Eine Insula am Rande der Stadt - oder: Die Wunder des Meister Fasiri

  • Es war bereits später Nachmittag - jene Zeit, in welcher die fleißigen Bürger Roms, welche ihren Unterhalt Kraft ihrer Hände verdienten, in ihre Heimstätten zurückkehrten -, als Gracchus in einen unscheinbaren braunfarbenen Umhang gehüllt hastigen Schrittes durch die engen Gassen hinter dem Circus Maximus in Richtung der Gärten des Maecenas eilte. Die flavische Sänfte wartete nahe des Ludus Magnus, und nurmehr sein Vilicus Sciurus flankierte ihn, respektive schritt ein wenig voran, den Weg weisend. Der Brief an seinen Vetter war erst der Anfang gewesen dessen, was getan werden musste, denn zu lange würde eine Antwort aus Baiae auf sich warten lassen als dass diese Zeit nicht bereits genutzt werden konnte. "Hier ist es", wies der Sklave nach zahllosen Schritten auf ein gänzlich unauffälliges Wohnhaus, an welchem einzig das rostrotfarbene Schild mit goldenen, persischen Schriftzeichen neben der Türe auf eine Besonderheit wies. Niemand hielt sich auf im Innenhof des Hauses und dennoch hatte Gracchus das Gefühl beobachtet zu werden als er die Stufen empor in das erste Stockwerk schritt, wo Sciurus an der Türe klopfte und sogleich eintrat. Auch ein Blick über die Schulter offenbarte dem Flavier keinen klandestinen Zuschauer, so dass er - ein wenig neugierig, wie zweifelsohne furchtsam - seinem Sklaven folgte in einen Raum hinein, der durchdrungen war von einem süßlichen Duft, entfernt erinnernd an eine Räucherung aus Myrrhe, Aloe und Benzoeharz, und doch gänzlich anders als alles, was Gracchus im Laufe seines kultischen Lebens an Rauchwerk hatte gerochen. Zur Linken der Türe saß an einem niedrigen Tisch eine Frau mittleren Alters, mit gebräunter Haut und ausgebleichtem braunfarbenem Haar - als hätte sie zu lange Zeit in der Sonne verbracht - und einem ausgeprägten Schielen, welche sich rasch erhob als die Besucher eintraten. "Mein Herr hat einen Termin", kündigte Sciurus an, woraufhin die Frau den Sklaven sogleich ignorierte und sich Gracchus zuwandte.
    "Salve, edler Herr, bitte tritt ein. Deinen Mantel kannst du hier lassen, der Meister erwartet dich schon!"
    Sie nahm Gracchus den Mantel ab und deutete auf einen schweren, purpurfarbenen Vorhang an der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Als sie jenen zur Seite zog, war dahinter nur Dunkelheit zu erkennen, eine tiefe Schwärze dem Schlund eines mundus gleich, welche den Flavier zögernd vor dem Durchgang verharren ließ.
    "Der Meister erwartet dich schon"
    , wiederholte die Frau noch einmal und schob Gracchus sanft, aber bestimmt in den dunklen Durchgang.
    "Folge einfach dem Licht."
    Mit diesen Worten ließ sie das schwere Tuch hinter dem Flavier zufallen, so dass jener inmitten der Dunkelheit stand, mit einem Male nicht mehr wissend, ob dies wirklich die richtige Entscheidung war, Furcht in sich empor steigend, einen Anflug regelrechter Panik. Wie konnte er nur glauben, die Liebe zu Faustus einfach hinfortwischen, wie konnte er nur glauben, das kostbarste Geschenk seines Lebens negieren zu können? Sein Atem beschleunigte sich und er tastete mit den Händen nach vorn und zur Seite hin, griff jedoch nur in dunkle Leere, was die Furcht in seinem Herzen noch mehr schürte, ehedem er sich eines schmalen Steifens Lichtes gewahr wurde, der irgendwo vor ihm schimmerte. Vorsichtig ging er einige Schritte auf das Glimmen zu - drei oder vier allfällig, doch schien es ihm eine wahre Endlosigkeit - als mit einem Male vor ihm ein weitere Vorhang zur Seite wurde gezogen und er von der auf ihn einströmenden Helligkeit einige Augenblicke geblendet war. Wieder fasste ihn jemand bei der Schulter, zog ihn diesmalig etwas nach vorn.
    "Willkommen, Herr, tritt nur ein!"
    Zu der nasalen Stimme, welche ihn begrüßte, formte sich nach einigem Blinzeln ein schmales, kantiges Gesicht, dessen Zierde eine große, gebogene Nase war, und welches gekrönt wurde von einer kahlen, schimmernden Glatze.
    "Ich bin Ibu-Hamin Al'fazar Ben Fasiri, deine Landsleute nennen mich schlicht Meister Fasiri - obwohl das eigentlich mein Vater war"
    , lachte der Mann fröhlich und hielt Gracchus seine Hand hin, welche dieser ein wenig zögernd erfasste, noch immer vigilant ob der Art des Eintrittes in diesen Raum.
    "Salve, mein Name ist ..."
    Er stockte kurz. Sciurus hatte ihm versichert, dass dieser medicus überaus verschwiegen war, doch letztendlich traute Gracchus niemandem in dieser Angelegenheit - außer seinem Vetter.
    "Gaius. Das muss genügen."

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • "Aber sicher, Herr, aber sicher! Lass uns direkt beginnen, Gaius. Bitte nimm Platz."
    Der medicus wies auf eine Kline, neben der ein Stuhl stand, und die mit dicken Polstern ausgelegt war. Gracchus bemerkte nun, dass der Raum nur ein einziges, winzige Fenster unter der Decke besaß, sonstig erleuchtet wurde durch Öllampen und Kerzen, und ebenfalls erfüllt war von dem merkwürdig süßlich, schweren Duft, welcher ihm bereits im Vorzimmer war aufgefallen. Noch immer war ihm überaus unwohl, dennoch nahm er auf der Kline Platz.
    "Es ist wichtig, dass du dich vollkommen entspannst, Herr."
    Der Arzt setzte sich auf den Stuhl und nahm eine Tabula zur Hand.
    "Und noch wichtiger, dass du absolut ehrlich bist. Alles, was du hier sagst, wird vertraulich behandelt, doch ich kann dir nur dann wirklich helfen, wenn du die Wahrheit sprichst."
    Der Flavier nickte, brachte jedoch kein Wort hervor. Obgleich der medicus einen durchaus freundlichen Eindruck erweckte, hatte Gracchus dennoch das Gefühl auf der Schlachtbank eines Metzgers gelandet zu sein. Und letztendlich war dieser Gedanke allfällig nicht einmal abwegig, denn er war schlussendlich gekommen, um einen Teil seiner Selbst zu negieren. Zu korrigieren. Revidieren. Mutieren. Neu definieren. War Veränderung, war Wandel nicht ein Teil von Wachstum und darob dem Stillstand vorzuziehen? Es war gut und richtig, gekommen zu sein. Gewiss. Unbezweifelt.
    "Wobei also kann ich dir helfen?"
    Gracchus atmete tief ein. Absolute Ehrlichkeit fiel ihm in dieser Angelegenheit bereits gegenüber seiner Familie oder Freunden schwer. Andererseits war es womöglich gar einfacher, dies einem Fremden zu offenbaren, welcher nicht sogleich über ihn urteilen würde aus Sorge um den Ruf der Familie, dessen abschätzigen Blicke er nicht fortan tagtäglich würde ertragen müssen.
    "Nun … mein Leib und meine Seelen fühlen sich ... zu Männern hingezogen ... schon immer. Doch dies ... bringt mir nur Ungema'h ein, zudem möchte ich meiner … Gemahlin der bestmögliche Gemahl sein. Ich möchte darob lernen, … eine Frau zu lieben."
    Anfänglich runzelte Meister Fasiri die Stirn, dann jedoch nickte er nur weise und tätschelte Gracchus mit der Hand auf den Arm.
    "Aha, aha, ich verstehe. Aber - eine Frau zu lieben ist nicht dein Problem, werter Herr."
    Ein Schimmer von Mitleid glomm auf im Blick des medicus, seine Stimme wurde eindringlich und ernst.
    "Dort, wo ich herstamme, erachtet man dein Problem als eine Krankheit, Herr. Eine sehr schwerwiegende Krankheit!"
    Er blickte Gracchus eindringlich an.
    "Die gute Nachricht ist - diese Krankheit kann geheilt werden und als Folge dieser Heilung wird sich ganz natürlich ein normales, gesundes Verhältnis zu deiner Frau ergeben. Allerdings ..."
    Er hob belehrend den Zeigefinger.
    "Es ist eine langwierige Kurierung und es wird dich einiges kosten, nicht nur viel Zeit und Disziplin."
    Gracchus presste kurz die Lippen zusammen. Im Tonfall und Blicke des medicus kam er sich tatsächlich überaus krank , wenn nicht gar ein wenig schäbig vor. Und war nicht dies stets eine Furcht in ihm gewesen, dass trotz aller Schönheit, trotz aller Pläsier und Wohlgefallens dies alles nicht richtig war? Weshalb auch sonst fand eine so hehre, untadelige Person wie Prisca nur schmähende Worte - Pathius - für ihn und seine Liebe, weshalb sonst hatte er Antonia dies alles verheimlicht aus Furcht vor ihrer Reaktion, weshalb sonst konnte er seiner Familie nicht in die Augen blicken und ihr schlichtweg verkünden, dass er keine Frau wollte heiraten, sondern sich mit einem Manne liieren? Weshalb sonst endete seine Liebe stets nur in Schmerz?
    "Geld spielt keine Rolle."

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Mit einem zufriedenen Lächeln erhob sich Ibu-Hamin Al'fazar Ben Fasiri von dem Stuhl und kramte einige Augenblicke in einer Kiste an der gegenüberliegenden Wand. Als er unter den wachsamen Augen des Flaviers zurück an die Kline trat hielt er einige Bögen Pergament in seinen Händen.
    "Fangen wir zuerst damit an, die Schwere deines Leidens zu bestimmen. Ich werde dir einige Bilder zeigen und du sagst mir, was dir zuerst in die Gedanken kommt."
    Er nahm eines der Pergamente und hielt es Gracchus hin. Es zeigte einen undefinierten, ovalen Tintenklecks, von welchem sich Strahlen ausbreiteten, einem insektoiden Leib mit seinen Beinen oder etwa einer undefinierten ovalen Sonne gleich. Gracchus' Stirn legte sich in Falten als er eine Form darin zu erkennen suchte und sich ein wenig unsicher mit der Zungenspitze über die Lippen fuhr.
    "Ein Skorpion allfällig"
    , bemerkte er nachdenklich und bereits bei der Nennung des Tieres begann eine regelrechte Assoziationslawine sich in Bewegung zu setzten über das Symboltier der Prätorianer bis hin zu Serapio. Er hob seinen Blick und fand sich unter dem bohrenden Blicke des medicus wieder.
    "Ein ... Prätorianer."
    "Ein Prätorianer?"
    Gracchus nickte verunsichert, in keinem Falle wollte er Faustus' Namen nennen, denn trotz allem wollte er nicht, dass irgendwer diese seine Vergangenheit schlecht redete, gar zerstörte.
    "Ein Mann also! Sehr interessant"
    , bemerkte Meister Fasiri und notierte sich einige Zeichen auf seiner Tabula, ehedem er ein weiteres Pergament hervorholte. Bereits beim ersten Anblicke war Gracchus deutlich, dass dies ganz ohne Zweifel das beste Stück eines Mannes zeigte - kein Klecks, sondern durchaus mit Intention gezeichnet -, und war sich darob gewiss, diesmalig eine eindeutige und darob gänzlich unverfängliche Antwort zu bieten.
    "Was erkennst du?"
    "Nun … dies ist das Glied eines Mannes."
    "Ah!"
    rief der medicus beinahe triumphierend aus.
    "Wie ich befürchtet habe, deine Krankheit ist sehr schwerwiegend!"
    Der Flavier konnte nicht verhindern, dass eine Braue ihm empor wanderte, war ihm doch nicht verständlich wie diese offensichtliche Beobachtung zu einer Diagnose führen konnte.
    "Aber … was sonstig sollte ich sehen?"
    "Eine Möhre! Das ist eine Möhre!"
    "Eine ... Möhre?"
    "Natürlich! Und jeder gesunde Mann würde eine Möhre darin erkennen, aber nicht an das Glied eines Mannes denken!"
    Gracchus konnte nicht verhindern, dass seine Braue ein wenig empor wanderte.
    "Ich bin kein Bauer. Weshalb sollte ich an eine Möhre denken?"
    "Weil die Form ganz eindeutig ist"
    , bekundete Fasiri aus der erhobenen Position seiner langjährigen Erfahrung heraus, was Gracchus indes nicht überzeugte.
    "Ich bin ein wohlhabender Mann, medicus. Die Möhren, deren ich angesi'htig werde, sind in Scheiben geschnitten, gewürfelt oder gestampft. Hättest du mir eine in Scheiben geschnittene Möhre gezeigt, hätte ich ganz unbezweifelt auch eine solche erkannt, doch auch du wirst einräumen müssen, dass die Similarität mit dem Glied eines Mannes ..."
    "Tststs!"
    Unterbrach ihn Fasiri und schüttelte mitleidig den Kopf, ganz so als säße er einem sterbenden Manne gegenüber.
    "Schwerwiegend, mein bester Gaius, anders ist dein Leiden nicht zu beschreiben. Das wird ein hartes Stück Arbeit mit vielen Sitzungen werden. Für heute soll dies genügen, doch ich gebe dir eine Aufgabe mit auf den Weg. Jedes Mal wenn du einen Mann anblickst zu dem du dich hingezogen fühlst, wirst du ab heute an eine Möhre denken!"
    "Ah"
    , bemerkte Gracchus weder sonderlich eloquent, noch überzeugt.
    "Und wozu wird dies dienlich sein?"
    "Das, mein lieber Gaius, wird dich vom Stachel des Skorpiones ablenken!"

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • "Also, Gaius, erzähle mir von deinen Erfolgen!"
    Obgleich der Sommer sich allmählich anschickte, die ewige Stadt aus seinem Würgegriff quälender Hitze zu entlassen, zeigten die Tage sich doch noch immer mild und sonnig und kaum ein Wölkchen trübte den Anblick des Himmels an diesem Tage - gänzlich gegenteilig zu Gracchus' Gemütshorizont, welcher wie so oft überzogen war von dunklen, trüben und desperaten Gedankenwolken.
    "Keine Erfolge, Meister Fasiri, nicht der ge..ringste"
    , seufzte er und umriss sodann den durchaus erfolgversprechenden Beginn seiner Bemühungen als er voller Elan den letzten Brief an Faustus hatte abgesandt, um endlich befreit von jenen Worten, welche nur für den Geliebten waren bestimmt gewesen, endgültig einen Schlussstrich ziehen zu können. Ausführlich - allfällig ein wenig zu ausführlich und zu sehnsüchtig - elaborierte er sodann das Aufeinandertreffen mit Faustus, welches zwar ganz offiziell ihrer Liebe ein Ende hatte gesetzt, was indes nichts an seinen eigenen Empfindungen zu ändern vermochte.
    "Zu wissen, dass er … dass er noch immer von solcher Leidenschaft erfüllt ist, dass mitni'hten nichts vergangen ist … und dass doch erst ein anderes Leben uns zueinander bringen kann … dies alles zu wissen torquiert mich mehr als je zuvor. Und gleichsam zu wissen, dass dieses Gefühl, diese Liebe in mir wahrhaftiger ist als jede andere Emotion … ich werde Pri… ich werde meine Gemahlin niemals auch nur ansehen können, geschweige denn be..rühren oder ihr gar beiwohnen, ohne mir dessen in jeder Faser meines Selbst bewusst zu sein!"
    "Papperlapapp! Noch ist nicht alles verloren und aufgeben werden wir noch lange nicht! Auch der Fieberkranke kann sich in seinem Leid oftmals nicht vorstellen, jemals wieder gesund zu werden. Ich habe das Ausmaß deines Leides anscheinend unterschätzt, daher werden wir mit einer stärkeren Behandlungsmethode fortfahren."
    Meister Fasiri erhob sich und begab sich zu der Kiste, in welcher sein gänzliches Repertoire an Heilmitteln verstaut zu sein schien. Sodann baute er vor, respektive um die Kline, auf welcher Gracchus lag, einige Dinge auf: ein Dolch mit einem kunstvoll geschnitzten Schlangengriff, eine aus dunkelrotfarbener Wolle geknüpfte Kordel, eine Kerze, ein Becher mit einer hellen Flüssigkeit, ein kristallener Stein, durch welchen eine silberne Kette gezogen war, ein steinernes Gefäß mit Kohlen, welche Fasiri routiniert entzündete, und eine kleine Schatulle aus schwarzfarbenem Ebenholz.
    "Lehne dich zurück und entspanne dich ... ja, so ist es gut, entspanne deinen Körper und entspanne deinen Geist. Lass die Leere von dir Besitz ergreifen und mache dich frei von allen Gedanken ..."
    Entgegen der Worte des Arztes war Gracchus nicht im geringsten entspannt, was zum einen daran mochte liegen, dass echte Entspannung sich ihm nur dort bot, wo er sich sicher fühlte - was in Gegenwart Meister Fasiris letztlich schlichtweg nicht der Fall war -, andererseits daran, dass vor seinen Augen nun der Kristall hin- und herschwang, während Fasiri mit der anderen Hand die Schatulle öffnete und daraus Rauchwerk über die glimmenden Kohlen streute.
    "Folge der Bewegung des Kristalls und lasse alle Gedanken los ... dein Geist ist frei und auch dein Körper ist von Leichtigkeit durchdrungen ... Wir werden die Stränge deiner Gelüste und Begierden kappen, wir werden dich befreien von deinem krankhaften Wahn und die Wurzel deines Leides veröden ... Du musst nur zulassen, dass die Heilung dich durchdringen kann ... lasse los und öffne deinen Geist ..."
    Der graufarbene Rausch schlängelte sich allmählich durch den Raum hindurch und der schwere, süßliche Geruch erinnerte Gracchus an längst vergangene Tage, an Caius und Marcus, die nach durchwachten Nächten des frühen Morgens sich zurück in die Villa stahlen, in welcher er selbst bereits über seinen Studien saß, an die trübe Zufriedenheit in ihren Augen, die Sorglosigkeit ihres Blickes, der nur dem Heute galt, doch nicht dem Morgen. Der Kristall vor seinen Augen begann allmählich zu verschwimmen, die Worte des Meister Fasiri in seinen Ohren ebenso, ein endloser Strom an Klang und Ton, ein Lied, eine Symphonie oder eine Kakophonie - es war längst nicht mehr zu erkennen, geschweige denn ein Sinn darin zu erahnen. Irgendwann blitzte ein Messer auf, irgendwann floss ein Tropfen Blut die wollene Kordel hinab, Flüssigkeit benetzte seine Augen, die Worte des Meisters bildeten eine Pyramide, deren Spitze sich in sein Fleisch bohrte, ehedem sie wieder in sich zerfielen und sich zu einer Schlange reihten, welche das Blut fraß und daraus ein Kind gebar. Und irgendwann zerbarst die Welt in einem Knall und hinterließ nur tiefe Dunkelheit.

    ~~~


    Irgendwann legte sich eine kühle, erfrischende Feuchtigkeit über Gracchus' Stirn und als er blinzelnd die Augen öffnete blickte er in die vertraute Kälte seines Sklaven Blickes.
    "Wo ist … der Meister … ?"
    Einen winzigen Augenblick lang durchzog eine Spur von Verachtung Sciurus' Blick, während er mit einem kühlen Tuch das Gesicht seines Herrn benetzte. "Er ist bereits bei seinem nächsten Klienten."
    "Ich … ich entsinne mich nicht mehr, was ge..schehen ist."
    "Alles stinkt nach Opium. Du auch. Wenn das seine Heilung ist, kannst du sie andernorts billiger bekommen."
    "Nein, nein … da war … da war noch mehr."
    Gracchus richtete sich auf und schwang seine Beine über den Rand der Kline. Seine Kehle war trocken und seine Muskeln schmerzten ein wenig - als hätten sie sich zu lange angespannt. Doch er mochte dies alles nicht wahrhaben.
    "Und ich fühle mich gut, ja, doch gewiss … ich spüre wie … wie sich etwas ver..ändert hat. Zweifellos."
    Er atmete tief ein und erhob sich.
    "Ja, zweifellos …"
    Es klang dies weniger überzeugt als er es intendierte, doch letztlich mochte er sich an jede Hoffnung klammern, welche blieb, denn schlussendlich war es nicht mehr allzu lange hin bis zu der Hochzeit mit Prisca.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!