Freunde sind unbezahlbar

  • Ein Brief an Telemachos hatte gereicht. Er wusste wie es um mich stand und handelte. Nach einem Monat hielt ein Karren vor meiner heruntergekommen Villa Rustica. Was so nicht stimmte. Sie war bereits verkauft. Der Mann gab mir einen Brief und wartete. Telemachos hatte für mich eine kleine Behausung in seiner Nachbarschaft besorgt. Ich könne sofort dort unterkommen. Viel gab es nicht mitzunehmen. Es war wie früher, eine Kiste und ein Bündel, mehr gab es nicht. Ich war mit einer Kiste, Geld und viel Enthusiasmus hergekommen und ging mit einer Kiste, ohne nennenswerte Barschaft und am Boden zerstört. Die Kiste landete auf der Ladefläche,ich nahm daneben Platz.


    Der Weg zog sich bis Alexandria. Der Straßenlärm, die Menschenmassen, alles das blieb von mir unbeachtet, zog an mir vorbei. Ich hing meinen Gedanken nach, wie es wohl weiterginge. Telemachos hatte mir ein Angebot eines Freundes von ihm übermittelt. Ich könnte auf seinem Schiff als Seemann arbeiten. Ein paar Tage blieben mir Zeit mich zu entscheiden.


    Unvermittelt hielt der Wagen in einer der engen Nebenstraßen vor einem zweistöckigem Haus. Es sah aus, als ducke es sich zwischen den größeren Häusern die es umgaben. Ein Nicken und zwei Geldstücke reichten dem Fahrer um sich von dannen zu machen. Ein leichtes Grinsen bei seiner Abfahrt, erinnerte mich daran, dass mein Geld nicht nötig gewesen wäre. Telemachos hatte alles abgewickelt gehabt. Was machten diese zwei Geldstücke im Vergleich zu dem, was ich durch Misswirtschaft verloren hatte.
    Lachend liefen Kinder die Straße herunter an mir vorbei. Ich nahm Kiste und Bündel und ging die Treppe ins zweite Geschoss. Die Tür klemmte etwas beim Öffnen. Dunkel und muffig war es drinnen. Staub tanzte in den wenigen Sonnenstrahlen die sich ihren Weg durch Ritzen im Fensterladen zutritt verschafften. Ich kippte ihn an, klemmte einen Stab in die Öffnung. Der Raum war mit Matten aus Palmenblättern ausgelegt. Ein niedriger Tisch mitten auf den Matten, ein schmales Regal an der Wand, darauf 4 Becher aus Ton und hochkant ein großer runder Teller. Eine Öllampe vervollständigte das Wohnungsinventar. Von einer Villa Rustica in ein kleines Zimmer im zweiten Geschoss in Alexandria. Es hätte schlimmer kommen können.

  • Es war kein üppiges Mahl heute Morgen, es reichte um satt zu werden. Kassensturz stand an. Was war mir geblieben. Eine Töpferei hier in Alexandria, ein Schiff in Ostia, das Haus in Misenum und ein Beutel Sesterzen. Was konnte ich naher Zukunft tun? Töpfern? Dazu war ich zu ungeschickt, das überließ ich besser meinen Arbeitern. Meine Blicke gingen zu der Kiste, die in der Ecke stand. Zögernd erhob ich mich, ging widerstrebend zu ihr, blieb vor ihr stehen. Mit gemischten Gefühlen kniete ich vor ihr nieder und öffnete sie. Hier lag all das was mein Leben vor einer gefühlten Ewigkeit ausgemacht hatte, alle Höhen und Tiefen die damit verbunden waren. Fast liebevoll streichelte ich über den Umhang schob ihn ein Stück zurück, nahm den Gladius heraus, zog in aus der Scheide. Die Klinge war makellos. Ich steckte ihn zurück, legte ihn beiseite. Da lagen sämtliche Auszeichnungen. Jede einzelne hatte ihre Geschichte. Der Helm daneben, der mir unzählige Male das Leben gerettet hatte. So wo die Lorica hamata, die ganz unten lag.
    Die Legion und Classis waren mein zu Hause. Ich musste mir eingestehen, dass ich sie vermisste.
    Ich passte nicht ins zivile Leben Alexandria‘s, das hatte ich zu spüren bekommen. Ein tiefer Seufzer löste sich aus meiner Brust. Als Veteran zurück, das war wohl das Beste. Wieder ein geregeltes Leben führen. Mit sicherem Griff war der Gladius wieder in der Kiste verstaut.
    Es war noch früh am Morgen. Die beste Zeit um sich auf den Weg zu machen.

  • Ein Bote aus der Regia brachte einen Brief, auch wenn er das Haus erst eine ganze Weile hatte suchen müssen. Hätte ein netter Passant ihm nicht die Richtung gewiesen, hätte er sich wohl zur Gänze verlaufen. So aber fand sich doch folgende Nachricht bei Decimus Massa ein:



    Quintus Minidius Geminus Decimo Massae s.d.


    Ich freue mich außerordentlich, dir diese Nachricht zukommen zu lassen. Nach unserem Gespräch habe ich wie versprochen nach Rom geschrieben und dich dem Kaiser aufs wärmste empfohlen. Die Bescheidenheit mahnt mich zwar, nicht zu stolz hierauf zu sein, dennoch scheinen meine Worte den Kaiser bewogen zu haben, meinem Rat zu folgen und dir gleich einen höheren Einstieg in die Ritterlaufbahn zu ermöglichen.
    Der Kaiser gedenkt, dich an die germanische Grenze zu versetzen, was nichts anderes als ein Tribunat bei einer der dortigen Legiones bedeuten kann. Daher beordert er dich zunächst nach Rom, damit du dort persönlich deine Befehle entgegennehmen kannst. Insbesondere lässt dieses Wort – “persönlich“ – darauf hoffen, dass du eine Audienz beim Kaiser höchstselbst hierfür erhältst. Doch hier will ich nicht zuviel Hoffnung machen, dennoch meiner Einschätzung nach ein sehr gutes Zeichen.


    Leider zwingen mich diverse Pflichten in den nächsten Tagen zur Arbeit. Daher bin ich nicht sicher, ob ich mich persönlich verabschieden und dir eine gute Reise wünschen kann.
    In wenigen Tagen begibt sich die Getreideflotte auch wieder auf Fahrt nach Ostia. Sofern dies dein Wunsch ist und dich die Enge als Passagier und nicht als Nauarchus nicht schreckt, wäre es deinen ehemaligen Kameraden sicherlich eine Freude, dich mitzunehmen. In dem Falle besprichst du dich am besten mit meinem Subpraefectus Petronius, der ebenfalls nach Rom beordert wird. Allerdings möchte ich dich dabei darauf hinweisen, dass er kein so fähiger Offizier ist, wie du einer warst.


    So oder so wünsche ich dir das Beste für dein Leben und deine weitere Karriere, und ich hoffe, dass du mir das ein oder andere Mal schreibst.


    Vale Bene
    QMD


  • Auf dem Tisch lag er, der Brief von Praefectus Menidius. Ich hatte ihn zweimal gelesen. Er hatte es geschafft und ich war ihm zu großem Dank verpflichtet. Eine Audienz beim Kaiser war dabei das außergewöhnlichste und für mich etwas ganz besonderes. Der Einsatz in Germanien bedeutete aber mehr. Es hieß Abschied nehmen von Alexandria und das wahrscheinlich für immer. Das meiste überließ ich meinem Freund und seiner Familie. Die Töpferei sollte er kontrollieren und mir in regelmäßigen Abständen berichten wie es lief. Zu gegebener Zeit wollte ich entscheiden wie es damit weiter ging. Alle Formalitäten und die unumgängliche Verabschiedung nahmen mehr Zeit in Anspruch als ich eingeplant hatte. Die Getreideflotte war vor zwei Tagen ausgelaufen. Eine Überfahrt nach Ostia war zum Glück zur Zeit kein Problem. Es gab ein zwei Händler, die mir noch einen Gefallen schuldeten. Ein Schiff beladen mit Amphoren voller Oliven und Olivenöl für Ostia wurde zu meiner Überfahrgelegenheit. Mein Gepäck war nicht sehr üppig. Ein paar kleine Geschenke in einem Sack und meine Kiste mehr gab es nicht. Proviant und eine kleine Geldspende für das Opfer waren die letzten Dinge auf meiner Tabula. Nichts ließ ich zurück. Es schien wirklich so, als ob es ein Abschied für immer werden würde.

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