[Officium] praefecti castrorum Marci Iulii Licini

  • Plautus nickte: "Also ein kleines Kastell am Limes, dessen Besatzung bei einer Patrouille aufgerieben wurde. Wieviel Mann sind denn dabei umgekommen?"


    Indem er sich einige Notizen machte, nibbelte er noch etwas von dem Apfelwein ab und meinte:


    "Wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann habt Ihr am Limes mehr Tamtam als nötig gemacht, damit auch noch der bloßfüßigste Germane begreift, dass man mit dem Imperium gefälligst keine Späßchen zu machen hat. Ich werde also in meinem Bericht an den Princeps Praetorii darauf hinweisen, dass keine gravierende Bedrohung bestand und dass es in diesem Fall eher drauf ankam, den Barbaren zu zeigen, wo der Hammer hängt."


    Tja, eigentlich hatte Plautus das Wichtigste zusammen und als der Cornicularius sagte, dass der Bohei sich schon wieder legen würde, wenn die Truppen zurückgekommen seien, meinte er:


    "Na ja, wenn Decius Normalverbraucher sieht, wie die halbe Legio aus der Stadt gen Osten marschiert, dann denkt der sich, dass da was Gewaltiges hinter dem Busch sein muss und dann geht ihm halt die Phantasie durch. Aber wenn die Kerle wieder zurück sind, dann renkt sich das wieder ein."

  • "Nein, das hast du falsch verstanden. Das Kastell beherbergt eine halbe centuria, das sind fünf contubernia. Die Patrouille waren zwei contubernia. Es ist also mit knapp zwanzig Mann verlusten zu Rechnen"
    Was der Soldat nicht aussprach, war das es beim Abzug der gesamten Abteilung keien Germanen gebraucht hätte, um den centurio umzubringen. Das hätte der Alte wohl selbst erledigt.
    "Ich würde sagen, wir machen so viel Tamtam, wie nötig ist um die Botschaft in den dicksten Germanenschädel zu hämmern. Aber sonst ist deine Zusammenfassung korrekt." Ein wenig eingeschnappt klang der cornicularius als er so sprach.


    "Nun," meinte der Mann lakonsich ob der Nervösität der Leute "dann sollten wir mehr Übungmärsche veranstalten, damit die Leute sich an den Anblick gewöhnen. Ich richte das dem Präfekten aus."

  • Auf Plautus' Stirn zeigte sich eine senkrechte Falte.


    "Jetzt bin ich aber etwas verwirrt. Äh, ach so, Du redest von dem Kastell am Limes. Ja, danach hab ich ja am Anfang gefragt. Ich hab das eben falsch eingeordnet, weil ich dachte, das würde sich auf meine Worte 'wie die halbe Legio aus der Stadt gen Osten marschiert' beziehen. Aber gut, dann hab ich das ja wieder auseinanderklamüsert. Und die Höhe der Verluste am Limes ist auch geklärt".


    Er steckte seine Tabula und seinen Griffel wieder ein. "Jedenfalls danke ich Dir vielmals, dass Du Dir die Zeit genommen hast, mir das Ganze zu erklären. Vale Cornicularius".

  • Der cornicularius kontne nun seinerseits den Worten des Zivilisten nicht mehr folgen, nickte aber soweit einfach. Dann war die Neugierde des Gastes wohl befriedigt und er verabschiedete sich.


    Gleichsam wünschte der Soldat einen schönen Tag und als die Tür zugezogen wurde, widmete er sich wieder seinen Unterlagen.

  • "Diese Gesundschreibung hier" fragte Licinus seinen Adjutanten noch im Türrahmen, als er aus seinem officium in den Vorraum kam. "centurio Tiberius Verus. Die kam etwas schnell, oder? Wir müssen noch einen neuen posten für ihn finden. Die Dienstrollen der vexillationes, mach mir eine Liste, welche centurionen im nächsten Schwung pensioniert wird und such mir alle raus, die wir zu Beförderung vorgesehen haben." Erklärte Licinus und war mittlerweile am Schreibtisch des cornicularius angekommen und stützte sich darauf. "Weißt du Scribonius, wie einfach das noch in Italia war. Eine legio und nur ab und an die städtischen, die Leute anforderten. Hier: Die legio, die Hilfstruppen, die Offiziere haben, die wir als Beförderung übernehmen sollen, wir, die wir Leute zu den Hilfstruppen stecken wollen um sie wirklich zu befördern. Und dabei immer darauf achten, dass eine Einheit nicht zu viele einheimische Offiziere hat. Und bis wir den Segen aus Rom haben vergehen Ewigkeiten."
    Der Adjutant schaute seinen Chef erwartungsvoll an. So lamentierend kannte man Licinus nicht wirklich. Dieser bemerkte den Blick und zuckte mit den Achseln.
    "Schick doch bitte jemanden diesen centurio herholen. Und seine Sklavin auch. Na diese Seherin. Sie ist doch wieder so weit ... wiederhergestellt, dass sie eine Aussage machen kann, oder? Wir müssen den Bericht abschließen. Achja, ich brauche dich für's Protokoll?" fügte er noch hinzu, um sich nicht anmerken zu lassen, dass die Bestrafung Iduns in ihm immer noch merkwüdig zwiespältige Gefühle auslöste.

  • Es dauerte nicht lange und ein Soldat aus der Schreibstube klopfte an seine Tür und brachte die Sklavin ins sein officium.
    "Ah, sehr gut, danke! Wegtreten!" und schon war der Soldat wieder entlassen und Licinus setzte wieß mit der blanken Handfläche auf einen der Stühle vor seinem Schreibtisch. Er ersparte sich alle beleidigenden Pklatitüden wie: Danke, dass du kommen konntest und begann gleich sachlich aber nicht unfreundlich. "Setz dich bitte. Du hast also den verwundeten centurio aus dem Germanendorf geholt, sit das richtig? Erzähle mir, was sich von da an bis zum Eintreffen der equites bei euch zugetragen hat."


    Hinter Luna huschte gerade der Sekretär in den Raum und nahm an einem kleinen Schreibpult Aufstellung um jedes gesprochene Wort festzuhalten

  • Natürlich hatte man ihr nicht gesagt, wo man sie hinbrachte. Warum sollte man auch. Schließlich war sie eine Sklavin. Eine der man nichts erklären brauchte. Ihre Schritte waren langsam und bedächtig. Immer noch hatte sie furchtbare Schmerzen, jetzt da ihr Fleisch zu heilen begann, spannte sich die haut. Nerven regenerierten und schmerzten furchtbar. Um so erstaunter war sie, als sie sich plötzlich in einem Raum mit dem Offizier wiederfand, der so wie sie vermutete der Vorgesetzte von Verus war.
    Hatte er gerade bitte gesagt und das sie sich setzen sollte? Das war ein Test oder? Luna war unsicher, dennoch nahm si evorsichtig Platz, blieb aber stocksteif. Sie konnte sich das Ganze hier nicht wirklich erklären. Auch die folgenden Fragen waren nicht geneigt dazu Licht ins Dunkel zu bringen.
    Dennoch ließ sie sich ihre Unsicherheit nicht anmerken, ihr Blick ruhte auf dem Offizier, ihre Stimmen war fest als sie ohne zu zögern antwortete. „Ja, dass ist richtig. Ich kam gerade in dem Moment im Dorf an, als Wulfgar im Begriff war euren Centurio zu töten. Ich nahm ihn mit mir zu meiner Hütte. Unweit davon habt ihr uns gefunden. In den Tagen bis zu eurem Eintreffen habe ich versucht seine Wunden im Rahmen meiner Möglichkeiten so gut ich konnte zu versorgen.“ Luna überlegte was es noch zu berichten gäbe. „Bevor ich ihn zu euch brachte habe ich … ich habe mich ihm als Sklavin verkauft um meine Schuld zu begleichen... ich denke.. also nun ich denke ich hätte den Übergriff auf eure Männer verhindern müssen. So viele gute Männer haben deswegen ihr Leben lassen müssen. Dies war nicht nötig gewesen. Es … es war einfach nicht richtig was passiert ist. Wulfgar schlug alle meine Wahrungen in den Wind. Ich hätte nachdrücklicher sein müssen.“ Man merkte wohl, dass es ihr schwer fiel darüber zu reden. Man konnte aber auch merken, dass sie von Schuldgefühlen geplagt war, obwohl es ja nicht mal sicher war, dass sie es hätte verhindern können.

  • Der Verlierer seines Herzens traf ein. Er ließ den Boten zurück und trug nur die einfache Tunika in Rot, mitsamt dem cingulum militare aber in diesem steckte der Rebstock, sein Standeszeichen und seine edlen Sandalen, caligae magnae. Er war froh, dass er an diesem Tag keine Rüstung tragen musste oder irgendeine andere Waffe. Stabs- und Regeldienst war einfach; einfacher als Wach- oder Frontdienste. Immerhin war er wieder in einem richtigen Lager. Doch der Kontakt zu Luna, seiner geliebten Sklavin, erwieß sich nach, wie vor, als schwer. Er konnte sie nicht als Sklavin betrachten, musste aber das Theater aufrecht erhalten, um keinen Verdacht zu erzeugen. Zwar gab er ihr einfache Aufgaben und lud sie oft in seine Stube ein aber konnte nicht offen zu seinen Gefühlen stehen. Noch immer musste er sich verstecken. Solange er in Germanien war, musste er Theater spielen. Verus trat, nachdem er sich angemeldet hatte, durch die Tür und war überrascht, dass Luna hier war. Seine Idun, deren alten germanischen Namen er niemals ganz verdrängen konnte. Doch Luna war nun ihre neue Realität und auch Verus wollte lernen sie zu akzeptieren. Doch das Gefühl der Schande blieb in ihrer Nähe. Ängstlich trat er mit leisen Schritten ein und wich für einen Atemzug ihrem Blick aus. Nein, es fiel ihm immer noch schwer, aufrecht in ihrer Nähe zu sein. Er hätte ihr Schlimmes angetan und noch immer zeigte sie ihm Mitgefühl und Liebe. Sein Herz schlug heftig und seine Hände wurden schwitzig. Er fand sein Herz und blickte zu Luna auf, lächelte sie hoffnungsvoll an und war für sie da. Nie wieder würde er flüchten und sich vor sich selbst verstecken. Eine gnadenvolle Hoffnung umgab ihn, wenn auch Lunas Anwesendheit die Selbstsicherheit maßgeblich herabsetzte. Scheinbar erzählte Luna gerade ihre Sicht der Dinge, da Verus noch die letzten Worte aufschnappen konnte. Er wartete für einen Moment, bis er den Präfekt direkt anblicke. "Centurio Tiberius Verus, meldet sich, wie befohlen," sagte er militärisch und nahm Haltung an, wobei seine Beinwunde wieder schmerzte. Merklich verzog er sein Gesicht als sich sein Muskel anspannte, um den Oberkörper aufzurichten.

  • Leise betrat Verus den Raum. Wie so oft in den letzten Tagen wich er ihren Blicken aus. In jedem seiner Blicke in jedem Wort von ihm schwang das Schuldgefühl, der Hass auf sich selbst mit. Egal wie oft sie ihm gesagt hatte, dass ihn keine Schuld dieser Welt trifft, er hatte es nicht hören wollen. Er ließ sie einfach nicht an sich heran. Und damit quälte er Idun mehr als mit den Schlägen auf dem Forum. Und doch versuchte sie sich das nicht anmerken zu lassen. Sie versuchte Hoffnung auszustrahlen. Sie musste es für sie Beide. Sie hatte gewusst worauf sie sich einließ. Sie wollte nicht dass er sich die Schuld für etwas gab, was nicht zu ändern war. Ihre tiefe Verbundenheit forderte alle heraus. Rom, die Götter... alles. Sie war bereit zu kämpfen und nicht im Selbstmitleid zu versinken. Sie wollte nicht aufgeben, wollte stärker sein als alles was sich ihnen in den Weg stellte. Als er den Blick hob und sie endlich ansah, konnte sie die Hoffnung sehen, die auch ihr die nötig Kraft und Stärke gab. Ja sie würden allen trotzen ob nun einem Imperium oder den Göttern. Einen Moment noch verharrte ihr Blick in seinem, bevor sie in ihre Rolle verfiel. Sie erhob sich und begrüßte - so wie es sich für eine gute Sklavin gehörte – ihn mit einem leisen. „Dominus.“ So wie man es ihr als Kind anerzogen hatte, senkte sie leicht den Kopf und ihren Blick und verharrte nun stumm in dieser für Sklaven so typischen zurückhaltenden Haltung.
    Ja für einen Außenstehenden musste es so wirken, als hätte die Unterrichtung in der Gnade Rom, die aktive Versklavung ihre volle - von Rom gewünschte - Wirkung bei Luna entfaltet.

  • "Centurio Tiberius!" Licinus nickte in seine Richtung und forderte ihn auf "Steh bequem und setz dich! Du dich auch Idun" Die Namensänderung auf dem Forum hatte Licinus tatsächlich noch nicht parat. Sein wirklich gutes Namensgedächtnis hatte einen Nachteil: Namensänderungen verarbeitete er nicht gut. Und somit war die junge Frau für ihn immer noch Idun, die versklavte Seherin.
    "Wir sprachen gerade darüber was geschah, zwischen dem Angriff auf deine Patrouille und dem Treffen auf euch beide." Licinus nahm seine Befragung ohne große Verzögerung wieder auf.
    "Wie meintest du das: Er schlug deine Warnungen in den Wind? Wusstest du, dass ein Angriff auf die Patrouille geplant war, oder sprichst du von dem Angriff auf das praesidio?"

  • Sie war im Zwiespalt, kurz sah sie unsicher zu dem Offizier... aber er war der Vorgesetzte von Verus... also war es wohl sicher kaum falsch, wenn sie der Aufforderung sich zu setzen nachkam. So setzte sie sich und sagte leise zu dem Offizier. „Luna Dominus, mein Name ist Luna.“
    Die Fragen jedoch war weit schwerer zu beantworten. Nein sie hatte nichts von dem Übergriff auf die Patrouille gewusste – nicht direkt – sie hatte nur gewusst, dass sie an jenem Tag in das Dorf musste. Sie hatte es aus einer inneren Eingebung heraus gewusst, dass sie dort sein musste, aber wie sollte sie das erklären?
    „Ich wusste, dass sie die Transporte überfallen, dass sie sich an den Steuereinnahmen bedienen. Ich sagte ihm, dass er etwas herausfordert, was er nicht beherrschen kann. Ich sagte ihm, dass er Unheil über die seinen bringt.“ Die Hände die bisher in ihrem Schoss ruhten ballten sie zu Fäusten, sie versuchte ihre Wut auf die Ignoranz des Sippenoberhauptes zu unterdrücken.
    „Er tat es ab. Er wollte nicht hören, Er wollte nicht zuhören. Er sagte, dass ich nicht wüsste wovon ich rede, schließlich gehöre ich ja nicht zu seiner Sippe. Er wollte meine Worte nicht hören. Wollte meine Rat nicht.“ Die Seherin betrachtete ihre Fäuste, die sich nun langsam wieder öffneten. „Ich ging und ließ ihn gewähren... das hätte ich nicht tun sollen... es hätte es nicht tun dürfen. Ich weiß, dass die Sippe auf mich gehört hätte wenn ich nur... wenn ich vehementer gewesen wäre.“ Ja sie hätte es wohl wirklich geschafft, dass die Sippe gegen Wulfgar entschieden hätte. Aber sie hatte einfach auf den Verstand des Mannes gehofft, der die Sippe angeführt hat. Sie blickte auf und sah die Offizier an. Nun kam der wohl schwierigere Teil Sie musste ja wohl ihre Anwesenheit im Dorf am Tag des Angriffs auf die Patrouille erklären.
    Unsicher sah sie zu Verus und dann wieder zu dem Offizier.
    „An dem Tag als eure Patrouille angegriffen wurde. Nun ich wusste, dass ich ...also das etwas passiert. Ich wusste ich muss dort sein...“ Sie stockte. Wie bei alten Göttern sollte sie das erklären. Die Römer hingen ja scheinbar dem Glauben an, dass Seherinnen Hexen sein, dass sie anderen mit einem Bann belegen. Wie sollte sie dem Mann erklären, dass sie lediglich die Zeichen der Götter deuten konnten, dass sie diese erkannten... das sie von den alten Göttern erwählt wurden um zu helfen um eben Unheil zu verhindern.
    Wahrhaftigkeit – ging es ihr durch den Kopf. So hob sie also ihren Blick und sah den Offizier nun direkt mit festen Blick an. „Ich wusste es, weil die Götter mir ein Zeichen gesendet haben. Ich kam nur leider zu spät um es gänzlich zu verhindern. Einige von euren Soldaten konnten fliehen, ich sah sie auf meinem Weg ins Dorf. Ich konnte jedoch nur noch Tibe..“ Sie brach ab, blickte zu Verus bevor sie weitersprach. „...Dominus Tiberius Verus retten. Die anderen waren schon getötet. Die Männer des Dorfes hatten ihn umringt und wie ich schon sagte Wulfgar wollte ihn gerade töten. “ Das die beiden in einem Zweikampf gekämpft hatten, den Verus verloren hatte sagte sie jedoch nicht. Dies konnte er selbst erzählen wenn er denn wollte.
    Sie sah den Offizier an, sie hatte ihm alles erzählt was sie dazu sagen konnte. An ihrer Körpersprache und in ihren Augen konnte ein geschultes Auge wohl erkennen, das sie die Wahrheit gesprochen hatte.
    Sie sah den Offizier mit offenem Blick an, denn sie hatte noch etwas auf dem Herzen. „Dominus?! Auch wenn eure Männer anders denken... ich bin nicht in der Lage jemanden mit einem Bann zu belegen. Ich kann nur Zeichen der Götter lesen und sie deuten für jene die diese Zeichen übersehen würden. Diese Fähigkeit gaben mir die Götter.“ Ja sie wusste das, Verus wusste das wohl auch, aber sie wusste nicht wie der Mann, der ihr gegenüber saß darüber dachte und sie musste es einfach los werden. Sie wollte nicht, dass die Römer falsches dachten und wohl möglich Jagd auf Seherinnen machen würden.

  • Licinus stutzte für einen Moment erstaunt über diese Impertinenz, mit der er nicht gerechnet hatte. Erst dann wurde ihm klar, dass Idun/Luna hier mitnichten impertinent war sondern vielmehr schicksalsergeben. Er nickte müde. "Richtig."


    "Du stammst nicht aus seiner Sippe? Woher stammst du und warum hast du dich in jener Gegend aufgehalten?" war seine erste Nachfrage, eine zweite folgte kurz vor Schluss. "Kannst du erklären, warum der Häuptling nun auf dich hörte, zuvor aber nicht?" Die Antwort war vermutlich tatsächlich so einfach wie er vermutete, er wollte aber hören, was die junge Sklavin dazu sagte.


    "Natürlich nicht!" bestätigte Licinus, gerade so viel Emotionen waren hinter einer Maske aus Narben und scharfen Falten zu erkennen, dass man bemerken konnte, dass er davon vollkommen überzeugt war. Und dennoch hatten sie sie dafür bestraft, hatte er den Befehl gegeben, dass sie zu foltern war. Es war notwendig gewesen um die Disziplin aufrecht zu erhalten. Die Pflicht kam vor dem Mitleid, gerade für Offiziere, sonst ging die legio den Bach herunter.

  • „Ich stamme aus dem Süden.“ Sagte sie so wie es der Wahrheit entsprach. Die nachfolgende Frage war einfach zu erklären und wäre wohl auch für den Römer nachvollziehbar. „Nun es ist üblich, dass einige Seherin unabhängig von den Sippen leben. Zumeist sind nicht einzelne Sippen die bei uns um Hilfe und Wissen suchen sondern alle die im näheren Umfeld leben. Sie fragen uns auch um Rat, wenn sie sich untereinander uneins sind. Und um zu garantieren, dass wir aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Sippe die Zeichen der Götter nicht zu Gunsten einer Seite auslegen, lebe viele von uns weit von ihren Familien entfernt. Viel Frauen haben sehende Fähigkeiten und beraten ihre Sippen. Aber es gibt jene wie mich – du erkennst uns an dem Stab den wir mit uns führen, der aus einem Ast eines alten Baumes gefertigt ist – die von den Sippen unabhängig leben. Die Seherin der Sippen diesseits uns jenseits des Flusses verstarb und so lies ich mich hier nieder.“ Ja das war recht ausführlich, aber mit zwei knappen Sätzen war eben nicht zu erklären, warum sie ausgerechnet hier lebte.
    „Nun... wie ich schon sagte, ich hätte vorher mit mehr Nachdruck auf ihn einwirken müssen. Die habe ich dann getan um euren Centurio zu retten. Er hatte die Möglichkeit ihn zu töten, dennoch wusste er, dass er zuvor hätte mich töten müssen.“ Idun – ja in diesem Moment war sie nicht Luna die Sklavin – blickte den befragenden Offizier direkt an. Man konnte wohl ihre Stärke sehen und auch die Entschlossenheit. Ja er konnte wohl erkennen, dass sie wirklich bereit gewesen wäre ihr Leben für Verus zu geben. „In dem Moment hatte er wohl verstanden. Er hatte endlich verstanden, dass er verloren hatte, alles verloren hatte.“ Sie atmete tief durch und sah den Mann an, ja er würde sich sicher fragen warum. „Bevor du fragst...“ setzte sie also nach. „...ich lebe lang genug hier im Grenzgebiet um zu wissen, was ein derartiger Angriff auf euch bedeutet.....“ Der Offizier wusste wohl genau was sie meinte Aktion – Reaktion. Aber eine Strafaktion der Römer barg auch immer das Risiko, dass sich die Stämme vereinigen. „...es galt also zu verhindern, dass die Stämme sich aufgrund eines Mannes erheben, der die falsche Entscheidung getroffen hat. Ich habe dem Thing der Stämme meine Nachricht und meinen Rat übermitteln lassen. Sie haben entsprechend entschieden.“ Wie die Stämme entschieden hatten hatten die Römer ja vor Ort gesehen. Wulfgar und seine Leute wurden zu Ausgestoßenen und sie wurden verurteilt sich zu ergeben.
    Auf seine Versicherung hin, dass er nicht glaubte, dass sie hexen oder der gleichen konnen, nickte sie dankend. Und doch, wenn auch gewagt lag ihr noch etwas auf der Zunge. Und Idun musste es einfach los werden. „Es wäre gut, wenn eure Männer das auch erkennen würden. Seherinnen sind wichtig sie stehen für das alte Wissen und garantieren den Frieden den zwischen den Stämmen und auch jene an den Grenzen.“ Idun wusste wie brüchig jener Frieden munter war. Deswegen sah sie Verus nun direkt an. „Wenn du es mir gestattest Dominus, würde ich den Stämmen gern eine Nachricht zukommen lassen, damit sie nichts unüberlegtes tun. Sie müssen erfahren, dass es der Wille der Götter war. Das werden sie akzeptieren.“

  • Wieder eine der vielen kleinen Eigenarten, die Licinus noch immer unbekannt an den Sitten der germansichen urbevölkerung war. Aber wie Luna richtig vermutete war es auch für einen sturschädeligen Römer nachvollziehbar, warum dies so gehandhabt wurde.


    Schweigend nickte Licinus zu den Erläuterungen und forderte dann und wann mit einem Brummen und einer Handbewegung dazu auf fortzufahren. Ab an und kratzte der Stylus durch das Wachs hindurch und kleine Zeichen drückten sich in das Wachs. Kaum lesbar für andere, aber für Licinus gaben die Kürzel Sinn.


    "Danke!" meinte er schlicht, als sie geendet hatte und bevor sie ihre Bitte aussprechen konnte. Über diese musste er einen Moment nachsinnen. "Wie möchtest du den Stämmen die Nachricht zukommen lassen?" wollte er zunächst einmal wissen und "Du verstehst sicherlich, dass ich dich nicht selbst gehen lassen kann."


    ~~~


    Nachdem er mit Idun die Möglichkeit einer Nachricht an das Thing besprochen hatte wandte er sich unvermittelt an Tiberius Verus. "centurio" sprach er "nachdem ich jetzt einen Eindruck gewonnen habe, was nach dem Überfall auf deine Patrouille geschehen ist. Was ist davor geschehen? Wie kam es zu dem Überfall auf euch? Wie lief der Kampf in dem Dorf ab? So genau wie möglich bitte. Und natürlich auch alles, an was du dich von deiner Rettung erinnerst."

  • Der Mann vor ihr ließ wirklich kaum eine Reaktion zu. Nur ein Brummen dann und wann und das Kratzten des Stylus. Mehr Reaktion kam nicht von ihm. Auch als sie geendet hatte kam nur ein schlichtes Danke. Aber auch das war schon fast mehr als Luna erwartet hatte. Sie nickte dem Mann kurz zu. Zumindest konnte sie kein Misstrauen in seinem Blick erkennen und sie rechnete es ihm ja schon hoch an, dass er sie hat überhaupt zu Wort kommen lassen. Dies war bei weitem nicht selbstverständlich - nicht nach diesen unsäglichen Gerüchten über ihre angeblichen Kräfte jemanden mit einem Bann zu belegen.
    Als er ihr dann erklärte, dass er sie nicht selbst gehen lassen könnte huschte doch tatsächlich so etwas wie ein Lächeln durch ihr Gesicht. Ja die Römer sie nahmen immer an, dass die Barbaren – wie sie sie nannten – ungebildet waren. Aber da sie ja auch eine kleine sarkastische Ader – die zwar gerade gelitten hatte – hatte. Antwortete sie fast schon militärisch anmutenden. „Natürlich Dominus ich verstehe.“ Das sie nichts dergleichen im Sinn hatte sagte sie natürlich nicht, das würde dem Offizier wohl spätestens bei ihren nächsten Worten klar werden. „Ich dachte tatsächlich an eine schlichte Nachricht. Ich brauche dazu ich mehr als ein paar Äste und ein kleines Messer.“ Eine weitere Erklärung gab sie erst mal nicht ab.

  • Tatsächlich war es Licinus eigene sarkastische Ader, die da durch gebrochen war und kein Unterstellen von Dummheit, aber wie so vieles, ließ er sich auch das so wenig wie möglich anmerken. Bis Luna ihn nun wirklich auf dem falschen Fuß erwischte. "Äste?!" fragte er erkennbar verwirrt nach. Wachstafeln, Papyrus, Pergament, zur Not getrocknete Rinde. Wie man darauf schrieb verstand er, aber auf Äste.
    Glückwunsch, junge Frau, nicht vielen gelingt es noch, mich so zu überraschen.
    "Wie das?" fragte er und bekam nur langsam seine Verwirrung unter Kontrolle.
    Auch der Schreiber in der Ecke hatte von seine arbeiten eingestellt und sah die Sklavin erwartungsvoll an. Davon abgesehen gab es im gesamten Lager keinen einzigen Baum. Und er ahnte schon, wer sich darum kümmern dürfen würde.

  • Nun war Luna es die in sich hinein lächelte. Römer! Immer so arrogant anzunehmen, dass es nur ihre Wege der Nachrichtenübermittlung gab. Lebten hier nun schon so lange und wussten nicht das Geringste. Sie konnte die Verwirrung des Mannes eindeutig sehen. „Ja Äste.“ Und wie schon erwähnt hatte sie eine sarkastische Ader, die mitunter auch etwas zynisch sein konnte. „Ich nahm an ihr wüsstet wie die Stämme ihre Nachrichten übermitteln.“ Sie sah den Mann an, dann erklärte sie es ihm aber. „Ich die Rinde Äste werde ich Rune einritzen. Ihnen damit erklären, dass das Geschehene der Wille der Götter war. Es ist besser sie nicht wissen zu lassen, dass es ein römisches Urteil war. Mehrehre deshalb, weil es einige Stämme sind, die zu unterrichten sind und weil es nie sicher ist nur einen Boten zu senden.“
    Ja sie würde ihr vertrauen müssen, dass sie den Stämmen genau das mitteilen würde, denn hier würde es wohl kaum jemanden geben, der des Lesens der Runen mächtig war.

  • Bisher war Licinus davon ausgegangen, dass die Stämme untereinander in der gleichen Art kommunizierten, wie mit Ihnen. Natürlich in anderer Sprache und Schrift und so, aber im Prinzip gleich. Offensichtlich war dem nicht so, verblüffend und irgendwie auch beunruhigend. Du wirst naiv, alter Mann, schalt er sich selbst.
    "Interessant." kommentierte es Licinus zunächst mal. Es war offensichtlich, dass er nicht über genügend Fantasie verfügte um sich den Vorgang genau vorzustellen.
    Im Prinzip war der der Idee durchaus gewogen, da war nur ein Problem. Niemand hier konnte kontrollieren, was die Frau auf die Äste eingravieren würde. Es war ein ziemlich vertracktes Problem. Auf der einen Seite hatte sie es geschafft, das Dorf zur Aufgabe zu bewegen, hatte den centurio Tiberius behandelt und schien wenn nciht pro-römisch doch zumindest neutral eingestellt zu sein. Auf der anderen Seite stammten all diese Erkenntnisse aus der Zeit vor ihrer Bestrafung. Nachdenklich drehte Licinus den Stylus in seiner Hand. Er sprach in Gedanken versunken in den Raum hinein ohne jede Schärfe. "Scribonius! Besorg mir ein paar Äste. Das Protokoll mach ich selbst." der Schreiber seufzte innerlich, er hatte es befürchtet. Er räumte schnell sein Schreibzeug beisammen. Als er den Raum verlassen hatte, fragte Licinus "Wenn die Stämme die Nachricht bekommen, trauen sie ihr, auch wenn sie durch unsere Boten kommt?" er hatte noch nicht versprochen die Nachrichten auch auszuliefern, aber er wollte mehr wissen, bevor er entschied.

  • Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Gebt sie einfach Händler mit, die in das Gebiet der Stämme reisen. So ist der übliche Weg.“ Ja so reisten die Nachrichten über die Grenze unentdeckt von den Römern. Wer käme auch darauf, das einfache Schnitzereien in einem Ast mitunter wichtige Informationen enthalten konnten. Die Sklavin sah die Offizier mit offenem Blick an. "Ich glaube nicht, dass sie einer Nachricht trauen würde die von einem euer Boten kommen würde.“ Sagte sie aufrichtig zu dem Offizier.

  • Kalte Knochen. Verus fühlte sich verlassen; sah die Welt sterben und nur diese Hoffnung, die Verus und Idun verband, hielt die Nacht zurück. Wusste sie, wie er sich fühlte? Sicherlich, doch konnte er nichts gestehen und konnte den Bruch nicht zusammenfügen. Sie rannte nicht fort und er auch nicht, doch trafen sie sich nicht mehr. Er wich ihr aus. Sie erinnerte ihn an seine Gewalt, seine Welt aus Krieg und Zorn, und auch seine Fehler. Nein, sie wollte es nicht aber diese Welt war niemals einfach gewesen. Verus wünschte sich, dass er, wie einst aus den Wolken, Traumschlösser bauen konnte. Doch die Wolken waren heute nur noch Wolken. Sie flogen einfach nur ihre Wege und so trat Verus auf die seinen Wege. Idun hatte ihm dabei geholfen, noch weitergehen zu können und er liebte sie. Er wusste, dass er sie liebte aber er war sich selbst so fremd geworden, dass diese Schande, die er ihr angetan hatte, nicht durch seinen eigenen Willen vergeben werden konnte. Ihr Gesicht schmerzte; ihre Augen durchstießen seine Seele, fanden dort diesen Schmerz, den er nicht verstecken konnte. Hier war kein Ruhm und auch keine militärische Stärke, sondern allein er. Der Mensch Verus wollte antworten, klar erklären aber wusste, dass niemand hier verstehen würde. Es brauchte keine Worte, nur Gesten, um sich zu zeigen. Vorsichtig streckte er seine Hand, verdeckt aus, um ihre Handaußenfläche zu streicheln. Ein kurzes Zeichen von Nähe, ängstlich und kindlich in diese Welt gesetzt, um ein Leuchtfeuer ihrer Liebe zu sein. Gegen alle Mächte, gegen alle Pflichten und gegen alle anderen, stand dieses Zeichen für den Mut, den Verus zeigte, um seiner Idun ein wenig Heim zu geben. Auch wollte er sie spüren, dass sie lebte und ganz lebte, nicht verloren war, wie er. Dennoch wandte er nach dieser Berührung seinen Blick von ihr ab, floh vor diesem Gefühl, dieser ständigen Wiederholung des peinvollen Aktes, den er durchführen musste. Er hörte aufmerksam zu. Sah nun die andere Seite, verstand, was seine Idun versuchte hatte aber musste gleichsam akzeptieren, dass dieser Vorfall nicht zu verhindern gewesen war. Vergangenheit war nicht zu ändern. Verus versuchte in einem Atemzug damit abzuschließen aber scheiterte. Seine Fingerspitzen zitterten und seine Augen verloren an Würde. Es war diese kriechende Taubheit, die alles Leben verdrängte. Verus war nun ganz Soldat, der Krieg gesehen hatte und verlor sich darin. Die Erinnerung an das Blut, den Tod und auch allein den Geruch, traf ihn, wie ein harter Pfeil. Verus wollte, dass es endete aber dieses Gefühl endete nicht. Er fühlte sich ungerecht, böse und abartig. Das Monster, welches er nun war, verdiente nichts Besseres. Nicht einmal ein Zuhause verdiente er. Schließlich sprach sein Präfekt zu ihm und er gab eine kalte Antwort: "Ich erhielt den Befehl, diesen Vorfall aufzuklären. Die Befehle waren missverständlich und ich fürchtete eine Entehrung der Einheit. Ich entschied auf Basis meiner vorliegenden Informationen einen Feldeinsatz im Barbaricum, um diese Überfälle endgültig aufzuklären und zu unterbinden." Jedes Wort fiel, wie Blei aus seinem Mund und nur die Augen sangen für ihn sein Leid. Die Erinnerung war wieder Realität und jedes Bild war klar vor seinen Augen. Das Monster sprach eindringlich. "Wir brachen unter meiner Führung in das Villicus Ver'Arga auf, um dort Befragungen durchzuführen. Wir wurden nicht wohlwollend empfangen und ich versuchte römisches Recht mit Worten zu erklären aber scheiterte," ließ er seine eigene Mitschuld einfließen und blickte den Iulius mit leeren und großen Augen an. Die Augen eines Soldaten, der mehr erlitten hatte, als er erleiden konnte. "Die Situation entglitt und schnell wurde Gewalt gegen uns eingesetzt. Wir wurden zu engen Kämpfen in Gassen gezwungen. Normale Formationen waren nicht anzuwenden. Ich entschied, dass ein Kampf zwecklos ist und wir zogen uns unter ersten Verlusten in eine Gasse zurück, um das Dorf unter Schutzwirkung unserer Scuti zu verlassen. Doch, da alle Einwohner des Dorfes gegen uns kämpften, war die Situation verfahren. Ich musste eine Entscheidung treffen, da wir nur durch eine kurzfristige Übermacht gegen Fluchtpunkt durchbrechen konnten. Ich entschied mich, eine Reihe aufzulösen und diesen Punkt alleine zu schützen, damit die unsere Übermacht gegen Wald fliehen konnte. Nachdem ich den Befehl gegeben hatte, konnten meine Legionäre durchbrechen aber ich blieb zurück, um ihnen eine sichere Flucht zu ermöglichen. Die Germanen umschlossen mich und entgegen meiner Annahme, überwältigten sie mich nicht sofort. Ich streckte zwei Angreifer nieder und stand vor jenem Oberhaupt Wulfgar, der mich zum Zweikampf forderte. Es gab für mich keine Wahl mehr. Ich kämpfte und verlor schließlich im Kampf," erklärte er dann und ließ dann den Kopf sinken, um leblos allen Augen im Raum auszuweichen. Nein, er wollte nicht mehr gesehen werden.

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