Die Bestattung des Sklaven Leonides

  • Auch wenn Leonides nur Alpinas Sklave gewesen war, betrachtete sie ihn doch als Familienmitglied. Selbstverständlich wollte sie für ihn alle üblichen Begräbnisriten einhalten. So kleidete sie sich in die übliche weiße Trauerkleidung, wusch und salbte sie Leonides und wachte eine Nacht lang an seiner Seite. Er lag aufgebahrt, in seine beste Tunika gekleidet auf einer schnell zusammengezimmerten Bahre. Zu seinen Füßen eine Räucherschale, über dem Kopf eine Öllampe.
    Alpina hatte die Haare gelöst, sang und rezitierte Gebete an die Manen. Mit einem Segenswunsch legte sie ihm die obligatorische Münze an den Fährmann Charon unter die Zunge.


    Am kommenden Tag würden sie ihm das letzte Geleit geben, zur Ustrina, wo er auf einem Scheiterhaufen verbrannt werden würde.

  • Auch Curio und Acanthos hatten sich einige Stunden frei machen können, um dem sklaven die letzte Ehre zu erweisen. Während der Abwesenheit Alpinas hatten sie oft miteinander im Esszimmer gegessen. Immer wieder hatte der Alte dabei versucht, das Gespräch auf Alpina zu lenken und wie es ihr auf ihrer Reise wohl gehen mochte, doch hatte Curio das immer wieder abgeblockt. Nun hatte sich Curio seine Trauerkleidung angezogen und wachte einfach ein paar Stunden neben der Bahre des Sklaven. Stumm stand er dort und ließ die Trauergesänge Alpinas auf sich wirken. Manchmal, wenn sie in Tränen auszubrechen drohte, legte er ihr die Hand auf die Schulter, sagte aber auch dann nichts. Trauer war für ihn immer irgendwie mit Schweigen verbunden und dieses Schweigen betrieb er jetzt auch nach allen Regeln der Kunst.

  • So kurz nach den letzten Malen und auch so kurzfristig konnte Corvinus leider nicht selber an der Beerdigung teilnehmen.
    Er hatte allerdings einen seiner Männer hingeschickt der auf einem Blasinstrument einige traurige Melodien spielen würde wenn die Beerdigung ihren Verlauf nehmen würde.

  • Das kleine Grabareal in dem Leonides Urne beigesetzt wurde, lag in der letzten Reihe an der Straße, die am Drususmonument vorbei zum Vicus Victoria und dem Vicus Novus führte. Alpina selbst hatte die Überreste des Leichenbrandes aus der Asche gelesen und mit der Münze an Charon in die Urne gegeben. Nun stellte sie das tönerne Gefäß noch mit geöffnetem Deckel in die Grabgrube, goss den Inhalt einer Phiole mit duftener Kräuteressenz darüber und stellte zuletzt die brenndende Öllampe hinein. Das Licht, das Leonides Seele in die Schattenwelt führen sollte. Dann verschloss sie die Urne.


    Mit einem letzten Gebet an die Manen des Getöten und der Anrufung an die Lemuren, der Seele ihre wohlverdiente Ruhe zu geben, übergab Alpina die Überreste ihres Sklaven dem Leib von Mutter Erde.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!