Hauptverhandlung IUD PUB XI/DCCCLXV - Lucius Papirius Ocealla vs. Marcus Papirius Salonius


  • IUDICUM PUBLICUM



    ANTE DIEM III ID NOV DCCCLXV A.U.C. (11.11.2015/112 n.Chr.)


    WIRD DER FALL


    LUCIUS PAPRIUS OCELLA


    GEGEN


    MARCUS PAPIRIUS SALONIUS


    VOR DEM IUDICUM PUBLICUM IM ANKLAGEPUNKT


    MORD


    VERHANDELT.


    ______________________________________



    IUDEXP RIOR


    KAESO ANNAEUS MODESTUS


    IUDEX


    APPIUS AQUILIUS BALA CAESAR


    TITUS SCRIBONIUS CLASSICUS




  • Nach einigen sehr anstrengenden Tagen war es nun endlich so weit, die Hauptverhandlung stand an.


    Anstrengend aus zwei gründen, ich hatte jeden Tag damit zu tun, dass mein Mandant seine Auflagen erfüllte und die Recherche über den Fall kostete nun eben auch seine Zeit.


    In dem ganzen Trubel gingen dann auch noch die Verkaufspläne meines Erbes unter und auch an eine baldige Abreise, von Roma, war in weite ferne gerückt. Auch wenn ich mich nach zu Hause sehnte, denn momentan hauste ich, förmlich unter Erbärmlichen umständen.


    Wir waren pünktlich, ausgeschlafen und gut gekleidet zur Hauptverhandlung erschienen und ich war bereit diese Schlacht zu führen.

  • Ich war nervös. Angespannt. Angstschweiß klebte an meinen Händen. Der Tag der Verhandlung war da. Heute entschied sich, wie es weiterging mit ihm. Dem Mann, der auch mich damals um ein Haar umgebracht hatte. Heute sah ich ihn wieder. (Wenn er es war.) Und ich hatte großen Bammel davor.
    Deshalb ging ich auch nicht gleich rein in den Verhandlungssaal. Ich blieb lieber noch einen Moment davor stehen. Ein halbes Dutzend meiner Leibwächter (Fortuna sei Dank, dass ich mir die als Neureicher leisten konnte) versuchte meine Furcht zu bändigen. So richtig sicher fühlte ich mich hier trotzdem gerade nicht. Nicht wenn ich diesem mutmaßlichen Mörder gleich wieder so nah wäre, wie in dieser einen Nacht, in der ich fast gestorben wäre....


    Tausend Fragen spukten in meinem Kopf. Würde der Kerl heute untergehen? Oder hatte er einen guten Verteidiger, der ihn mit perfekter Rhetorik aus der Sache raushaute? Saß überhaupt der Richtige auf der Anklagebank? Und wer war der Ankläger? War der in der Lage, den mutmaßlichen Mörder hier und heute dingfest zu machen? Lauter Fragen, keine Antworten.
    Aber: Weder der Ankläger noch der Verteidiger hatten bisher den Versuch unternommen, mich an meinem Arbeitsplatz oder in meinem Haus aufzusuchen und mit mir zu sprechen. Und das sprach in meinen Augen für keinen der beiden. Keiner zog alle Register. Keiner tat wirklich alles, um zu gewinnen. Keiner versuchte mich zu überzeugen, dass hier der Falsche angeklagt wurde. Keiner versuchte mich zu überzeugen, dass es der Richtige war. Keiner war augenscheinlich der Meinung, dass wäre wichtig genug. Keiner war augenscheinlich der Meinung, ich wäre wichtig genug. Vielleicht be-lastete meine Aussage den Angeklagten und irgendwer brachte mich morgen aus Rache um. Vielleicht ent-lastete meine Aussage den Angeklagten und ich wurde auch morgen umgebracht. Die Angst, ich könnte einen anderen der Tat belasten, als Motiv.


    Aber wen kümmerte es schon, was aus mir wurde? Ich begann, ein kleines Stoßgebet zu flüstern. Denn den Paragraphenreitern war ich sichtlich egal. Aber Fortuna.. sie hatte mir ein reiches Erbe geschenkt. Sie hatte in dieser einen Nacht den Mörder vertrieben. Sie hatte mein Leben gerettet. Ihr war ich nicht egal. Ich versprach ihr ein großes Opfer, wenn dieser ganze Alptraum hier nur erst vorbei wäre....

  • Der Tag war gekommen und Scato, nun mitten im Wahlchaos, hatte alle Hände voll zutun. Doch die Verhandlung war natürlich wichtig und so hatte auch er sich richtig rausgeputzt und auch seinem Klienten noch einmal neue Kleidung, eine schicke Rasur und einen neuen Haarschnitt spendiert. Der Eindruck zählte, und Scato wollte sicherstellen dass dieser gut sein würde..


    Der Kläger würdigte den Angeklagten keines Blickes, aber der Ehre und dem Anstand gebührte es dass der Flavius den Verteidiger begrüßte..
    "Atius. Es freut mich dich an diesem Tag zu sehen. Ich hoffe doch du hast dich gut vorbereitet?" floskelte der Flavier höflich und grinste während er den Saal betrat.

  • Am Tisch der Schreiber wurde auch schon gearbeitet. Gemeinsam mit zwei weiteren, die im Gegensatz zu Severus nicht an der ersten Anhörung teilgenommen hatten, ordnete und sortierte der Helvetier alle den Schreibern vorliegenden Tabulae und ging nochmal die bisherigen Informationen durch. Grade in solchen Angelegenheiten musste der schriftliche Teil vollständig sein für den Fall, dass es eine Anfechtung des Urteils geben würde. Daher war man am Schreibertisch bestrebt, schn etzt Ordnung zu schaffen, da sie während des Prozesses kaum dazu kommen würden.


    Causa L. Papirius Ocella v. M. Papirius Salonius
    (Umfang: _______Tabulae)



    Delikt Vatermord an Gaius Parpirius Veratius (Priorität: hoch!)


    Kläger L. Papirius Ocella
    wohnhaft: Casa Papiria, Pyrgi


    vertreten durch C. Flavius Scato p. s.
    wohnhaft: Villa Flavia Felix, Mons Quirinalis


    Angeklagter M. Papirius Salonius
    wohnhaft: Casa Papiria, Mons Esquilinus


    vertreten durch Advocatus Marcus Atius Nerva
    wohnhaft: Casa Atia, Mons Viminalis


    Status
    I - Erste Anhörung
    II - Hauptverhandlung ANTE DIEM III ID NOV DCCCLXV A.U.C.



    ad I
    1. Die Cohortes Urbanae werden angewiesen, den Prozessparteien alle notwendigen Unterlagen zugänglich zu machen.
    2. Der Angeklagte wird nicht arretiert. Stattdessen hat einen Eid auf Iuppiter Optimus Maximus zu leisten, dass er die Stadt nicht verlässt, bis das Verfahren abgeschlossen ist. Zum Nachweis dazu hat er sich täglich bei IIIvir Capitalis M. Cornelius Lartius anwesend zu melden. Versäumt er dies, wird er arretiert.


    Tabula I



    ad II
    Iudex Prior: Praetor K. Annaeus Modestus
    Iudices: App. Aquilius Bala Caesar; T. Scribonius Classicus


    Der Prozess wird mit der Zustimmung der Götter pünktlich eröffnet.


    Die Anklage fordert die Todesstrafe, da der Angeklagte seinen Vater in einem Anflug aus Gier und niederen Motiven getötet habe.


    Die Verteidigung betont die Geltung von Recht, Gesetz, Wahrheit und Beweisen.


    Erster Zeuge der Anklage: Centurio Cohortis Urbanae Aulus Iunius Avianus
    (Anmerkung: Ermittlungsbericht liegt den Akten in Abschrift bei)
    -


    Tabula II



    Sim-Off:

    Wird regelmäßig erweitert.


  • Wir schritten zu unserem Platz. Natürlich wurde mein Mandant von seinem Onkel nicht eines Blickes gewürdigt und wäre die Natur nicht so, wie sie wäre, zwischen denen zwei würde es hier und jetzt schneien.


    Dennoch wurde ich, wie es sich normalerweise gehörte zumindest vom gegnerischen Advocato gegrüßt. Doch, gelernt ist gelernt, hielt ich meine Antwort knapp.


    "Wir werden sehen Flavius."


    Es konnte eine schnelle Verhandlung werden, wenn hier so verhandelt wird wie in der Provinz oder ein interessante Verhandlung mit höhen und tiefen. Ich war gespannt. Vor allem im Anbetracht, dessen ich im Schatten meines Vaters stand. Was mir äußerst unangenehm war. Wie hoch war die Erwartung der Anwesenden. Konnte ich überhaupt so gut sein, wie er einst war?

  • Beinahe wusste ich selbst nicht, was ich heute hier machte bei dieser Klage von Namenslos vetreten durch einen Flavius versus Namenlos vertreten durch Namenlos. Um den Fall selbst ging es mir also bestimmt nicht. Der war so brisant und spannend wie ein umgefallener Getreidesack im Hafen von Alexandria. (Auch wenn es in der Vergangenheit ja doch auch Fälle von Namenlos versus Flavius gab, denen man damals besser sehr viel mehr Bedeutung beigemessen hätte! Aber gut. Das war jetzt nicht mein Punkt.)


    Warum also war ich nun hier? Offiziell wollte ich natürlich meinen Lieblingsonkel Kaeso unterstützen, der heute hier den Vorsitz in diesem Prozess hatte. Und wie auch immer er am Ende hoffentlich für den Patrizier entschied (was für ein Skandal wäre es, wenn der Flavius gegen diesen Namenlosen verlor!), würde ich diese Entscheidung loben, feiern und für recht, gerecht und richtig befinden. Denn, und da kam ich jetzt zu meinem inoffiziellen Anwesenheitsgrund, immerhin hätte auch der gute Aquilius Caesar an der Urteilsfindung seinen Anteil gehabt.


    Weil ich mit meinem großen Schwangerschaftsbauch nicht in die hinteren Reihen passte (ich versuchte es erst gar nicht, um mir die bittere Schmach der Erkenntnis zu ersparen), platzierte ich meine zwei Sitzkissen also in vorderster Front.. und so, dass ich von dort aus auch immer einen guten Blick auf den Caesar haben würde.. und natürlich auf meinen geliebten Onkel, versteht sich. Dort setzte ich mich dann also in die erste Reihe (das lange Stehen ging sonst nämlich sehr stark auf den Rücken) und wartete darauf, dass der Caesar erschien.. und mein Onkel die Verhandlung für eröffnet erklärte.

  • Mittlerweile hatten sich auch einige Zuschauer und Schaulustige eingefunden, sodass die Liktoren einen Weg durch die Menge bahnen musste. Das Tribunal, das Podest auf dem die Richter Platz nehmen würden, befand sich am hinteren Ende der großen Halle der Basilica. Wie immer wurde Modestus von einem Gefolge aus engen Mitarbeitern, Klienten und Sklaven begleitet. Eine solche Verhandlung erforderte schließlich einige Vorbereitung. Zunächst wurde die Sella Curulis, der mit Elfenbein und Gold verzierte Klappstuhl ranghoher Magistrate, aufgestellt. Dann folgte eine vergleichsweise schmucklose Bank für die beiden beigeordneten Iudices. Als Scribonius Classicus eintraf, begrüßte Modestus den alten Senator freundlich. Dann wandte er sich an Sergius Plautus. "Halte dich in meiner Nähe und zu meiner Verfügung. Und achte auf die beiden Advocati. Irgendwann wirst du vielleicht auch vor Gericht auftreten müssen. Als erstes wirst du gleich vor die Basilica gehen und den Auguren fragen, wie die Zeichen stehen." sagte Modestus und nickte ihm aufmunternd zu. Der Sergier würde ein paar Schritte hinter ihm seinen Platz finden, sodass er jederzeit herbeigewinkt werden konnte.


    Als dann alle wichtigen Personen anwesend waren, gab Modestus seinem Liktor Primus ein Zeichen. Die Liktoren stampften mit ihren Fasces auf den Boden und sorgten mit dem lauten Klappern für Ruhe. Alls es still geworden war, wandte sich Modestus in lautem Tonfall an die Anwesenden. "Wir haben uns heute eingefunden um den Fall Lucius Papirius Ocealla gegen Marcus Papirius Salonius zu verhandeln. Die Anklage lautet auf Vatermord. Ich erinnere die Anwesenden daran, dass Mord mit dem Tod bestraft wird. In diesem besonderen Fall ist es Tradition, dass der Verurteilte mit wilden Tieren in einen Sack genäht und in den Tiber geworfen wird. Es handelt sich um ein schwerwiegendes Vergehen, weshalb ich von allen Anwesenden erwarte, dass sich entsprechende Gravitas zeigen." verkündete Modestus und lies seine Worte einige momente im Raum stehen, bevor er fortfuhr. "Doch bevor wir beginnen, müssen wir feststellen, ob es überhaupt dem Willen der Götter entspricht, dass wir an diesem Tag zu Gericht sitzen." Wieder machte Modestus eine kurze Pause und winkte seinen Klienten zu sich, um sich dann etwas theatralisch an ihn zu wenden. Galeo Sergius Plautus, geh zu dem Auguren vor der Basilica und Frage ihn, wie die Omen für den heutigen Tag sind."


    Sim-Off:

    Ich gehe davon aus, dass der zweite Iudex auch anwesend ist. Sobald der Spieler Zeit hat, kann er ja dazustoßen. :)

  • Still und leise hatte ich mich hier eingefunden um an dem Prozess, es ging um Mord, als Zuschauer teilzunehmen. Sowas hatte man ja auch nicht alle Tage deshalb musste ich die Gelegenheit nutzen um zumindest einmal das Treiben in einer Verhandlung zu beobachten.


    Es waren schon zahlreich Besucher anwesend und so erkannte ich nicht wirklich die Anwesenden. Meinen Platz fand ich in einer der vorderen Reihen, hinter einer jungen Frau. bei näherer Betrachtung stellte ich fest dass es sich um die Frau von Dives handelte. ich hielt mich aber zurück und verzichtete im Moment darauf die Dame anzusprechen. Wie das nun hier ablaufen würde würde ich sicher bald sehen.

  • Die an den Ermittlungen beteiligten Urbaner hatten ihre Plätze bereits eingenommen, als der Praetor seine knappe Ansprache begann. Avianus ließ recht entspannt den Blick über die restlichen Anwesenden gleiten, hatte er den Löwenteil seiner Arbeit ja bereits erledigt. Er über die Ermittlungen sprechen, ein paar Fragen beantworten, vielleicht eine Einschätzung abgeben und das war's dann. Er brauchte im Grunde nur Fakten aufzuzählen. Davon, die Untersuchungen ausreichend gewissenhaft durchgeführt zu haben, war er selbstverständlich auch überzeugt. Allerdings war er durchaus gespannt, wie die Verhandlungen ausgehen würden, denn allein anhand der Ergebnisse der Untersuchungen am Tatort ließ sich dennoch kein Urteil fällen.
    Und genau deshalb beneidete er die Advocati nicht, er konnte sich nämlich kaum vorstellen, dass einer der beiden ein absolut solides Argument vorbringen würde, welches das Urteil über den Angeklagten eindeutig machen würde. Sie mussten vorweg einschätzen, womit die gegnerische Partei aufwarten würde, mussten sich Strategien zurechtlegen und würden mit ihrer Arbeit über das Schicksal eines Mannes enscheiden.
    Und dass er selbst prinzipiell weder für noch gegen den Angeklagten war, machte die Verhandlungen für den Iunius noch ein ganzes Stück einfacher. Mit seinen Unterlagen im Gepäck und sich seiner Sache sicher, wartete er also aufmerksam ab, wie es weitergehen würde.

  • Zitat

    Modestus: "Galeo Sergius Plautus, geh zu dem Auguren vor der Basilica und Frage ihn, wie die Omen für den heutigen Tag sind."


    Ein Auspicium? Plautus war etwas konsterniert. Es würde lange dauern bis er den Weg zum Arx zurückgelegt hätte, und noch länger bis dann der Augur seine Zeremonie dort oben durchliturgiert hätte. Das würde die Verhandlung ein recht großes Weilchen aufhalten. Er blickte kurz fragend zu Modestus. Obendrein hatte der kleine Plautus ja nicht das Recht, so mir nichts dir nichts ein Auspicium einzuholen. Mit einem leichten Schulterzucken sagte er sich aber, dass Modestus den Auguren vermutlich schon vorab beauftragt hatte und dass dieser dann auch vor der Basilica zu finden sei.


    Er machte sich auf den Weg.

    ~~~~~


    Es hatte, den Göttern sei Dank, nicht lange gedauert. Plautus ging in die Basilica zurück. Dann aber ein langer Weg bis zur Sella Curulis, die Halle war doch ziemlich groß. Er stellte sich vor das Podest und verkündete:


    "Die Omen für den heutigen Tag sind günstig. Die Götter haben gute Zeichen gesandt."

  • Appius Aquilius Bala war zusammen mit dem vorsitzenden Iudex Kaeso Annaeus Modestus und dem dritten Iudex Titus Scribonius Classicus in der Basilica erschienen. Ihn begleiteten natürlich einige Männer der Cohortes Praetoriae, die sich allerdings etwas im Hintergrund hielten, damit die Aufmerksamkeit während der Verhandlung nicht zu sehr von den Prozessparteien und der Richterbank abgelenkt wurde. Beim Blick auf besagte Richterbank verzog der Caesar kurz das Gesicht. Er hatte sich einen bequemeren Platz erhofft, denn er rechnete damit, sich heute den Hintern plattzusitzen. Das konnte man auf einem gepolsterten Stuhl mit Rückenlehne besser als auf einer schlichten Bank. Nun, er nahm es wie ein Mann und setzte sich einfach hin. Später konnte er dem Annaeus immer noch verdeutlichen, dass er beim nächsten Mal gefälligst eine angemessene Sitzmöglichkeit forderte. Würde er jetzt darauf beharren, hielte das ja doch nur den ganzen Betrieb auf und man würde ihn ein Weichei nennen. Nein, das wollte Bala sich nicht erlauben!


    So nahm der Caesar auf der Richterbank platz und nahm eine würdevolle Pose ein, während Annaeus die Sitzung eröffnete. Zunächst wurde der Wille der Götter erfragt, der positiv ausfiel. Bala atmete erleichtert aus, die erste Hürde war genommen. Neugierig musterte er indessen die Parteien und deren Advocati. Das einfache Volk im Publicum würdigte er in Anbetracht seines Standes zunächst nicht eines Blickes.

  • Modestus nickte zufrieden, als er die Verlautbarung des Sergiers hörte. Die Götter waren wohlgestimmt und der Prozess konnte beginnen. Das hatte er mit dem Auguren Quintus Traulius Volusus auch so vereinbart, denn der schuldete ihm noch einen Gefallen. An dem Tag wo der Caesar zur Gericht saß, sollte es keine unnötigen Störungen geben. Bei dem Gedanken wandte sich Modestus auch zu den beiden anderen Iudices, die auf dem Subsellium bei ihm saßen. Die Bank war nach der Sella Curulis eine der prestigeträchtigsten Sitzgelegenheiten Roms. Eigentlich sonst plebejischen Aedilen und Volkstribunen vorbehalten. Und genauso unbequem wie seine Sella Curulis. Weder Armstützen noch Rückenlehnen hatten die Väter der römsichen Republik ihren Würdenträgern gegönnt. Wer so unbequem saß, würde einen Prozess nicht unnötig in die Länge ziehen und schnelle Urteile fällen. Das war zumindest die einzige Theorie zur Gestaltung der Sitzmöbel, die Modestus am Ende seines zweiten Jahres als Praetor Urbanus für glaubwürdig hielt. "Ich denke dann können wir direkt mit dem Kläger beginnen." meinte Modestus leise zu dem Scribonius und dem Caesar. Dann wandte er sich lauter an die versammelte Menge und an seinen Klienten. "Ich danke dir, Sergius. Dann ist die Verhandlung hiermit eröffnet. Caius Flavius Scato, als Advocatus des Lucius Papirius Ocella hast du das Wort."

  • Nach seiner Ansage über die günstigen Omen nahm Plautus wieder seinen Platz hinter den Richterbänken ein. Von hier aus konnte er des Geschehen in der Basilica, die Richter, Anwälte, den Angeklagten und das Publikum gut überschauen. Er begann aber erst einmal, die Fakten, die ihm bis dato bekannt waren, durchzudeklinieren. Der Tathergang war ihm aus den Unterlagen ja mehr oder weniger geläufig. Gänzlich unklar war ihm aber, weshalb man jetzt den Papirius Salonius auf die Anklagebank gezerrt hatte. Er kannte den Mann nicht und die Feststellungen der Urbaner ließen nicht im geringsten darauf schließen, dass er der Mörder war oder sein sollte.


    Da entdeckte er im Publikum Sergia Fausta. Sie saß, wie kaum anders zu erwarten, in der ersten Reihe. Die bucklige Verwandschaft war also auch da. Bucklig hin, bucklig her, Plautus hob, als Fausta mal herschaute, den digitus salutaris, zumal der Ankläger, dem grade das Wort erteilt worden war, immer noch zögerlich herumhüstelte.


    Dann kehrten seine Gedanken zurück zu dem Angeklagten und der Frage, weshalb das Schicksal gerade ihn auf die Anklagebank gebracht hatte.


    Er war gespannt darauf, dies aus dem Plädoyer des Anklägers zu erfahren.

  • Scato nahm das Stichwort des Praetors auf und erhob sich sogleich um die anwesenden an seiner Redekunst teilhaben zu lassen..


    "Werte anwesenden, werte Bürger Roms."
    Begann er und ging einen Schritt, "Wir haben uns im Grunde hier heute versammelt um über die Anwendung des §73 des Codex Iuridicialis zu verhandeln, und den Mord am geliebten Bruder meines Klienten Lucius Papirius Ocella aufzuklären. Doch es geht hier doch nicht primär um Gesetze und Regeln, welche natürlich ihre Berechtigung haben, denn ohne sie würde unser großes Imperiums nicht funktionieren."
    Erneut setzte er eine Kunstpause an..
    "Es geht uns doch vor allem um Gerechtigkeit! Gerechtigkeit für ein vergehen welches so schändlich ist dass nur der Tod die richtige Bestrafung sein kann! Der Angeklagte hat in einem Anflug aus Gier und niederen Motiven seinen armen Vater, mögen die Götter die ihn schützen, umgebracht und in hilflos in der Gosse zurückgelassen um elendig zu sterben! Diese Tat, so kaltblütig und niederträchtig, muss bestraft werden, denn die Beweise für die Verurteilung werde ich vorbringen können."


    Natürlich konzentrierte sich Scato erst einmal darauf die Stimmung gegen den Angeklagten kippen zu lassen bevor er seine Beweise brachte. Der Kerl war ein Vatermörder, allzu große Sympathiepunkte würde er also so oder so nicht auf dem Konto haben.


  • Möge das Spiel beginnen, hallte es mir durch meinen Kopf, als mein Gegenspieler sein Anfangsplädoyer zum Besten gab.


    Es war kurz und knackig und alleine deshalb war ich ihm dankbar. Denn ich hasste dieses unnötige Dekor am Anfang einer Verhandlung. Für mich galten einzig und alleine die Beweise, die zur Wahrheitsfindung führten und nicht das Gelaber reicher Männer.


    Ich wartete also nun darauf selbst aufgerufen zu werden, um mein eigenes Verschen aufsagen zu können. Damit es endlich zur Sache ging. Und ich war gespannt, so gespannt auf dieses Spiel, diesen Kampf.

  • Klar, dass der Ankläger erst einmal dem Pathos, also der aristotelischen Tränendrüsenmassage huldigte. Das war er doch seinen Zuhörern schuldig. Aber Plautus hatte da etwas Saftigeres erwartet.


    Verstohlen schüttelte er seinen Kopf. Für die in der paternalistischen römischen Gesellschaft oft von der patria potestas gefolterten Söhne Roms gab es genügend Motivationen zu einem Vatermord. So verlockend dieses Tatmotiv, umso schärfer waren aber auch die Strafen, die der Gesetzgeber für derartige Fälle vorgesehen hatte. Lange Zeit hatte man ein parricidium sogar für gänzlich undenkbar gehalten. Jeder Anwalt hätte aus diesem Gegensatz leicht die Wucht für ein leidenschaftliches Plädoyer abschöpfen können. Dass der Vertreter der Anklage nur ein mäßiges Quäntchen dieser Kraft in seine Rede einfließen ließ, kann man vielleicht seinem Respekt vor dem hohen Gericht zuschreiben. Nein, wenn der Angeklagte tatsächlich schuldig war, dann hatte der seinen Vater nicht aus läppischer Gier und niederen Motiven um die Ecke gebracht, sondern weil er dessen ewiges Reinreden satt hatte.


    Noch eins ging ihm durch den Kopf: Ganz ohne Bemerkung konnte man die Meinung des Anklägers, dass es hier um Gerechtigkeit ginge und nicht primär um Gesetze, keinesfalls durchgehen lassen. Denn niemand kann für eine Tat verurteilt werden, für die im Gesetz keine Strafe vorgesehen ist. Alles andere wäre ungerecht.


    Plautus machte sich entsprechende Notizen.

  • Modestus lauschte den Ausführungen des Anklägers mit stoischer Miene. Als Praetor Urbanus hatte er die Fakten abzuwägen und sich nicht von reiserischen Reden mitreisen zu lassen. Zumindest sagte er sich das immer bei den langweiligen Gerichtsrednern. Dies war hier aber nicht der Fall. Aber große Überraschungen hatte es auch nicht gegen. Aber das konnte ja noch kommen. Anschließend sah Modestus in Richtung des Anklagten. "Dann erteile ich nun Marcus Atius Nerva, Advocatus des Angeklagten Lucius Papirius Salonius, das Wort." Was der Atier wohl entgegnen würde? Und ob er wohl ein Verwandter seines Klienten war?

  • Der Caesar erschien, der göttliche Wille zur Verhandlung wurde eingeholt, mein Onkel eröffnete die Verhandlung und sein Gehilfe grüßte mich aus der Entfernung. Ich grüßte mit einem schmalen Lächeln zurück und neigte dabei kurz meinen Kopf. Dann konzentrierte ich mich aber lieber wieder auf den Caesar.. der mich hier in der ersten Reihe allerdings scheinbar noch nicht entdeckt hatte.. sodass ich dann also notgedrungen mal hörte, was der Flavius so erzählte.


    Ich erfuhr: Der Flavier war der Patron des Klägers, er ging von Mord (und nicht etwa Totschlag) aus und er sah in dem angeklagten Sohn des Getöteten den Täter. Außerdem erfuhr ich (und zog dabei sehr überrascht die Augenbrauen empor): Er gab offenbar nicht besonders viel auf unser römisches Recht. Denn genau das sagte er ja: Es ginge ihm nicht um Regeln und Gesetze, es ginge ihm stattdessen um Gerechtigkeit. Oder mit anderen Worten: Er fand unsere römischen Gesetze nicht gerecht. Ob das wohl meinem lieben Onkel so gefiel? Hm.


    Aber auch im zweiten Teil der Rede überzeugte mich die Strategie der Anklagevertretung jetzt nicht besonders. Denn der getötete Vater wurde als arm bezeichnet und hilflos. Und das waren beides keine großartig guten Eigenschaften für einen Vater. Vielleicht war der Kerl ein Nichtsnutz gewesen, arm, hilflos, untalentiert und zu nichts zu gebrauchen. Vielleicht hatte er es am Ende einfach verdient, der Familie und der Gesellschaft nicht länger eine Last zu sein? - Nein. Mitleid war für mich kein Argument, für irgendwen Partei zu ergreifen oder mich mitreißen zu lassen. Nie. (Hoffentlich setzte die Gegenseite nicht auf das gleiche Pferd. Sonst wurde das hier ganz schnell eine ganz schön trostlose Nummer.)


    Ein bisschen sorgenvoll (nicht dass der Flavier am Ende hier wirklich noch gegen diesen "Unbekannt" verlor!) sah ich rüber zur Verteidigerseite. Mal sehen, was von da so kam..


  • Nun war ich an der Reihe mit dem Gerichtsvorweggeschwafel. Ich hatte mir fest vorgenommen es kurz zu halten damit recht schnell die Phase der Beweisaufnahme und Zeugenbefragung begann.


    "Verehrte Anwesende,


    wir alle haben uns hier und heute versammelt um der Wahrheit geltung zugeben, und unseren Gesetzen, auf denen das Imperium beruht, Raum zu schaffen.


    Denn wir urteilen nicht auf Grundlage der Gefühle eines Einzelnen oder der bloßen Aussage eines Onkels, sondern wir Urteilen aufgrund von Fakten, Beweisen und im Sinne unserer Gesetze, die wir das Volk uns geben."


    Ich holte kurz Luft und musste der Akustik hier vor Ort, Ihren Respekt zollen.


    "Egal wie diese Verhandlung ausgeht,


    die Entscheidung über einen weiteren Tod,


    am ende werden wir immer in die hässliche Fratze des Verrats blicken."


    Damit schloss ich mein Anfangsplädoyer und ging zurück zu meinem Platz

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