Die Vergangenheit entflieht nicht, sie bleibt und verharrt bewegungslos.
Marcel Proust
Eigentlich war es ein Tag, wie jeder andere in Rom. Seit dem Morgen schon strömten die Menschen zum Markt, um Lebensmittel für den Tag und sonstige Güter für ihren Bedarf zu kaufen. Wie immer war es ein hektisches Treiben zwischen den einzelnen Marktständen. Lautstark priesen die Kaufleute ihre Waren an. Waren aus allen Ecken des Imperiums und darüber hinaus: Feine Elfenbeinschnitzereien aus Africa, feinste Seidenstoffe aus dem Fernen Osten, strahlende Kleinodien aus Bernstein, Pelze aus dem freien Germanien, wollene Stoffe aus Britannien und vieles mehr. Besonders betörend war es, wann man sich dem Marktständen der Gewürzhändler näherte. Den Weg dorthin zu finden war ganz leicht. Einfach nur den exotischen Düften folgen und schon erschloss sich dem potentiellen Käufer eine Vielzahl von prall gefüllten Säcken mit bunten Pulvern, seltsam anmutenden Knollen, Schoten, Knospen und Nüssen.
Doch der Markt hielt noch viel mehr Kostbarkeiten und Überraschungen bereit…
Sibel hatte lange warten müssen, bis es endlich soweit war. Immer wieder hatte ihnen Avianus` Dienstplan einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dann gab es Tage, an denen sie sich nicht recht wohlgefühlt hatte und lieber zu Hause geblieben war. Doch heute endlich war es so weit! Avianus und sie gingen gemeinsam zum Markt. Nicht nur, dass dies eine Premiere als solches war, es gab auch einen triftigen Grund dafür. Sibel übte sich nun täglich im Lesen und Schreiben und sie hatte tatsächlich schon gute Fortschritte gemacht. Nun war es endlich an der Zeit, sich nach geeignetem Lesestoff umzusehen. Hierbei ließ sie sich natürlich gerne von Avianus beraten.
Für diesen besonderen Tag hatte sie sich in eine von ihren besseren Tuniken gekleidet. Auch trug sie heute die Bernsteinkette, die ihr Avianus geschenkt hatte. Ihr Haar hatte sie zu einem einfachen Dutt hochgesteckt. Wie immer, wenn sie unterwegs war, trug sie ihre Palla. Spätestens nach dem Verlassen der Castra wirkte sie dann auch wesentlich entspannter, so dass ihrer Vorfreude nun nichts mehr im Wege stand. Selbst heute, obwohl sie Avianus an ihrer Seite hatte, war das nicht anders.