Iulia Phoebe fand, dass es langsam endlich einmal Zeit wurde für einen Thermenbesuch. Zuhause in Misenum hatte sie nie eine Therme betreten dürfen, weil ihre Mutter, Servilia Gemina, sie für zu schmutzig hielt. Diese Ausrede würde Iulia hier in Rom jedoch nicht gelten lassen, waren die Thermen hier ja von höchster Qualität und bestem Ambiente!
Ganz aufgeregt war sie schon vor ihrem ersten Thermenbesuch. Immer wieder malte sie sich schon zuvor aus, wie sie ins lauwarme erste Becken steigen würde und dann umfangen von vollkommener wohliger Wärme des Wassers dort einmal ein oder zwei Stunden bleiben und sich des Lebens erfreuen würde. Entspannung war ein Grundbedürfnis der Frau, so wie sie einmal von einer kichernden Patrizierin beim Rundtempel der Vesta gehört hatte.
Die erste kleine Hürde war nach dem Eingang jedoch schon das Apoditerium, der Umkleideraum der Frauen. Hier sollte sie sich vor den Augen aller anderer Frauen nackt ausziehen? Einen Moment trat Iulia verzagt von einem Bein auf das andere und beobachtete die hier anwesenden Frauen. Die meisten von ihnen zogen sich ganz natürlich aus und schritten dann selbstbewusst in Richtung der Tepidarien davon. Also faste sie sich ein Herz und entkleidete sich ebenfalls. Ein wenig kühl lag die Luft danach auf ihrer Haut. Auch war es ein eigenartiges Gefühl so ganz nackt vor so vielen Fremden. Und was das aufregendste war, weit und breit war kein Mann, der daran Anstoss nehmen konnte! Ein aufregendes Gefühl befiel Iulia. Langsam konnte sie sich mit solchen Thermenbesuchen anfreunden.
Doch nun war es auch bei ihr daran, ins lauwarme erste Becken, das Tepidarium, zu gehen und sich dort in die angenehmen, warmen Fluten zu legen. So lief Iulia die kurze Strecke und hatte gleich darauf ihr Ziel erreicht. In dem Becken, das sie für sich ausgesucht hatte, saßen bereits eine gute Zahl von Frauen. Die einen schnatterten munter miteinander, andere hatten ihre Augen geschlossen und genossen das warme Nass. Nach kurzer Orientierung ließ sich auch die Iulierin ins Becken gleiten. Angenehme Wärme umfing sie. So ließ es sich leben!
Beim Rande des Beckens sitzend und soweit wie möglich im Wasser drinnen (man wollte ja kein bisschen von dieser sagenhaften Wärme vergeuden!) besah sie sich dann eine Weile lang ihre Mitbadenden. Viele hier kannten sich offensichtlich nach der Art wie sie einmal mit dieser und einmal mit jener plauderten. Das erinnerte Iulia wieder daran, dass sie als Landküken aus Misenum niemanden hier in Rom kannte. Bisher hatte sie nur ihre iulische Verwandtschaft und eine alte Freundin aus der Heimat hier in der großen Stadt getroffen, doch Iulia wünschte sich auch Kontakt zu stadtrömischen Mädchen in ihrem Alter!
Ein wenig zweifelnd ob dieses Wunsches beobachtete sie die anderen Mitbadenden. Ob sich das heute vielleicht ändern konnte?