• Seiana seufzte lautlos, als sie endlich das Atrium des Praetoriums betrat. Sie wusste nicht, ob das hier ihr endgültiges Heim werden würde, Seneca und sie hatten bereits darüber gesprochen, sich etwas anderes zu suchen. Zumindest etwas zusätzlich zum Praetorium in der Castra... wenn nicht etwas stattdessen. Seiana war sich unschlüssig, ob sie hier, in der Castra, wirklich leben wollte oder nicht. Sie wollte nicht als abgehoben oder verwöhnt erscheinen, aber... nun ja. Wenigstens einen Rückzugsort irgendeiner Art zu haben, außerhalb des Militärlagers, war ihr ganz recht.
    Aber das würde noch etwas dauern, also luden die Sklaven das Gepäck, das sie mitgebracht hatten, aus und brachten es herein. Seiana verschaffte sich einen ersten Überblick über das Haus, die Räume, und gab erste Anweisungen, wo was hin sollte, bevor sie sich daran machte, sich zu waschen und umzukleiden für die Hochzeitsfeier.

  • Die kleine Familie war nun schon einige Tage in Mogontiacum und hatte, auch mithilfe von Seianas Verwandter einige Immobilien sichten können. Nachdem man sich einige Offerten hatte einholen lassen, lagen nun auf einem kleinen Tisch im Atrium des Praetoriums, der zukünftigen Arbeitsunterkunft des Iuniers, vor allem in schweren Zeiten oder an intensiven Arbeitstagen, mehrere Dokumente auf dem Tisch.
    Eine Rolle beschrieb ein großzügiges Landgut nur einen Steinwurf von der Via Borbetomaga entfernt, zwischen dem Campus Drusi und Vicus Victoria.
    Eine andere beinhaltete die Daten eines nicht zu verachtenden Stadthauses in Mogontiacum, unweit des Tempels des Apollon.
    Und die dritte Rolle beschrieb eine recht komfortable Villa, vor den Mauern der Stadt und nahe des Theaters.
    Natürlich hatte sich das Paar alle Gebäude ansehen können, doch es musste noch eine Entscheidung getroffen werden, weshalb Seneca, die Hand auf der seiner Frau liegend nun noch einmal alle Dokumente durchforstete..
    Normalerweise war er ein Mann der schnellen Entscheidungen, aber er hatte ja auch nicht allein das Sagen, und da seine Frau wohl sowieso mehr Zeit dort verbringen würde als er, interessierte ihn ihre Meinung doch schon erheblich..

  • Nachdenklich betrachtete Seiana die drei Schriftrollen, die am Ende übrig geblieben waren. Nicht, dass sie eine zahlenmäßig wirklich hohe Auswahl gehabt hätten zu Anfang, Mogontiacum war nicht übermäßig groß, und es gab noch weniger, die gerade etwas für sie Passendes verkaufen wollten. Trotzdem hatten sie zumindest ein paar passende Häuser besichtigen können, und akribisch wie Seiana war, hatte sie sich bei jedem davon mit den Vor- und Nachteilen beschäftigt, bevor sie die Auswahl überhaupt erst auf diese drei verengt hatte. Seneca hingegen hatte sie an ihren Überlegungen nicht komplett teilhaben lassen... nicht weil sie ihn ausschließen wollte, aber er hatte ohnehin genug zu tun, gerade jetzt in seinen ersten Tagen als Praefectus, und davon abgesehen wusste sie, dass er anders war, dass er nicht solchen Wert auf das genaue Abwägen von Vor- und Nachteilen legte wie sie. Im Gegensatz zu ihr traf er Entscheidungen auch gern aus dem Bauch heraus.


    Entsprechend hatte Seiana jetzt allerdings weniger zu überlegen. Wirklich entschieden hatte sie noch nicht, was ihr Favorit war, alle drei hatten ihre Vorteile, aber welche das waren, hatte sie für sich schon aufgelistet gehabt bevor es nur noch diese drei waren. „Wie schnell möchtest du denn gerne hier im Castellum sein können?“ fragte sie Seneca schließlich. Die vorliegende Auswahl hatten sie gemeinsam getroffen, und dass das Stadthaus in Mogontiacum noch dabei war, zeigte eigentlich dass er nicht gesteigerten Wert darauf legte, so schnell wie möglich hier sein zu können. Trotzdem war ihr das wichtig, ihn danach noch mal zu fragen, bevor sie sich womöglich für einen Favoriten aussprach. Sie kannte ihn. Am Ende würde er ihr zustimmen, einfach um sie glücklich zu machen, ohne Rücksicht darauf was für ihn angenehmer wäre. Das zu wissen war einer der Gründe, warum sie sich so geborgen bei ihm fühlte... und gleichzeitig einer von jenen, warum sie bis heute glaubte, ihn eigentlich nicht verdient zu haben.

  • Es war schon ein wenig süß dass Seiana ihn fragte wie schnell er im Castellum sein wollte. Letztlich lagen alle Häuser auf einer Strecke von wenigen Meilen und mit dem passenden Gefährt.. In diesem Fall standesgemäß sozusagen ein Ge-Pferd, sollte das eigentlich kein großes Problem darstellen und dem Iunier war es prinzipiell egal solange seine Herzdame glücklich war und nicht von irgendwelchen Barbaren in die Wälder verschleppt werden würde..
    "Nun, ich habe es nicht eilig meinen Körper den ganzen Tag in meinem Officium abzustellen. ich denke ein wenig frische Luft am Morgen und am Abend könnte mir gut tun." merkte der Iunier an und ließ seiner Seiana damit viel Raum für Interpretationen.
    "Ich denke das Stadthaus ist nicht unbedingt in unserem Sinne. Umringt von Häusern und Geschäften ist es wohl egal ob wir in Rom oder Mogontiacum leben." dachte er laut und legte eben jene Rolle schon mal sachte beiseite, aber nur soweit dass seine Frau sie immer noch zurück in den Ring werfen konnte wenn sie das wollte..
    "Ich fand Villa nett, ebenso wie das Landgut. Und der Weg zum Castellum ist mir dabei letztlich egal. Der Komfort ist auf dem Landgut sicherlich besser, es gibt mehr Platz und wir sind gänzlich ungestört, jedoch ist der Weg in die Stadt, solltest du ihren Reizen erliegen.." kurz grinste Seneca und fuhr dann fort, "...von der Villa am Theater aus kürzer." erklärte er und schob damit das sprichwörtliche Zepter wieder zu seiner Frau.

  • Seiana zog eine Augenbraue hoch, als Seneca so schnell bei der Hand war zu versichern, dass ihm ein längerer Weg nicht nur egal sei, sondern sogar gut tun würde. So wie sie ihn kannte, war sie sich nicht so ganz sicher, ob das wirklich so stimmte... oder ob er das nicht etwa nur sagte, damit sie sich nicht eingeschränkt fühlte in der Auswahl.
    Dass er das Stadthaus hingegen ausschloss, war auch in ihrem Sinn, da waren sie einer Meinung. Seiana nickte also, als er die Rolle beiseite schob und einen entsprechenden Kommentar dazu sagte. „Ja, da hast du recht, das Stadthaus hätte ich auch ausgeschlossen. Aber die Auswahl zwischen den anderen beiden ist nicht ganz so einfach.“ Die Villa. Das Landgut. Beide waren groß genug, fand sie, komfortabel genug, beide waren außerhalb der Stadt. Beide hatten ihre Vorzüge. Seiana versuchte logisch vorzugehen – in der Nähe der Stadt zu sein bot sicher einen Vorteil, und die Villa war auch sonst nicht zu verachten. Die Waagschale, wenn sie es so betrachtete, neigte sich eher dazu. Allerdings schaffte sie es nicht wirklich den Gedanken zu verdrängen, wie gut es ihr getan hatte, in den Albaner Bergen zu leben, recht abgeschottet von allem. Sie wusste, dass sie das so nicht weiter führen konnte... nicht bei den Plänen, die der Legat hatte. Aber das Landgut bot immerhin die Chance, ein bisschen so zu leben wie sie es in der vergangenen Zeit getan hatte. Seiana zog die Rolle zu sich und betrachtete noch einmal die Einzelheiten. Sie traf eigentlich keine Bauchentscheidungen – und eigentlich sagte ihr Kopf ihr, dass die Villa mehr Sinn machte. Deswegen hatte sie ja überhaupt gefragt, wie es bei Seneca mit dem Weg aussah. Aber etwas in ihr sehnte sich nach einem Zuhause, das mehr Ruhe und Abgeschiedenheit versprach als eine Villa in Stadt- und Theaternähe. „Das Landgut sagt mir mehr zu, um ehrlich zu sein.“

  • Mit einem Lächeln quittierte Seneca die Worte Seianas. Das Landgut also, er hatte es geahnt und freute sich vor allem für Seiana und Silana, der die Nähe zur Natur sicher auch ein schönes aufwachsen sichern würde.
    "Nun gut, dann werde ich mich mit dem Besitzer in Verbindung setzen, sicherlich gibt es für einen Praefectus Alae einen kleinen Nachlass. Und dann können wir sicherlich bald einziehen, auch wenn vorher noch einige Handwerker ihr Werk verrichten müssen." befand der Iunier, denn sie hatten das Landgut ja gesehen und es war zwar keine Bruchbude, aber seit seinen Tagen als Miles hatten sich seine Ansprüche doch etwas gewandelt und mittlerweile verfügte er auch über das nötige Kleingeld um dem Landhaus einen gehobenen Schliff zu verpassen.
    Immer noch lächelnd griff er die Hand seiner Frau und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Er wusste dass Seiana nicht unbedingt ein Fan von Germanien war, umso glücklicher war er dass sie mit ihm gekommen ist, mehr noch, als seine Frau mit ihm gekommen ist um hier ein neues Leben zu beginnen.


    Die folgenden Tage beinhalteten viel Papierkram. Es mussten Handwerker beauftragt werden, der Kaufpreis musste verhandelt werden und es mussten ein paar Leute gefunden werden welche ihre Habseligkeiten zum gegebenen Zeitpunkt ins Landgut brachten, und die neuen Möbel ebenfalls an ihren Platz brachten. Die Sklaven mussten instruiert werden und die freien Angestellten mussten gefunden und ebenfalls eingewiesen werden. Doch während der Winter nahte und die kleine Familie sich einlebte, nahm ihr Landhaus langsam Form an...

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