Es gibt da was... - Oder: Ein Iunier vor seiner schwersten Schlacht.

  • Axilla überlegte noch, ob sie ihm eine Gemeinheit hinterherwerfen sollte. Wie, dass er ein Feigling war, der immer dann abhaute, sobald es etwas schwierig wurde, oder etwas vergleichbares. Aber sie verkniff es sich, sie wollte nicht die letzte Brücke auch noch abreißen, die vielleicht – wenngleich sehr wackelig und brüchig – noch da sein mochte. Also schnaubte sie nur und wartete nahezu versteinert, bis sie die Tür sich schließen hörte und sie so sicher sein konnte, dass Seneca gegangen war.
    Erst dann hielt sie es nicht mehr aus. “So ein feiger, liebesblinder Idiot“, machte sie ihrem Ärger noch einmal Luft. Vielleicht war das eine typisch weibliche Eigenschaft, auch dann die eigene Meinung kundzutun, wenn man gar nicht erwartete, dass andere Personen wirklich eine Antwort dazu gaben. Einfach nur, um die eigene Meinung zu erklären, ohne eine passende Lösung zu haben – oder zu wollen.
    Natürlich hörte sie auch Avianus' Einwurf, und jetzt tat ihr der Streit noch mehr leid als ohnehin schon. Denn ihr Cousin konnte hier ja am allerwenigsten etwas dafür. Und irgendwie sah sich Axilla noch mehr in der Verpflichtung, wenigstens ihm zu erklären, was sie so sehr störte, damit wenigstens er, der nicht total blind vor lauter Liebe war, vielleicht einmal ein bisschen Verständnis aufbringen konnte.
    “Es tut mir wirklich leid, Avianus. Es ist nur so... hnnnng“ Axilla machte eine hilflose Bewegung, die deutlich machte, wie sehr sie das ganze unter Druck setzte. Aber wirklich in Worte fassen konnte sie das gar nicht. “Weißt du, ich rede mir da schon so lange den Mund bei ihm fusselig. Ich habe Seneca damals gesagt, wie verdammt gefährlich es ist, mit der verheirateten Frau seines Vorgesetzten zu schlafen. Ich habe ihn damals geradezu angefleht, dass er doch an die Familie denken sollte und es lassen soll. Und jetzt kommt er heute her und hat die Unverfrorenheit, mir vorzuwerfen, ich würde nicht an die Familie denken! Ihm war die ganze Zeit über die Familie schnurzpiepegal. Wenn er damals erwischt worden wäre, weißt du, was dann alles passiert wäre? Er wäre wegen Ehrverletzung verurteilt worden, und das wäre noch das mindeste gewesen! Den Schaden, den das für den Ruf unserer Familie bedeutet hätte, den muss ich ja wohl nicht erst ausführen.
    Aber hat er auf mich gehört? Nein. Stattdessen hat er mich wieder und wieder angeschnauzt, wenn sein kleines Geheimnis aufzufliegen drohte, als ob ich da irgendetwas dafür könnte!


    Und auch jetzt... also, ehrlich, diese Erklärung gerade war doch auch nur ein 'Ist mir doch scheißegal, was ihr davon haltet, ich heirate diese Frau und basta' und nichts anderes. Ihm ist doch immernoch die Familie scheißegal.
    Wenn ihm auch nur irgendetwas daran gelegen hätte, irgendwas auszuräumen, dann hätte er wenigstens so viel Arsch in der Tunika haben müssen, um zuzugeben, dass er sich falsch verhalten hat. Bei den Göttern, er hat so ziemlich gegen das älteste Gesetz der gesamten Menschheit verstoßen: Die Frau eines anderen fasst man nicht an.
    Aber nein, er macht keine Fehler, und seine tolle Seiana schon gleich gar nicht! Um Entschuldigung bitten? Die zwei doch nicht!


    Weißt du, wenn die zwei im Vorfeld gekommen wären und wenigstens versucht hätten, da irgendwas auszuräumen, wenn sie wenigstens versucht hätten, Frieden zu schaffen und zuzugeben, dass sie Fehler gemacht haben und es nicht recht und gerecht war, wie sie sich verhalten haben, dann könnte man ja noch darüber reden! Aber so? Nein. Und ich lasse mir da sicher nicht einreden, dass ich da Teil des Problems wäre. Die beiden haben für sich beschlossen, dass sie ohne Fehl und Tadel sind und allein durch die Welt gehen können, ohne Rücksicht auf Verluste. Ich bin lediglich der Spiegel, der ihnen mal ein Stück Wirklichkeit vorhält. Die Welt interessiert sich einen feuchten Kehricht dafür, ob man verliebt ist oder nicht. Und genau das kann dieser Traumtänzer nicht ertragen.“


    Axilla ließ sich schnaubend in einen Sessel fallen und sich von einem Sklaven einen Becher verdünnten Wein reichen, von dem sie nach diesem langen Monolog erstmal einen großen Schluck nahm. Jetzt, nachdem sie sich den ganzen Frust nochmal von der Seele reden konnte, ganz ohne schreien oder Wut im Bauch, fühlte sie sich wesentlich besser und konnte auch erst einmal durchatmen.


    “Tut mir echt leid, Avianus. Wenn du magst, können wir auch von etwas anderem reden. Du meintest vorhin, du hast eine Freundin? Oder hab ich dich falsch verstanden?“ In Axillas Stimme schwang etwas Neugier und durchaus auch ein bisschen Freude (und ein winziges bisschen Neid) mit. Zwar hatte Avianus auch gemeint, irgendetwas an der Frau wäre falsch, aber so schlimm konnte es doch wohl nicht sein. Um Seneca zu toppen, müsste Avianus jetzt schon ein Verhältnis mit der Augusta gestehen.

  • Schweigend hörte Avianus Axillas Vortrag zu. Natürlich war, was Seneca getan hatte, brandgefährlich. Aber er konnte von seinem Vetter wohl kaum verlangen, wozu er selbst nicht in der Lage war. Er hatte es bisher nicht geschafft, Sibel hinter sich zu lassen, ganz gleich was passiert war und solange nicht alles verloren war, würde es vermutlich auch so bleiben. Zweifellos war Senecas Situation schwieriger, doch im Grunde nicht ganz so anders, und der tat offenbar dasselbe wie er: An seinem Mädchen festhalten, solange der letzte Funke Hoffnung noch nicht erloschen war. Hin und wieder nickte er. Nein, die Welt interessierte sich definitiv nicht dafür, ob man verliebt war – eine Bemerkung die ihn ein wenig nachdenklich stimmte. Das hatte auch er schon lernen müssen. Aber wenn es einmal soweit war und man sich voll und ganz auf diesen anderen Menschen eingelassen hatte, schien es oft vollkommen unbedeutend, was der Rest der Welt davon hielt. Man vergaß es, verdrängte es, wollte nicht zulassen, dass dieser Gedanke das eigene Glück zerstörte. Blind vor Liebe traf es ganz gut.
    Am Ende blickte er, sowie sie sich auf dem Sessel niederließ, ein wenig betreten aus der Wäsche und hoffte, sie erwartete nicht, dass er noch etwas dazu sagte. Er verstand sie ... irgendwie. Nur verstand er auch Seneca, und damit sie begriff, müsste er vermutlich erst offenlegen, was es mit seiner Beziehung auf sich hatte.
    "Nein, es ist tatsächlich so … es gibt da eine Frau", begann Avianus eher vage, da er noch überlegte, wie viel er erzählen und was er lieber unter den Tisch fallen lassen sollte. "Sie ist Sklavin und als wir uns trafen, war sie noch dazu eine entlaufene. Inzwischen hat sich einiges geändert, sodass sie seit einiger Zeit mir gehört und bei mir lebt. Deshalb möchte ich, dass ihr es endlich wisst. Ich hätte euch, also dir und Silanus, früher davon erzählen sollen, und dass ich es nicht getan habe tut mir leid, aber ich wusste nicht wie. Anfangs habe ich auch gar nicht gedacht, dass etwas so ernstes daraus werden könnte." Das reichte für's erste, dachte er und wartete ab, was nun an Reaktionen folgen würde. Mit der kompletten Geschichte von vorne bis hinten könnte er ohne Probleme einen ganzen Nachmittag füllen, sodass er unwichtige (oder auch unangenehme) Details gekonnt wegließ. Wie etwa, dass Sibel lange Zeit Lupa gewesen war.

  • Er hatte sich also in eine Sklavin verliebt. Und hatte jetzt Angst, es ihnen zu beichten. Axilla schaute ihn eine Weile an. Überlegte, ob sie ihn falsch verstanden hatte, aber offenbar meinte er es ernst. Und dann, aus dem nichts heraus, lachte sie. Ja, sie bekam einen ganzen Lachanfall. Sie verschüttete etwas Wein über ihre Kleidung und konnte sich vor Lachen noch nicht einmal richtig darüber ärgern, stellte nur wackelig den Becher beiseite und atmete ein paar Mal tief durch. Hin und wieder versuchte der Lachkramp, zurückzukommen, aber sie kämpfte ihn tapfer nieder.
    “Entschuldige, ich.... pffffft.“ Es ging nicht, wenn sie ihn anschaute, wie er wie so ein Häuflein Elend dasaß, musste sie wieder lachen. Sie bemühte sich, sich zu beherrschen und atmete noch ein paar Mal tief durch. “Entschuldige, ich will dich gar nicht auslachen. Aber... oh Bacchus und Venus, Götter des Lachens, ich habe schon befürchtet, du kommst nun und erzählst mir, dass du ein Verhältnis mit der Augusta hast, so kleinlaut wie du angefangen hast. Eine Sklavin... oh Götter...“ Noch immer erleichtert kichernd schüttelte sie den Kopf.
    “Also, versteh mich nicht falsch. Ich nehm an, du bist deshalb so kleinlaut, weil du sie gern heiraten willst? Natürlich würde ich mir wünschen, dass du einmal in eine reiche Familie einheiratest, die dich in deiner Karriere voranbringt und deine Stellung noch etwas erhöht. Und natürlich eine, die den Einfluss unserer Familie erhöht.
    Aber... ich meine, du bist Centurio bei den Urbanern. Das ist sicher eine gehobene Stellung, ich will das nicht kleinreden, im Gegenteil! Ich bin stolz auf das, was du erreicht hast! Und dein Vater wäre es sicher auch. Aber... wenn du ein angehender Senator wärst, wär das ein richtiges Problem. Für eine Ritterkarriere ist es sicher auch nicht unbedingt vorteilhaft. Aber so? Jetzt im Moment? Du bist sicher nicht der erste Mann, der etwas mit seiner Sklavin hat.
    Gut, die Sache mit dem Entlaufen... sie gehört jetzt aber so richtig offiziell dir? Ihr alter Besitzer hat da keine Ansprüche mehr, die er geltend machen könnte oder sowas?“
    Das wäre in der Tat ein Problem. Solange das Mädchen einem anderen gehörte, konnte es ja nicht Avianus gehören.
    Und etwas anderes fiel Axilla ein, was ihr berichtet worden war. “Das ist jetzt aber nicht das Mädel, das vor ein paar Wochen beinahe hier ertrunken wäre, oder?“

  • Während sich Axilla die Seele aus dem Leib lachte, saß er zunächst nicht weniger verlegen da als zuvor. Seneca hatte ihn mehr als einmal gewarnt, Axilla nichts zu erzählen, und die fasste sich ganz plötzlich kaum mehr. So langsam verstand er, dass seine Sorge vielleicht vollkommen überflüssig gewesen war. Womöglich auch gerade weil Seneca sie mit der Hiobsbotschaft seiner baldigen Hochzeit – für Axilla es das jedenfalls war es das – überrumpelt hatte, war sie jetzt derart erleichtert.
    "Freut mich, wenn du das so witzig findest", versuchte Avianus seine Verlegenheit zu überspielen und lächelte leicht. Zumindest hatte er durch ihre Reaktion das Gefühl, etwas offener darüber reden zu können.
    "Danke. Aber genau da ist der Haken … eine Ritterkarriere ist eigentlich genau das, auf was ich aus bin, und gleichzeitig würde ich sie auch gerne heiraten. Ich weiß nicht recht, was ich machen soll. Wir haben mit Seneca geredet und er wusste ebenfalls keinen Rat. Deshalb wollte sie sich ertränken, um mir nicht im Weg zu stehen. Ja, sie war es, die fast ertrunken wäre." Bedrückt schluckte er ein wenig, selbst wenn das schon wieder eine Weile her war. Wer wusste was passieren würde, wenn Sibel noch einmal dasselbe versuchte. Das nächste Mal war vielleicht niemand zur Stelle, um ihr zu Hilfe zu kommen. Aber das war noch lange nicht alles und es gab ja nicht nur Schlechtes zu berichten. Er und Sibel hatten in den Jahren ihrer Beziehung auch Fortschritte gemacht, wenn man so sagen wollte. Seit sie sich in Gewalt eines Mörders für ein paar Asse auf der Straße anbieten hatte müssen, hatte sich einiges verändert. So viel, dass sie jetzt Tag und Nacht bei ihm sein konnte und nicht mehr zu befürchten hatte erwürgt zu werden, wenn sie den kleinsten Fehler machte.
    "Ihr ursprünglicher Besitzer und dessen Familie sind dem Bürgerkrieg zum Opfer gefallen. Deshalb haben wir erst versucht, sie als Peregrina auszugeben. Erinnerst du dich daran, als Seneca, ich und ein paar weitere Prätorianer damals nach Germania reisen mussten?" Er war sich nicht sicher, ob er Axilla einmal davon erzählt hatte oder vielleicht auch Seneca, aber bestimmt war ihr nicht entgangen, dass ihre beiden Vettern wochenlang nicht in Rom gewesen waren. "Ich und sie, wir haben uns damals aus den Augen verloren, und ein Lupanarbesitzer hat sich währenddessen zu ihrem Dominus erklärt. Als ich davon erfuhr, habe ich sie ihm abgekauft. Mit Papieren und allem. Es ist nicht ganz legal, aber es wird reichen. Wer sollte da klagen und der Fehler liegt ja nicht bei mir sondern beim Helvetius."

  • Das waren jetzt ein paar viele Informationen auf einmal, und scheinbar fehlten da trotzdem noch ein paar dazwischen, damit das ganze einen Sinn ergab. “Momomo... Moment“, unterbrach Axilla ihren Vetter, begleitet von einer entsprechenden Handbewegung, während sie versuchte, alles in die richtige Reihenfolge zu kriegen.
    “Also sie ist weggelaufen, aber ihre alten Besitzer sind tot. Und dann hat ein Helvetius, der obendrein noch ein Bordell besitzt, sie gefangen und da als Lupa... ähm... arbeiten lassen“, versuchte Axilla, es diplomatisch zu formulieren. Ob ihr wirklich gefallen wollte, dass ihr Vetter eine Hure – und diesmal eine wortwörtliche, keine im übertragenen Sinne – heiraten wollte, wusste sie noch nicht so recht. Wenn sie ein Mann wäre, würde sie der Gedanke wohl stören, sich zu überlegen, wie viele andere... aber vielleicht tickten Männer da doch anders, als sie sich das dachte. “Aber nachdem du und Seneca aus Germania zurück wart, hast du sie da entdeckt und freigekauft und – da der erste Besitzer tot ist und der Helvetius sie ja verkauft hat – mit Sicherheit auch der einzige, der noch irgendwelche Rechtsansprüche gegen sie hat.
    Jetzt willst du aber Ritter werden und hast Angst, dass das zum einen uns und zum anderen einem möglichen künftigen Patron, den du für eine Ritterkarriere ja doch haben solltest, nicht gefallen könnte, wenn du sie freilässt und heiratest. Richtig?“

    So zumindest ergab die Erzählung etwas Sinn. “Und weil das Mädchen... wie heißt sie überhaupt? Ist so unpersönlich, nur von 'das Mädchen' zu sprechen. Und wie alt ist sie überhaupt?“ Letzteres fragte Axilla dann doch aus sehr praktischen Gründen. Die Frau war ihren ersten Besitzern weggelaufen, was entweder darauf schließen ließ, dass sie nicht wirklich sozialisiert war, oder darauf, dass ihre früheren Besitzer das wohl nicht waren und die Sklavin schlecht behandelt hatten. Axilla war immer beigebracht worden, dass Sklaven zur Familie gehörten und man deshalb ebenso respektvoll mit ihnen umging, wie mit jedem anderen Familienmitglied. Der einzige Unterschied zwischen ihr und einem Sklaven war, dass die bei Entscheidungen nicht mitstimmen durften und tun mussten, was man ihnen sagte, während Axilla da doch auch Widerworte geben konnte. Aber ihr würde nie einfallen, einen Sklaven zu schlagen oder in ihr Bett zu zerren. Und sie glaubte da doch ganz fest daran, dass ihr Onkel ihrem Cousin ähnliche Maßstäbe mit in die Wiege gelegt hatte.
    Nun, aber das Weglaufen des Mädchens legte die Vermutung nahe, dass deren erste Besitzer da nicht so moralische Maßstäbe angelegt hatten. Und ihr Dasein in einem Lupanar machte es ja regelrecht final, dass das Mädchen mit mehreren Männern geschlafen hatte. Und wohl auch mit Avianus – etwas anderes anzunehmen wäre doch sehr naiv. Und wenn bei all diesen Kontakten nichts mit Hand und Fuß – im wörtlichen Sinne – herausgekommen war, war das nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal einer Frau.
    “Naja, und weil das Mädchen nicht ohne dich leben mochte, dachte sie, es wäre eine gute Idee, zu ertrinken? Ich hoffe, du hast ihr deshalb ordentlich den Kopf gewaschen. Wir haben schon genug Leichen im Cellarium, wir brauchen nicht noch eine mehr im Balneum.“ Bei der letzten Bemerkung zwinkerte Axilla ihrem Vetter einmal zu.
    Bevor sie aber mit irgendwelchen Schlachtplänen daherkam, wollte sie erst einmal wissen, ob sie alles richtig verstanden hatte.

  • Axilla versuchte die komplizierte Geschichte, die hinter ihm und Sibel lag, zu entwirren. Einiges davon stimmte soweit auch, aber einige Lücken galt es noch zu füllen. Und noch dazu stellte Axilla ihm ein paar berechtigte Fragen, die er noch beantworten wollte.
    "Ja, so in etwa. Also sie ist etwas jünger als ich. Ihre Besitzer sind gestorben, deshalb ist sie, Sibel, weggelaufen. Sonst hätte man sie vermutlich an den nächstbesten verkauft. Und nachdem ich aus Germania zurück war … ich konnte sie erst nicht finden, weil sie im Carcer der Cohortes Urbanae saß. Ein Soldat wollte sie vergewaltigen, sie hat sich gewehrt und der Scheißkerl hat sie dann einfach festgenommen. Sie war wohl halb tot als sie sie wieder freigelassen haben", erklärte er bereitwillig, was Axilla noch nicht wusste, "Da hat man sie im Lupanar aufgenommen, nur hatte der Helvetius ein Problem mit ihrer Vergangenheit und von ihr verlangt, dass sie sein Eigentum wurde, wenn sie nicht wieder auf der Straße landen wollte. Sie konnte gar nicht anders als einzuwilligen, und ich habe sie dann gekauft." Das war dann also das komplette Drama. Fast jedenfalls. Die Vorgeschichte hatte er bisher weggelassen und würde es vermutlich fürs erste dabei belassen. Er wusste, was er bisher erzählt hatte, könnte schon Stoff für ein Theaterstück sein, da musste er nicht unbedingt sofort noch einen drauflegen. War nur zu hoffen, dass Axilla alles weiterhin gelassen nahm, wobei er ohnehin schon unfassbar froh darüber war, dass sie ihm bisher keine Vorwürfe gemacht hatte.
    "Ich weiß, das alles ist ein wenig verworren, aber all diese Dinge … die sind einfach passiert. Wir haben versucht, das Beste daraus zu machen, und ich hoffe zumindest, dass ihr Verständnis dafür aufbringen könnt, wenn sie bei mir bleibt, als Sklavin, Konkubine, was auch immer. Wenn sie das möchte jedenfalls. Ich weiß wie unrealistisch es ist, auf mehr zu hoffen, etwa darauf, dass sie einmal meine Frau sein könnte. Aber sie fallen lassen … das kann ich nicht. Die Dinge, über die du Bescheid weißt, sind nur ein Bruchteil dessen, was sie durchmachen musste. Sie hat einfach Angst ..." Den Gedanken, dass ihr noch mehr zustoßen könnte oder dass sie ich erneut etwas antat … das könnte er nicht ertragen. Über Axillas kleinen Scherz konnte er deshalb auch nicht lachen und setzte stattdessen nur ein dünnes Lächeln auf.
    "Das mit dem Patron ist eben so eine Sache. Bei euch kann ich da eher noch auf Verständnis hoffen, dachte ich. Aber was ein einflussreicher Senator dazu sagen würde, der mich im Grunde gar nicht kennt ...?"

  • Die Informationen, die Axilla jetzt dazubekam, halfen nicht unbedingt dabei, die ganze Sache sympathischer zu machen. Sie war also weggelaufen, weil sie nicht verkauft werden wollte, und hatte sich dann selbst erpressbar gemacht, weil dieser Helvetius das herausgefunden hatte. Dass ein Cohortler das Mädchen einfach so – in Rom! - vergewaltigen hatte wollen, das konnte Axilla irgendwie gar nicht so ganz fassen. Ja, sowas kam immer wieder vor. Und weil vergewaltigte Frauen auf einer Stufe mit Ehebrecherinnen standen, brachten sich diese normalerweise selbst um, um ihren Familien die Schande zu ersparen. Aber für Sklaven oder Peregrini galten da ohnehin andere Wertmaßstäbe, und zumindest glaubte Axilla, herausgehört zu haben, dass das Mädchen sich erfolgreich verteidigt hatte. Zumindest, insofern man verprügelt werden als Erfolg verbuchen konnte.
    “Du hast ihren Namen vergessen“, erinnerte Axilla ihren Vetter an die wohl dringlichste Frage. Axila mochte es wirklich nicht, über Sklaven wie über Tische zu reden. Selbst der Hund ihres Sohnes hatte einen Namen.
    “Das mit dem Patron ist natürlich schwierig, das stimmt schon. Ich weiß nicht... wie realistisch ist deine Chance überhaupt, in den Ritterstand aufzusteigen? Ist das bislang nur ein grober Plan, oder hast du da wirklich Anhaltspunkte?“ Wenn das bislang nur ein ganz grober Plan war, dann war zumindest eine Option, Avianus zu sagen, dass er sich den Plan ja noch aus dem Kopf schlagen konnte und stattdessen glücklich mit seiner Sklavin als Centurio leben konnte. Wenn da allerdings schon Schritte unternommen wurden und damit andere Leute mit reingezogen wurden, dann war das ganze schon vertrackter.
    “Allerdings solltest du sie dann so oder so vielleicht bald freilassen oder zumindest ein Testament aufsetzen, dass ihr bei deinem Tod die Freiheit gewährt. Ich wünsche dir, dass du hundert Jahre alt wirst, aber du weißt selber, wie gefährlich das Leben, gerade als Centurio, so ist. Ich mein, sogar ich hab ein Testament im Tempel der Vesta hinterlegt, dass all meinen Sklaven, die mir schon ein paar Jahre treu waren, die Freiheit gewährt. Und ich lebe jetzt nicht gerade besonders gefährlich.“ Axilla überlegte, ob sie noch einen weiteren Grund anfügen sollte. Sie wollte ihrem Vetter nicht Dinge auf die Nase binden, an die er vielleicht gar nicht denken wollte, aber es half ja auch nicht, um das heiße Pulsum herumzureden. “Und natürlich, damit eventuelle Kinder in den Stand eines Bürgers oder zumindest freien Menschen geboren werden, und nicht in den eines Sklaven. Ich glaube nämlich nicht, dass du ertragen könntest, wenn deine Kinder Sklaven wären. Und die tempora legitimum umfasst immerhin sechs Monate.“ Genauso, wie sie ihrem Vetter Seneca vor Urzeiten ins Gewissen geredet hatte, dass der es nicht ertragen würde, sollten seine Kinder als Terentier aufwachsen. Nur hatte Seneca damals nicht auf sie hören wollen. Jetzt hoffte sie aber, dass Avianus da ein offeneres Ohr dafür hatte.

  • "Sibel. Sie heißt Sibel", wiederholte Avianus mit einem leichten Lächeln, da Axilla bei all den abenteuerlichen Geschichten ihren Namen zuvor scheinbar überhört hatte.
    "Der Praefectus Urbi persönlich hat mir ans Herz gelegt, eine Offiziersausbildung zu machen, damit ich für Stabsposten qualifiziert wäre. Ich habe damit schon begonnen und Seneca hat mir bereits ein Empfehlungsschreiben für meine Suche nach einem Patron aufgesetzt." Gar nicht mal so schlecht, würde er also sagen. Er besaß weder Grund und Boden in Italia, noch hatte er sich bisher mit einem möglichen Patron in Verbindung gesetzt. Aber die Möglichkeit war eben da.
    Axillas nächster Punkt brachte ihn wieder ins Grübeln.
    "Ich weiß …" Nachdenklich biss er sich auf die Unterlippe. Er wollte gar nicht daran denken, was geschah, wenn ihm etwas zustieße. Es ganz einfach zu verdrängen war allerdings auch keine Lösung. Axilla hatte Recht, selbst wenn er ahnte, was Sibels Reaktion wäre, wenn sie etwas davon mitbekäme, dass er ihretwegen ein Testament verfassen wollte. Aber ganz gleich was er machte, Sibel wäre vermutlich nie begeistert davon. Wenn er sie etwa jetzt sofort freilassen würde, müsste sie aus seiner Habitatio in der Castra ausziehen. Auch Avianus würde sich nicht direkt darüber freuen, obwohl er wusste, dass es das Beste für sie war. Er würde wohl einfach Sibel darauf ansprechen, auch wegen Axillas zweitem, gar nicht unvernünftigem, Argument.
    "Ich werde mit ihr darüber reden. Vorher würde ich aber gerne wissen, ob hier in der Casa Platz für sie wäre. Ich meine, ich könnte ihr problemlos eine Insula mieten. Aber bei dem Gedanken, dass sie dort allein lebt, ist mir nicht wohl." Da wäre ihm ein Zimmer in der Casa Iunia um ein Vielfaches lieber. Und für den Fall, dass Axilla sich keine Fremde ins Haus holen wollte, rang er sich zu einem etwas gewagten Vorschlag durch. Ihr letzter Besuch in der Casa war wenig erfreulich verlaufen und Sibel davon zu überzeugen, dass es eine gute Idee war, auch seine restliche Verwandtschaft kennenzulernen, stellte er sich nicht leicht vor, aber daran käme er auf Dauer sowieso vorbei:
    "Ich kann sie vorher auch gerne nochmal mitbringen, dann könnt ihr sie kennenlernen."

  • Sibel also. Klang ein wenig wie die Sybille des Orakels, allerdings glaubte Axilla nicht, dass da ein Zusammenhang bestand. Aber so ließ sich der Name zumindest merken.
    Dass ausgerechnet Decimus Livianus nun die treibende Kraft sein sollte, gefiel Axilla aus naheliegenden gründen natürlich eher weniger. Sie hatte zwar nichts gegen den Consular, der ja auch immerhin der Patron von Silanus war. Aber wenn der Mann nicht einmal mitbekommen hatte – oder es am Ende noch gutgeheißen hatte – was seine Nichte so tat, dann konnte er Axillas Meinung nach so viel nicht taugen. Ein anständiger Pater Familias hätte solch infamen Treiben schon viel eher ein Ende setzen müssen. Aber gut, Axilla wollte sich damit nicht zu lange aufhalten.
    “Hast du denn schon jemanden als Patron ins Auge gefasst? Ich meine... gut, Seneca ist jetzt Tribun und so, aber ein Empfehlungsschreiben deines Vetters ist jetzt nicht unbedingt DAS Aushängeschild. Dass die eigene Familie hinter einem steht, sollte selbstverständlich sein.“ Außer, ein Familienmitglied pfiff schon seit Jahren auf die eigene Familie und hörte da nicht eine Sekunde zu, wenn man ihm etwas zu sagen versuchte... “Wenn du magst, könnte ich versuchen, Consular Purgitius auch der Sache gewogen zu machen. Titus ist jetzt sein Klient, der soll ja zeitnah Ritter werden. Allerdings werde ich dem Consular gegenüber in jedem Fall die ganze Wahrheit dann sagen, alles andere wäre doch ziemlich undankbar.“ Das wäre dann zumindest, sofern der Purgitius einwilligte, eine Empfehlung, die etwas mehr Gewicht hätte als die eines popeligen Tribuns, der eine infame Frau heiraten wollte.


    Bei der anderen Sache zuckte Axilla die Schultern. “Prinzipiell spricht nichts dagegen, dass sie herkommt. Ich nehme mal an, du willst sie nicht in einem der Servitricia wohnen lassen wie die anderen Sklaven? Aber theoretisch könnten wir ihr auch einfach dein Zimmer geben.
    Aber vorher würde ich sie wirklich gerne einmal kennen lernen. Wenn sie hier wohnen soll, muss sie sich in die Hausgemeinschaft ja auch einfügen und hier reinpassen, ehe sie unter den Schutz unserer Lares gestellt wird. Sie... sie ist ja keine Römerin, aber sie ist jetzt nicht so eine Christianerin oder sowas, oder?“
    Grundsätzlich hatte Axilla mit sowas kein Problem. Malachi war ja auch Jude und zumindest glaubte sie, dass er zum jüdischen Gott betete. Ganz sicher war sie nicht, und sie traute sich nicht, ihren Sklaven danach zu fragen. Aber bei jedem hier im Haus wusste sie zumindest gerne, woran sie war.

  • "Ich arbeite mit meiner Centuria an einer größeren Sache zurzeit … wenn da alles glatt läuft, könnte ich durchaus auch den Praefectus um eine Empfehlung bitten. Er schätzt meine Arbeit ja, wie es scheint", schlug Avianus vor, "Einem Empfehlungsschreiben des Purgitius wäre ich aber auch nicht abgeneigt … wenn du denkst, es ist in Ordnung, wenn er die Wahrheit kennt. Ich meine, mit seiner Sklavin zu schlafen ist das eine, aber sie zu lieben und den Wunsch zu hegen, sie zu heiraten, das verstehen wohl die wenigsten." Verstehen … da musste er ja fast lachen. Es gab Leute die ihn dafür verachten würden. Mochte sein, dass er nicht der erste war, der sich in seine Sklavin verliebte, angesehen war es dennoch nicht. Da fragte er sich natürlich auch, ob er einem möglichen Patron davon erzählen sollte und vor allem, wer dann in Frage käme. Wie er das alles hasste. Wenigstens war Sibel heute nicht dabei. Sie hätte sicher nur wieder auf ihn eingeredet, er solle es sich einfach machen und sich von ihr verabschieden.
    "Ich habe mit Seneca bereits über mögliche Patrone gesprochen und den Consular Purgitius sogar in betracht gezogen. Ihn oder auch Claudius Menecrates. Zu den Claudiern engere Kontakte zu knüpfen könnte nützlich sein dachte ich. Aber Seneca war lange nicht in Rom und ich halte mich für gewöhnlich aus der Politik raus, falls du also noch Ideen hast …"


    Avianus hatte zwar nicht angenommen, dass Axilla ihm schlichtweg verbieten würde, Sibel in der Casa unterzubringen, dennoch fiel ihm einmal mehr ein kleiner Stein vom Herzen, als seine Verwandte sich nicht direkt daran störte. Seneca hatte es damals sicher nur gut gemeint, ihn dazu zu ermahnen, seiner Cousine nichts zu erzählen, hatte sich aber ganz offensichtlich geirrt. Lief doch alles einwandfrei.
    "Ich behandle Sibel ja nicht wie meine Sklavin. Und ich würde auch nicht wollen, dass es hier in der Casa anders ist. Außerdem, sollte ich sie hier unterbringen, dann nur als Libertina. Natürlich würde ich mir also wünschen, dass sie ihr eigenes Zimmer bekommt, von mir aus auch meines." Er war ohnehin kaum da und wenn er dann einmal da wäre, würden sie die Nacht ganz bestimmt nicht in getrennten Zimmern verbringen, jedenfalls wenn Sibel nicht das Gegenteil wollte. Und die würde sehr viel eher wollen, dass er gar nicht wieder ging.
    "Und nein … sie ist keine Christianerin, nichts dergleichen. Und sie hat schon ihre Kindheit bei einer römischen Familie verbracht." Vielleicht nicht bei der besten, aber immerhin. Und da konnte Sibel auch herzlich wenig dafür. "Ich bezweifle, dass es in der Hinsicht Probleme geben wird. Am besten lernst du sie aber persönlich kennen." Damit stand die Sache also mehr oder weniger. Er würde Sibel noch einmal herbringen müssen. Entweder das, oder sie würde früher oder später allein in einer Insula enden.

  • “Ich denke viel eher, dass es nicht in Ordnung wäre, würde ich ihm die Wahrheit verschweigen und würde er das dann später herausbekommen...“ So viele Freunde, vor allen Dingen solche mit politischem Einfluss, hatte Axilla nun ja auch nicht. Und sie wollte ihrem Sohn nicht seine Chancen verbauen, nur weil Avianus ein Mädchen weit unter seinem Stand haben wollte. “Claudius Menecrates wäre an und für sich sicher nicht schlecht, aber der ist in letzter Zeit so wenig in Erscheinung getreten... Sagt kaum was im Senat, ist kaum öffentlich anzutreffen... Ein wirklich aktiver Patron wäre das wohl nicht. Und ich glaube auch nicht, dass er sonderlich viel Einfluss hat.
    Wenn du eher auf den Verwaltungszweig der Ritterlaufbahn schwenken möchtest, könntest du auch überlegen, Germanicus Avianus ins Auge zu fassen. Der hat zwar null militärische Expertise, aber immerhin war er auch Ädil, Leiter der Schola und ist jetzt Curator.... und von dem sieht und hört man noch eher etwas. Und da Serana ja mit seinem... ich glaub, Germanicus Sedulus ist sein Neffe... Naja, auf jeden Fall ist unsere Cousine ja mit ihm verschwägert. Und die Germanici sind sowieso etwas... anders. Von daher könntest du bei dem auch Glück haben, dass es ihn auch nicht sonderlich stört, wenn du eine Libertina heiratest. Du solltest es ihm nur eben auch vorher sagen.“

    Germanicus Avarus war vielleicht keine sonderlich beliebte Wahl, was Patronate anging, aber immerhin auch eine nicht ganz unrealistische Möglichkeit. Und Axillas Meinung nach trotz allem Gerede um seine Person eine bessere Wahl als Claudius Menecrates.


    Als Avianus davon redete, dass Sibel ja die römischen Bräuche auch gut kannte, war Axilla schonmal beruhigt. Trotzdem erntete ihr Vetter einen mehr als kritischen Blick dafür, dass er meinte, er wolle nicht, dass Sibel wie eine Sklavin behandelt wurde. “Liebster Cousin“, begann Axilla in fast lehrerhaftem Ton. “Hast du denn auch nur ein einziges Mal mitbekommen, dass ich einen Sklaven irgendwie schlecht oder unfreundlich behandelt hätte? Wenn diese Casa genug Platz hätte, dass jeder von ihnen ein eigenes Zimmer haben könnte, hätten sie wahrscheinlich alle eines. Aber so viel Platz haben wir nicht, also müssen sich die meisten ihre Räume eben teilen. Oder eben wir unsere Zimmer, in diesem Fall.“ Axilla zuckte die Schultern. Sie musste sich sicherlich nicht vorwerfen lassen, sie hätte jemals einem Sklaven etwas getan. Einige Sklaven hatten sogar zu ihren engsten Vertrauten und besten Freunden gezählt. In solchen Momenten, in denen sie daran erinnert wurde, vermisste sie wieder Leander, dessen Asche nun ebenfalls im Grabmal der Iunii zu finden war. Axilla verscheuchte die aufkommende Traurigkeit. Es gab genug Trauriges im Hier und Jetzt. “Ich denke, da musst du dir wenig Gedanken machen. Aber trotzdem will ich mit Sibel wenigstens vorher einmal reden, ob sie hier überhaupt auch sein will und wer sie so ist.“

  • "Da hast du natürlich recht. Und das hätte ich von dir auch nicht erwartet … also dass du es dem Consular verschweigst. Da hätte ich eher auf das Schreiben verzichtet", wollte Avianus noch kurz klarstellen, bevor er auf Axillas nächsten Vorschlag zu sprechen kam: "Germanicus Avarus … Die Sache ist ja die, ich hatte nur nicht vor, in die Verwaltung zu gehen. Wie ich zuvor sagte, habe ich eine Offiziersausbildung bereits begonnen." Womöglich war aber auch der Zeitpunkt gekommen, an dem er sich eingestehen musste, dass man manchmal nicht alles haben konnte was man wollte, und einen Kompromiss eingehen sollte. Erst recht wenn es so war, wie Axilla sagte, und sogar eine Chance existierte, selbst wenn die gering wäre, dass der Germanicus in wegen seiner ungewöhnlichen Beziehung nicht wieder vor die Tür stellte, sobald er davon erzählte. Und vielleicht hätte der Senator genügend Kontakte, um ihn auch bei einer Karriere beim Militär zu unterstützen. Alles zusammen waren das aber eher Dinge, die er mit dem Senator persönlich besprechen sollte. "Ich werde mir das noch durch den Kopf gehen lassen."


    Ein wenig überrascht blickte er seine Cousine über den Tisch hinweg an, als sie begann, von ihrer Einstellung gegenüber Sklaven zu erzählen und dabei einen unerwartet ernsten Ton anschlug. Er hatte ja nicht vorgehabt Axilla zu verärgern und war deshalb auch etwas verwundert darüber, wie sie ihm antwortete.
    "Ich wollte dir auch nichts dergleichen unterstellen, Axilla", meinte er beschwichtigend, "Ich habe keine Angst, dass sie hier schlecht behandelt wird. Ich weiß den Sklaven in unserer Casa geht es gut. Aber dazwischen, einen Sklaven gut zu behandeln oder mit ihm umzugehen, wie mit einem Freien, ..." - Was er bei Sibel ja tat ... - " ... ist noch einiges an Luft. Doch wie gesagt, ich würde sie vorher ohnehin freilassen, also spielt das alles nicht einmal eine Rolle. Und mein Zimmer kann sie natürlich so oder so haben." Am besten sollte Sibel hier leben wie eine Iunia, hätte er am liebsten gesagt, beließ es aber dabei und hoffte einfach das Thema wäre damit geklärt.
    "Wenn das also alles wäre, sollte ich dann vermutlich zur Castra zurück. Wir werden uns möglichst bald wiedersehen, denke ich."

  • Sim-Off:

    Ups, übersehen


    “Ja, überleg es dir und lass es mich dann einfach wissen. Ich meine... zu verlieren hast du dabei ja eigentlich nichts.“ Selbst wenn Consular Purgitius unter den Umständen nichts mit Avianus zu tun haben wollen würde, stand er dadurch ja kein bisschen schlechter da als jetzt auch. Nur halt eben auch nicht besser. Auf der anderen Seite könnte Avianus die Chance erhalten, einen der größten Militärexperten, wenn nicht den größten, für sich zu gewinnen. Für Axilla wäre die Entscheidung da einfach, aber Avianus war ein Mann. Für die war ja immer alles kompliziert.


    Zu der Sache, ob es einen Unterschied zwischen Freien und Sklaven in der Behandlung gab, sagte Axilla nichts mehr, sie winkte nur lächelnd ab. Brachte ja auch nichts, jetzt darüber zu philosophieren, wer sich wie behandelt fühlte. Axilla war der felsenfesten Überzeugung, dass es den allermeisten Menschen in der Subura weitaus schlechter ging als jedem iunischen Sklaven, und ebenso, dass es für eine Frau wohl ob frei oder unfrei nie dieselben Entscheidungsmöglichkeiten gab wie für einen Mann. Dass sie selbst ohne Tutor durchs Leben gehen konnte, hatte sie auch nur dem ius trium liberorum zu verdanken. Aber das wäre alles nurmehr wirklich rein philosophisch gewesen, und soviel Spaß am debattieren hatte Axilla jetzt auch wieder nicht.
    “Schick dann vorher nur bitte eine kurze Nachricht, wann ihr hier vorbeikommt. Dann muss ich nicht wieder quer durch die halbe Stadt hetzen und kann mir dafür Zeit nehmen.“ Das Kennenlernen war Axilla ja auch wichtig. Da wollte sie nicht abgehetzt sein oder unter Termindruck stehen.
    Aber sonst war alles gesprochen, so dass Axilla ihren Vetter auch nicht weiter aufhalten wollte. Der hatte ja auch einiges zu verdauen.

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