschäfte. Wenn dir der Rat und die Hilfe von einer Bauerntochter wichtig erscheint."


    Nelia´s Strahlen blieb und ihre blauen Augen blitzen erfreut.
    "Ich würde mir deine Tonstrina gerne einmal ansehen. Wenn ich darf."
    Wo blieb dieser Sklave nur? Nelia war am verdursten und Casca ging es sicher nicht viel besser.
    Es wurde Zeit aus der brennenden Mittagshitze zu kommen.

  • Wie sie mir versicherte war sie willens ihre Aufgaben ernst zu nehmen und auch das Lesen und Schreiben zu lernen. Letzteres war mir wichtig, denn ich fühlte mich eigentlich ganz wohl mit Menschen, die eine Tabula nicht nur wert schätzten, weil man mit ihnen Jagd auf lästige Insekten machen konnte. Dennoch musste ich eine Augenbraue heben, als mir von Nelias Seite aus wieder Belustigung entgegen schlug. Immerhin war ich nicht hier, um sie zu unterhalten, doch auf der anderen Seite war Amüsement seitens einer Sklavin bei Weitem besser als Tränen, Trauer und andere emotionalen Darbietungen, die man auf einem Sklavenmarkt des öfteren sehen konnte. Nein, da gefiel mir dieses Funkeln in den Augen meiner hübschen Bauerntochter doch durchaus besser.


    “Oh,“, entkam es mir, als sie meinte, sie würde meine Tonstrina doch gerne einmal sehen. “Mein Muckel und ich, wir befanden uns just auf den Weg dorthin.“ Dass ich meine Tonstrina an diesem Tag auch das erste Mal erblicken würde, davon sagte ich ihr besser nichts. “Hmmmmm....,“ seufzte ich dann noch einmal zufrieden und ließ die mir weitere Massage nur zu gerne gefallen.


    So verging einige Zeit im Schweigen und Schwelgen meinerseits, ehe ich mich dann abrupt aufrichtete. Ich sah Muckel, wie er heran stürzte und sich einen Geldbeutel vom Gürtel fummelte. Ich bedeutete Nelia mit dem Massieren aufzuhören und schaute ihm erwartungsvoll entgegen.


    “Hier!“, schnappte Muckel unter schweren Atemzügen und warf mit das Geld in den Schoß. Dann wischte er sich mit dem Ärmel über die Stirn und stöhnte sein Leid heraus, während er sich an die Knie fasste und sich nach vorne neigte, als würde dies beim Atmen helfen.
    “Dreihundert?“, wollte ich wissen.
    “Kan...nst es ja nach...zähle...n,“, schnaufte er zurück.
    Meinem Blick entging nicht, dass der Sklavenhändler uns aus der Ferne beäugte und sich nun anschickte, auf uns zu zu kommen.
    “Nun fass' dich, Muckel!“, verlangte ich und erhob mich ein wenig umständlich von dem Stein. Nelia bedeutete ich mit einem Fingerzeig, sich zu erheben.“Du japst ja wie Sisyphos mit seinem Stein kurz vor dem Gipfel....“
    Muckel schaute finster zu mir auf, doch ich war schon an ihm vorbei gewankt und hielt auf den Händler zu.


    Kaum stand er vor mir, öffnete ich den Geldbeutel und zählte – was etwas länger dauerte - mit grimmigem Gesicht funkelnde Geldmünzen auf eine erhöhte Kiste, zu der er mich zitierte.


    “...zweihundertachtzig...zweihundertneunzig...dreihundert!“ Er nickte mir zu und raffte die Barschaft an sich. “Nun gehört sie dir, mein Freund!“ Etwas kollegial anmutend sackte seine Pranke auf meine Schulter, die ich unter einem Seitenblick flüchtig beschaute. Offenbar war man diesem Volk erst dann ein Freund, wenn es einen um etliche Sesterzen erleichtert hatte.


    “Immer wieder gern,“ brummte ich heraus, wendete mich ab und ging zu meinen beiden Sklaven zurück.


    “Und... nun? Zur...Tonstri..na?“, wollte Muckel noch immer angestrengt wissen.


    “Oh ja, und wie...“, erklärte ich und deutete in die Richtung, in der diese lag.
    “Ich bin schon sehr gespannt, was uns erwartet...“

  • Nelia und Casca genossen einfach einen Moment des Schweigens. Und Nel stellte fest, dass es kein unangenehmes Schweigen war. Das hatte man doch bei manchen Menschen. Schweigen konnte auch seltsame Schwingungen enthalten. So, dass man immer in Versuchung war etwas Belangloses zu sagen. Doch so war es mit Casca nicht. Sie massierte sein Bein. Er entspannte und sie warteten auf Muckel.
    "Ach so ihr ward auf dem Weg dorthin. Und ich hab dich aufgehalten."
    Nel lächelte ihren Herren an. Sie wollte gerade etwas hinzufügen, als Muckel völlig außer Atem bei ihnen ankam. Also erhob sie sich aus dem Staub und blickte den Sklaven an.


    "Geht es dir gut?"
    Der Arme klang und sah aus als würde er gleich umkippen. Nelia wartete bis die Beiden sich verständigt hatten. Und Casca den Händler entlohnt hatte. Als sie sah, dass dieser ihrem Herren die Hand auf die Schulter patschte, konnte sie nur den Kopf schütteln. Ein rüpelhaftes Benehmen legte der Kerl an den Tag. So etwas machte man einfach nicht. Schließlich war alles erledigt und auch Muckel bekam wieder Luft.


    So setzten sie nun zu dritt den Weg zur Tonstrina fort. Dass Casca seinen eigenen Laden noch nicht gesehen hatte ahnte Nelia nicht. Sonst wäre sie doch sehr verwundert gewesen. So jedoch lief sie neugierig neben drein und besah sie die anderen Geschäfte in dieser Straße. Sauber war es und recht schön. Vor dem Läden standen Kübel mit grünen Farnen und kleinen Palmen. Ja genau so sollte ein Geschäft aussehen. Überall priesen gemalte Schilder besondere Waren oder Angebote an.

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