[Atrium] Rückkehr nach schlimmen Nachrichten

  • Es gab Tage, da ließ sich Curio von nichts und niemandem aufhalten. Weder von den Umständen die ihn dazu zwangen, nicht das Pferd zu nehmen, sondern gemeinsam mit seiner Familie den Reisewagen, der für seine Gefühl viel zu langsam vor sich hingeruckelt war, noch von der massiven Tür der Casa Helvetia und dem britischen Ianitor, der gleich Platz gemacht hatt. Ein Pferd hätte er schon angetrieben, um in kürzester Zeit zu Hause zu sein, doch hatte er den unwiligen Blick seiner Frau gesehen, deren Stimmung schon deswegen angekratzt war, weil sie das Landgut bereits jetzt verlassen mussten. Die Nachrichten aus Mogontiacum jedoch, die einen Tag nach den Geschehnissen in der Taberna Medica mit einem Eilboten zum Landgut gebracht worden waren, ließen jedoch keinen Aufschub zu. Dass er erst einen Tag später darüber informiert worden war, würde Curio seinem Sekretär noch ankreiden, aber das spielte jetzt grade alles keine Rolle.


    Die zerfurchte Stirn des Helvetier sprach Bände. Erst er, dann Alpina und wie er soeben von Liam erfahren hatte, lag noch ein weiteres Opfer in den Behandlungsräumen der Taberna Medica. An diesem Punkt jedoch war eine Grenze überschritten worden. Was seine eigene Konstitution, seine Gesundheit, sein Wohlergehen und seine Fitness anging, konnte er durchaus nachlässig sein, wenn ihm auch klar war, dass er dies alles brauchte, um langfristig in der Politik tätig sein zu können. Seine Familienmitglieder, und darunter fielen nunmal nicht bloß seine Frau und sein Sohn, sondern alle, die unter dem Dach der Casa Helvetia lebten und damit unter seinem Schutz standen, waren ihm sakrosankt. Es machte da für ihn keinen Unterschied, ob es nun seine Frau oder sein Sohn waren, die angetastet wurden, sei es durch gesellschaftliche Infamierungsversuche und gar körperliche Gewalt, oder Alpina, Ursicina, aber auch Kaeso und die Sklaven und Bediensteten des Haushalts. Vielleicht unterschied sich bei den einzelnen Mitgliedern lediglich die Tiefe des Hasses, die er dem Angreifer entgegenbrachte, aber am Ende standen sie alle unter seinem Schutz, grade weil sein Vater, der eigentliche pater familias weit weg in Noviomagus war und Curio eigentlich insgeheim auch nur noch die Tage zählt, bis er emanzipiert wurde, und Corvinus noch weiter weg, irgendwo im Osten war.


    Mit einem großen Satz war er aus dem Wagen gesprungen und klopfte gleich selbst an die Tür, ohne auf den Fahrer zu warten. Der bekam lediglich die Anweisungen, Silvana und Cornutus beim Aussteigen zu helfen und danach dafür zu sorgen, dass die Wäschetruhen hineingeschafft wurden. Nachdem sich die Tür geöffnet hatte, ließ er sich von Liam und dem herbeieilenden Acanthos nochmal vollständig ins Bild setzen, nicht ohne dem Makedonen mit einem Seitenblick klarzumachen, dass er es deutlichst missbilligte, erst am Folgetag informiert worden zu sein. Im Atrium angekommen stockte er jedoch.


    Wo sind sie?


    lautete die ebenso kurze, wie klare Frage nach Kaeso und Alpina, die er sogleich sehen wollte, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Acanthos schob ihm derweil eine Tabula mit einer Einladung zu den Abschlussübungen der beiden Militäreinheiten der Stadt zu.


    Jetzt nicht.


    Wieder kurz und prägnant und mit deutlich schlechter Laune. Das konnte ja schließlich warten, ebenso wie er auf die Nachricht über die Vergewaltigung hatte waren müssen.

  • Nur wenige Schritte hinter ihrem Mann betrat Runa das Haus. Ihren Sohn übergab sie an die Kinderfrau, dann auch sie Acanthos fragend an. Ja auch sie wollte wissen wo ihre Freundin war. Sie wollte sie im Arm halte – trösten und mit ihr reden, sofern Alpina denn reden wollte. Kurzum sie wollte einfach für sie da sein.
    Und vor allem wollte sie wissen, wie dies überhaupt möglich gewesen war! Wie konnte das sein? Wer hatte hier gepennt? Wer hatte es versäumt die Bewohner des Hause zu schützneß Runa kochte innerlich, dass nach dem Überfall auf ihren Mann die Sicherheit des Hause nicht gewährleistet gewesen war.
    Es dauerte ihr alles zu lange, so wiederholte sie die frage ihres Mannes mit Nachdruck.
    „Wo sind sie?“

  • Alpina verließ in diesen Tagen das Cubiculum kaum. An die Tür der Taberna Medica hatte sie ein Schild gehängt, dass die Taberna vorübergehend geschlossen war. Die Hebamme brauchte Zeit um zu sich zu finden. Zu gerne hätte sie sich mit Runa und Curio beraten. Doch beide waren ja auf ihrem Landgut.


    Als die Nachricht kam, dass beide zurückgekehrt waren, erhoffte Alpina sich ein wenig Zeit mit Runa zu haben, bevor sie ihrem Schwager Rede und Antwort stehen musste. Ihrer Freundin konnte sie eher erklären was ihr widerfahren war als ihrem Schwager. War es nicht eine Schande für eine Frau, vergewaltigt zu werden? Wie würde er das sehen? Alpina hatte Angst vor der Reaktion Curios. Aus diesem Grund schickte sie Neman zu Runa mit der Bitte, dass diese zunächst alleine in ihr Cubiculum kommen möge.

  • Wie es weiter gehen sollte wusste ich nicht. Meine Sorge galt Alpina. Ich hatte am eigenem Körper erfahren wie es war, wenn er hinging und sich mit Gewalt nahm was er wollte. Wie viel schlimmer musste es dann für eine Frau sein? Eine Frau der meist unterstellt wurde sie hätte es so gewollt. Selbst andere Frauen scheuten nicht davor zurück ihnen dies zu unterstellen. Sie in dieser Art zu beschuldigen. Doch ich wusste es besser, ich wusste wozu dieses Subjekt fähig war. Ich wusste welche Freude es ihm bereitete auf diese Art seine Macht zu demonstrieren und Andere damit zu erniedrigen. Man fühlte die körperlichen Schmerzen, was aber weit schlimmer war und viel größere Narben hinterließ, war das was man im inneren spüre und sich dort einbrannte für die Dauer des Lebens.
    Was Alpina jetzt brauchte konnte ich ihr als Mann nicht geben, auch wenn sie wusste, dass ich es auch erlebt hatte, aber schließlich war auch ich ein Mann. Ein Wesen von der Art, die ihr das zugefügt hatte. Sie brauchte eine Freundin. Eine Freundin der sie all ihre Gefühle, Ängste und Sorgen mitteilen konnte.


    Hatte ich mich seit jenem Tag von allen anderen zurückgezogen, so war ich jetzt unendlich erleichtert, als ich hört Curio wäre mit seiner Frau nach Hause gekommen. Runa als Alpinas Freundin würde jetzt zu ihr eilen und sich um sie kümmern. Ich selber würde nun zu Curio gehen und mit ihm sprechen. Versuchen zu erklären wie es zu all dem hatte kommen können. Fast schon erleichtert machte ich mich auf zu Curio, mir würde schon jemand sagen wo ich ihn finden würde.

  • Zitat

    Original von Susina Alpina
    ...


    Neman nahm Runa beiseite und flüsterte ihr etwas zu. Sie nickte und wandte sich lurz an ihrem Mann. „Ich gehe zu Alpina... Allein!“ Diskussionen würde sie darüber nicht zulassen, dass konnte Curio wohl am Ton seiner Frau erkennen. Schon wandte sie sich auch um und eilte zu ihrer Freundin.
    Den ganzen Rückweg über hatte sie sich schon Gedanken gemacht wie sie sich wohl fühlen würde. Immer wieder hatte sie den Fahrer gebeten doch schneller zu fahren. Sie wollte bei Alpina sein und sei es nur um ihr stumm die Hand zu halten und für sie da zu sein.
    So betrat sie nun also das Zimmer und sie konnte sofort sehen, dass es ihrer Freundin überhaupt nicht gut ging. Sofort war sie bei ihr und nahm Alpina in den Arm. „Es .. es tut mir so leid... wir hätten hier bleiben sollen.“ Ja Runa gab sich zum Teil selber die Schuld. Sie hätten Alpina nicht hier zurücklassen sollen. Schließlich war sie ganz allein gewesen. Ihr Mann irgendwo im Nirgendwo. Und Runa hatte nun auch noch den Mann des Hauses aufs Land verschleppt. „Es tut mir so leid.“ Wiederholte sie und hielt Alpina dabei ganz fest. Nein sie stellte keine Fragen. Alpina würde wissen, dass sie mit Runa reden konnte – wenn es sie es denn wollte. Runa selbst würde Alpina nicht drängen über das Geschehene zu reden.

  • Schon die Worte Nemans hatten Curio einen Stich versetzt. Das Verhältnis zu Alpina war immer eng gewesen, doch hatte es natürlich auch unter seiner Amtszeit gelitten, ebenso wie es seine Ehe und das Verhältnis zu seinem Sohn der Fall gewesen war. Bei Alpina wirkte es nun aber umso dramatischer, wollte sie ihn ja wohl gar nicht erst sehen. Es erschreckte ihn, dass er nicht zu ihr durfte und er verstand nicht, warum sie ihn nicht sehen wollte, nachdem sie in der Vergangenheit doch immer füreinander dagewesen waren. Die Worte Silvanas schlugen in dieselbe Kerbe und sorgten dafür, dass er schlielich unwillkürlich leicht zusammenzuckte, noch bevor er ein zustimmendes Nicken andeutete, da der Tonfall seiner Frau ja ohnehin keine Diskussion darüber zugelassen hätte. Dennoch riss ihn genau dieser Tonfall nur noch weiter hinunter in eine Schlucht des Zweifelns. Matt ließ er sich auf der Steinbank nieder, die in der Nähe der Tür zu Alpinas Wohnbereich stand, begann seine Hände zu kneten und auf einen Punkt auf dem Boden zu starren.


    Ich hätte nicht fahren dürfen.


    murmelte er in dem Moment, als Kaeso ins Atrium trat. Dann schluckte er trocken. Nein, er hätte nicht fahren dürfen, denn war es nicht immer so, dass schlimme Sachen geschahen, wenn er sich gegen seine eigentlichen Pläne auflehnte? Damals als er sich gegen seinen Vater aufgelehnt hatte, war er zu Hause rausgeworfen worden, als er sich später mit Silvana einließ, wäre es fast in einem Fiasko für ihn und die Duccier ausgewachsen, das nur durch göttliche Hilfe hatte ausgeglichen werden können. Es passte also perfekt in das Gesamtbild seines Fehltritte, deren Konsequenzen sich nun auch noch auf Alpina ausgeweitet hatten.


    Die Sklaven hatte sich wieder an die Arbeit gemacht, sodass Curio und Kaeso nun alleine im Atrium waren. Doch bemerkte der Helvetier den jungen Mann zuerst nicht. Stattdessen stierte er weiter auf den Boden, während er in seinem Kopf seine Verfehlungen aufhäufte zu dem Berg seines Versagens und seine rechte Hand nun leicht zu zittern begann und sein Atem unregelmäßiger wurde.

  • Ich war mir nicht sicher, doch meinte ich etwas gehört zu haben, als ich das Atrium betrat. Es war aber nur einer anwesend, Curio. Er saß da und stierte völlig in Gedanken auf den Boden. Einen Sesterz für seine Gedanken dachte ich, ehe ich innerlich zusammenzuckte. Betraf sein Grübeln mich. Verfluchte er mich gerade. Bereute er es mich trotz seines Zögerns, bei sich aufgenommen zu haben? Wenn ja mit recht, ich hatte das Unerträgliche zu Alpina gebracht. Sie die für mich geredet, ein gutes Wort eingelegt und mir jede nur mögliche Unterstützung gegeben hatte musste jetzt leiden. Undankbar sah ich jetzt in den Augen des Helvetiers aus. Bestimmt geht er mir an die Gurgel, aber nein beruhigte ich mich selber, dass ist nicht Curios Art schließlich ist er Aedituus.
    Trotzdem ich wusste nicht wie ich nun vorgehen sollte.
    Zögernd und daher auch leise trat ich näher. Wie gerne wäre ich in dem Moment Sklave gewesen. Als solcher hätte ich mich vor seine Füße werden können, doch als Römer, der aufrecht allem gegenüber tritt und so auch für das
    gerade steht was er anrichtet, war das bestimmt keine Option.


    Mich räuspernd trat ich nun vollends vor ihm. „Salve Curio, gut dass du wieder zu Hause bist, ich hoffe du konntest dich wenigstens ein wenig erholen.“
    Nervös rieb ich meine schweißnassen kalte Hände an meiner Tunika und fuhr fort. „Ehe du mich zu recht deines Hauses verweist, schulde ich dir noch eine Erklärung wie es zu all dem kommen konnte. Vorab bitte ich dich schon einmal um Entschuldigung, obwohl all das nicht zu entschuldigen ist.“ Plötzlich war mein Kopf wie leer gefegt, ich wusste nicht mehr weiter, konnte keinen klaren Gedanken fassen und machte es wie vordem der Helvetier und stierte auf den Boden.

  • Er war Schuld. Natürlich. Wer denn auch sonst? Er hatte es doch schon bei der Abreise im Gefühl gehabt, dass irgendwas passieren würde, doch hatte er nicht darauf gehört. Er hätte nie abreisen dürfen, denn auch wenn ihm die zwei Wochen wirklich gut getan und sie ihn wieder näher an seine Familie herangebracht hatten, hätte er doch wissen müssen, dass irgendwas passieren würde, wenn er sich mal nicht um seine Pflichten kümmerte. Sowas konnte nur schief gehen, so wie es in der Vergangenheit jedes Mal schiefgegangen war und auch auch jetzt wieder schieflief. Immer tiefer verlief sich Curio in diese Wust an Gedanken, der seinen Körper erfüllte, seine Hand zum Zittern brachte und seinen Atem unregelmäßiger werden ließ. Wie lange er so saß, konnt er nicht sagen, da er irgendwann von einer Stimme aus seinen Gedanken gerissen wurde. Orientierungslos blickte er hoch, musste sich zurechtfinden, wo er war, im Atrium, wer ihn angesprochen hatte, Kaeso, warum er hier war, Alpinas Vergewaltigung. Langsam drangen die Worte des Jungen zu ihm durch. Die ersten Floskel quittierte er mit einem unsicheren Nicken, dann fuhr er fort und der Helvetier runzelte die Stirn.


    Wovon sprichst du da, Kaeso.


    sagte er leise und mit deutlich hörbarer Verwirrung in der Stimme. Der Helvetier wusste nicht, wovon der Junge sprach und seine letzten Worte ergaben auch keinen Sinn für ihn.


    Setz dich.


    sagte er schließlich und deutete auf die zweite Bank. Der Junge musste nicht stehen. Auch er war gestern ein Opfer geworden und Opfer hatten ein Recht darauf, dass man sich um sie kümmerte. Wenn Alpina seinen Anblick schon nicht ertrug, vielleicht kam Kaeso besser damit klar.

  • Zitat

    Original Duccia Sivana: So betrat sie nun also das Zimmer und sie konnte sofort sehen, dass es ihrer Freundin überhaupt nicht gut ging. Sofort war sie bei ihr und nahm Alpina in den Arm. „Es .. es tut mir so leid... wir hätten hier bleiben sollen.“ Ja Runa gab sich zum Teil selber die Schuld. Sie hätten Alpina nicht hier zurücklassen sollen. Schließlich war sie ganz allein gewesen. Ihr Mann irgendwo im Nirgendwo. Und Runa hatte nun auch noch den Mann des Hauses aufs Land verschleppt. „Es tut mir so leid.“ Wiederholte sie und hielt Alpina dabei ganz fest. Nein sie stellte keine Fragen. Alpina würde wissen, dass sie mit Runa reden konnte – wenn es sie es denn wollte. Runa selbst würde Alpina nicht drängen über das Geschehene zu reden.


    Als Runa das Cubiculum betrat sah Alpina sie zunächst sehr erleichtert an. Doch schon einen Moment später war ihr bewusst, dass sie nun über das würde sprechen müssen, was sie am liebsten tief in sich verbergen wollte. Runa jedoch wusste, wie sie der Freundin helfen konnte. Sie nahm Alpina in den Arm. Die Hebamme hörte, wie sich die Freundin die Schuld an ihrem Unglück gab. Alpina wollte protestieren und erklären, dass sie ja nicht allein gewesen war, doch sie brachte zunächst keinen Ton über die Lippen. Sie schluchzte und weinte, denn alles Bilder zeigten sich erneut als sie nur daran dachte was passiert war.


    Nach einiger Zeit versiegte der Tränenstrom und Alpina berichtete Runa stockend von den Geschehnissen. Davon, wie Kaeso ihr seine Liebschaft mit Phryne gebeichtet hatte, dass er von Gurox Gewaltherrschaft in der Casa Acilia erzählt hatte und wie sie den Soldaten Babilus ins Vertrauen gezogen und gemeinsam mit ihm Kaeso vor dem Haus der Freigelassenen angetroffen hatte. Wie sie ihm misstraut hatte und auch wie Kaeso sein Verhalten später gerechtfertigt hatte. Dann kam sie zu dem Überfall. Sie setzte Runa in Kenntnis, dass dieser Verbrecher eigentlich Kaeso gesucht hatte und sich dann in seiner Wut, dass sie ihren Lehrling nicht an ihn ausliefern wollte, an ihr vergangen hatte. Sie sprach es nicht wörtlich aus sondern sagte Runa zunächst nur, dass er sie geschlagen und gewürgt hatte.


    "Er hat mir gedroht, hat sich gebärdet als hätte er alle Macht der Welt. Geschlagen und gewürgt hat er mich. Ich werde seine Worte nie vergessen, als er ... nun als er... er wollte sicher gehen, dass ich sie nie vergessen werde. Ich - habe - hier - das - Sagen!..."
    Alpina würgte es erneut. Sie begann zu zittern, krallte ihre Fingernägel in Runas Unterarm.



  • Verunsichert schaute ich Curio an, hatte er doch noch nicht zu seiner alten Form zurück gefunden, gar ein Rückfall? Wollte er gar nicht wissen was geschehen war? Warum sollte ich mich jetzt setzen und dann die Frage.
    Ich hatte mich kurz hingesetzt, sprang aber gleich wieder auf.
    „Wovon ich spreche? Von den Geschehnissen hier natürlich.“ Erschrocken über mich selber hielt ich inne. Schluckte und versuchte ruhiger weiter zu sprechen. „Es ist doch einzig meine Schuld was geschah, wegen mir kam er her. Ich hatte mich in sie verliebt und er ist rasend vor Eifersucht. Alpina ist das Opfer, sie wollte mich nur beschützen und er hat sie......“ Hier versagte meine Stimme, das Bild tauchte wieder auf. Alpina vor ihm niederkniend, von ihm gehalten, bedroht und gezwungen. „Ich konnte nicht anders, ich hätte ihn umgebracht wenn man mich nicht gehalten hätte.“ Als ich es aussprach spürte ich meinen Fuß in dem Körper des vor mir liegenden. Da kam mir das, was ich die ganze Zeit hatte nicht denken wollen, nicht war haben wollte, ich war wie mein Vater. Erst machte ich die Menschen unglücklich, versagte und wurde gewalttätig. „Ich kann nicht hier bleiben, ihr müsst euch vor mir schützen, schick mich fort.“
    Nach einer Pause sagte ich, „Ja“, nur dieses Wort, so als ob mit ihm alles klar wäre und alle den Entschluss gefasst und bestätigt hätten.

  • Er musste die Kontrolle behalten, das Zittern seiner Hand unterdrücken, den Atem in regelmäßige Bahnen lenken. Tiefe Atemzüge, Konzentration auf seine Hand, die er nun auf seinen Oberschenkel legte und sie mit seiner anderen bedeckte. Er musste Haltung bewahren, so wie er es von seiner Mutter gelernt hatte. Denn hier im Haus war er nicht mehr der kleine Junge, der anfangen durfte zu weinen, wenn ihm etwas geschah. Hier war er derjenige, der Entscheidungen treffen musste, der die übrigen Bewohner des Hauses beschützen musste, der die Kontrolle behalten musste. Er konnte sie nicht aus der Hand geben, so wie er es mit seiner Abreise zum Landgut getan hatte, denn erneut war ihm hier bewusst gemacht worden, was passierte, wenn er seine Pflichten nicht konsequent erfüllte. Es ging schief, Menschen kamen zu Schaden, Menschen die ihm wichtig waren, die hier in Mogontiacum seine Familie waren und die er nun im Stich gelassen hatte.


    Kaum konnte er sich darauf konzentrieren, die Haltung zu bewahren und die seinen Körper durchflutende Angst zu bekämpfen, da er gleichzeitig zuhören musste, was Kaeso ihm da erzählte. Für ihn ergaben die Worte keinen Sinn, sie waren vielmehr eine Anhäufung von Informationsbruchstücken und Selbstbezichtigungen, vorgebracht in einer Art und Weise, die tiefgehende Aufregung verriet. Immer wieder stockte er und Curio konnte regelrecht sehen, wie Bilder seinen Kopf durchzuckten, da er es von sich selbst nur zu gut kannte. Und je mehr er sich auf den Jungen konzentrierte, desto ruhiger wurde er selbst. Sein Atem, das Zittern, das lähmende Gefühl der Angst. Sie waren nicht mehr wichtig. Stattdessen fokussierte er den Jungen und schüttelte schließlich leicht den Kopf.


    Kaeso, tu mir bitte einen Gefallen und atme einmal tief durch. Und dann erzählst du mir bitte alles, was du mir sagen möchtest. Nacheinander. Und wenn du möchtest, darfst du dich dabei auch zu mir setzen, wenn du aber lieber stehenbleiben möchtest, kannst du das auch tun.

  • Seufzend nickte ich, es musste wohl sein. Ich musste mich beruhigen und meine Gedanken in geordnete Bahnen lenken. Er musste alles erfahren und meine Pflicht war es, alles wahrheitsgemäß zu berichten.
    Mich sammelt ging ich kurz hin und her ehe ich mich hinsetzte. "Es begann vor einiger Zeit, als Phryne deine Frau besuchte. Durch Zufall hatte sie mich gesehen, ...ich sie natürlich auch...“ Ich musste schlucken, trotz des ganzen Elends sah ich sie wie damals verführerisch vor mir. „Ja ich muss gestehen gleich von diesem ersten Augenblick fühlte ich mich zu ihr hingezogen. Sie schickte mir ein paar Schuhe und mit diesen Schuhen eine Einladung, verbunden mit der Bitte hier nichts davon zu erwähnen. Beides nahm ich an Schuhe und die Einladung. Es kam wie es in meinen Augen kommen musste, ich verliebte mich in sie und sie unterrichtete mich liebevoll in den Künsten der Liebe. Immer wieder besuchte ich sie.“ Hier machte ich eine Pause um mich wieder zu sammeln, denn was jetzt kam hörte sich bestimmt nach einer Räubergeschichte, vielleicht sogar unglaubwürdig für den Helvetier an.
    Ich stand auf und ging hin und her, da ich mich so besser sammeln konnte.
    „Ein Schmuckhändler besuchte Phryne und zeigte ihr ein paar wunderschöne Stücke. Er wollte ihr am Abend noch andere ausgewählte Stücke zeigen aber bei ihm. Nach einigem zögern war sie dann doch bereit diese Einladung an zu nehmen. Dann geschah das Unglaubliche, sie wurde entführt. Später holte man noch mit Gewalt ihr Dienstpersonal. Wo sie waren wussten sie nicht. In dieser Nacht fand in diesem Kellergewölbe laut Glaucus ihrem Leibwächter seltsame Dinge statt eine Art Hochzeitsnacht, wobei eine ganze Bande zuschaute und mitfeierte.
    Am nächsten Morgen brachte man Glaucus nach Hause.“
    Hier machte ich eine Pause und setzte mich hin ehe ich fortfuhr.
    „Ab hier nun beginnt der Teil wo ich wieder beteiligt war“, fing ich an. In der Stadt traf ich Glaucus und er berichtet mir was geschehen war. Nach einigen Überlegungen machten wir uns auf , um das Versteck dieser Bande zu suchen. Irgendwann kam ich dahinter, es musste dieser Gurox sein und mir fiel auch ein wo er sich aufhalten könnte. In dieser Taverne „ Zum brünftigen Hirschen“. Du erinnerst dich bestimmt, wir trafen ihn damals als du mich mit genommen hast zu dem Barbier. Nun galt es nur noch diese Taverne zu finden. Wir fanden sie und wurden von der Bande erwischt und auch in dem Kellergewölbe gefangen gehalten. Nach einigen Misshandlungen wurde ich dann auch zur Casa Acilia gebracht, wo man inzwischen Phryne auch wieder hingebracht hatte.“
    Ich hielt inne denn nun kam der für mich schmerzliche Teil. Auf einen fiktiven Punkt im Atrium blickend, versuchte ich mir alles genau in Erinnerung zu rufen.
    „Dort hatte er sich mit einigen seiner Leute fest eingenistet und hatte sein vergnügen mit Phryne und Korone ihrer Leibsklavin.
    Ich wurde in einen Teppich gerollt, verschnürt und ebenfalls zur Casa Acilia gebracht. Dort begann dann meine Hölle.“
    http://www.imperium-romanum.in…?postid=885047#post885047 Ich erzählte mich krampfhaft um Haltung bemühend, was mir geschehen war. Bat dann Curio um eine kurze Pause. „Entschuldige bitte, ich komme gleich zurück, ich brauche kurz frische Luft.“ Diese Demütigung hatte ich jetzt zum zweiten mal erzählt und wieder war es furchtbar, ich hoffte ich müsse es nie mehr.

  • Die innere Unruhe war dem Jungen anzumerken. Regelmäßig schritt er vor dem Helvetier auf und, ab, setzte sich, stand dann wieder auf. Und währenddessen erzählte er seine Geschichte. Eine Geschichte, die den Helvetier weiter verwirrte, auch wenn nun einige Zusammenhänge klarer wurden. Letztlich stand aber wohl über allem ein Name, der seine Familie nun schon seit Jahren beschäftigte und mit Sicherheit darauf aus war, ihm zu schaden und dafür offenbar nicht mal davor zurückschreckte, einen unerfahrenen Jungen zu verführen. Natürlich konnte sie Männe umgarnen und auch er war anfällig, für ihren giftigen Charme und konnte sich von diesem nur dadurch distanzieren, dass er wusste, mit welchen Worten sie seine Frau und Alpina bedachte. Seine arme Schwägerin war das Lieblingsziel der Libertina, seit jeher. Noch bevor Curio überhaupt darüber nachgedacht hatte, ein politisches Amt anzustreben, hatte sie Alpina wohl schon auf ihrer inneren Abschussliste gehabt und da er sich so für Alpina eingesetzt hatte, war es absehbar gewesen, dass auch er darauf gelandet war. Dass Kaeso allerdings von Liebe sprach, war für den Helvetier wiederum unverständlich, da er sich zwar gut vorstellen konnte, dass der Junge den Reizen der Libertina erlegen war und sich vielleicht auch in sie verliebt hatte, konnte und wollte Curio andererseits nicht daran glauben, dass dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte. Vielmehr glaubte er, dass sie sich den Jungen geangelt hatte, um über ihn an Informationen aus der Casa Helvetia zu gelangen. Doch bevor er danach fragen konnte, fuhr Kaeso auch schon mit seiner Erzähung fort.


    Was nun folgte, war ein Schreckenserzählung. Der Dreckskerl musste ein verdammter Sadist sein, aber auch ein rationaler Planer und dieses Mischung machte ihn wahrscheinlich so gefährlich, wie er aus den Erzählungen Kaesos hervorging. Und es wurde noch schlimmer. Offenbar hielt der Kerl auch die Libertina in seiner Gewalt und wollte einen unangenehmen Nebenbuhler ausschalten, nicht ohne sich auch an ihm zu vergehen. Curio lief ein kalter Schauer über den Rücken, wenn er sich vorstellte, was Gurox mit dem Jungen angestellt haben musste. Die Vergewaltigung Alpinas war danach fast schon zwangsläufig bei einem solchen Irren, der sich einfach nahm, was er wollte. Warum aber war ihm das alles entgangen? Warum erfuhr er von alldem erst jetzt? Und warum war er nicht hiergeblieben, um das alles zu verhindern? Wortlos blickte er Kaeso nach, nachdem dieser sich nach draußen abgemeldet hatte, und schaute danach zu der Tür zu Alpinas Wohnbereich. Es war wohl besser, wenn sie vorerst nicht mit Männern konfrontiert wurde. Silvana war eine Frau, sie konnte vielleicht besser zu einer anderen Frau durchdringen, als es ein Mann tun konnte.


    Stattdessen stand er langsam auf, blickte sich im leeren Atrium um und atmete nun selbst tief durch. Das schale Gefühl der Zurückweisung breitete sich in ihm aus, auch wenn er die Gründe dafür nachvollziehen konnte. Nichtsdestotrotz ging er nicht in Alpinas Wohnbereich, sondern setzte sich langsam in Richtung des Gartens in Bewegung. Vielleicht konnte er wenigstens Kaeso helfen, doch hatte er seine Zweifel daran, da er selbst die schrecklichen Erfahrungen des Jungen nicht mal in seiner Vorstellung verstehen konnte. Und gleichzeitig stieg in ihm das schlechte Gewissen hoch, dass er trotz seiner privilegierten Lebensweise immer noch nicht in der Lage war, seine aktuelle Position hinzunehmen. Er beschwerte sich über Luxusprobleme, während Kaeso mit tatsächlichen verstörenden Ereignissen in seinem Leben zu kämpfen hatte. Mit ungewollt schleppenden Schritt trat er hinaus in den Garten und suchte mit seinen Blick nach dem Jungen. Er brauchte nun Verständnis, zumindest glaubte Curio das, und niemanden, der ihn aus dem Haus warf. Auch wenn das Thema Phryne auf kurz oder lang nochmal besprochen werden musste.

  • Als Curio den Garten betrat saß ich auf dem Boden, mit dem Rücken an einer wand gelehnt. Ich stand auf und trat zu ihm, es war an der Zeit, dass er den Rest der Geschichte erfuhr. „Ich möchte dir nun berichten wie es weiter ging“ und wies auf eine Steinbank und begann ohne mich selber zu setzen, dafür war ich zu aufgewühlt. „Nach der Misshandlung drohte ich dem Kerl an ihn und seine Bande zu vernichten, brachte es sogar fertig ihm meinen Kopf in den Leib zu rammen. Überwältigt von seinen Männern wurde ich in der Nähe dieses Hauses entsorgt, wo Alpina mich fand. Sie kümmerte sich wie es ihre fürsorgliche Art ist liebevoll um mich. Versorgte meine Wunden, hörte mir zu, tröstete und mahnte mich. Ich aber in meiner Liebe zu meiner Göttin, ja Göttin war und ist sie für mich, schlich mich am Abend weg um mich um sie zu kümmern. Er war nicht in der Casa aber diese wurde bewacht. Mir gelang es unbemerkt hinein zu schlüpfen. Wir überlegten wie wir das ganze beenden konnten und Phryne wollte zu erst einmal zu ihren Göttern beten und ich wollte sie begleiten. Die Wächter bekamen einen Schlaftrunk und ich begleitete sie.
    Bei unserer Rückkehr, kurz vor ihrem Haus, trat Alpina in Begleitung eines jungen Legionärs mir in den Weg. Sie war verständlicher Weise bitter böse auf mich, bezichtigte mich der Lüge und verachtete mich in dem Augenblick.
    Am nächsten Morgen in aller Frühe kam Gurox und es war im an zu merken, dass er den Verdacht hatte ich wäre im Haus. Phryne gelang es ihn weg zu locken, obwohl ich zuerst bleiben wollte ging ich doch. Hier bei Alpina versuchte ich dieser noch einmal alles zu erklären und sie glaubt mir. Um mich zu beruhigen bat ich sie um eine Aufgabe im Freien. Sie schickte mich Hagebutten sammeln. Wieder zurück bemerkte ich, das er in der Taberna war. Schnell ging ich zur Küche und holte ein langes Messer, schrie nach allen Männern, die im Haus sein konnten, um Hilfe, eilte in die Taberna“.
    Von jetzt an liefen die Bilder vor meinem geistigen Auge ab und ich beschrieb jedes Detail genau wie es gewesen war. „Dann stürzte ich mit dem Messer in der Hand in die Taberna. „Du Schwein, lass sie los“, schrie ich und stieß mit dem Messer in seine Richtung. In dem Moment flog Alpina gegen den Ladentisch, aus einer Drehung heraus kam sein Fuß gegen meine Brust geflogen, ich hob noch schnell das Messer und spürte Widerstand. Ich hatte ihn irgendwo getroffen. Für kurze Zeit war ich weggetreten dann sah ich es genau er wollte sie zwingen ihren Mund zu öffnen ich überlegte fieberhaft wie ich ihn bezwingen könnte. Mir kam der Einfall mit dem kleinen Messerchen ihm in den Hals zu stoßen, was ich auch schaffte, ich schaffte es sogar ihn zu Fall zu bringen. Als er so vor mir auf dem Boden lag trat ich rasend und blind vor Wut immer und immer wieder auf ihn ein. Glaub mir ich spüre es noch immer wie sich mein Fuß in seinen Körper bohrt. Ich hörte Alpinas rufen und hörte es doch nicht, "Kaeso! Nein! Bitte, tu das nicht! Mach dich nicht unglücklich! Er hat es nicht verdient!"
    Erst als man mich von ihm wegzog kam ich halbwegs zur Besinnung.“


    Ich starrte in die Ferne und nickte, "Ja so ist alles gekommen und jetzt verstehst du bestimmt, warum ich sage, alles ist meine Schuld." Jetzt wo ich es erzählt stellte ich verwundert fest, es hatte mir sogar etwas gut getan, alles aus zu sprechen.

  • Im Gegensatz zu Kaeso kam Curio der Einladung, Bitte - oder Aufforderung - des Jungen nach, sich auf die Steinbank zu setzen. Das Wetter war noch immer gut, auch wenn heute ein etwas kühlerer Wind ging, der die Temperaturen etwas drückte. Trotzdem kam man auch ohne Mantel gut draußen zurecht, zumindest traf das auf Curio zu, der auch nicht fror, sondern lediglich dann fröstelte, wenn die Berichte Kaesos ihre erschreckenden Höhepunkte erreichten. Weiterhin hörte der Helvetier nur schweigend zu, verfolgte stattdessen die einzelnen Stationen des weiteren Berichts. Die Fürsorge Alpinas nach dem ersten Übergriff, die Liebe zu Phryne - er nannte sie tatsächlich seine Göttin, wahrscheinlich unwissend darüber, was das eigentlich bedeutete, nämlich seine offenkundige Abhängigkeit von der Libertina einerseits und andererseits der aufkommende Verdacht, dass sie ganz nach dem kultischen Do, ut des natürlich auch Gegenleistungen dafür verlangte, dass sie ihm die körperliche Vereinigung gestattete. Seine Rückkehr zu Casa Acilia, ein Gebet an die Große Mutter im Isistempel, ein Aufeinandertreffen mit Alpina und einem Legionär, wobei Curio noch in Erfahrung bringen würde, um welchen Legionär es sich handelte, der da mit Alpina durch die Stadt streifte, das Beinahe-Aufeinandertreffen mit Gurox in der Casa Acilia und schließlich die Vorkommnisse in der Taberna Medica. Hier wurde Curios Aufmerksamkeit nochmal besonders gefordert und erneut lief es ihm eiskalt den Rücken hinab, als Kaeso andeutete, dass Gurox Alpina beinahe noch mehr gedemütigt hätte, als er es ohnehin schon getan hatte.


    Nach den letzten Worten Kaesos entstand eine kurze Pause, bevor Curio mit bitterer Stimme murmelnd erwiderte:


    Er hätte es verdient gehabt.


    Er widersprach damit Alpina, nicht nur in Bezug darauf, dass Kaeso sich in diesem Fall nach Curios Ansicht nichts hätte zu Schulden kommen lassen, als die Auslöschung des Lebens eines dreckigen Verbrechers und Vergewaltigers. Danach schloss er kurz die Augen, atmete tief und hörbar aus und ein, erhob sich dann und trat auf Kaeso zu. Auch er hatte eine Entscheidung getroffen, die ihn zwar selbst ein bisschen überraschte, aber wahrscheinlich ganz im Sinne der übrigen Hausbewohner wäre.


    Ich werde die ganze Geschichte um Phryne für heute erstmal... ruhen lassen. Dennoch werden wir darüber reden müssen, am besten gleich morgen. Bis dahin muss ich dich inständig bitten, auch im Sinne Alpinas, Phryne weder heute noch morgen vor unserem Gespräch... aufzusuchen. Versprich es mir bitte. Was du morgen nach dem Gespräch machen wirst, liegt bei dir. Es lag immer in deiner Entscheidung, und wird es auch in Zukunft tun... ob und wie lange dur hier im Haus verbleibst. Bis dahin bleibst du bitte hier im Haus und wenn du was zu tun brauchst, kannst du damit anfangen, die Taberna Medica... aufzuräumen. Alpina hat dir ja sicherlich die Sortierung ihrer Kräuter beigebracht. Falls du dabei Hilfe brauchst, frag mich, oder Gwyn oder Neman, auch, und ganz besonders dann, wenn du nicht... alleine in die Taberna gehen möchtest.


    Erneut entstand eine Pause, in der der Helvetier seine Gedanken ordnen musste. Dann jedoch trat er noch einen Schritt auf Kaeso zu, und legte ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter, in dem Wissen darum, dass er er bislang mit genug älteren Männern zu tun gehabt hatte, die ihm Prügel zugefügt hatten, versuchte diese Geste nicht so aussehen zu lassen, als wolle er zum Schlag ausholen. Erstaunlicherweise war er zudem nicht wütend, auch wenn er wegen der ganzen Vorgeschichte um Phryne allen Grund dazu hatte. Vielmehr sah er nun, noch mehr als vorher, sich selbst in dem Jungen, nur dass Kaeso noch mehr durchgemacht hatte, als er, sodass der Vergleich eigentlich schon wieder arg hinkte.


    Es ist viel geschehen in den vergangenen Wochen und... nachdem, was passiert ist, ist uns wohl klar, dass wir alle Fehler gemacht haben. Doch macht man in seiner Jugend Fehler, da kann ich selbst ein Lied von singen. Ich habe in Bezug auf Gurox nicht vor, dich... zu verurteilen. Auch wenn du wahrscheinlich der Grund bist, warum er... hergekommen ist, ist es nicht deine Schuld WAS er getan hat. Es ist dir vielleicht selbst noch nicht in den Sinn gekommen, aber ich glaube... nach dem, was du mir erzählt hast, dass du sogar Schlimmeres verhindern... konntest. Wärest du nicht dazwischengegangen, hätte dieses Schwein Alpina sicherlich... noch schlimmer gedemütigt. Wenn ich daran denke, was er dir schon vorher angetan hat, war es sogar noch mutiger von dir, dass du dich schützend vor Alpina... zu stellen versuchtest.


    Curio merkte, dass seine Gedanken wieder nachhingen und er beim Sprechen wieder die Aussetzer hatte. Eigentlich hatte er vorgehabt, eine Systematik dahinter zu finden und sie soweit zu verstehen, damit er gezielt daran arbeiten konnte. Allerdings war das ein Luxus, den er sich grade nicht leisten konnte, da nicht er, sondern Kaeso im Mittelpunkt stehen sollte.


    Daher musst du das Haus heute nicht verlassen und wie gesagt möchte ich dich einladen, noch mindestens bis morgen... hierzubleiben. Wenn du dich danach dafür entscheidest, das Haus doch... zu verlassen, werde ich dabei helfen, dir irgendwo in der Stadt, in der Nähe des... Theaters und des Arbeitsplatzes des Chirurgicus, eine Kammer zu finden, damit du dort deine Ausbildung beginnen... kannst - sofern du das immer noch möchtest.

  • Eine ganze Weile stand da, den Rücken zu Curio gewandt und verarbeitete was er zu mir gesagt hatte. Selbstverständlich hatte er alles Recht der Welt, dass ich seine Bitte erfüllte. Es war ja schließlich sein Haus und ich gehörte zu seinem Haushalt. Ich hatte ihm einmal versprochen, Ich versprechen, dass ich immer versuchen werde, diese Familien zu schützen und ihre Ehre nicht zu beschmutzen. Niemals werde ich mein, euch anvertrautes, Geheimnis noch jemanden erzählen.
    Bisher hatte ich mich daran gehalten aber auch Phryne hatte ich mehr als einmal mein Wort gegeben, alles für sie zu tun. Bisher hatte ich keine Probleme damit, zumindest dachte ich es, meine Versprechen ein zuhalten. Doch jetzt stand ich an einem Scheideweg wie mir schien. Von jetzt an musste ich mir alles genau überlegen.
    Langsam drehte ich mich zu Curio um und schaute ihn fest an. „Du hast mir eben gezeigt wie sehr du hinter mir stehst, mir gesagt das du vieles verstehst und was deine Erwartungen sind.
    Ich habe dir bei unserem ersten Gespräch in diesem Hause ein Versprechen gegeben und habe die Hoffnung, nein besser gesagt, ich denke ich habe es nicht gebrochen. Selbstverständlich erfülle ich deine Bitte, das Haus nicht zu verlassen bevor wir noch einmal gesprochen habe. Dazu möchte ich aber noch etwas sagen, es fällt mir sehr schwer diese Bitte zu erfüllen. Es ist weniger weil ich Phryne liebe, wenn natürlich auch, sondern weil dort bei ihr drei Menschen in Gefahr sind. Auch wenn Gurox, wie ich hoffe, im Augenblick nicht die Gefahr ist sondern seine Leute. Sie muss unbedingt erfahren was geschehen ist, um sich irgendwie vor ihnen zu schützen. Diese Angst um andere, ihnen helfen zu wollen, ist eigentlich das, was Alpina mich die ganze Zeit gelehrt hat. Weniger mit Worten sondern viel mehr mit ihrem Tun.“

    Abermals schaute ich Curio an. Ich hatte mitbekommen welche hohe Anforderungen er an sich stellte. Dementsprechend waren auch die Anforderungen, die er an alle in seinem Haus stellte. Genauso war er aber auch für alle da, wenn er merkte man brauchte ihn. Jetzt hoffte ich, er würde alle Entscheidungen, die ich in Zukunft traf nicht nur respektieren sondern irgendwann verstehen würde.
    Erneut setzte ich an, „ich habe mit bekommen, dass es zwischen diesem Hause und Phryne Reibereien und Konflikte gibt, welche weiß ich nicht. Ich habe mit niemanden darüber gesprochen und wollte mich raus halten. Es kann sein es war ein Fehler von mir, doch ich Maße mir nicht an, über etwas zu urteilen, was mich nichts angeht. Hoffentlich habe ich mich jetzt verständlich ausgedrückt“
    Dies hoffte ich wirklich, es sollte nicht anmaßend klingen oder unloyal.
    Nach einer kurzen Pause fügte ich hinzu, „was die Taberna betrifft selbst verständlich kümmere ich mich darum, schließlich muss ich damit fertig werden, viel schlimmer muss es für Alpina sein.“
    Jetzt spürte ich wie mich die Kraft verließ und meine um Haltung bemühte Fassade zusammenfiel. Hier wollte ich nicht zusammenbrechen.
    „Bitte entschuldige, ich möchte mich ein wenig zurückziehen und sammeln bevor ich weiter mache.“

  • Unwillig blinzelte der Helvetier, als Kaeso doch noch anfing, über Phryne zu sprechen und darüber, dass sie und ihr Haushalt, diese schnippische Leibsklavin und der wuchtige Custos, vielleicht in Gefahr waren. Ihm war das allerdings im Moment herzlich egal, da er davon ausging, dass der Schlange am gestrigen Tag der Kopf abgeschlagen war und der Körper heute nur noch ein wenig unkontrolliert vor sich hinzuckte. Wenn es Phryne traf, nun ja, dann war das nunmal so, auch wenn er es in dieser Rücksichtslosigkeit nicht aussprechen würde, weder gegenüber Kaeso, noch irgendwem anderes.


    Wenn wirklich noch Gurox' Schläger vor der Casa Acilia... stehen, gibt es nichts, was du alleine gegen sie ausrichten könntest. Deine Gefühle und dein Mut in allen Ehren Kaeso, aber du musst auch... lernen, deine eigenen Grenzen zu verstehen.


    sagte er ernst, geflissentlich ignorierend, dass er selbst seine Grenzen auch meist bis zum letzten ausreizte und nicht selten auch überschritt, auch wenn es ihm nicht guttat. Aber da fehlte ihm einfach die Sorge um sich selbst. Die Menschen in seiner Umgebung waren ihm viel wichtiger, ging er doch auch davon aus, dass an ihnen sein eigenes Wohlergehen hing.


    Ich verspreche dir aber, dass ich meine Beziehung spielen lassen und dafür... sorgen werde, dass der ganze dreckige Kreis um diesen Gurox mit aller Härte aufgebracht oder aus der Stadt verjagt wird. Gurox selbst hingegen... da werde ich dafür sorgen, dass ein Exempel an ihm statuiert wird, damit keiner seiner Anhänger... glaubt, dass man mit solchen Handlungen davonkommen kann.


    Er nickte, mehr für sich, als für den Jungen. Bislang hatte die Stadt nur seine wohlwollende, konziliante Seite kennengelernt, doch hatte es bis jetzt auch niemand gewagt, ein Mitglied seiner Familie anzutasten. Dieser Gurox hatte es gewagt und er musste jetzt als Beispiel dafür herhalten, zu zeigen, dass die Helvetier auch durchgreifen konnten, wenn es denn sein musste. Natürlich ging das nicht einfach so, es mussten Ermittlungen geben, eine Anklage und einen Prozess, aber es gab genug Ansatzpunkte, diesen Kerl in die Arena zu bringen.


    Natürlich darft du gehen. Wenn du aber reden möchtest, oder sonst was ist - du kannst jederzeit zu mir kommen, und lass dich nicht von dem Gedanken abhalten, dass du mir zur Last fallen könntest.


    sagte er dann, nickte erneut, dieses Mal aufmunternd, und wandte sich dann von dem Jungen ab, sodass sich dieser nun zurückziehen konnte. Curio würde noch im Garten bleiben, weit weg von Alpina, damit sogar die Chance minimiert war, zufällig auf sie zu stoßen. Wenn sie ihn nicht sehen wollte, musste er das akzeptieren, auch wenn es ihn schmerzte.

  • Die folgenden Stunden, die Nacht und die ersten frühen Morgenstunden hatte ich damit verbracht, zwischen Hortus, meinem Cubiculum und Alpinas Cubiculum hin und her zu wandern.
    An Schlaf war in der Nacht nicht zu denken. Meine Gedanken pendelten ständig sorgenvoll zwischen Alpina und Phryne. Oft hielten meine Schritte vor Alpinas Türe. Lauschend stand ich da und musste mich selber bremsen um nicht einzutreten. Ihr Trost zu zusprechen, obwohl wie ich wusste, dies war in solcher Situation nicht möglich. Dann wieder zweifelte ich an meiner Ehrlichkeit mir gegenüber, denn es konnte auch sein, dass ich sie auf diese Weise verzweifelt um Verzeihung bitten wollte.
    Im Cubiculum lag ich auf meinem Bett stierte zur Decke oder wälzte mich schlaflos herum und dachte voller Sorge an Phryne. Zeitweise bereute ich es und machte mir Vorwürfe, dass ich Curio vorschnell mein Wort gab, nicht vor einem zweiten Gespräch mit ihm das Haus zu verlassen. Wie mochte es ihr gehen? Wie gerne hätte ich ihr berichtet, das sie keine Angst mehr haben musste.
    Draußen im Garten, hatte ich wenigstens das Gefühl mehr Luft zu bekommen, auch wenn sich an meinem inneren Chaos nichts änderte. Das Gegenteil war eher der Fall hier kam oft noch die Sorge um meine Zukunft hinzu. Alle Wünsche und Vorstellungen waren in weite Ferne gerückt. Mein Bedürfnis an Ruhe und Abstand wuchs. Auch wenn ich meinte zu Wissen das es zwei Frauen gab die mich brauchten. Vielleicht war Alpina aber vielmehr damit geholfen wenn sie zuerst einmal Abstand zu mir hatte. Mein Anblick musste die Wunde doch immer wieder aufreißen. Alpina würde mich nie wegschicken, eher im Gegenteil, sie würde auch noch versuchen mich zu trösten. Das durfte nicht sein, sie musste an sich denken und an ihre Tochter.
    Mit Phryne war es eine ganz andere Sache. Hatte sie je von Liebe zu mir gesprochen? Ja sie mochte mich begehren, vielleicht gab ich ihr auch etwas. Ich musste aber ehrlich sein, so wie sie lebte, was sie alles wusste, hielt sie mich außer für jung, vielleicht auch noch für schön, die Schönheit der Jugend eben, doch sonst? Eher für naiv und ungebildet, vielleicht auch ab und an für ein Mittel zum Zweck, doch ich, ich liebte sie und würde fast alles für sie tun.
    Deshalb musste ich irgendwohin, wo ich nicht nur Ruhe hatte, sondern auch einen Ansprechpartner, wo sie mich aber jederzeit sehen konnte oder im Notfall auch rufen lassen konnte.


    Am nächsten Morgen, wieder einmal auf dem Weg zum Hortus sah ich vom Atrium aus, wie Alpina vor Curios Officium stand und dann auch dort eintrat.
    Liebend gerne wäre ich zu ihr hingelaufen, hätte ihre Hand gehalten, auch wenn ich ihre Ängste auch nur erahnen konnte. Für jede Frau stand doch eine Angst im Vordergrund. Der Generalverdacht an alle Frauen, sie hat es gewollt, herausgefordert, sie ist der Schandfleck der Familie. Man mochte mich für jung und unerfahren halten, doch dieses Thema war mir seit Kindertagen in Rom bekannt. Ich wusste nicht wie oft ich diese Vorwürfe in Zorn und Wut, mit Verachtung und Spott gehört hatte. Wenn ich zuerst auch nicht wusste was damit gemeint war, so hatte mich irgendwann das Leben es aber gelehrt.


    Jetzt stand ich da, mein Kopf ruhte auf meinen Händen an der Wand des Atriums, so das ich bei leichtem um die Ecke schauen, auf die Türe zu dem Officium schauen konnte. Lauschen wollte ich nicht, doch bildete ich mir ein so in Alpinas Nähe zu sein. Vielleicht brauchte sie Hilfe nach dem Gespräch. Unendlich zäh zog sich die Zeit dahin, ab und an hieb ich mit geballter Faust gegen die Wand oder bis mir in die Fingerknöchel.
    Was hatte ich in meinem Liebeswahn nur angerichtet?

  • Nach ihrem Gespräch mit Curio machte sich Alpina auf, Kaeso zu suchen. Sie musste nicht lange suchen, denn er hatte offenbar gewartet, dass sie wiederkam. Alpina sah ihn hinter einer Ecke des Atriums hervorlugen. Sie kam auf ihn zu.
    "Mein lieber Kaeso. Ich würde gerne mit dir alleine Sprechen. Wollen wir in dein oder in mein Cubiculum gehen?"
    Ihre warme Hand legte sich auf seinen Unterarm und signalisierte ihm, dass er Vertrauen haben konnte.

  • Runa hielt ihre Freundin im Arm und drückte sie ganz fest an sich. Alpina musste gar nicht ins Detail gehen. Runa konnte auch so erahnen, was ihr widerfahren ist. Sie hilet Alpina fest und streichelte ihr während ihrer Erzählung sanft über den Rücken.
    Auch nachdem Alpina geendet hatte lies Runa sie nicht los im Gegenteil, sie drückte sie noch fest an sich. „Ich lass dich nie wieder allein.... Nie wieder!“ Auch Runa waren inzwischen Tränen in die Augen gestiegen. Sie wollte Alpina so gern helfen und wussten dennoch nicht wie. Ungeschehen machen konnte sie das ganze nicht mehr. Der Täter würde bestraft werden, aber wie konnte sie ihrer Freundin... Sie hatte eine Idee... es war zumindest einen Versuch wert. „Wenn du möchtest... können wir den Göttern opfern und sie um Vergessen bitten?“ Ja Vergessen war wohl das Einzige, was eine Lösung wäre. Runa konnte sich gut vorstellen, das Vergessen gerade zu ein Segen wäre. Sie konnte es sich nur in ihren schlimmsten Albträumen vorstellen wie es wäre sich ein derartiges Geschehen immer und immer zu durchleben.






    Sim-Off:

    Sorry ganz übersehen

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!