Mittagszeit

  • Nach einer kleinen Mahlzeit verweilte ich noch eine Weile im Triclinium und machte eine Einkaufsliste, denn heute war Markttag und ich wollte den auch unbedingt besuchen....

  • Plotina hatte sich sehr über die herzliche Begrüßung an der Porta der Casa Sergia durch den treuen und aufgeweckten Sklaven Makitros gefreut und war gerne seinem Rat gefolgt, ihre Verwandte Severa im Triclinium zu treffen. Als sie den Raum betrat, war es ihrer Natur gemäß eigentlich ihr erster Impuls, Severa zu umarmen, doch die lange Dauer, welche die beiden Frauen sich nicht von Angesicht zu Angesicht gesprochen hatten, ließ Plotina zögern: "Salve, Severa! Es ist mir eine große Freude, dich hier anzutreffen!"


    Zudem erblickte sie Schreibzeug in Severas Händen, was sie zu der Frage veranlasste: "Ich hoffe, ich störe dich jetzt nicht gerade, und du hast vielleicht ein wenig Zeit für mich. Wir haben uns ja so lange nicht richtig gesehen. Durch deine Briefe hast du mich ja an deinem Leben und dem Leben der anderen Sergier teilhaben lassen. Wofür ich mich nur immer wieder bei dir bedanken kann! Aber ein persönliches Treffen können Briefe ja nicht ersetzen. - Ach, ich habe so viele Fragen!"


    Bevor sie Severa nun allerdings mit einem Pfeilhagel an Fragen konfrontierte, wandte sich Plotina einer Sklavin zu, die inzwischen den Raum betreten hatte. Auf ihrem Weg von der Porta der Casa Sergia zum Triclinium hatte Plotina dieser Sklavin nämlich einen Wink gegeben, ihr aus ihrem von Aegypten her mitgebrachten Gepäck ein Päckchen zu holen und ins Triclinium nachzubringen. Mit diesem Päckchen in Händen trat Plotina nun auf ihre Verwandte zu: "Liebe Severa, hier habe ich ein kleines Geschenk für dich, einen Skarabäus aus schwarzem Basalt, den ein Handwerker in meinem Heimatort Saïs angefertigt hat. Möge der Skarabäus dir immer Glück bringen!"

  • Severa war in ihre Einkaufsliste so vertieft, dass sie nicht einmal bemerkte, dass jemand das Triclinium betrat. Erst als sie die Begrüßung hörte, sah sie auf und erblickte eine feine junge Frau, die sie nicht gleich erkannt hatte... Aber dann ....


    "Ach, Plotina, Du bist es in der Tat ... so eine schöne Überraschung! Sei gegrüßt, liebe Cousine, " Severa stand auf, ging auf Plotina zu und dann umarmte sie ihre Cousine herzlich ,


    "Natürlich störst Du mich nicht und ich habe auch Zeit für Dich, bitte nimm doch Platz" dabei zeigte Severa auf einen gemütlichen Korbsessel mit weichen Kissen gepolstert,


    "Du kannst mich fragen, was Du willst.... ", Severa dachte einen Moment nach ...,"aber eigentlich, waren wir durch unseren Briefwechsel nie richtig voneinander entfernt, ich habe mich immer über Deine Post gefreut" :)


    Gerade wollte Severa eine Sklavin rufen, um etwas Obst und frisches Wasser zu bestellen, als kam eine schon in Raum und gab Plotina ein Päckchen in die Hand.


    Severa blieb stehen und beobachtete mit großem Interesse diese Szene ... Als Plotina dann dieses Päckchen Severa überreichte und dabei über diesen Glücksbringer erzählte, wurde Severa warm ums Herz, bis ihr die Tränen kamen. Sie hatte schon lange keine Geschenke mehr bekommen und als sie das Päckchen aufmachte, war sie nun absolut überwältigt ...


    "Ohhhh, Plotina, ich bin einfach sprachlos ..." Severa holte ihren Fächer und verschaffte sich etwas frische Luft, um nicht in Ohnmacht zu fallen ... . Danach beruhigte sie sich allmählich,


    "Vielen, vielen Dank, liebste Cousine ... ich wollte schon immer einen Skarabäus aus schwarzem Basalt besitzen!"


    Eine Weile betrachtete sie den Käfer von allen Seiten und seufzte zufrieden, "Es ist wirklich sehr schön und kostbar, kann mich nicht genug bei Dir bedanken ...," dabei lächelte sie Plotuna glücklich an,


    "... aber erzähl mal, wie ist es Dir da in Aegyptus ergangen? "

  • Plotina war tief gerührt, welche Freude ihr kleines Geschenk bei ihrer Cousine auslöste. Es war ja eigentlich nur eine Kleinigkeit, etwas typisch Ägyptisches eben, das Plotina als allein reisende Frau von Alexandria nach Rom hatte transportieren können. "Ach Severa, es ist schön zu sehen, dass dir der Stein gefällt! Ich habe ihn eigens für dich anfertigen lassen und mir seitdem immer vorgestellt, wie ich ihn dir überreichen würde."


    Einen Moment lang war Plotina selbst von der freudigen Reaktion ihrer Verwandten so überwältigt, dass sie ganz vergaß, auf dem Sessel Platz zu nehmen, den Severa ihr bedeutet hatte. Schließlich setzte sich Plotina aber doch in den bequemen Korbsessel und stellte dabei wieder einmal fest, wie sauber und gepflegt hier alles in der Casa Sergia in Rom war, während sie selbst in ihrem Häuschen am Rande von Saïs immer wieder gegen Staub und Sand anzukämpfen hatte: "Du fragst nach meinem Leben in Aegyptus... Nun, es ist eigentlich denkbar langweilig." Das Putzen war da manchmal schon ein Highlight. "Normalerweise halte ich mich in dem Haus in Saïs auf, das Vater erbaut hat. Saïs ist ein sehr ruhiges Örtchen und bietet natürlich nicht viel Abwechslung, aber weil ich da aufgewachsen bin, kenne ich natürlich die Leute und habe auch guten Kontakt zu ihnen." Manchen mochte wohl auch gar nicht mal so richtig bewusst sein, dass Plotina eigentlich eine Römerin war. "Ab und zu reise ich aber natürlich auch nach Alexandria und besuche das Museion und das Gymnasion, um mich auch geistig ein bisschen auf Trab zu halten. - Apropos Alexandria: Ich befürchte, ich muss die dortige Casa Sergia demnächst einmal einer gründlichen Renovierung unterziehen lassen. Vom unmittelbaren Bürgerkrieg sind wir in Aegyptus ja - den Göttern sei Dank - verschont geblieben, aber der Zahn der Zeit nagt an so einem Gebäude ja doch."


    Plotina stockte. Nachdem sie jetzt gerade die Renovierung erwähnt hatte, die sie gegenüber Severa natürlich sowieso hatte zur Sprache bringen wollen, merkte sie erst, wie öde die Schilderung ihrer Lebensgewohnheiten eigentlich tatsächlich wirken musste. Severa war da als Bewohnerin der Reichshauptstadt sicher einen ganz anderen Standard gewöhnt: "Rom bietet ja vielfältige Zerstreuungen. Gehst du oft aus?"

  • Severa konnte ihre Augen nicht von dem kleinen Käfer abwenden ... Der übte einfach eine magische Anziehungskraft auf sie,


    "Ach, Plotina, es ist sehr lieb von Dir, dass Du es für mich machen ließest", Severa lächelte Plotina dankbar und heiter an,


    Endlich hat Plotina den Platz genommen und erzählte ausführlich über ihr Leben in Aegyptus und Severa hörte mit Interesse Plotinas Erzählungen zu. Sie war selbst nie in Alexandria, aber wusste, dass die Familie dort eine Casa besitzt.


    "Es wäre natürlich großartig, wenn Du Dich darum kümmern würdest... Weißt Du eigentlich, dass Furia Stella auch sehr lange in der Casa gewohnt hatte, damals als ihr Bruder so brutal umgebracht wurde?"


    Severa verlor sich für einen Moment in Gedanken und seufzte tief, es war eine traurige Geschichte, dann vernahm sie wieder die Stimme ihrer Cousine,


    "…. Eigentlich nein, ich gehe sehr selten aus, nur ab und zu auf den Markt, um das Leben und Treiben in der Stadt zu bewundern ..."


    Eine Sklavin brachte inzwischen ein Tablett mit Erfrischungen und flüsterte Severa etwas zu, die nickte zufrieden und sagte,


    „Liebe Plotina, ich hoffe Du bleibst noch eine Weile in Rom, also habe ich für Dich ein Cubiculum einrichten lassen …“

  • Plotina hatte sich schon gedacht, dass die Erwähnung der Casa Sergia in Alexandria das Interesse ihrer Cousine hervorrufen würde. Denn schließlich war sie, Severa, es, die in Rom die gute Seele des hiesigen Hauses war. Deshalb verwunderte es Plotina fast gar nicht, als ihre Cousine ihr nach einer kurzen, geflüsterten Absprache mit einer Sklavin verkündete, dass bereits ein Zimmer für sie in der Casa Sergia in Rom bereit stehe: "Severa, du bist wirklich der gute Geist unserer Familie! Hab Dank, dass du mir ein Cubiculum hast einrichten lassen! Ich hatte natürlich darauf gehofft, dass ich hier im Hause übernachten kann, denn, um ehrlich zu sein: Eine Übernachtung, für die ich bezahlen muss, kann ich mir hier in Rom kaum leisten - außer natürlich in solchen Absteigen, deren Einzelheiten weder du noch ich kennen möchten..."


    Severa reagierte aber noch aus einem zweiten Grund sehr interessiert, als Plotina die Casa Sergia in Alexandria erwähnte, und auch mit diesem Grund hatte Plotina gerechnet: "Ja, dass Furia Stella unser Haus in Alexandria lange beehrt hat, ist mir natürlich bekannt." Schließlich war sie ja auch mit Decimus Annaeus Varus verheiratet gewesen, der einst Praefectus Aegypti war. "Du bist ziemlich eng mit ihr befreundet, nicht wahr? Wie geht es ihr denn? Du würdest mir jedenfalls einen großen Gefallen tun, wenn du Furia Stella bei Gelegenheit einmal von mir grüßen würdest. Bei meinem Aufenthalt jetzt in Rom schaffe ich es wohl nicht mehr, sie zu besuchen, aber sie ist mir von einem Gespräch, das ich selbst einmal in Rom mit ihr führen konnte, in bester Erinnerung geblieben. - Und natürlich ist sie - genauso wie du - immer herzlich in Aegyptus eingeladen." Voraussetzung für derartige Visiten war natürlich, dass Plotina in Sachen Renovierung der Casa Sergia in Alexandria demnächst wirklich "Nägel mit Köpfen" machte.


    "Da wir gerade bei unseren Lieben angelangt sind", fuhr Plotina fort, während sie dankbar nach einer der Erfrischungen griff, welche die schon erwähnte Sklavin soeben in das Triclinium gebracht hatte, "was macht eigentlich unsere Fausta? Und habe ich es richtig verstanden, dass Plautus seinen Posten hier in Rom geräumt hat und nach Germania gegangen ist? Was hat ihn denn dazu veranlasst?" Der pekuniär chronisch klammen Sergierin wollte es nicht recht in den Sinn, wie man denn eine doch wohl gut dotierte Stelle freiwillig aufgeben konnte. Oder war es etwa nicht ganz freiwillig geschehen? Plotina hoffte auf Aufklärung durch ihre Cousine Severa.

  • Die lieben Worte, die Plotina zu Severa sagte, brachten die Herrin des Hauses in Verlegenheit und sie lächelte bescheiden, "Danke Dir, ich tue mein Bestes".


    Aber als Plotina über irgendwelche Übernachtungen-Möglichkeiten redete und dabei noch die Absteigen, die sie beide nicht kennen möchten, erwähnte - nun das alles brachte Severa fast in Ausnahmezustand! Sie rang nach Luft und trank hastig einen Schluck Saft....


    "...Liebe Cousine, das ist doch selbstverständlich, dass Du hier in Casa übernachtest und nicht nur das! Es ist auch Dein Zuhause hier in Roma ... vergiss das bitte nicht ..." am liebsten würde sie Plotuna umarmen, aber sie war noch nicht imstande aufzustehen. Wie dem auch sei, erholte Severa sich langsam, atmete tief ein und lächelte ihre Cousine heiter an, als sie nach Stella fragte,


    "Ja, Stella geht es gut, sie hat jetzt ihre eigene Casa und besucht mich ab und zu ... Natürlich werde ich ihr Deine Grüße übermitteln und auch die Einladung, dafür bedanke ich mich auch", sie nickte zufrieden ...


    Über ihren gemeinsamen Verwandten konnte Severa nur ein wenig berichten,


    "Also, ich nehme an, dass es Fausta auch gut geht, die hat Marcus Iulius Dives geheiratet und wohnt nun in Casa Iulia und hat, glaube ich, schon drei Kinder. Ich habe sie lange nicht mehr gesehen und Plautus habe ich vor seiner Abreise auch nicht gesehen, ich hoffte, er wird mir aus Germanien schreiben, aber bis jetzt habe ich keine Post von ihm erhalten. Seine Gründe sind mir auch nicht bekannt. Keine Ahnung, was ihn dazu bewegt hat ..." Severa verlor sich kurz in Gedanken, zuckte dann mit den Schultern und sah Plotina an,


    "Ich hoffe, Du wirst Dich hier wohl fühlen, liebe Plotina"

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