[Taberna Medica Alpina]

  • Sie konnte es nicht lassen! Diese Lupa war unverschämt, wenn sie nur das Lästermaul öffnete. Alpina hörte fassungslos zu, wie Phryne ihr eine Unverschämtheit nach der anderen um die Ohren schlug. Ehe sie noch irgendetwas erwidern konnte, griff sich die Libertina die Kräuter und verschwand.
    "Hoffentlich holt dich Proserpina!" schrie Alpina der Schauspielerin hinterher. Sie atmete tief durch. Wann würden diese Angriffe endlich aufhören? Und wann würde sie endlich lernen, schlagfertig zu antworten, wenn diese Hydra wieder ihre Bosheiten losließ?

  • Noch immer zuckte Alpina zusammen, wenn das Glöckchen über der Eingangstür ihrer Taberna Medica hektisch bimmelte. Der gut gelaunte junge Mann, der soeben eintrat sah jedoch zum Glück nicht gefährlich aus. Er trug eine Legionärstunika und war auch sonst als Waffenbruder ihres Gefährten Corvinus zu erkennen.
    "Salve, Legionarius! Wie kann ich dir helfen?" begrüßte die Raeterin Octavius Frugi.

  • "Salve Susina Alpina, ich hoffe dir geht es schon ein wenig besser. ... Mein Name ist Titus Octavius Frugi. Auf Anordnung unseres Praefecten Marcus Iulius Licinus, bin ich hier, um die Aussage deines Gehilfen, leider habe ich seinen Namen vergessen, aufzunehmen. Er soll Zeuge sein, von der Mittäterschaft einer gewissen Flore bei den Verbrechen dieses Gurox".
    Noch immer zweifelte Frugi daran, dass die Anschuldigungen dieser Phryne so stimmten. Merkwürdig fand er außerdem diese Ohnmacht, die war echt und nicht gespielt um von irgend etwas ab zulenken. Unterwegs hatte er sich überlegt ob ihm die Kräuterfrau da weiter helfen konnte. Zuerst aber musste er diesen Gehilfen befragen und so schaute er sich um ob er diesen irgend wo entdecken würde.

  • Schmerzhaft zog sich Alpinas Unterleib zusammen als Frugi den Namen Gurox nannte. Die Erinnerungen fluteten hoch. Es war soweit. Auch sie würde aussagen müssen. Zunächst wollte Frugi zwar nur Kaeso befragen. Aber es war abzusehen, dass auch sie nach den Ereignissen gefragt werden würde.
    Alpina schüttelte die Sorgen ab. Frugi wollte Kaeso sprechen. Doch Kaeso war nicht mehr bei ihr. Er war bei Phryne oder wer weiß wo.
    "Es tut mir leid, Octavius Frugi. Kaeso ist nicht mehr mein Gehilfe. Er wollte eine Ausbildung bei dem Chirurgicus Publius Gavius Balbus anfangen. Ich habe ihn seither nicht gesehen. Du könntest aber vielleicht Aciliana Phryne fragen. Bei der Freigelassenen verbringt Kaeso gerne seine Freizeit und auch die Nächte, wenn du mich verstehst."

  • Unwillkürlich zog sich Frugis Augenbraue bei Gehörtem hoch. Da hatte ich doch nicht falsch gelegen, das wird ja ein interessanter Besuch werden bei diesem Weib. Also eine Freigelassene also und ihr Bettwärmer. Frugi nickte und räusperte sich.
    "Ich hätte da eine Frage die du mir bestimmt beantworten kannst, denn ich vermute du kennst dich da gut aus. Jemand sitzt bei Tee und Gebäck, bei bestimmten Worten wird er bleich, fällt um und ist lange Ohnmächtig. Was meinst du ist das möglich? .... Allerdings behautet mein Kamerad er habe Erbrochenes bei der Person gerochen."
    Jetzt bin ich aber gespannt ob ich richtig denke, wenn ich behaupte, der hat einer was in den Tee getan. Erwartungsvoll schaute der Octavier Alpina an.

  • Als Alpina hörte, was Frugi ihr für eine Räubergeschichte auftischte, dachte sie an alles mögliche. Sie sah den Soldaten treuherzig an.
    "Nun es gibt natürlich viele Möglichkeiten. Eine Überreaktion ist möglich. So was gibt es schon mal. Waren Nüsse in dem Gebäck? Oder verdorbene Eier im Gebäck?"


    Dann aber dachte sie an eine weitere Möglichkeit. "Du sagst es gab Tee? Dann ist auch eine Vergiftung möglich! Eine lange Ohnmacht? Sonst andere Symptome? Verwirrtheit oder Kopfschmerzen? Geweitete Pupillen, verwaschene Sprache? Erbrechen passt dazu...Halluzinationen?"
    Alpina fragte den Soldaten aus. In ihrem Kopf drehten sich die Gedanken im Karussel.
    "Das hat nicht zufällig mit meinem Gehilfen Kaeso zu tun oder mit seiner..." nun nichts Falsches sagen..."... Meretrix?"

  • Frugi musste sich ein Grinsen verkneifen, als er die Benennung des Weibes, welches sich als so wichtig darstellte, verkneifen. Trotz allem lag sein Augenmerk weiter bei der Beantwortung seiner Frage. "Ich kann dir all deine Fragen nicht wirklich beantworten. Jene Beschuldigte wurde zu einem Bündel verschnürt und dazu wie erwähnt ohnmächtig bei uns abgeliefert, mit dem Hinweis sie wäre eine Diebin und Komplizin. Alle weiteren Angaben stammen von dem Sklaven und seiner Besitzerin." Frugi überlegte kurz, eigentlich dürfte er nicht, aber er vertraute auf die Verschwiegenheit der Kräuterfrau. "Ja es war jene, die du eben erwähntest und sie gab Kaeso als Zeugen an. Wenn dieser aber Zeuge ist, ist er in meinen Augen auch Mittäter. Es ist am Besten wenn ich ihn dann mitnehme", überlegte er laut und strich sich nachdenklich über sein Kinn.

  • Die Antwort des Soldaten fiel mager aus. Nun ja, er war kein medizinischer Fachmann. Sie hätte sich die Ohnmächtige Frau schon genauer angesehen. Hoffentlich waren die Medici der Legio sorgsamer bei ihrer Befundung.
    Dann aber lauschte sie mit wachsendem Interesse den Äußerungen des Legionärs. Er hatte Phryne, ihre Sklaven und auch Kaeso im Verdacht.
    "Kaeso ist ein grundehrlicher Charakter. Ich glaube nicht, dass er zu den Verbrechern gehört. Denn soviel ich aus seinem Munde gehört habe und auch was ich mit eigenen Augen an seinen Verletzungen sehen konnte, war er Opfer und kein Täter. Doch ich will deinen Investigationen nicht vorgreifen. Entweder du suchst ihn in der Casa Acilia oder aber im Ludus bei dem Chirurgicus. Möge Fortuna deine Wege lenken, Octavius Frugi. Vale bene!"

  • Atemlos stürzte Frugi in die Taberna Medica. Er brauchte jetzt unbedingt die Hilfe einer kundigen Frau. Er wusste Kräuterfrauen verstanden viel von der Heilkunde und diese Frau schien ihm einiges davon zu verstehen.
    "Susina Alpina", rief er und schaute sich suchend um.

  • Das wilde Gebimmel der Türglocke riss Alpina aus ihrer Ruhe. Konzentriert hatte sie ihre Bestände sortiert. Sie erkannte den Legionarius, der erst unlängst nach Kaeso gesucht hatte. Ob er ihn gefunden hatte?
    "Octavius Frugi? Wie kann ich helfen?"

  • "Salve Susina Alpina, ich gehe doch richtig in der Annahme, dass du dich auch in der Heilkunst gut auskennst. Bestimmt verstehst du dich auch gut auf Frauenleiden?" Fragend schaute Frugi sie an, "ich brauche dringend deine Hilfe und wäre dir dankbar wenn du mitkommen würdest." Kurz nachdenkend fügte er noch hinzu, "ich vermute eine heilende Hand wird dringend gebraucht."

  • Überrascht sah die Hebamme den Soldaten an. Er suchte eine Heilerin für Frauenkrankheiten? Als Lägionär? Seltsam.
    "Ich bin Hebamme, Frugi. Also sozusagen spezialisiert auf Frauenkrankheiten. Aber du hast doch als Legionär wohl kaum Bedarf an einer Hebamme, oder täusche ich mich? Aber dennoch komme ich natürlich mit, wenn du meine Hilfe brauchst. Ich sage nur kurz Bescheid, dass ich mit dir gehe. Wirst du für meine Sicherheit sorgen und mich später auch wieder hier abliefern? Denn sonst muss ich meinen eigenen Sicherheitsmann mitnehmen. Ich habe nach dem Überfall ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis. Ohne männlichen Begleitschutz verlasse ich das Haus nicht mehr."

  • Frugi nickte bei den Ausführungen von Alpina, wenn er richtig vermutete, war sie die Frau die mindestens ein wenig Klarheit in den Fall bringen konnte.
    "Selbstverständlich werde ich dich oder meine beide Kameraden dich nach Hause begleiten". In Anbetracht was der Kräuterfrau aber geschehen war ergänzte er noch. "Wenn du dich allerdings sicherer oder wohler fühlst im Schutz eines dir bekannten Begleitschutzes kannst du selbstverständlich diesen wählen."

  • Plautus betrat die Taberna Medica und schniefte. Er hatte sich auf dem Weg zu dieser Taberna, die ihm sein Wirt empfohlen hatte, in einem Laden eine Paenula gegen die Kälte gekauft. Der Klamottenhändler hatte ihm dazu geraten, sich auch Braccae anzuschaffen. Als Plautus dies empört als unrömisch zurückwies, hatte der Händler daruf verwiesen, dass hier im Norden die meisten Leute mit den Dingern rumliefen, auch die Römer. Aber Plautus konnte sich nicht dazu überwinden, eine solche Klamotte anzuziehen. Jetzt lief seine Nase wie ein Wasserfall.


    "Salve, schöne Frau, ich hab mir einen gewaltigen Schnupfen eingefangen". Und unterstrich das mit einem langgezogenen Schniefer. "Ich bin hier neu im Norden und bin zu lange mit leichten Klamotten in der Stadt herumgelaufen. Hast Du etwas, mit dem man die Schnieferei bekämpfen kann? Ach so, verzeih, mein Name ist Sergius Plautus".


    Er ließ noch einen weiteren Schniefer folgen. Da stand zwar noch ein Soldat in der Taberna herum, aber Plautus war davon überzeugt, dass seine laufende Nase das allerwichtigste Ding der Welt war.

  • Der Mann, der Alpinas Taberna Medica betrat, war verkühlt. Die Nase lief, er schniefte. Außerdem sah er so aus, als gehöre er nicht in die Paenula, die er trug und alsbald lieferte er selbst die Erklärung dazu. Er kam aus den transalpinischen Provinzen.
    "Salve, Sergius Plautus. Ich bin Susina Alpina. Hebamme und Kräuterfrau. Ich kann dir gerne eine Kräutermischung für einen Trank und auch eine zur Inhalation mitgeben. Ja, das Klima im Winter ist für Südländer ungewohnt. Sag, wo kommst du her? Und was führt dich ins kalte Germania?"

  • Plautus schenkte der Kräuterfrau ein breites Lächeln.


    "Ja, wenn Du meinst, dass es hilft, dann pack mir das bitte ein. Ich meine das für die Inhalation. Ich bin ja bloß ein ahnungsloser Kunde und Du bist die Expertin, nä?"


    Das Kräuterweiblein sprach ein eigenartiges Latein. Mit einer leichten Tendenz zur Betonung der ersten Silbe, rollendem 'R' und die Sätze kamen dann stakkatomäßig aus ihr heraus, etwa so wie wenn man einen Eimer Wasser ausschüttet. Nicht unsympathisch.


    "Wo ich herkomme? Aus Roma. Weißt Du, Roma ist ein ziemlich kompliziertes Ding. Ich bin dort abgehauen, weil es mir zu unübersichtlich wurde und wollte irgendwohin gehen, wo es einfacher ist. Und in der Tat, Mogontiacum ist deutlich übersichtlicher als die Urbs Aeterna, das ist mir bei meinen Gängen durch die Stadt auch klar geworden. Leider habe ich mir bei der Lauferei dann diese verdammte Erkältung geholt. Man sieht, Alles hat seinen Preis. Äh, was kostet denn Deine Kräutermischung, Susina Alpina?"


    Er blickte zur Seite. Da stand immer noch der Soldat mit einem Gesicht, als hätte man ihn bei einem wichtigen Gespräch unterbrochen.


    "Verzeih, Legionarius, ich bin hier einfach so reingeschneit, ohne darauf zu achten, dass Ihr vielleicht etwas Wichtiges zu besprechen hattet. Aber wenn man eine laufende Nase hat, dann ist die das Allerwichtigste auf dieser Erde."

  • Alpina lächelte. Sergius Plautus war ein angenehmer Mensch und mitteilungsfreudig. Als Römer war er natürlich diese arktischen Wintertemperaturen nicht gewöhnt.
    "Ich denke du kannst beides gut gebrauchen. Mache ein warmes Fußbad, inhaliere mit diesen Kräutern und lass dir einen Trank aus dieser Kräutermischung bereiten. Du hast doch sicher einen Sklaven, dem feinen Zwirn nach zu urteilen, den du trägst?"


    Die Hebamme drückte Plautus die beiden Kräutersäckchen in die Hand.
    "Einen Dupondius bitte und du bekommst noch diese Probe gallischer Lavendelseife von mir. Während hier in Germania dieses Reinigungsmittel für die Haut sehr beliebt ist, habe ich mir sagen lassen, dass es in Roma noch nahezu unbekannt ist. Stimmt das? Du musst wissen, dass ich Raeterin bin und noch nie jenseits der Alpes war. Ich kann mir keine Stadt vorstellen, die größer als Mogontiacum ist."


    Sie hatte nicht vor, sich von dem Legionarius hetzen zu lassen. Der Kunde war König.

  • Also Raeterin war sie. Das erklärte ihre für römische Ohren merkwürdige Sprachmelodie. Die Kräuterchen, die sie ihm anbot, sollte er sowohl innerlich als auch äußerlich anwenden. Na, wenn's denn sein muss, doppelt gemoppelt hält ja bekanntlich besser.


    "Ja, Susina, ich hab mir einen Sklaven aus Roma mitgebracht. Er heißt Rutilo, kommt aus dem Land der Sugambrer und ist Metzger. Wenn er Wurst zubereiten kann, dann müsste er auch einen Trank und ein Fußbad hinkriegen. Eigentlich hab ich ihn nur deswegen mitgenommen, weil er Germane ist und die Leute hier besser verstehen sollen könnte. Aber er meint, dass die hier einen komischen Singsang reden und da müsste er sich erst mal reinhören".


    Einen Dupondius wollte sie für ihre Kräuter haben, nicht grade viel. Und dann noch eine Probe gallischer Lavendelseife. Nein, die kannte er aus Roma nicht. Er roch daran. Auch der Duft war ihm fremd. Egal, Seife ist Seife und falls diese hier in Mogontiacum ein Renner war, dann würde Plautus bald auch so riechen, wie die meisten Mogontiaken.


    "Herrlich, Gesundheit für einen Dupondius! Das ist doch was! Du solltest vielleicht damit Reklame machen, Susina. Nee, aus Roma kenn ich die Seife nicht. Und wenn es Deiner Vorstellung von einer größeren Stadt als Mogontiacum auf die Beine hilft, dann das: in Roma gibt's tagsüber das Geschrei der Leute, nachts dagegen Hufgetrappel und das Gerassel und Quietschen der Karren. Außerdem stinkt Roma tags wie nachts. Hier dagegen ist's ja richtig ruhig und es riecht höchstens nach angebrannter Milch und Holzrauch".


    Er legte den halben Sesterz auf den Tisch und nahm die Kräutersäckchen an sich.

  • Alpina hatte richtig geschätzt. Plautus hatte einen Sklaven. Einen Sugambrer. Nun, der würde sich in der Stadt der Mattiaker auch erst einmal einfinden müssen. Und sie konnte gut verstehen, dass er das Kauderwelsch der Mattiaker nicht gleich verstand. Plautus bezahlte und nahm die Sachen an sich.


    Die Kräuterfrau lächelte als Plautus ihr vorschlug, Werbung mit ihrer preisgünstigen Kunst machen zu können. Und auch seine Beschreibung Roms entlockte ihr ein Grinsen.
    "Du magst recht haben, dass hier alles beschaulicher und ruhiger ist. Aber glaub mir, eine Landmaus wie ich hätte schon große Lust einmal im Leben die Beschaulichkeit Mogontiacums gegen den Lärm, Gestank und Dreck Roms zu tauschen. Nur, um vielleicht feststellen zu dürfen, wie schön es hier ist. Hab Dank und gute Besserung, Plautus. Vale bene!"

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!