[Horti Lolliani] Ein Spaziergang

  • Eigentlich hatte Modestus durch die Straßen von Rom spazieren wollen. Es Jahre lang nicht mehr hier gewesen. Erst seine Zeit als Legatus Augusti in Germania. Dann der Bürgerkrieg und seine Verwundung. Die Reise nach Asia. Er brannte regelrecht darauf durch die Straßen zu ziehen und die Atmosphäre aufzusaugen. Nicht weil er sich sonderlich für die einfachen Leute interessierte. Zwar war es wichtig für einen Politiker die Stimmung der Bürger Roms im Auge zu behalten. Nein, er hatte vielmehr das Bedürfnis die Heimat zu sehen.


    Auch wenn er eigentlich aus Mantua stammte, verkörperte doch Rom das Reich wie keine andere Stadt. Seine Bürger ungehobelt und borniert, wie sie manchmal sein konnten, waren doch was das Imperium ausmachte. Und wenn man es genau nahm hatte er seine Wunden im Kampf für diese Stadt und ihre Bürger erhalten. Natürlich war er nicht nur aus Selbstlosigkeit gegen den Vescularier seine angebliche Tyrannei ins Feld gezogen. Ganz im Gegenteil sogar. Aber das spielte keine Rolle mehr.


    Allerdings waren ihm auf den Straßen Roms noch zu viele Menschen unterwegs. Er hatte sich noch nicht wieder daran gewöhnt längere Strecken zu Fuß zurückzulegen. Insbesondere nicht in dem Gedränge, dass an manchen Ecken herrschte. Nicht, dass er jemals wieder ohne Stock unterwegs sein würde. Es würden aber noch einige Tage und Wochen vergehen, bis er wieder besser zu Fuß sein würde.


    Deshalb hatte sich Modestus auch entschlossen die Horti Lolliani zu besuchen. Hier würde es etwas ruhiger zugehen. Auf die meisten der üblichen Standesabzeichen hatte er verzichtet. Sein verzierter Gehstock und seine Kleidung ließen zwar seinen Wohlstand erkennen. Aber man konnte ihn genauso gut für einen Eques halten. Begleitet von seinem Leibsklaven flanierte er so durch die Gärten. Stets bemüht sein Hinken zu unterdrücken.

  • Als er einige Kirschbäume passierte, blieb Modestus einen Moment stehen. Er hatte lange keine Kirschen mehr gegessen. Vielleicht würde er später jemand losschicken um einige auf dem Markt zu kaufen. Zwar war er Aufgrund der Kirschkerne nie ein großer Kirschenesser gewesen. Aber ein auf einem Gebäckstück? Oder in einer anderen Nachspeiße? Ja, das war genau das richtige für diesen Abend. Der Weinkeller musste auch dringend wieder aufgestockt werden. Es waren fast nur noch Rotweine da. Seine geschätzten Weißweine hatte er alle nach Germanien mitgenommen. Vielleicht war es an der Zeit sich ein eigenes Landgut zu kaufen. Nach seiner seiner zweiten Statthalterschaft hatte er nun sicherlich das Geld dafür. Ein Caecuber aus dem eigenen Landgut. Was konnte es besseres geben?


    So in Gedanken vertieft ging Modestus weiter. Jeder seiner Schritte von dem Klicken seines Stocks begleitet. Während er über die Vorzüge eines eigenen Landguts schwelgte, wurde er unachtsam. Er vergaß die Einschränkungen, die seine Verwundungen ihm auferlegt hatten. Fröhlich schwang er den Gehstock und trat tatkräftig mit dem linken Bein auf. Die Strafe folgte auf dem Fusse. Im wahrsten Sinne. Sein Oberschenkel verkrampfte sich schmerzhaft. Er verzog sein Gesicht schmerzverzerrt und stöhnte laut. Sein Stock entglitt ihm und er verlor die Balance. Der Leibsklave von Modestus schafte es gerade noch ihm zur Seite zu springen und einen Sturz zu verhindern. Der Schmerz im Bein von Modestus wurden fast unerträglich. Modestus' Gesicht verlor jedwede Farbe und er begann heftig zu schwitzen.


    Es war nicht das erste Mal das so etwas passiert war. Sein Leibsklave Connacht wusste was zu tun war. Aus diesem Grund verließ Modestus auch nicht mehr das Haus ohne ihn. Er hatte den Cimmerer von den Priestern des Asklepieion in Pergamon gekauft. Er war einer der Sklaven des Tempel gewesen, die zu Modestus' Genesung beigetragen hatten. Nach der Operation hatten ihm Connachts Massagen Linderung gebracht, wenn sein Bein wieder schmerzte. Als er erfahren hatte, dass er für immer auf einen Stock angewiesen sein würde, hatte er beschlossen Connacht mitzunehmen. Er wusste wie Modestus' Leiden zu lindern waren. Dem Cimmerier schien das entgegengekommen zu sein. Es war ja bekannt, dass die wilden Reitervölker aus dem Osten sehr reiselustig waren. Diesen Wunsch konnten die Priester einem Praetorier des Imperiums natürlich nicht abschlagen.


    Modestus wusste, dass es er seinem Leibsklaven vertrauen konnte und überließ ihm die Führung. Mit verbissener Miene versuchte er die Haltung zu wahren, wie man es von einem Mann der römischen Oberschicht erwartete. Der kräftige Cimmerer schlang seine sonnengebräunten Arme um seinen Herrn und sah sich eilig nach einer Sitzgelegenheit um.

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