[Officium] (De)Curio bei der Arbeit

  • Schreckensbilder. Das Wort hallte in seinem Kopf wider und erneut spürte er, wie sich sein Magen zusammenzog. Überhaupt war Alpina komplett durch den Wind. Ihr sonst so sicheren und souveränes Auftreten, war einem zögerlichem Stammeln gewichen, körperlich wirkte sie zusammengefallen, der Missbrauch schien sich in ihrer gesamten Haltung widerzuspiegeln. Immer stärker wurde in Curio das Bedürfnis, sie in seine Arme zu schließen, doch fürchtete er, dass er damit eine Schutzbarriere missachten und ihr womöglich buchstäblich zu nahe treten würde. Nun musste er selbst durchatmen, senkte den Blick auf seine Tischplatte und schloss die Augen.


    Alpina... es... tut mir leid, dass ich nicht hier war.


    antwortete er, ohne allerdings direkt auf ihre Worte zu antworten. Er konnte ihr nicht in die Augen blicken, denn er fürchtete, dass sie ihm eine Mitschuld an all dem gab. Hatte es nicht in seiner Verantwortung gelegen, in Abwesenheit seines Bruders auf seine Schwägerin zu achten? Hätte er nicht die Sicherheitsvorkehrungen erhöhen müssen, nachdem die Stadt in der letzte Zeit ja ohnehin nicht das sicherste Pflaster gewesen war? Hätte er nicht einfach auf die Reise zum Landgut verzichten können? Mühsam blickte er auf und zwang sich, den Blick zu erwidern.


    Bitte verzeih mir...

  • Zunächst sah sich Alpina bestätigt in ihrer Sorge, dass Curio sie als Schandfleck betrachtete, als entehrt und geschändet, nicht mehr tragbar für die Gens Helvetia. Er blickte starr auf die Tischplatte vor sich, erhob sich nicht, umarmte sie nicht wie er es früher getan hatte. Dann jedoch sprach er und sofort wurde Alpina klar warum er so zurückhaltend war. Er gab sich die Schuld. Wie schon Kaeso zuvor. Curio gab sich eine Mitschuld, weil er auf dem Landgut gewesen war als der Überfall passierte.
    Die Raeterin zog sich eine Stuhl heran und setzte sich. Dann griff ihre Hand quer über den Tisch und legte sich auf Curios.
    "Es ist nicht deine Schuld, Curio. Niemand trägt eine Schuld, nicht du und auch nicht Kaeso, der sich auch mit Schuldgefühlen quält, weil er diesen Gurox zu mir geführt hat und ihm am Ende körperlich unterlegen war."


    Einen Augenblick schüttelte es Alpina, sie schluckte. Wieder kamen die Bilder hoch. Mit belegter Stimme fuhr sie fort.
    "Gurox ist ein Verbrecher! Ich weiß was er Kaeso angetan hat und bezweifle auch nicht, dass er Phryne und ihre Sklaven in seiner Terrorherrschaft gefangen hielt. Zunächst wollte ich Kaeso das nicht glauben. Zu selbstverständlich schien Phryne in ihrem Haus ein und auszugehen. Doch ich weiß auch wie geschickt sie ist und tatsächlich stellt sich die Frage, wer da wen manipuliert hat. Doch eines steht fest: dieser Gurox ist ein Sadist, er liebt es, Menschen zu quälen und sie seine Macht körperlich spüren zu lassen..."


    Alpina musste abbrechen. Sie spürte wieder jedes Wort, das er ausgespien hatte in ihrem Unterleib. Ich - habe - hier - das - Sagen. Wieder spürte sie, wie er sie auf die Knie gedrückt und an den Haaren gepackt hatte. Einen kurzen Augenblick hatte sie das Bild vor sich wie er sich vor ihr aufgebaut hatte, bereit sie auf das Übelste zu demütigen.
    ".... das darf nie wieder passieren, Curio! Nie wieder! Niemand soll das mehr erfahren müssen! Bitte hilf mir dabei, diesen Gurox zu bestrafen für das was er getan hat. Ich kann nur dich um Hilfe bitten, denn Corvinus ist nicht hier."


    Tränen traten in ihre Augen. Sie erinnerte sich noch gut wie dieser sadistische Helvetier Agrippa versucht hatte sie zu vergewaltigen. Damals war ihr Corvinus zu Hilfe gekommen. Dieses Mal konnte er nicht ihr Retter sein. Wenn sie ihn überhaupt jemals wiedersehen würde.
    "Phryne kann Gurox nicht anklagen, ganz abgesehen davon ob sie es tun würde, und Kaeso scheut zu recht die öffentliche Anklage, bei der er allen Bürgern der Stadt erzählen müsste, dass er von diesem Verbrecher missbraucht wurde. Er könnte damit nicht in der Stadt bleiben, es würde als Makel an ihm haften. Ich verstehe es deshalb, dass er nicht gleich damit zu dir kam."


    Wieder pausierte die Hebamme. Dann blickte sie Curio unverwandt an. "Würdest du mir helfen Gurox vor dem Legatus Augusti anzuklagen? Auf wenn es bedeutet, dass deine Schwägerin eine geschändete Frau ist? Auch wenn viele anklagend auf mich zeigen werden und sagen: "die wollte es doch nicht anders! Deren Mann ist weit weg... wer weiß, vermutlich hat sie ihm schöne Augen gemacht und jetzt macht sie einen auf Opfer". Willst du mir trotzdem helfen?"

  • Alpina schien im ersten Moment erstaunt, dann aber setzte sie sich und griff mit ihrer Hand nach seiner. Wieder einmal war sie stark, während er nicht mal in der Lage war, ihr beizustehen, wenn sie es brauchte. Erneut musste er schlucken und sich selbst in den Hintern treten, hier nicht erneut die Haltung zu verlieren und wieder war es der strenge Blick seiner Mutter, der ihm dabei in den Sinn kam, aber dieses Mal auch der Blick Alpinas. Er zwang sich dazu, seine familiäre und gesellschaftliche Pflicht zu erfüllen, weil er in diesem Moment nicht schwach sein durfte. Ruhig hörte er sich an, was Alpina sagte, die Erklärungen, die sie ihm nicht nur zu ihrer eigenen Lage gab, sondern auch zu Kaeso und Phryne und allen, die davon betroffen waren. Erneut schüttelte es ihn, weil er daran dachte, wie Alpina und Kaeso unter diesem Schwein gelitten hatten und selbst bei Phryne fragte er sich, ob sie nicht doch ein Opfer gewesen sein konnte, das Schutz verdient hatte - auch wenn Alpina gleich wieder in Frage stellte, wie sehr die Libertina tatsächlich nur Opfer war. Curio merkte, wie Alpina ein ums andere Mal innerlich abdriftete, aber nachdem sie nun bereits die Distanz zwischen ihnen aufgehoben hatte, konnte er nun um den Tisch herum auf sie zugehen, einen Stuhl an sie heranziehen, sich zu ihr setzen und sie umarmen. Ja, er musste Corvinus ersetzen, auch wenn er das natürlich nicht zur Gänze konnte, aber da wo es ging, da wollte er auch tun, was es zu tun galt, um die Interessen seines Bruders zu vertreten.


    Einige Momente hielt er Alpina fest ihm Arm, bevor er erneut schluckte und zu einer Antwort ansetzte.


    Wie ich sehe, machst du dir nichts darüber vor, was so eine Klage für dich persönlich bedeuten würde. Dennoch werden wir für eine solche Klage alles auf den Tisch legen müssen. Ich bezweifle, dass dir grade hier in den Canabae viele Menschen diese Vorwürfe machen werden, so viel, wie du für sie getan hast, aber dennoch wird es nicht einfach werden. Wahrscheinlich werden die Kunden für die Taberna Medica seltener kommen, wahrscheinlich wirst du nicht mehr alleine durch die Stadt laufen können, ohne dass dich manche Menschen als Lupa bezeichnen. Runa und ich werden dich unterstützen, ebenso wie unser gesamter Haushalt und dennoch möchte ich doch nochmal fragen, ob du wirklich bereit dazu bist? Denn wenn wir erstmal damit begonnen haben gibt es für uns kein Zurück mehr, wenn wir diesen Gurox wirklich endgültig erledigen wollen.


    Curio hatte den Namen regelrecht ausgespuckt und er konnte sich sehr gut vorstellen, dass seinem Bruder eine Klage wahrscheinlich nicht ausreichen würde. So wie er Corvinus kannte, würde er ihn selbst erledigen, in der graumsamts möglichen Weise die er kannte, und seine Leiche danach ebenfalls noch malträtieren, bevor er ihn dann wahrscheinlich in den Rhenus werfen würde. Curio war allerdings nicht der Typ dafür, auch wenn er im Zweifel nichts dagegen hätte. Dennoch wollte der Helvetier diesen Weg nicht gehen, sondern, sofern Alpina nun ihr endgültiges Ja geben würde, den offiziellen Weg.


    Wenn du bereit dafür bist, werde ich persönlich dafür sorgen, dass sich dieser Kerl wünscht, niemals in die Stadt gekommen zu sein. Der Prozess selbst wird noch schwer für uns alle werden, doch gehe ich davon aus, dass seine Verbrechen an dir und Kaeso nicht die einzigen sind, die auf seine Rechnung gehen. Vor der Klage werde ich mich mit dem Praefectus Castrorum Iulius in Verbindung setzen und dafür sorgen, dass das Versteck dieses Verbrechers vollkommen auf den Kopf gestellt wird. Danach müssen wir zusammen die Klage vorbereiten. Es wird dir nicht erspart bleiben, auszusagen und wahrscheinlich werde ich auch Kaeso als Zeugen benennen müssen. Wenn der Prozess aber gewonnen wird, und ich glaube fest daran, dass wir das schaffen, zumal falls noch weitere Verbrechen dazukommen, werde ich für die Todesstrafe plädieren und dafür sorgen, dass er bekommt, was er verdient, und den Tieren im Theater zum Fraß vorgeworfen wird.


    Je länger er sprach, desto härter wurde der Gesichtsausdruck des Helvetiers und ebenso seine Wortwahl. Er würde Alpina rächen und er würde auch Kaeso rächen und wer sich ihm dabei in den Weg stellte, würde die gesamte Kraft eines sturen Widders kennenlernen, dessen Kontakte gut genug waren, einem jeden das restliche Leben zur Hölle zu machen.

  • Curios Umarmung tat Alpina gut, auch wenn sie große Angst davor hatte ihm und dann womöglich noch völlig fremden Männern von dem zu erzählen was sie erlebt hatte. Doch das drängte sie im Moment in den Hintergrund, sah in Curio nur noch ihren Schwager, Corvinus Bruder. Wie sehr hätte sie sich gewünscht in diesen schweren Stunden Corvinus an ihrer Seite zu haben. Doch es war müßig. Sie musste froh sein in ihrem Schwanger und der Schwägerin sowie dem jungen Kaeso so liebevolle Menschen um sich zu haben.


    Als Curio dann anfing das bevorstehende Prozedere zu erklären hörte Alpina mit wachsendem Unbehagen zu. Ja, ihr war bewusst, dass es ein schwerer Weg werden würde. Und Curio deutete an, dass es auch ihrem Geschäft schaden könnte. Daran hatte sie bereits gedacht. Die Raeterin zuckte zusammen als der Schwager davon sprach, man könne sie auf offener Straße als Lupa bezeichnen. Gänsehaut lief ihr über den Rücken. Hatte nicht Phryne schon mehrfach versucht ihren Ruf auf diese Weise zu ruinieren. Die Libertina hatte nicht nur einmal versucht ihren Status als alleinerziehende Peregrine schlecht zu machen und sie in Verruf zu bringen. Würde es dieses Mal gelingen? Wollte Alpina das? Das würde auch Auswirkungen auf die Casa Helvetia haben, auf Curio und Runa. Er fragte, ob sie wirklich dazu bereit war. War sie?


    Alpina löste sich aus Curios Arm und stand auf. Sie wanderte im Zimmer umher. Heftig pochte ein Schmerz in ihrem Unterleib. Er schien sie zu erinnern, dass sie ihn nie würde vergessen können, wenn sie diese Sache nicht hinter sich brachte. Sie würde sich vor Gericht äußern müssen. Als Zeugin. Kaeso ebenso. Wenn sie jetzt "Ja" sagte, gab es kein Zurück mehr und es betraf nicht nur sie sondern alle im Haus und auch in der Casa Acilia.


    Curios Entschlossenheit und sichtbare Härte führten dann jedoch dazu, dass Alpina sich auf ihre Pflicht besann. Es gab noch mehr Frauen in Mogontiacum und wer weiß wo noch im Imperium und darüber hinaus, die man vor diesem Verbrecher schützen musste. Nie wieder sollte Gurox eine Frau schänden. Nie wieder einen Mann missbrauchen oder schlagen. Nie wieder!


    "Ich mache das nicht für mich, Curio. Es muss sein. Das, was mir widerfahren ist, darf sich nicht wiederholen. Nicht durch Gurox. Und wenn ein öffentlicher Prozess und eine Hinrichtung auch andere Verbrecher davon abhalten könnten, ähnliches zu tun, dann hätte ich etwas Wichtiges erreicht. Aber bevor ich mit einem klaren "Ja, ich will es so" antworte, möchte ich deine persönliche Meinung wissen und auch ohne mich zu schonen hören, ob du Angst vor einem Gesichtsverlust hast, dadurch, dass dann bekannt wird, dass deine Schwägerin geschändet wurde. Wenn es soweit kommt, dass mich Bürger der Stadt als Lupa bezeichnen, wirft es auch ein schlechtes Licht auf dich und Runa. Sag mir ehrlich wenn du das scheust. Dann werde ich von dem Vorhaben ablassen."

  • Es gab noch kein endgültiges Ja, auch wenn ihre Wortwahl darauf schließen ließen, dass Alpina es am liebsten durchziehen wollte, um andere Menschen zu beschützen. Ja, da waren sie beide sich sehr ähnlich, dachten immer zuerst an die anderen bevor sie an sich selbst dachten, doch bei Curio bestand das Problem, dass er sich selbst dabei einem so hohen Maßstab unterwarf, den er kaum zu erfüllem im Stande war. Umso stolzer war er auf seine Schwägerin und Freundin, die ja durchaus bereit war, ein erneutes Opfer zu bringen, um die Gesellschaft vor diesem Verbrecher zu schützen. Ihre folgende Frage jedoch, ließ Curio stutzen und er schaute sie lange nachdenklich an. Er hatte sich bislang keine Gedanken darüber gemacht, ob es ihm schaden würde, und wenn er ehrlich war, machte es ihm nichts aus. Wenn der Prozess gewonnen werden würde, würde Alpina seiner Ansicht nach in ihrer Opferrolle gestärkt und selbst, wenn sie sich dabei angreifbar machte, stand für Curio viel eher der gewonnene Prozess und die Entfernung eines gefährlichen Individuums zu Buche. Dennoch fürchtete sich Alpina und der Helvetier konnte auch verstehen waru. Daher biss er sich nun auf die Lippen, bevor er anfing, zu sprechen.


    Weißt du, Alpina, wir sind nicht verwandt. Du bist weder meine Frau, noch meine Schwester und offiziell hat mein Bruder dich nicht geheiratet. Selbst wenn er Ursicina hier im Viertel als seine Tochter angenommen hat, hat er sie von Rechts wegen nie als solche anerkannt. In diesem Zusammehang wohnst du hier im Haus, weil ich es zulasse, nicht weil du irgendein Recht dazu hättest. Du weißt so gut wie ich, dass es Personen in der Stadt gibt, die niemals aufhören werden, dir Dinge zu unterstellen, solange Lucius nicht hier ist. Ich gebe nichts darum, habe ich nie getan und ich habe auch nicht vor, damit anzufangen.


    Auch Curio erhob sich nun wieder und griff nach Alpinas Handgelenk. Natürlich waren seine letzten Worte hart, aber letztlich zeigten sie auch, was er schon lange theoretisch hätte tun können. Dass er es bislang nicht getan hatte, sprach für sich. Alpina war ihm wichtig. Sie war seine beste Freundin und wie eine große Schwester für ihn. Er würde sie nicht fallenlassen, weil irgendein Schwein ihr Gewalt angetan hatte. Wie widersinnig wäre das auch.


    Es steht außer Frage, dass Runa und ich und alle die hier wohnen, dir zur Seite stehen werden. Überleg doch, was wir schon alles durchgestanden haben und auch wenn ich nicht alles gutheißen konnte, was du getan hast, würde ich niemals auf die Idee kommen, dich fallenzulassen. In diesem Fall bist du zudem ein Opfer. Dieses Schwein hat sich geholt, was ihm nicht zustand, einzig, um dich zu demütigen und wahrscheinlich auch Kaeso. Du und Ursi werden immer einen Platz hier im Haus haben, weil ich es so will, und weil du unter Schmerzen die Tochter meines Bruders zur Welt gebracht hast. Wenn du also bereit bist, das Gerede der Stadt über dich ergehen zu lassen und es am besten einfach zu ignorieren, ich stehe an seiner Seite, ebenso wie Runa und alle, auf die ich Einfluss habe.

  • Die ersten Sätze Curios trafen Alpina wie Peitschenhiebe. Natürlich entsprachen sie der Wahrheit und die Hebamme hatte ihren Status nie angezweifelt oder versucht ihn zu verhehlen. Doch Curio schaffte es, ihr schonungslos klar zu machen, dass sie nur geduldet war in der Casa. Solange Corvinus sie nicht offiziell zur Frau nahm, und das ging erst nach seiner Dienstzeit in der Legio, war sie nicht mehr als eine geduldete Geliebte, die ein Kind hatte, das Corvinus zwar offentlich als das seine gefeiert hatte, das jedoch in keinem Register als das Helvetischer Nachwuchs verzeichnet war.


    Alpina atmete durch. Gerade deshalb, gerade weil sie auf sich gestellt war, musste sie auch an sich und ihren Ruf denken. Was sollte sie tun? Das Gerede der Stadt konnte dazu führen, dass ihr Ruf litt. Sie musste sich und Ursi versorgen. Was war wohl, wenn Corvinus nie wieder zurückkehrte? Würde Curio sie dann vor die Tür setzen? Sie würde ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, ein Haus kaufen oder... was dann?


    Wieder meldet sich ihr Unterleib. Sie sah auf Curios Hand an ihrem Handgelenk. Gänsehaut. Er ergriff sie nicht mit Gewalt, doch in ihr meldete sich die Angst des mehrfachen Opfers. Sie wollte Genugtuung! Sollten doch alle Männer Mogontiacums sehen, dass man sich nicht ungestraft an Susina Alpina, Hebamme und Kräuterfrau raetischer Herkunft vergehen konnte!


    "Ich will dass er bestraft wird!", presste Alpina hervor. "Mit der brutalen Härte des Gesetzes! Ich will ein Exempel statuieren! Allen Männern dieser Stadt und allen potentiellen Vergewaltigern klar machen, dass man sich nicht ungestraft über eine ehrbare Frau hermachen kann und sich nehmen kann, wozu man gerade Lust hat. Nicht mit mir, nicht mit Susina Alpina, Connubia des Lucius Helvetius Corvinus!"


    Ihr Blick traf Curios. Er konnte den ganzen Hass in ihren Augen sehen. Den ganzen Hass, der sich nach mehreren versuchten und geglückten Vergewaltiungen und Überfällen in Alpina aufgestaut hatte.

  • Curio zog seine Hand zurück, als er den leichten Schauer spürte, der ihren Körper durchfuhr, als er nach ihrem Handgelenk griff. Erneut wurde ihm klar, dass er vorsichtig mit ihr sein musste, vorsichtig und behutsam, damit er in ihr nicht jene Assoziationen weckte, die durch die Vergewaltigung in ihre Seele gebrannt worden war. Dem kurzen Schauer folgte allerdings nicht etwa Furcht, Zögern oder unsicheres Schweigen, sondern unerbittliche Klarheit. Der Helvetier war einige Augenblicke sprachlos, als er den ungefilterten Hass in ihren Alpinas Augen sah und ihrer Stimme hörte. Er kannte sie so nicht, aber es war schockierte ihn nicht. Vielmehr war er bereit, diesen Hass mit ihr zu teilen.


    Ich kann nicht sagen, wie stolz ich bin, dass du die Mutter meiner Nichte und meine Freundin bist.


    sagte er unvermittelt und setzte erneut dazu an, sie zu umarmen. Erneut war er bereit, zurückzuweichen, wenn sich ihr Körper wieder weigerte und dennoch fügte er noch etwas hinzu.


    Und jetzt sorgen wir dafür, dass dieser Dreckskerl seine gerechte Strafe dafür bekommt, dass er gewagt hat, dich anzutasten.


    Curio nickte nachdrücklich. Für ihn bestand kein Unterschied, ob Alpina nun tatsächlich mit Corvinus verheiratet war oder nicht oder ob Ursicina auch rechtlich als Helvetia anerkannt wurde oder nicht und für ihn stand auch außer Frage, dass Alpina und seine Nichte solange hier im Haus bleiben durften, bis sie aus freien Stücken entschieden, es zu verlassen. Wo er allercins grade bei diesem Thema war, fiel ihm noch etwas anderes ein.


    Es gäbe da noch etwas, was ich mit dir besprechen wollte. Es geht um Kaeso und sein... Verhältnis zu Phryne. Ich... würde gerne deine Meinung dazu hören.

  • Erleichtert ließ Alpina den Atem den sie angehalten hatte, in der Sorge Curio würde doch noch einen Rückzieher machen, fahren. Sie hörte seine Beteuerung stolz auf sie zu sein und ließ sich dann von ihm umarmen. Der Hass schlug um in Erschöpfung. Alpina ließ sich halten und verdrückte ein paar Tränen, während Curio ihr versicherte, den "Dreckskerl" seiner gerechten Strafe zuzuführen.


    Als sie sich lösten kam Curio noch auf ein weiteres Thema zu sprechen: Kaeso und Phryne. Alpina nickte ernst. Sie zog sich den Stuhl wieder heran und wartete dass auch ihr Schwager wieder Platz nahm.
    "Das ist ein schwieriges Thema. Kaeso ist jung. Phryne hatte leichtes Spiel mit ihm. Sie hat ein neues Spielzeug gesucht und er war ein passendes Objekt. Ich glaube kaum, dass sie ihn liebt, sie spielt nur mit ihm. Aber er hat sich natürlich in sie verliebt. Sie ist schön und begehrenswert. Du und ich wissen, dass sie dieses Spiel perfekt beherrscht. Er ist ihr völlig verfallen. Sie braucht nur mit dem Finger zu schnippen, schon ist er hin und weg."


    Sie sah Curio aufmerksam an. "Meinst du Phryne hat Kaeso absichtlich verführt um ihn als Spitzel zu benutzen? Glaubst du er sollte ihr Interna aus der Casa Helvetia zutragen?"

  • Curio war froh, dass Alpina die folgende Umarmung wieder annahm, und als er sie in den Armen hielt, spürte er, wie sie sich zumindest für eine wenige Augenblicke entspannte. Er machte sich allerdings nichts darüber vor, dass das nur ein kurzer Moment sein würde und sie auch in Zukunft von den Bildern und den Gefühlen verfolgt werden würde. Einige Momente hielt er sie noch schweigend, bevor sie sich voneinander lösten und er das nächste unangenehme Thema anschneiden musste.


    Er nennt sie seine Göttin.


    ergänzte Curio nach den ersten Worten Alpinas noch mit deutlicher Sorge in der in der Stimme und setzte sich schließich zu seiner Schwägerin. Nachdenklich nickte er, nachdem Alpina schließlich geendet hatte.


    Es würde mich nicht überraschen, wenn sie versucht hätte Informationen von ihm... zu bekommen. Und ich befürchte, dass er ihr auch bereits einiges geliefert hat, auch wenn in den letzten Monaten nur wenig... Interessantes hier passiert ist.


    Nun senkte Curio den Blick wieder und blickte auf den Schreibtisch. Allein die Möglichkeit, dass Kaeso hier herumgeschnüffelt hatte, verunsicherte ihn und zeigte nur mal wieder, wie weit der Arm der Libertina letztlich reichte.


    Vor allem weiß ich nicht... einzuschätzen, inwieweit sie nicht sogar mit Gurox zusammengearbeitet hat, weil sie ihn ja ziemlich einfach um den Finger gewickelt haben könnte. Womöglich wollte sie Kaeso letztlich aus dem Weg räumen, weil er ihr unbequem geworden war, und dabei konnte sie auch mal wieder ihre Lieblingsfeindin demütigen.


    Der Helvetier wurde sich erst im nächsten Augenblick klar darüber, dass er ihre seelische Wunder vielleicht wieder aufgerissen hatte, weswegen er nach ihrer Hand griff.


    Aber selbst wenn dem nicht so sein sollte, wird Kaeso für sie das Interesse verlieren, wenn er keine Informationen mehr... hinausträgt oder sogar komplett ausziehen sollte, was ich nicht auschließen möchte, wenn ich ihm einige Wahrheiten und Möglichkeiten über seine Göttin... erzählen werde. In diesem Fall aber wird es umso schwieriger für ihn, wieder auf die Beine zu kommen, wenn er in seinem falsch verstandenen Stolz sich nicht traut, wieder hierher zurück... zu kommen.


    Erneut war es die Sorge um den Jungen, die aus dem Helvetier sprach, denn letztlich sah er so viel von sich selbst in ihm, sah aber jetzt, wie sein Leben hätte ausgehen können, wenn er an die falschen Menschen geraten wäre.


    Ich werde nachher mit ihm darüber sprechen, wie es... weitergehen soll. Ein Weiter so ist für mich aber keine Option. Es geht nicht, dass ich andauernd darauf achten muss, ob er grade mithört, wenn ich Gäste habe oder mit Runa Familienangelegenheit bespreche oder mit ihr oder dir streite, und mein Arbeitszimmer... abschließen muss, wenn ich nicht im Haus bin. Ich hab ihn damals aufgenommen unter der Voraussetzung, dass die Dinge, die hier im Haus passieren, nicht nach außen getragen werden. Dabei muss es bleiben.

  • Es stellte sich heraus, dass Curio tatsächlich vermutete, Phryne würde Kaeso nur benutzen um Alpina zu schaden. Der Raeterin war bewusst, dass diese Dimension Kaeso sicherlich nicht klar war und dass er das bestimmt nicht so wollte. Außerdem war sie nicht alleine Phrynes Lieblingsfeindin.
    "Ich fürchte, dass du und damit auch Runa mindestens gleichwertig in Phrynes Gunst stehen. Sie wird versuchen alle Informationen, die sie erlangen kann, irgendwie gewinnbringend zu nutzen. Oder einfach nur Zwietracht zu säen."


    Dann erklärte ihr Curio, dass er vorhatte Kaeso über Phrynes bisherige Gemeinheiten aufzuklären. Das würde den Jungen in einen unglaublichen Konflikt stürzen. Er stand doch eigentlich loyal zu Curio und vor allem zu Alpina. Doch die Macht, die Phryne über ihn hatte, würden sie beide nicht brechen können. Ob dieser Umstand Kaeso zerbrechen lassen würde? Oder würde es ihn gegen Curio aufbringen und ihn aus der Casa Helvetia forttreiben? Würde Alpina ihren Schützling verlieren? Und würde Kaeso sein Zuhause verlieren?


    Als ihr Schwager schließlich klar machte, dass er Kaeso nicht weiter bei sich dulden würde, wenn er sich weiterhin mit Phryne traf. Und Alpina wusste, dass der Junge das nicht tun würde - es nicht konnte. Die Macht der Venus war stark! Übermächtig für einen solchen jungen Mann.
    Alpina seufzte.
    "Es wird Kaeso in eine tiefe Krise stürzen. Er fühlt sich zuhause bei mir - bei uns - in der Casa Helvetia. Aber er ist Phryne verfallen. Ich mag gar nicht darüber nachdenken, wie es sich für ihn anfühlen muss, sich entscheiden zu müssen. Aber ich verstehe dich natürlich auch. Wenn du möchtest, hätte ich vielleicht einen Ausweg. Kaeso würde gerne noch mehr lernen, er hat mich gefragt, was ich von einer Ausbildung bei einem Chirurgicus halten würde. Ich könnte Publius Cincius Balbus fragen, ob er Kaeso unter seine Fittiche nimmt. Er könnte in der Gladiatorenschule wohnen, in der Balbus seinen Dienst tut. Dann wäre er nicht mehr hier im Haus, hätte aber nicht das Gefühl, dass du ihm vollständig das Vertrauen entziehst. Wir könnten sehen wie es mit ihm und Phryne weitergeht. So müssten wir ihn nicht vor den Kopf stoßen. Ich könnte es nicht. Er ist mir ans Herz gewachsen. Bitte, Curio!"
    Ein flehender Blick traf den Schwager.

  • Das steht außer Frage - und genau das ist es auch, was mir Angst macht.


    sagte Curio mit nun überdeutlicher Sorge in der Stimme, atmete hörbar durch und blickte auf den Schrank mit den politischen Unterlagen hinter Alpina. Da er nun mal in der städtische Politik aktiv war, wurden regelmäßig Dinge im Haus besprochen, die nicht nach außen dringen sollten, erst recht nicht an politische Gegner, aber auch sein Familien- und Privatleben war etwas, dass nach außen hin streng ritualisiert sein musste. Natürlich musste die Ehe offiziell als glücklich gelten. Immer und ausnahmslos. Ebenso wäre es nicht förderlich für ihn, wenn es nach draußen dringen würde, dass Curio in seinem Haus nicht als Patriarch herrschte, sondern auch regelmäßige politische und persönliche Angelegenheiten mit Silvana und Alpina durchsprach und es dabei auch nicht selten zu lautstarken Auseinandersetzungen, bei denen Curio auch dann und wann auch mal als Verlhttp://imperium-romanum.info/forum/germania/bbcode_bold.gifierer hervorging. Wer in diesem Haushalt lebte, bekam letztlich alles mit. Das Haus war nicht so groß, dass man sich ständig aus dem Weg gehen konnte und unübersichtlich genug, dass es genug Ecken gab, in denen man unbemerkt Gespräche mithören konnte. Auch wenn der Helvetier dem Jungen nichts unterstellen wollte, solange die Möglichkeit bestand, konnte er es nicht riskieren, tatsächlich zentrale Treffen hier stattfinden oder wichtige Post offen in seinem Arbeitszimmer liegen zu lassen.


    Ein konsterniertes Seufzen folgte, bevor er fortfuhr.


    Weißt du... ich seh so viel von mir selbst in ihm, grade in meinen ersten Jahren in der Stadt oder dieses Problem einer verbotenen Beziehung oder die Erfahrungen mit unseren Väter und, und und.... Wie könnte ich ihn da einfach... fallenlassen? Er hatte es nicht leicht, wahrscheinlich noch schwerer als ich es hatte und... was wäre gewesen, wenn ich so, wie er an die falschen Leute geraten wäre? Ich hätte wahrscheinlich niemanden gehabt, der mir den Kopf zurechtgerückt hätte, aber ich weiß auch nicht, ob ich das so wirklich gewollt hätte?


    Es war zum Mäusemelken. Curio verstand Kaeso in so vielem, aber andererseits war er ihm auch komplett fremd. Dem Jungen wurde so viel Hilfe angeboten, so viele Menschen, waren bereit, ihn an die Hand zu nehmen, um ihm eine Ausbildung zu ermöglichen. Und dann verfiel er einer Libertina, die schon für so viele Männer die Beine breit gemacht hatte, um ihre Position zu verbessern, und glaubt nun tatsächlich daran, dass ihr wirklich was an ihm liegen konnte, dass da wahre Liebe sein konnte, bei einer Frau, die erfahren darin war, ihre Liebesdienst gezielt einzusetzen. Vor allem war Curio erschrocken über die Benennung als Göttin, weil sich der Junge damit in einer Art und Weise von Phryne abhängig machte, die ihr natürlich nur gefallen konnte, für ihn aber eine Art Unterwerfung bedeutete, bei der dem Helvetier schleierhaft war, ob es daraus ein Zurück gab und ob anderweitige Sichtweisen überhaupt noch eine Wirkung bei ihm erzielen konnte.


    Ich könnte ihn wahrscheinlich gar nicht fallen lassen. Auch wenn ich der Ansicht bin, dass es Zeit ist, dass der Junge lernt, in seiner Entscheidung... frei zu sein, allerdings dann auch mit den Konsequenzen seiner Entscheidung leben muss. Sollte er sich entscheiden... zu gehen, werde ich ihm natürlich anbieten, ihm ein Zimmer in der Gladiatorenschule oder in deren Nähe... zu beschaffen. Er sollte zudem wissen, dass er hier stets willkommen sein wird, auch wenn er sein Kommen vorher wie jeder Gast ankündigen soll, nicht dass Phryne denkt, sie könnte doch noch Informationsfetzen aus ihm gewinnen, wenn er nur... oft genug hier ist. Auch wenn es hart klingt, ich glaube, dass sie ihn fallen lässt, wie einen harten Laib Brot, wenn er nicht mehr als Informationsquelle dient - dann allerdings müssen wir... hart bleiben, denn es wird nichts bringen, wenn Phryne sich wieder an ihn ranmacht, weil er schon nach wenigen Wochen wieder hier einzieht...

  • Das Misstrauen, das Alpina aus Curios Ausführungen heraushörte, machte sie traurig. Seine Angst vor einem Gesichtsverlust durch Phrynes Intrigen führten so weit, dass ihr Schwager Kaeso beinahe ein Hausverbot erteilen wollte. Als Gast war er geduldet, aber eben nicht mehr. Das war für Alpina inakzeptabel. Dafür mochte sie Kaeso viel zu gern und sie hatte auch Verständnis für ihn, wenngleich sie Curios Sorge Phryne wegen teilte. Eine Zwickmühle. Sie würde über eine Lösung noch nachdenken müssen.
    Mit einem Nicken quittierte sie, dass Curio ihren Vorschlag unterstütze, den Jungen zu dem Chirurgicus in die Lehre zu geben.
    "Ich werde mich an Cinicus Balbus wenden. Wenn du die Wohnungssuche unterstützen könntest, wäre das hervorragend. Ich würde vorschlagen, ich spreche gleich mit Kaeso. Soll ich ihn nachher zu dir schicken?" Sie dachte noch einmal nach, dann fuhr sie in bittendem Ton fort. "Und fass ihn nicht zu hart an, Curio. Bitte. Kaeso ist sehr verletztlich!"


    Dann sprang Alpina auf. "Es ist wichtig, dass ihm jemand die Augen öffnet, was Phryne betrifft. Und wer kann das besser als du. Von Mann zu Mann ist sicherlich besser als wenn ich es versuchte. Bei mir klingt es als sei ich das eifersüchtige Mauerblümchen, das über die schöne Verführerin herzieht. Danke für deine Hilfe."
    Sie drückte ihren Schwager zum Abschied erneut an ihr Herz. "Ich bin so froh, dass ich dich und Runa habe. In solchen Zeiten ist es schwer, nicht zu verzweifeln und den Lebensmut nicht zu verlieren. Ohne euch und ohne die kleine Ursi hätte ich mich vermutlich längst in die Fluten des Rhenus gestürzt."
    Sie hauchte ihm noch ein letztes "Danke!" ins Ohr, dann verließ sie das Arbeitszimmer ihres Schwagers um Kaeso zu suchen.

  • Eigentlich misstraute er Kaeso nicht. Er hatte ihn ins Haus aufgenommen, hatte ihm eine erste Ausbildung bei Alpina und Silvana ermöglicht und ihn auch dann und wann in öffentliche Termine einbezogen. Was er stattdessen fürchtete, war die erotische Macht Phrynes, und deren Folgen für den Jungen, der diesen ja offenbar hilflos ausgeliefert war. Curio hatte keine Ahnung, inwieweit er Kaeso aus diesem Strudel befreien sollte und er wusste ganz besonders nicht, ob der Junge daraus überhaupt befreit werden wollte. Wenn dem nicht so war, konnte sich Curio den Mund fusselig reden, es hätte wahrscheinlich gar keine Wirkung, ebenso wenig wie es bei einer Debatte des Ordo decurionum möglich war, einen konservativen Decurio von einer neuen Idee zu überzeugen, wenn dieser doch nur darauf aus war, seine Frontalopposition gegenüber den Ducciern und ihrem Gefolge aufrechtzuerhalten.


    Erneut seufzte er, bevor Alpina das Gespräch letztlich beendete, ohne darauf eingegangen zu sein, dass es ihm ja eigentlich auch nur um das Wohl des Jungen ging. Vielmehr bat sie ihn darum, Kaeso nicht zu hart anzufassen, bestand andererseits aber auch darauf, ihm unbedingt die Augen über Phryne zu öffnen, was wohl gezwungenermaßen zu einem Konflikt mit dem Jungen führen musste.


    Wenn er überhaupt will, dass ihm die Augen geöffnet werden.


    sagte er dann und preste danach die Lippen wieder aufeinander. Er musste sich wohl damit abfinden, dass er in dieser Geschichte die Rolle des Bösen anzunehmen, nachdem er auf dem Höhepunkt der Beziehung zu Runa genau auf der anderen Seite gestanden hatte und nicht nur verstehen konnte, wie es war, wenn einem die Liebe verboten wurde, sondern auch, was es bedeutete, dieser Forderung nachzukommen. Jetzt war er es, der einem anderen jungen Mann aufzeigen musste, wie schlecht diese spezielle Beziehung für ihn war. Letztlich nickte Curio der bereits aufgesprungen Alpina zu.


    Ja, schick in gleich bitte zu mir.


    Er wusste, was er zu tun hatte, auch wenn er es in diesem Fall anders anfangen musste, als es sein Schwiegervater seinerzeit getan hatte.

  • Er hatte etwas Zeit gehabt. Nicht viel, denn so lange hatte das Gespräch Alpinas mit Kaeso offenbar nicht gedauert, aber genug, um die Stühle wieder so anzuordnen, wie sie vor dem Gespräch mit Alpina gestanden hatten, einer hinter dem Schreibtisch, einer davor, und sich einen Krug mit Wasser zu holen. Als es klopfte, saß der Helvetier bereits auf seinem Platz hinter dem Schreibtisch, hatte den Ellenbogen auf diesen abgestützt und seine Stirn nachdenklich in die Hand gebettet. Kurz zuckte er, so aus seinen Gedanken gerissen, zusammen, fasste sich dann aber wieder und ließ ein deutliches


    Herein!


    vernehmen, bevor er Rücken und Nacken wieder durchstreckte und zur Tür blickte.

  • In einer ganz sonderbaren Stimmung war ich als ich die Türe öffnete. Es war mir nach Abschiedsschmerz aber auch einer Spur Trotz und schlechtem Gewissen sowie Dankbarkeit. "Salve Curio, du wolltest mich sprechen sagte Alpina mir."
    Aufmerksamkeit betrachtete ich ihn. Wollte so sehen was mich nun erwartete, konnte aber nichts erkennen. Wie auch, wurde mir bewusst, Curio ist geübt in Diplomatie.

  • Kaeso trat ein. Es war keine Überraschung, hatte er dem Jungen doch schon gestern angekündigt, dass sie heute nochmal miteinander sprechen mussten, und Alpina hatte ja grade auch versprochen, ihn nach einem kurzen Gespräch nochmal herzuschicken. Dass in diesem Gespräch bereits die wichtigsten Weichenstellungen für Kaeso vorgenommen worden waren und der Junge bereits seine Entscheidung getroffen hatte, konnte Curio nicht wissen. Nichtsdestotrotz war sich der Helvetier immer noch uneins, wie er dieses Gespräch nun tatsächlich angehen sollte. Er schluckte und deutete dann auf den freien Stuhl vor dem Schreibtisch.


    Ja, das ist richtig. Setz dich bitte.


    sagte er und versuchte dabei einen Mittelweg zu finden zwischen dem Ernst der Situation und dem Fingerspitzengefühl, um das Alpina ihn gebeten hatte. Wahrscheinlich wirkte er dennoch ernster, als er eigentlich wirken wollte, denn das Thema Phryne lud ihn nicht grade dazu ein, besonders milde zu denken. Die Situation des Jungen aber sehr wohl und in dieser Zwickmühle dauerte es nun ein paar Augenblicke, bis Curio sich für einen Gesprächseinstieg entschieden hatte. Kurz schloss er die Augen, bevor ein winziges Nicken zu sehen war.


    Wie ich gestern schon gesagt hatte, möchte ich nochmal mit... dir über deine Verhältnis mit Phryne sprechen.


    Er musste nicht fragen, ob Kaeso sich an sein Versprechen gehalten hatte, denn hätte er das Haus verlassen, hätte Curio das ebenso erfahren, wie das hineinschlüpfen einer hausfremden Person, hatte er doch dafür gesorgt, dass seit gestern alle Eingänge nochmal intensiv beobachtet wurden.


    Du hast mir ja gestern schon davon erzählt, dennoch möchte ich dich einerseits daran erinnern, was du mir damals... versprochen hast, als wir dich hier im Haus aufgenommen haben, und dich andererseits nun noch einmal fragen, ob du irgendwas, was du hier im Haus... mitbekommen hast, an Phryne weitergebeben hast. Es ist wichtig, ich kann gar nicht sagen, wie wichtig, dass du genau darüber... nachdenkst, was du ihr über uns erzählt hast. Alles wäre wichtig, mag es für dich noch so klein oder unwichtig erscheinen.


    Das Gesicht Curios verriet keine sonderliche Wut. Es ging ihm nicht darum, Kaeso zu verurteilen, dass er den körperlichen Verlockungen einer geübten Liebhaberin verfallen es, sondern darum zu wissen, ob und wenn ja was das Haus verlassen hat, um sich darauf einstellen zu können, aus irgendeiner Richtung einen Angriff von Phryne zu erwarten.

  • Dieses mal setzte ich mich nach Curios auffordernder Bitte. Allerdings nicht unbeklommen wie ich es noch vor ein paar Tagen gemacht hätte, es war eher ein vorsichtiges auf alles gefasstes hinsetzen, so wie ein Untergebener auf der Stuhlkante. Als sehr schnell die Sprache auf Phryne kam wuchs ein Misstrauen in mir und ich spürte wie sich mein Körper noch stärker straffte.
    Ein neuerlicher Ruck ging durch mich nach Curios Erwähnung meines Versprechens. Etwas wie Enttäuschung machte sich breit, also kennt man mich nicht und misstraut mir, schoss mir durch den Kopf. Mit starrem Blick versuchend jede Gefühlsregung zu verbergen antworte ich:
    "So oft war ich nicht bei Phryne. Sie hat mich nie ausgefragt und dieses Haus war nur bei meinem ersten Besuch kurz das Thema. Es ging um die Frage ob ich ich schon mit einer Frau intim gewesen wäre, da in diesem Haus genug Frauen wären. Dies war nur kurz das Thema ansonsten galt ihr Interesse nicht dieser Familie. Außerdem selbst wenn es Fragen gegeben hätte, ich pflegte bisher immer meine Versprechen zu halten."
    Noch während ich sprach spürte ich, etwas war zerrissen. Wenn ich die Casa Helvetia nicht verließ würde es nie mehr werden wie vor Gurox erscheinen. Wie ich diesen mann hasste. Wenn es mir möglich wäre, würde ich ihn noch im nachhinein umbringen.
    "Ich sehe meine Entscheidung, dass Haus zu verlassen ist richtig gewesen. Noch heute werde ich gehen. Einmal werde ich noch zurückkommen um mich zu verabschieden, mich aber vorher anmelden. Keine Sorge, jede Frage was DICH, deine Familie oder deine Arbeit betrifft, werde ich niemanden beantworten." Nach einer kurzen Pause fügte ich noch hinzu, "allerdings wenn dir wohler ist kann ich auch nach Rom zurückkehren oder an einen anderen Ort deiner Wahl".
    So wie mir zumute war, kalt und starr saß ich auf der Stuhlkante und wartete auf meine Entlassung.

  • Curio hörte genau zu. Jedes einzelne Wort nahm seinen Weg durch seinen Geist und wurde hin- und hergedreht, um auch ja keine Bedeutungsebene davon zu verpassen. Doch wollten die Worte nicht so ganz zusammenpassen. Wenn die Libertina ihn nicht ausgefragt hatte, welches Interesse hätte sie sonst an ihm haben können? Kurz überlegte, ob die Frage nach der ersten sexuellen Erfahrung des Jungen von Belang war. Curio glaubte nicht daran, dass Alpina sich den Jungen ins Bett geholt hatte, bei seiner Frau schloss er es ebenso aus und wenn die Sklavinnen des Hauses sich dem Jungen angeboten hatten, war es deren Angelegenheit und auch kein nutzbare Information für Phryne. Dass sie aber sonst kein Interesse an diesem Haus gezeigt hatte, wollte er nicht so ganz glauben aber womöglich war sie in der kurzen Zeit gar nicht so weit gekommen, Kaeso abhängig genug zu machen, um ihn nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen - obwohl dem wiederum diese erschreckende Bezeichnung als seine "Göttin" widersprach. Es ergab keinen Sinn, denn Curio wollte nicht daran glauben, dass sich die Libertina dem Jungen aus purer Menschenfreundlichkeit angenommen hatte. Doch was sollte er nun machen? Er könnte den Jungen weiter in die Mangel nehmen, aber das würde wahrscheinlich nichts bringen. Er hatte es natürlich vergeigt, auf ganzer Linie und selbst wenn Kaeso nun doch was erzählt hatte, musste Curio wohl damit leben, dass er es erst dann erfahren würde, wenn der Angriff kommen würde.


    Erneut schluckte er, als Kaeso dann fortfuhr und hier weiteten sich die Augen des Helvetiers nun in vollkommener Überraschung. Die Entscheidung war schon gefallen? Ohne ihn? Ohne nochmal die Möglichkeit einer Klärung zu bieten? Die letzten Wort des Jungen versetzten dem Helvetier schließlich zwei weitere, erschreckend gezielte Schläge in die Magengrube, sodass er schon nach einigen Augenblicke nicht mehr in der Lage war, dem kalten und starren Blick Kaesos standzuhalten. Langsam ließ Curio den Blick auf die Tischplatte sinken. Und erneut entstand eine Pause, unangenehm und zäh, bis er schließlich seine Sprache wiederfand.


    Ich weiß nicht, ob es überhaupt noch von Belang ist und ob dir schon jemand die... Vorgeschichte von Runa und mir erzählt hat. Jedenfalls... mag es dich überraschen, aber ich glaube, ich weiß, wie du dich grade fühlst.


    Die Stimme des Helvetiers war nicht laut, und war sie vorher noch stark und selbstbewusst gewesen, war es nun, als müsste er sich jedes Wort abringen.


    Ich kenne die Macht der Liebe und ich weiß, was sie anrichten kann. Tatsächlich hätte sie mich ebenfalls fast aus der Stadt vertrieben.


    Er schluckte und wusste auch eigentlich nicht, warum er jetzt grade damit anfing. Er wusste nur, dass ihm dieses Verständnis in der Seele brandte, ebenso wie die zahlreichen Parallelen in ihren Geschichten. Er konnte nicht zulassen, dass der Junge abrutschte, nicht, nachdem er selbst solch ein Glück gehabt hatte. Langsam er hob er den Blick wieder verschränkte die Finger seiner beiden Hände verspannt ineinander und atmete erneut durch.


    Natürlich respektiere ich deine Entscheidung, das Haus zu verlassen. Falls du Unterstützung dabei brauchst, eine Kammer zu finden, helfe ich dir weiter, wenn du möchtest heute noch. Ich möchte...


    Ja, was wollte er? Auch hier bestand wiederum die Frage, ob seine Worte für den Jungen noch irgendeinen Wert hatten. Erneut würde er Alpina enttäuschen, indem er Kaeso eben nicht würde klarmachen können, welche Gefahr von Phryne ausging.


    Ich möchte dir nur raten, dich nicht gänzlich von Phryne abhängig zu machen, indem du in die Casa Acilia ziehst. Es mag verlockend sein, immer in ihrer Nähe sein zu können, doch falls sie - was zum jetzigen Zeitpunkt für dich natürlich vollkommen unglaublich klingen mag - das Interesse an dir verliert, würde es für dich umso härter sein. Ich weiß nicht, was da zwischen euch beiden, zwischen dir und Phryne ist, aber ich glaube zu wissen, was du fühlst und ich weiß auch nur zu gut, wie du dich fühlen wirst, falls es nicht so wird, wie du dir es vielleicht im Moment ausmalst.


    Ja, er versuchte es dennoch, ließ dann aber mit einem Kopfschütteln ab, da er glaubte, dass der Junge seine Entscheidung bereits getroffen hatte und keines seiner Worte irgendwas daran ändern konnte, dass Kaeso mit ihm und seiner Familie gebrochen hatte.

  • Immer stärker schob sich ein Gedanke in den Vordergrund, wenn ich einer von ihnen wäre, würde man mir eher trauen. Ganz bestimmt sogar, ich möchte nicht sehen wie es bei Curio arbeitet und brodelt, hat er auch wirklich nichts aus dem Haus getragen? Dabei wüsste ich nicht was. Lesen habe ich gerade erst hier gelernt. An den Türen habe ich nicht gelauscht wenn Besucher bei Curio waren. Sein Arbeitszimmer habe ich nie betreten, Schriftstücke habe ich nie in die Hand genommen, also was bitte kann man mir vorwerfen? Natürlich, dass ich aus der untersten Bevölkerungsschicht komme und den ist ja bekanntlich nicht zu trauen, das ist der Abschaum.
    "Nein, ich kenne keine Vorgeschichten der Bewohner dieses Hauses und wie es aussieht ist es ja auch gut so. Vielleicht könnte ich ja sonst in Versuchung geraten dies Jemanden zu erzählen. Und nein, ich habe nicht vor bei Phryne zu wohnen. Danke ich werde schon eine Unterkunft finden."
    Ich muss hier raus so schnell wie möglich, sonst schreie ich. Oh ihr Götter, warum habt ihr zugelassen, dass ich so enttäuscht wurde.
    Ich stand auf und schaute Curio an. "Danke für alles was du und deine Familie für mich getan hast. Ohne eure Hilfe wäre ich nicht soweit gekommen. Dies werde ich nie gut machen können. Mögen die Götter bei euch bleiben." Dies war von mir ehrlich gemeint und ich hoffte es würde auch so aufgenommen. Jetzt musste ich aber gehen.

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