Hauptverhandlung IUD PUB XI/DCCCLXV - Lucius Papirius Ocealla vs. Marcus Papirius Salonius

  • Bislang war der Prozess noch recht unspektakulär, wenn er bedachte, welch ein spektakuläres Verbrechen hier begangen worden war. Wie erwartet gab es die göttliche Zustimmung durch das augurische Auspicium (alles andere wäre unpraktisch gewesen). Danach folgten die Eröffnungsreden der beiden Parteien, die ebenfalls ungewöhnlich sachlich ausfielen. Grade in einem solchen Prozess, der ja nicht nur wegen der Besetzung, sondern auch des Verbrechens wegen, das hier verhandelt wurde, hatte er eigentlich mehr... Effekt erwartet. Stattdessen betonte der Flavier, dass es hier nicht um Gesetze ginge, während der Atier grade den Wert der Gesetze betonte, auch wenn er dabei die Rolle des Volkes deutlich überbewertete und - pikanterweise - den Senat komplett links liegen ließ. Stand da etwa ein neuer Popularer, der am liebsten die Bedeutung der Volksversammlung anheben wollte?


    Viel Zeit, darüber nachzudenken blieb Severus nicht, denn schließlich war es ja seine Aufgabe, die Kernforderungen der Prozessparteien mitzuschreiben.

  • Zitat

    Nerva: "Egal wie diese Verhandlung ausgeht, die Entscheidung über einen weiteren Tod, am ende werden wir immer in die hässliche Fratze des Verrats blicken."


    Zufrieden nahm Plautus zur Kenntnis, dass der Atier den Zusammenhang zwischen Recht und Gerechtigkeit wieder klargestellt hatte.


    Unzufrieden war er aber über die kryptischen Worte, die der Atier dieser Feststellung folgen ließ. Was der Typ da gesagt hatte, besaß allenfalls die Aussagekraft eines delphischen Orakels, das man so oder so oder eben auch ganz anders auslegen konnte.


    Da orakelte er unbekümmert über einen 'weiteren Tod', was man als Vorhersage über den Prozessausgang deuten konnte: Todesstrafe. Das offenbarte doch eventuell, welche Verteidigungsstrategie er wohl gewählt haben könnte.


    Die 'Fratze des Verrats' ließ Plautus erst mal unter den Tisch fallen. Das klang nach aufregenden, sensationellen Enthüllungen, die in der Beweisaufnahme vielleicht noch zutage treten könnten und sollte wohl die Spannung im Gerichtssaal erhöhen.


    Man würde sehen.

  • Modestus lauschte auch dem Atier aufmerksam und nickte. Beweise waren immer gut, wenn man sie den hatte. Oft genug artete ein Prozess in eine Schlammschlacht aus bei dem die beiden Parteien ein möglichst schlechtes Licht von einander präsentierten, um die Richter zu von ihrer Sache zu überzeugen. Fakten waren ihm da ganz recht, auch wenn dies vielleicht nicht ganz so spektakulär sein würde. Mit dem Caesar als Iudex, wollte er natürlich am liebsten einen Fall an den man sich noch in vielen Jahren erinnerte. Große Fragen gab es offenbar nicht. "Nachdem die Eröffnungsreden nun beendet sind, kommen wir zur Probatio. Der Ankläger hat nun die Möglichkeit Zeugen und Beweise einzubringen, die die Schuld des Angeklagten untermauern." verkündete Modestus und sah zu dem Flavier. Er wusste nicht, wie dessen Strategie aussah. Ob er die Urbaner gleich einbringen würde?






    PRINCEPS FACTIONIS - FACTIO ALBATA

  • Ein wenig zu dramatisch fiel die knappe Rede des Flaviers aus, zumindest für den Geschmack des Iunius. Da lächelte er trotz der ernsthaften Stimmung im Saal sogar ein wenig vor sich hin. Seit wann ging es bei Gerichtsverhandlungen nicht um Gesetze. Gerechtigkeit war stets subjektiv, davon hatte jeder eine eigene Vorstellung, vollkommen anders als Gesetze. Nein, sie waren nicht hier um irgendwelche subjektiven Vorstellungen von Gerechtigkeit durchzusetzen, sondern die geltenden Gesetze. Allerdings hatte der Iunius das Glück, dass sich zumindest in diesem Fall seine eigenen Ansichten von Gerechtigkeit mit den Gesetzen des Reiches übereinstimmten. Ein Vatermörder verdiente den Tod. Blieb nur abzuwarten, ob diese Anschuldigungen auch der Wahrheit entsprachen. Dementsprechend neugierig war er, welche Beweise der Patrizier für seine Anschuldigungen vorzubringen gedachte.
    Darauf folgte das Anfangsplädoyer des Atius, zumindest etwas nüchterner, aber ebenso knapp. Avianus sollte es recht sein. Die wirklichen Verhandlungen fingen ja erst noch an, und da würde dann sicherlich noch genug geredet. Er verblieb weiterhin bequem auf seinem Platz und sortierte derweil seine Unterlagen. Immerhin wurde nun wieder dem Flavier das Wort erteilt, es würde anschließend sicherlich nicht mehr lange dauern, bis eine Erklärung der Ermittlungen oder auch seine Einschätzung gefragt wäre und dann wollte er nicht eine halbe Ewigkeit lang die richtige Tabula suchen müssen. Noch immer war er recht entspannt und musste zugeben, er hatte sich alles ein wenig ... aufregender vorgestellt. Gut für ihn, würden die Verhandlungen aufregender ausfallen, geriet er vermutlich nur ins Stottern, sobald er an der Reihe war.

  • Natürlich kannte der Praetor die Strategie nicht, aber Scato hatte ein Ass im Ärmel. Dieses würde er aber erst später vorbringen und beließ es erstmal mit den weniger dramatischen Auftritten und den Urbanern, eine Truppe die er selbst noch nie sonderlich auf dem Schirm gehabt hatte..
    "Werte Bürger, ich rufe den..." kurz schaute er in seine Unterlagen, "Centurio Cohortes Urbanae Aulus Iunius Avianus als Zeuge auf. Er möge sich bitte melden." sagte Scato laut und deutlich und schaute den Haufen Zeugen an. Natürlich hatte er keine Ahnung welcher der Burschen der Centurio war, aber er war sich sicher dass dieser bereits ein wenig Licht ins dunkle bringen würde.

  • Da hörte Avianus auch schon seinen Namen genau so wie er es erwartet hatte. Die Tabulae, darunter auch der ellenlange Untersuchungsbericht ...



    Ermittlungen
    zum Mord an Papirius Veratius

    ANTE DIEM IV NON SEP DCCCLXV A.U.C. (2.9.2015/112 n.Chr.)


    durch den zuständigen Centurio Aulus Iunius Avianus


    Beteiligte Milites
    Manius Triarius Seianus
    Publius Matinius Avianus
    Kaeso Visellius Acidinus
    Nero Numicius Mensor
    Sextus Carnulius Barba
    Appius Rabuleius Caprarius
    Potitus Fannius Vargula


    und außerdem
    Tiro Titus Octavius Frugi



    Die Korrektheit der nachfolgenden Informationen zum Verlauf der Untersuchung, vorgefundenen Beweisen und Indizien sowie Zeugenaussagen bestätigt hiermit der zuständige Offizier:


    Aulus Iunius Avianus
    CENTURIO COHORTIUM URBANARUM
    COHORS XII · CENTURIA III


    [Blockierte Grafik: http://i60.tinypic.com/33ngok3.jpg]



    I. Ablauf der Untersuchung


    ANTE DIEM IV NON SEP DCCCLXV A.U.C. zwischen hora nona und decima wurden der Centurio und das ihn begleitende Contubernium an Soldaten während einer routinemäßige Patrouille auf ungewöhnlichen Lärm in einer Seitengasse des Clivus Suburanus aufmerksam gemacht. Nach näherer Untersuchung ebenjener Seitengasse, wurde diese durch vier der Milites sofort abgeriegelt, da ein schwerwiegendes Verbrechen nicht auszuschließen war, und um mögliches Beweismaterial zu sichern. Der Tatort blieb für eine erneute Untersuchungen nach Sonnenaufgang bis zum nächsten Tag von Soldaten der Cohortes Urbanae überwacht.


    Am Tatort wurden der Leichnam des Papirius Veratius, die unter Abschnitt II aufgelisteten Beweismaterialien und der Zeuge Marcus Artorius Rufinus vorgefunden, dessen Aussagen unter Abschnitt III festgehalten sind.
    Im Anschluss an die Untersuchung des Tatorts und eine vorläufige kurze Befragung des Zeugen wurden der Leichnam und Beweismaterialien in die Castra Praetoria transportiert. Der Zeuge Artorius Rufinus wurde zur ausführlicheren Befragung und um eventuelle Schuld oder Mitschuld am Mord auszuschließen, ebenfalls in die Castra Praetoria gebracht, und später von Soldaten der Cohortes Urbanae zu seinem Wohnsitz begleitet.


    Zusätzlich wurde während der Ermittlungen ein Peregrinus mit Namen Gefax festgenommen, der die Straßensperre zu passieren versuchte, was von Miles Triarius Seianus verhindert wurde, woraufhin Gefax den Miles angriff.



    II. Sichergestellte Beweismaterialien und Indizien, dazu Einschätzungen des ermittelnden Offiziers:


    - Aufgrund mehrerer Stichwunden im Brust, Bauch und Hals, zugefügt vermutlich durch einen Pugio, kann ein Unfall ausgeschlossen und von einem Mord ausgegangen werden.


    - Neben zahlreichen Stichwunden wurde eine leichte Schürfwunde im Halsbereich gefunden, deren Herkunft durch das Entreißen einer Halskette oder ähnlichem, wie vom Zeugen Artorius Rufinus beobachtet (Abschnitt III), erklärt werden könnte.


    - Der Leichnam war bei Ankunft der Cohortes Urbanae noch nicht ausgekühlt.
    Es ist davon auszugehen, dass das Opfer nur kurz zuvor starb, was mit den Aussagen des Zeugen Artorius Rufinus unter Abschnitt III übereinstimmt.


    - Die am Tatort vorgefundenen Blutspuren lassen rasches und gezieltes Handeln des Täters vermuten, welches dem Opfer keine Zeit zur Flucht oder zu übermäßiger Gegenwehr ließ. Sie legen nahe, dass von dem Opfer nach Verwundung durch den Täter keine erwähnenswerten Bewegungen ausgingen bzw. es nach seinem Tod nicht oder kaum bewegt wurde.


    - Das Opfer trug eine Wachstafel adressiert an Papirius Veratius bei sich, mit dem Inhalt, dass es in der Bäckerei des Opfers einen Unfall gab und Papirius dort gebraucht wurde.
    Aufgrund des Inhalts des Briefs und nachfolgenden Indizien liegt der Verdacht nahe, dass Papirius Veratius auf dem Weg zu seinem Betrieb ermordet wurde bzw. starb:
    · Ungewöhnliche Urzeit, zu der das Opfer die Subura durchquerte
    · Keine Anzeichen auf Alkoholkonsum, einen Tavernen- oder Lupanarbesuch


    - Das Opfer trug einen goldenen Siegelring, der seine Identität als Gaius Papirius Veratius bestätigt.


    - Das Opfer trug einen Geldbeutel bei sich.
    Es ist davon auszugehen, dass der Täter entweder keine Zeit hatte, sein Opfer auszurauben, oder aber gar nicht die Absicht hatte, dies zu tun.



    III. Befragung des Zeugen Marcus Artorius Rufinus


    Bereits vor Ort in der Subura wurde eine kurze Befragung des Zeugen vorgenommen:
    Marcus Artorius Rufinus, Stationarius des Cursus Publicus, befand sich nach eigener Aussage auf dem Weg in die Domus Artoria, nachdem er an der Feier eines Freundes teilgenommen hatte, als er Stimmen aus der Seitengasse hörte und anschließend einen Kampf zwischen Papirius Veratius und dem in einen Mantel gehüllten, angeblichen Täter beobachtete, der einen Dolch bei sich trug. Beim Versuch, an der Gasse vorbeizueilen stolperte er und fiel, woraufhin er von dem bewaffneten Mann bemerkt wurde. Nach Aussage des Zeugen war Papirius Veratius zu diesem Zeitpunkt bereits schwer verwundet oder tot. Daraufhin schrie ihn der mutmaßliche Täter an, worauf anscheinend ein Anwohner reagierte.


    Aufgrund der geistigen Verfassung des Zeugen wurde dessen erste Befragung an dieser Stelle abgebrochen und in den Castra Praetoria fortgesetzt, wobei Artorius Rufinus nicht nennenswert von seiner ersten Aussage abwich, sich aber an folgende, weitere Einzelheiten erinnerte:
    Angeblich habe der Täter, bevor er sich Artorius Rufinus zuwandte, Papirius Veratius eine Kette oder ähnliches entrissen.
    Vermutlich bewegte ein sich lautstark beschwerender Anwohner, der einen Nachttopf aus dem Fenster warf, den Täter dazu, von Artorius Rufinus abzulassen und die Flucht zu ergreifen.


    Angesichts der Verfassung des Zeugen, seiner Kooperationsbereitschaft den Cohortes Urbanae gegenüber, fehlenden Verbindungen zwischen ihm und dem Opfer, fehlender Beweise und Indizien, die das Gegenteil vermuten lassen würden, ist anzunehmen, dass Artorius Rufinus keine Schuld oder Mitschuld am Tod des Papirius Veratius trägt.


    Der Zeuge Marcus Artorius Rufinus bestätigt hiermit die Korrektheit dieser Aussagen:

    Marcus Artorius Rufinus



    ... schob er vorerst von sich weg, erhob sich und trat vor, da er entschied, dass es doch seriöser wirkte, wenn er keine Notizen brauchte, um seine eigene Arbeit zu erklären. Außerdem hatte er den Wisch selbst geschrieben. Wenn er nicht wusste, was drinstand, wer dann?
    "Centurio Iunius Avianus, Centuria III der Cohors XII, Cohortes Urbanae", bestätigte er, "Ich leitete die Untersuchung des Tatorts." Dann wartete er ab, welche Fragen der Flavius ihm stellen wollte.
    Vermutlich keine, deren Antwort nicht in seinem Bericht zu finden wäre, aber den kannte das Publikum ja nicht.

  • Severus war ganz Ohr, denn er hatte ja ohnehin nicht viel mehr zu tun, als zu schreiben, zu schreiben und zu schreiben. Die Assistenzaufgaben nahm, entgegen seiner Erwartung, nicht er, sondern der Tiro Fori des Praetors, jener Sergier, mit dem er schon im Officium des Curator Aquarum zusammengrarbeitet hatte, wahr. Nun gut. Also musste er doch nur schreiben und so tat er nun auch genau das, als der erste Zeuge aufgerufen wurde. Der leitende Ermittler der Cohortes Urbanae, ein iunischer Centurio, den er bereits bei seinem Besuch in der Castra Praetoria kennengelernt hatte. Also landeten nun Name und Rand des Zeugen auf der Protokolltabula, während er aus dem Stapel der übrigen, sauber sortierten Tabulae auf seinem Tisch jene vier Tabulae heraussuchte, auf denen sich die Abschrift der Ermittlungsergebnisse befand, die bei dem Treffen mit den Iunier erhalten hatte. Falls der Praetor oder einer der beiden Beisitzer während oder nach der Aussage des Urbaners nochmal selbst einen Blick darauf werfen wollte, lagen sie nun hier bereit. Und natürlich, damit Severus sein Protokoll mit den dort festgehaltenen Informationen abgleichen konnte.

  • Der erste Zeuge. Iunius Avianus. Plautus war gespannt. Aber, den kannte er doch! Richtig, das war kurz nach seiner Ankunft in Roma auf dem Markt gewesen. Plautus hatte ein paar lose Worte über eine Liebestinktur eines Marktschreiers losgelassen, als ihm eine patrizische Edelschnecke einen übergroßen Kampfsklaven auf den Hals gehetzt hatte. Währenddessen absolvierte eben dieser Iunier seelenruhig einen graziösen Balztanz um zwei halbwüchsige Pfefferminzplätzchen. Welch ein Wiedersehen! Plautus lächelte in sich hinein und stellte seine Ohren auf Empfang.


    Er schaute hinüber zu dem helvetischen Scriba, der seine Tabulae in Schlachtordnung gebracht hatte und erwartungsvoll in den Saal horchte.

  • Modestus nickte nur als der erste Zeuge aufgerufen wurde und wartete, bis dieser dann auch vortrat. Der beteiligte Centurio der Urbaner war eine selbstverständliche Wahl. Immerhin würde dieser wohl einiges über den Tathergang sagen können. Oder zumindest spekulieren können. Immerhin würde er einige Erfahrung damit haben. Als der Iunier vorgetreten war und sich präsentiert hatte, wandte sich Modestus an die Anwesenden. "Das Gericht hört nun den Centurio Iunius Avianus von den Urbanern. Fahre fort, Flavius." leitete er die Befragung des Centurios ein. Selbstverständlich würde der Verteidiger danach auch noch Fragen stellen können.





    PRINCEPS FACTIONIS - FACTIO ALBATA

  • "Centurio, erst einmal bedanke ich mich für deinen Einsatz in jener Nacht, und natürlich auch für deine sonstigen Verdienste ums Reich." begann Scato und blickte noch einmal kurz auf die Wachstafeln de Falls, "Zunächst ist dein Bericht äußerst ausführlich, er wirft jedoch einige Fragen auf, oder besser gesagt: Er widerspricht dem was meine Recherchen hervorgebracht haben. Aber zunächst einmal zu den allgemeinen Fragen.." er kratzte sich kurz am Kopf,
    "Dieser Peregrinus welcher die Absperrung durchbrechen wollte, wollte er den Tatort betreten oder verlassen? Und wurde er genauer befragt? Ich meine ist es auszuschließen dass wohlmöglich er, im Auftrag des Angeklagten natürlich, die Tat begangen haben könnte und den Tatort lediglich nicht zeitig verlassen konnte?" fragte Scato erst einmal nach bevor er den Lupanar-Besitzer ins Spiel brachte, welcher dann den ersten Sargnagel in den Angeklagten hauen würde.

  • Avianus nickte zunächst nur, als der Patrizier zu sprechen begann. Von irgendwelchen Widersprüchen wusste er nichts, schließlich zählte er in seinem Bericht außer dem Zeugenbericht nur Fakten auf. Wenn also der Artorier keinen Stuss erzählt hatte, was sollte sich da groß widersprechen? Folglich machte er sich deswegen vorerst keine Sorgen und sich lieber daran, die Fragen des Flavius zu beantworten.
    "Laut eigener Aussage wollte der Peregrinus Gefax die Gasse, in welcher die Tat stattgefunden hatte, lediglich durchqueren und wusste nichts von dem Mord. Wir hatten den Tatort bereits abgesichert, als er die Gasse betreten wollte. Dass er bei der Tat anwesend war oder sie selbst begangen hat, schließe ich aus, nicht nur aufgrund seiner Aussage, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass sich an seinen Kleidern weder Spuren von Blut noch von …" Das Thema war jetzt doch etwas unangenehm. "… Urins finden ließen. Durch die zahlreichen, tiefen Stichwunden am Opfer und den vom Anwohner geworfenen Nachttopf würde ich erwarten, beides an den Kleidern des Täters vorzufinden." Die Pisse war schließlich überall gewesen ... an der Kleidung des Zeugen, am Opfer, auf dem Boden ... nur an der Kleidung des Peregrinus eben nicht. Es sei denn, der Kerl hatte sich innerhalb Minuten irgendwo in der Nähe des Tatorts umgezogen und seine alten Kleider auf wundersame Weise verschwinden lassen, nur um aus nebulösen Gründen zum Tatort zurückzukehren und den Cohortes in die Arme zu laufen, wenn es ihm weitaus mehr gebracht hätte, einfach in den Tiefen der Subura zu verschwinden. Vielleicht ein ausgeklügelter Plan? Avianus ging nicht davon aus … zu viele Lücken, zu viele Fragen. "Abgesehen davon erscheint mir eine Rückkehr des Täters zum von den Cohortes abgesicherten Tatort wenig sinnvoll."

  • Der Ankläger hatte sich mit seiner Frage, in welcher Richtung dieser Gefax gegangen war, zwar auf einen Nebenkriegsschauplatz begeben. Dennoch war diese Frage schon wichtig, zumal der Iunier in seinem Bericht den Auftritt des Gefax arg stiefmütterlich abgehandelt hatte. Und natürlich zielte sie klar darauf ab, den Kreis der Verdächtigen einzugrenzen, denn der Ankläger hatte ja vor, die alleinige Schuld dem Papirius Salonius zuzuschieben.


    Plautus wartete gespannt darauf, dass der Ankläger endlich damit herausrückte, weshalb er diesen Salonius auf die Anklagebank gezerrt hatte. Ganz offenkundig gehörte doch der Zeuge Artorius Rufinus genauso zu den Verdächtigen, auch wenn der iunische Urbaner dessen windiger Story Glauben geschenkt hatte. Und, welch klaffende Lücke bei den Ermittlungen, den Nachttopfwerfer hatte man gar nicht vernommen. Denn der befand sich ja auch zum Zeitpunkt der Tat in dieser Gasse, von deren Betreten man diesen Gefax abgehalten hatte.


    Ach ja, den Artorius Rufinus hatte Plautus auch schon mal kennengelernt. Ein Bruder Leichtfuß, vielleicht hatte der doch nicht das Zeug zum Mörder ...

  • Scato hörte sich die Ausführungen des Centurios mit einem süffisanten Lächeln an, schließlich war es doch alles ein wenig seltsam, Urin auf dem Opfer? Oder dem möglichen Täter? Hatte der Nachtopfleerer etwa alles mit angesehen?
    "Dieser Anwohner, der mit dem Nachttopf, wurde er eingehend befragt?" Hakte der Flavier nach bevor er seinen eigentlich Trumpf zog, einen weiteren Zeugen welchen er später befragen würde.
    "Ich frage deshalb weil ein weiter meiner Zeugen, ein Lupanarbesitzer namens Tolmides, den Angeklagten kurz vor derTat in seinem Lupanar beobachtete. Zumindest gibt er diesen Umstand an. Sollte der Anwohner also genauere Details erkannt haben, und solltest du eben jenen Zeugen benennen können, so könnten wir diese ganz Tragödie hier schnell beenden, denn wir wissen ja alle dass der Angeklagte sowohl Motive hatte, als auch in der Tatnacht zugegen war." erklärte Scato und fixierte den Angeklagten mit kaltem Blick, "Wenn er früher gesteht, so werden ihm vielleicht zumindest die Götter gnädig sein."

  • Fast schon ein wenig enttäuscht von sich selbst schüttelte, Avianus den Kopf. "Abgesehen von Artorius Rufinus konnten wir niemanden ausfindig machen, der die Tat selbst genauer beobachtet hat", musste er dem Flavius gestehen. Die alte Frau, welche sie auf den Vorfall aufmerksam gemacht hatte, hatte nur Schreie gehört und die Leiche sowie den Artorius gesehen, und der Nachttopfwerfer hatte es vorgezogen, anonym zu bleiben, anstatt sich von den Cohortes Urbanae in die Mordermittlungen hineinziehen zu lassen.
    "Vielleicht kann der Artorius dir weiterhelfen und zumindest beurteilen ob Größe und Statur des Angeklagten mit jenen des Täters übereinstimmen." Mehr konnte er zur Identifizierung des Täters leider nicht beitragen … also im Prinzip nichts. Nicht unbedingt, was er sich erhofft hatte, aber manchmal lief eben nicht alles ganz nach Plan oder wie man es sich wünschte.

  • Ui, der flavische Ankläger hatte den Namen seines Superzeugen enthüllt. Ein Lupanarbesitzer namens Tolmides also. Und der soll den Täter kurz vor der Tat in seinem Lupanar gesehen haben. Plautus lächelte vergnügt. Wen sieht man denn nicht in Roms Lupanaren? Niemanden, außer sämtlichen Römern, vom Eselstreiber bis hin zum gehobenen Establishment. Und wie hat der hellsichtige Tolmides rausgekriegt, dass sein Kunde Salonius der Täter ist und dass es kurz vor der Tat war, als er ihn gesehen hat?


    Plautus kaute etwas auf seinem Stylus herum. Ihm fiel nichts dazu ein.


    Abwarten.

  • "Ich habe keinerlei Fragen mehr Centurio. Das war sehr..." Scato baute bewusst eine kleine Kunstpause ein, schließlich hatte er doch die ein oder andere Lücke im Bericht der Urbaner aufdecken, "...erhellend. In der Tat das war es." beendete er seinen Satz und entließ den Centurio damit praktisch aus seinem Verhör, "Ich schätze du kannst gehen, es sei denn die Verteidigung des Mör.. Ich meine natürlich des Beschuldigten hat noch Fragen an dich Iunius."


    Sim-Off:

    Sorry, stramm zutun gehabt! :(

  • So ganz unvermittelt war dann die Befragung des Urbaners schon wieder zu Ende. Hatte der Ankläger wirklich Alles aus dem Zeugen herausgeholt? Plautus schob seine Unterlippe etwas nach vorn. Da war noch einiges offen. Den Nachttopfwerfer hatte man entflutschen lassen. Eine Täterbeschreibung fehlte. Die hätte man doch schon urbanerseits aus dem Tatzeugen herauswringen können. War aber nicht nachgefragt worden. Ebenfalls kein Wort über einen eventuellen Tatverdacht auf den Zeugen Artorius Rufinus, dessen Unschuld man offenbar durch einen tiefen Blick in dessen Augen verifiziert hatte. Überhaupt hatte Plautus den Eindruck, dass die Advocati ihr Auftreten vor Gericht eher als sportlichen Zweikampf denn als ernstzunehmende Beweisaufnahme betrachteten. Wie zwei Gockel auf dem Hühnerhof.


    Bis jetzt war noch nichts zur Sprache gekommen, was die Identität des Täters anging. Bei dem Gedanken zuckte Plautus etwas zusammen: und die Identität des Opfers? Wenn man über einen Mord zu Gericht sitzt, dann muss doch ebenfalls zweifelsfrei feststehen, wer denn da ermordet wurde. Gewiss, man hatte an der Hand des Ermordeten einen Siegelring gefunden, der ihn als G. Papirius Veratius auswies, aber den hätte man ja auch nach der Tat an seinen Finger stecken können. Beweiskräftig wäre da allein eine Identifizierung durch Angehörige. Solches müsste dann auf jeden Fall in der Anklageschrift zu finden sein. Plautus durchsuchte seine Papyrusrollen, fand aber nichts. Beim Hades, nichts als Kamelmist! Er würde dann bei Gelegenheit mal nachfragen.

  • Mit leichtem Stirnrunzeln verfolgte Appius Aquilius Bala die Befragung des Urbanercenturios. Der Flavius hielt die Befragung ziemlich kurz, befand der Caesar und warf Senator Annaeus einen Seitenblick zu. Modestus ließ jedoch keine offensichtliche Regung erkennen. Als der Flavius dann nach nur wenigen kurzen Fragen seine Zeugenvernehmung beendete, richtete Bala sich in seinem Stuhl etwas auf. Verwundert sah er den Ankläger an. Das war's schon? Auch Iudex Annaeus war offenbar verblüfft, denn er reagierte nicht gleich. Deshalb half der Caesar aus: "Nun gut. Atius, du darfst den Zeugen Iunius nun befragen." Er gab dem Verteidiger einen entsprechenden Wink.
    Daraufhin lehnte er sich möglichst unauffällig zu Kaeso Annaeus Modestus herüber und raunte diesem zu: "Das war ja etwas dünn. Ich würde gerne noch den Bericht des Centurios zu diesem Vorfall hören, sofern der Verteidiger danach nicht fragt."

  • Zitat

    Original von Marcus Artorius Rufinus
    Deshalb ging ich auch nicht gleich rein in den Verhandlungssaal. Ich blieb lieber noch einen Moment davor stehen.


    Am Ende hatte ich den Verhandlungsraum natürlich trotz meiner Angst noch betreten. Ich hatte mir einen Platz am Rand gesucht, wo ich nicht so auffällig im Mittelpunkt stand, dass mich der Angeklagte gleich sah. Überhaupt hütete ich mich davor, dem Mann auch nur den kleinsten Grund zu liefern, mich böse anzuschauen. Hieß: Ich vermied jeden Blickkontakt zu ihm. Denn jeder kannte ja den Spruch: Wen ich nicht sehe, der sieht mich (hoffentlich) auch nicht....


    Der Prozess begann und bald wurde der erste Zeuge aufgerufen: Centurio Iunius. Er hatte damals meine erste Aussage aufgenommen. Vielleicht, schwirrte mir plötzlich im Kopf rum, reichte es dem Gericht ja auch, wenn sie meine schriftliche Aussage von dem Centurio bekamen und lasen. Dann musste ich nicht in den Zeugenstand und musste nicht unter den Blicken des Angeklagten nochmal alles erzählen. Ich klammerte mich an diese unwahrscheinliche Hoffnung und war wirklich ein bisschen erleichtert, als erst irgendein Gefax, dann irgendein Tolmides erwähnt wurde, während mein Name erstmal ungenannt und außen vor blieb. Bei so vielen Zeugen, vielleicht wurde ich ja auch einfach vergessen.... Ich wäre bestimmt nicht traurig darüber.


    Und dann rutschte er dem Centurio doch raus, mein Name! Der Schreck stand mir in mein erblasstes Gesicht geschrieben, als ich mich gleich nervös umschaute, ob irgendwer zu mir rüber sah. (Nur den Blick zum Angeklagten vermied ich natürlich auch weiterhin.. sicherheitshalber.) Ganz ruhig, Marcus! Das sagte ich mir und machte für einen kurzen Moment die Augen zu und atmete tief. Ich beruhigte mich wieder etwas und schaute zum Atius, der jetzt mit der Befrgung des Centurios dran war. Nur meine Händen spielten auch weiter nervös und unsicher am Saum meiner Kleidung....


  • Ich ordnete meine Gedanken und trat nach vorne.


    "Danke, Ich habe in der Tat noch diverse Fragen, die mich in diesem Fall beschäftigen"


    Ich überlegte kurz, mit was ich zu erst begann.


    "Nun mich würde zuerst noch mal der Hergang der Untersuchung interessieren. Fangen wir von vorne an. Die Patrouille entdeckte den Tatort. Wie genau? Welche Patrouille? Wer war der diensthabende Offizier der Patrouille?"


    Ich war gespannt auf die genaueren Antworten.

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