Alles in Ordnung. In allerbester Ordnung. In absoluter und vollkommener Ordnung. Was man nicht so alles dahersalbaderte im Lauf seines Lebens. Ohne jeglichen Verstand. Ohne auch nur einen Atemzug lang inne zu halten, um den tieferen Sinn dessen zu erkunden, was man man da von sich gab. Wortbatzen. Satzklumpen. Auswurf. Wiedergekäut, aus dem Schlund gewürgt und achtlos ausgespuckt wie einen Kornhülse. Wie dumm man doch war, wie blind für das Glitzern der Wahrheit hinter Schleim und Speichel. Und Blut. Alles in Ordnung. Drei Worte die Alles erklärten, Alles vorweg nahmen. Ordnung war über Allem. Immer. Egal, in welcher Form sie sich zeigte, ob mit Glück, Schmerz, Liebe oder Tod. Malleus musste lachen. Wenn er lachte, biss ihn zwar der hechelnde graue Hund in die Rippen, aber auch das war in Ordnung. Sie kannten sich. Schon sehr lange. Das letzte mal waren sie sich in einer bewaldeten Talsenke etwa vierzig Meilen südöstlich von Ratiaria begegnet. Damals hatte sich der Hund an seinem Hals gütlich getan. Das war siebenundzwanzig Jahre her. Nun war er wieder da, um sich den nächsten Bissen zu holen. Malleus konnte das gut verstehen, und er empfand auch keinen Hass auf das Tier, war es doch auch nur ein Teil der Ordnung die Alles zusammenhielt. Irgendwann, vielleicht heute, vielleicht morgen, würde der Hund sein Mahl beenden. Gut möglich, dass er den Tag und die Stunde bereits kannte und deshalb so geduldig war. Noch aber pulsierte das Blut durch seine Beute.
Ganz in der Nähe, nur ein paar Schritte entfernt, hatte sich ein anderer Hund niedergelassen, um sich am Fleisch des jungen Curio zu laben. Malleus war sich den Tatsachen vollkommen bewusst. Schließlich war er wach und am Leben. Seine Sinne mochten sich nach innen gekehrt haben, verlassen hatten sie ihn nicht. Er roch sein Blut. Schmeckte die rostige Patina auf seiner Zunge. Spürte die zerrenden Bisse des grauen Hundes. Hörte gedämpfte Stimmen von nebenan. Sah auch die rotbraune Wolke über sich hinwegziehen, in der er Alpina mehr erahnte als erkannte. All das wahrzunehmen gelang ihm noch immer, sich zu bewegen jedoch, gelang ihm kaum. Sein Körper fühlte sich an wie begraben. Fünf Ellen tief verscharrt in feuchtem Lehmboden und gekrönt mit einer Steinkuppel aus kindsgroßen Findlingen. Alles war in Ordnung, soviel stand fest. Und diese Ordnung, das wurde ihm zunehmend klarer, verlangte von ihm, die Gier seines alten Bekannten nicht zu sättigen, solange seine Pflichten nicht erfüllt, seine Schulden nicht abgegolten und seine Versprechen nicht erfüllt waren. Sterben ist keine Entschuldigung für Nachlässigkeit. Wie oft hatte er das seinen Rekruten an die Köpfe geworfen? Nicht oft genug, wie er auf den Schlachtfeldern von Moesia und Pannonia hatte feststellen müssen. Hier wurde nicht gestorben! Hier nicht und auch nicht nebenan. Das sah der Tagesbefehl nicht vor.
Die Zähne so fest zusammengebissen, dass sein Kopf sich anfühlte, als bestünde er nur aus zwei knackenden Kiefern, versuchte Malleus, sich zur Seite zu drehen, die Wolken vor seinen Augen zu vertreiben und zu sehen, was um ihn her geschah. Es dauerte Ewigkeiten, und der Hund hatte seine helle Freude daran. Sollte er, das ging schon in Ordnung. Was Malleus dann endlich sah, war die quälende Mühsal allerdings nicht wert. Er starrte auf eine Wand, eine kühle glatte Wand. Daneben ein Durchgang. Das war alles. Was im Raum jenseits des Durchganges vor sich ging, blieb seinen blinzelnden Blicken verborgen. Aber er vernahm Schritte. Immerhin. Und er konnte die monoton vor sich hinmurmelnde Stimme einer Frau hören. Ansonsten nahm er nicht viel wahr. Nur die Wand, die Schritte, die Stimme und das Wühlen der Hundeschnauze zwischen seinen Rippen.