Als sie den Raum betrat, staunte Alpina, wie schön Runa alles arrangiert hatte. Da es zu dieser Jahreszeit kaum mehr blühende Pflanzen gab, hatte die Freundin den Raum mit Girlanden aus bunten Blättern, Hagebutten und anderen farbigen Früchten sowie immergrünen Zweigen geschmückt. Auch der Hausaltar, das Lararium, war mit ebensolchen Girlanden geschmückt. Alles war für das Reinigungsritual, das Opfer an die Lares und Manes und die feierliche Namensverkündung vorbereitet.
Im angrenzenden Triclinium war alles für ein kleines Prandium gerichtet, das im Anschluss an den rituellen Teil des Familienfestes, vorgesehen war.
Alpina strahlte. Auch wenn ihr Körper noch nicht ganz wieder die schlanke Silhouette zeigte, wie vor ihrer Schwangerschaft, trug sie bereits wieder ihre raetische Tracht, in der sie sich besonders wohl fühlte und auf die sie bei diesem feierlichen Anlass auch nicht verzichten wollte. Über der dunkelgrünen, langärmligen Tunika, fiel die hellgrüne Übertunika in einem tiefen Bausch. Über diesem hing der mit Bronzeplättchen versehene Gürtel weit herab und endete in einigen klimpernden Talismanen. Zwei große Flügelfibeln fixierten die Übertunika auf dem Untergewand. Eine zierliche Gliederkette verband die traditionellen raetischen Fibeln vor der Brust. Das Haar trug sie hochgesteckt.
Mit stolz geschwellter Brust trug Alpina ihre in ein Wolltuch gewickelte Tochter ins Atrium. Ihr erster Blick galt Corvinus, der an der Seite seines Bruders Cornutus stand. Dann wanderte er hinüber zu Curio und Runa, den Schwiegereltern sowie zu Lana. Sie grüßte alle mit einem freundlichen "Salvete!"
Die anwesenden Sklaven bedachte Alpina mit einem begrüßenden Lächeln.