Officium SAL | Aedilis Curulis

  • Achtundachtzig Prozent! Das waren 264 von 300 Stimmen! Eigentlich neigte Sextus im allgemeinen nicht zu Gefühlsausbrüchen und bemühte sich, den Maßgaben der Stoa gerecht zu werden. Aber achtundachtzig Prozent!
    Sextus war wie trunken. (Noch ein Zustand, der schon seit über einem Jahrzehnt nicht mehr vorgekommen war, da Sextus den Verlust der Kontrolle über sich selbst mehr als verabscheute. Doch diese Trunkenheit war anders, da sie die Sinne benebelte und doch gleichzeitig frei ließ.) Er hatte zwar damit gerechnet, gewählt zu werden – andernfalls hätte er nicht kandidiert – aber dieses Ergebnis überraschte ihn dann doch. Mehr noch, es hatte ihn in einem Anflug von vorübergehendem Wahnsinn dazu veranlasst, sich selbst und sogar allen Sklaven der Villa zur Feier des Tages einen Becher des besten, roten Weines, den der Keller beherbergte, zu gönnen.


    Achtundachtzig Prozent! Zweihundertvierundsechzig Stimmen. Der helle Wahnsinn.


    Aber dass ihm so viele Senatoren ihre Stimme gegeben hatten, bedeutete auch etwas anderes: Jetzt musste er auch liefern, was er versprochen hatte. Die Gesetzesreform musste innerhalb seiner Amtszeit fertig werden, er hatte hier keine Zeit zu verlieren. Und da er sie einigen Senatoren vorab zur Verbesserung zukommen lassen wollte und Senator Iulius Dives auf unbestimmte Zeit absent war, um bei Formulierungen zu helfen, sollte er besser heute damit anfangen. Oder nun gut, am nächsten Tag, heute zu feiern und sich dieses Ergebnisses zu erfreuen, war legitim.


    Leider aber musste er bei anderen Pflichten, die das Aedilat mit sich bringen würde, improvisieren. Traditionell waren die Ludi Plebei die Spiele, die von den Aediles ausgerichtet wurden. Aber ausgerechnet jene hatte sich Claudius Menecrates auserkoren, um dort – als Consul eigentlich völlig an der Aufgabe des Amtes vorbei – Spiele auszurichten, oder auch nicht. Allerdings war sich Sextus sehr sicher, dass, wenn er beim Claudier diesbezüglich genauer nachfragen wollte, ohnehin nur abschätzig vertröstet werden würde und auch nur mit einem 'vielleicht' aus der Unterhaltung geschickt werden würde. So bestand also nun die Gefahr, dass zu den Ludi Plebei dieses Jahr gar keine Spiele stattfanden, da der Claudius vielleicht oder vielleicht auch nicht Spiele ausrichten würde – oder eben nicht. So konnte er als Aedil allerdings dann nicht planen und musste sich etwas anderes einfallen lassen, etwas ein wenig untypischeres und improvisierteres. Aber dies war Sextus im Zusammenhang mit dem Claudier ja leider auch schon gewohnt.
    Glücklicherweise bot der Festkalender ja durchaus noch einige weitere sacra popularia, an denen Spiele veranstaltet werden konnten. Und Sextus würde sie schon zu nutzen wissen.


    Daher lautete der Schlachtplan fürs erste: Mit den Pontifices Kontakt aufzunehmen, inwieweit man sich an den zeitnah anstehenden Consualia denn beteiligen konnte. Und das Schreiben der Marktreform. Damit sollten die nächsten Wochen doch sinnvoll gefüllt sein.

  • Nachdem einer der aurelischen Sklaven Luna abgefangen und gebeten hatte dem Aurelier etwas zu bringen, machte sie sich von der Culina auf den Weg. Leise klopfte Luna an die Tür und trat ein. Natürlich hatte sie von dem Wahlsieg ihres Gastgebers gehört - gut er war der Gastgeber der Tiberii nicht direkt ihrer, aber das war ja nur Nebensache.
    Sie trat also mit je einem Krug Wasser und Wein sowie einem Tablett mit kleinen Köstlichkeiten aus der Culina ein.
    "Dominus, verzeih die Störung. Hier eine kleine Stärkung für den Arbeitstag." sagte sie leise und stellte das Tablett auf einen kleinen Bleistelltisch ab. Die blickte den Mann kurz an, bevor sie noch hinzufügte. "Ich möchte dir zu deinem Wahlsieg gratulieren und wünsche dir eine erfolgreiche Amtszeit."
    Sie verweilte noch kurz, es konnte ja sein, dass der Aurelier noch irgendwelche Wünsche hatte.

  • Die Störung kam etwas unerwartet. Eine Sklavin kam herein, brachte etwas zu essen und sprach ihn obendrein noch an. Dem sprechenden Interieur schenkte Sextus nie besonders viel Aufmerksamkeit, so dass er nicht sicher war, ob diese Sklavin zu den seinen und den Tiberiern gehörte. Allerdings beschloss er, dass sie wohl zu einem der Tiberier gehören musste, da seine Sklaven alle einige Dinge wussten. Zunächst: Er hasste Überraschungen, selbst positive. Keiner seiner Sklaven hätte einfach so irgendwas zu Essen vorbeigebracht, ohne zuvor von ihm aufgefordert worden zu sein, eben das zu tun. Zum zweiten: Sextus unterhielt sich nicht mit seinen Sklaven, und wenn, sprach er sie zuerst an. Im Grunde hatten seine Sklaven und er eine einfache, schweigende Vereinbarung: Sie nervten ihn nicht, und er ließ sie dafür auch in Ruhe, ließ sie ihre Streitereien unter sich klären und strafte nur, wenn derjenige sich renitent zeigte und es zweifelsfrei verdient hatte. Und schließlich drittens: Sie blieben nicht einfach so stehen und warteten, sondern zogen sich möglichst rasch zurück, um – wie in Punkt zwei erwähnt – ihn nicht zu nerven. Da diese Sklavin hier alles drei aber tat, musste sie zu den Tiberiern gehören.
    Aber heute hatte er viel zu gute Laune, um sich darüber länger zu wundern oder gar aufzuregen. “Danke“, antwortete er also einfach schlicht auf die Gratulation. Sextus bemühte sich schließlich immer um Höflichkeit, und es gab keinen Grund, hierbei Ausnahmen zu machen. Als die Sklavin aber nach einem Augenblick noch immer stand, beschloss er, doch einmal nachzufragen. “Gibt es sonst noch etwas?“

  • Natürlich war Luna von Verus nicht gewohnt, das er sie derart mit Missachtung strafte, aber der Aurelier war hier Hausherr und ging scheinbar anders mit seinen Sklaven um natürlich ordnete sich Luna dem unter und daher beeilte sie leise zu erwidern. „Nein. Entschuldige nochmals die Störung.“ fast lautlos zog sie sich aus dem Raum zurück und schloss leise die Tür.

  • Und auch Verus tat seine Pflicht, die ihm als Ältester übertragen war und klopfte - kurz nachdem Luna anwesend war- ebenfalls an. Immerhin musste sich dieser Tiberius für die Gastfreundschaft bedanken. Es war eine lästige Pflicht, da sich scheinbar Lupus und Verus nicht sehr mochten. Dennoch war Verus nie vor etwas geflohen und stellte sich auch diesem Gespräch mit gleichgültiger Kälte.

  • Und da war sie dann auch wieder weg. Sextus sah ihr noch einmal kurz nach und zuckte dann die Schultern. So war das einfach, wenn Gäste ihre Sklaven mitbrachten und alle sich bemühten, harmonisch zusammenzuleben: Jeder machte es so, wie er es bisher kannte, und Unterschiede fielen schneller auf. Sextus war weit entfernt davon, irgend etwas davon als Problem zu betrachten.


    Er widmete sich also gerade weiter seinem Wein, als es erneut anklopfte. (Heute war hier aber auch ein Verkehr!) “Intra“ rief Sextus noch immer fröhlich. Als die Tür sich also öffnete, sah er auch gleich schon den im Gegensatz zu ihm immer sauertöpfisch dreinblickenden Tiberius Verus. Von irgendwelchen Antipathien nichts wissend und viel zu gut gelaunt, um sich von einem Gesichtsausdruck davon abbringen zu lassen, grüßte Sextus also fröhlich den etwas unpatrizischen Patrizier. “Ah, Tiberius! Möchtest du mit einem Wein auf diesen wundervollen Tag mit mir anstoßen?“

  • Wenigstens ersparte sich Verus eine Erklärung und so nickte er nur. "In der Tat," sagte er dennoch und trat mit festen Schritten ein. Das Militärische konnte er einfach nicht ablegen. Immerhin hatte es sein ganzes Leben geprägt. War dieser Mann vor ihm wirklich so fröhlich? Fröhlichkeit kannte der oft zu ernste Verus nicht mehr in dem Umfang. Sein eigenes emotionales Portfolio war doch recht eingeschränkt, wäre da nicht Luna, die ihm durch ihre Liebe mehr zeigen konnte und ihn mehr menschlich machte, als er gerade zeigen konnte. Mechanisch waren seine Bewegungen und sein Ausdruck. "Ich gratuliere dir, Aurelius," floskelte er dann diszipliniert, während er Position vor dem Senator bezog, um den illustren Anstoßvorgang zu beginnen.

  • Sextus schenkte dem Tiberier ebenfalls einen Becher des guten Roten ein – selbstverständlich verdünnt, nur Barbaren tranken puren Wein. Allerdings nur mit moderatem Wasseranteil, zur Feier des Tages. Noch immer lächelnd übergab Sextus den Becher an seinen griesgrämigen Gast. Kurz überlegte er, ob er den Mann darüber aufklären sollte, dass einem Lügen eher geglaubt wurden, wenn man dabei lächelte. Und dass der Tiberier hier unbedingt und von Herzen gratulieren wollte, glaubte Sextus einfach nicht. Das hier hatte mehr etwas von einem Pflichtbesuch, einer Sache, die eben erledigt werden musste, ehe man sich spaßigerem zuwenden konnte.
    Wobei in diesem speziellen Fall 'spaßiger' wohl das falsche Wort war. Sextus war sich nicht einmal sicher, ob Tiberius Verus lächeln konnte, selbst wenn er wollte. Was wohl mit der Hauptgrund war, warum Sextus auf lehrerhafte Belehrungen verzichtet. Das, und die Tatsache, dass wohl gutgemeinte Ratschläge bei diesem Mann verschwendet wären. Würde er solche annehmen, wäre er als Patrizier nicht popeliger Centurio, sondern wenn schon beim Militär, dann doch Tribun oder Legat.


    So aber stieß Sextus nur mit dem Tiberius einmal an und nahm dann einen weiteren Schluck. “Ich danke dir sehr. Ich gebe zu, nicht mit einem derart eindeutigem Ergebnis gerechnet zu haben, was diesen Tag durchaus zu etwas besonderem macht. Meine Erwartungen werden nur höchst selten übertroffen. Was allerdings auch im Umkehrschluss bedeutet, dass ich nun auch halten muss, was ich versprochen habe. Hast du irgendwelche Anregungen für meine Amtszeit als Aedil?“
    Sextus glaubte zwar nicht, dass es so war. Aber es wäre unhöflich gewesen, nicht wenigstens zu fragen.

  • Zwar hatte er als Aedil auch eine Präsenz in der Basilica Iulia, wo man ihn oder seinen plebeischen Amtskollegen zu aushängenden Sprechzeiten antreffen konnte, doch arbeitete Sextus die meiste Zeit natürlich zuhause in seinem Officium. Hier hatte er es weitaus bequemer als mitten in der Stadt, und vor allen Dingen hatte er hier auch die Ruhe, sich um die vielen Kleinigkeiten auch mit entsprechender Konzentration zu kümmern. Insbesondere seiner Pläne zur Änderung der Marktgesetze kam dies zu gute, aber auch andere Dinge vom Tag pflegte Sextus in den ruhigen Abendstunden noch schnell aufzuarbeiten, ehe sie noch aus dem Gedächtnis schwanden.


    Zur Arbeitserleichterung hatte er sich auch eine Vorlage geschaffen, die er nur nach den jeweiligen Gegebenheiten abändern musste. Nun, ehrlicherweise war diese Vorlage von anderen Aediles geschaffen worden, aber wie dem auch sei: Sie war nützlich:


    EDICTUM AEDILIS CURULIS
    DATUM
    (Datum)


    Wegen Verstoßes gegen § 5 (X) der Lex Mercatus durch VERSTOSS erhebe ich gemäß § 8 (1) der Lex Mercatus eine Geldstrafe von XX Sesterzen von YY.
    Die Strafe ist binnen einer Frist von zwei Wochen ab Verkündung des Edikts zu zahlen.


    Beschwerde oder Einspruch ist an den amtierenden Consul zu richten.


  • Sim-Off:

    Sorry, kam zwischen den Jahren zu nix


    Erneut grübelte Sextus über den Gesetzestexten. Nun, da die Saturnalien vorbei waren, hieß es aber wieder, sich dahinter zu klemmen und endlich einmal Fortschritte zu machen. Nun, da er einen Tiro hatte, der mitdenken und vielleicht auch mitformulieren konnte, hoffte Sextus, dass die konkreten Texte tatsächlich etwas schneller gefunden werden konnten. Unendlich viel Zeit zur Umsetzung dieses Projektes hatte er ja auch nicht, insbesondere, wenn er das fertige Werk vorab einigen Senatoren noch zur Durchsicht geben wollte, um damit die Chancen der Ratifizierung zu steigern.


    So saß er also zwischen den unnachgiebigen Wachstafeln und zermarterte sich schon früh morgens den Kopf darüber, wie er seine guten Ideen in gesetzestaugliche Worte fassen konnte.

  • An einigen neugierigen Blicken vorbei wurde Tiberius auch direkt ins Arbeitszimmer des Sextus geführt. Das Gesetzgebungsvorhaben des Ädilen war dem Valerier nicht aus dem Kopf gegangen und so hatte er einige Ideen hin und her geschoben. Vielleicht gefiel dem Aedil ja etwas davon, sollten sie das Ganze diskutieren. Aber Aufdringlichkeit war nicht das, was Tiberius vorhatte.


    Der Magistratus war kein jovialer, laut lachender Volkspolitiker dem Anschein nach, sondern ein kühler Berechner, der genau abmaß, was vor ihm lag. Das Vertrauen des Aureliers würde er sich hart erarbeiten müssen.
    Irgendwelche aufreibenden Intrigen und geheime Aufträge würden ihm vorerst also kaum zufallen.


    Und so würde Tiberius jedenfalls am Anfang vor allem Befehle auszuführen haben und sich auch sonst nützlich zu machen, schätzte er. Mal sehen. Zu lernen gab es hier jedenfalls genug.


    Er klopfte vernehmlich an den Türrahmen des Officiums.


    "Salve, Aedil. Valerius Flaccus, wie abgemacht. Zu Diensten."

  • Soweit sein Zeitgefühl dies richtig einordnete, kam der Valerier pünktlich. Wenn er dies über die Wochen seines Tirocinums so beibehalten würde, war Sextus gewillt, es als Pluspunkt zu vermerken.
    “Salve, Valerius. Setz dich“, bot Sextus mit einer einfachen Geste einen Platz auf einem einfachen Holzstuhl an. Kurz starrte er noch weiter auf die gerade anvisierte Tafel, aber der Gedanke, auf den er wartete, wollte nicht kommen. Also schob Sextus die ganze Angelegenheit erst einmal beiseite und widmete sich dem jungen Mann.
    “Nungut. Als mein Tiro wirst du mir in den nächsten Wochen begleiten, mir über die Schulter sehen und ein wenig ein Gefühl dafür bekommen, was man als Senator so den lieben, langen Tag tut, insbesondere, wenn man gerade Magistrat ist. Ich erinnere mich noch an mein Tirocinum, und um ehrlich zu sein fand ich das meiste davon damals furchtbar langweilig und überflüssig.
    Ich will jetzt nichts versprechen, was ich nicht halten kann: Ein Teil meiner Arbeit wird stumpfe Routine sein, die für einen außenstehenden wohl langweilig sein wird. Und sofern du nicht vergessen hast, zu erwähnen, dass du etruskisches Blut in deinen Adern hast, wirst du einen Teil davon vermutlich nicht verstehen.“
    Sextus war ja nicht nur Aedil und Senator, sondern auch noch Haruspex. Deren Künste aber waren selbst für Eingeweihte teils schwer zu verstehen, die meisten Römer hatten Sextus' Erfahrung nach so überhaupt gar keine Ahnung von den Dingen, die ein Haruspex so tat. “Aber ich werde mich zumindest bemühen, die meisten Dinge zu erklären, und darüber hinaus sehe ich keinen Sinn darin, Ressourcen zu verschwenden und dich zu einem Schattendasein zu verdammen. Wo es möglich ist, werde ich dir also auch konkrete Aufgaben übertragen und dich in meine Überlegungen und Entscheidungen mit einbeziehen. Dies geht natürlich nicht überall, aber wo es geht, werde ich mich bemühen.“
    Um stumm in der Gegend herumzustehen und nichts zu tun, hatte Sextus schließlich Sklaven. Wenn er schon einen Tiro hatte, sollte der verdammt noch eins auch etwas dabei lernen.


    “Mein wichtigstes Projekt habe ich dir schon genannt: Die Reform unserer Marktgesetze. Und damit einhergehend die Schaffung eines vernünftigen Eigentumsrechtes.
    Mir ist es dabei wichtig, ein Gesetz zu erschaffen, dass sowohl eindeutig ist und die ganzen Lücken des jetzigen Gesetzes schließt, als auch einfach verständlich, so dass kein Zweifel am Inhalt des Gesetzes aufkommt. Eigenwillige Interpretationen will ich nach Möglichkeit von vornherein ausschließen.


    Allerdings verstoße ich beim Formulieren von Gesetzestexten regelmäßig gegen meine eigenen Maßgaben. Daher wird deine Aufgabe nicht nur darin bestehen, bei Formulierungen zu helfen, sondern insbesondere darin, großartiges Geschwurbel meinerseits aus der Endfassung herauszuhalten.
    Darüber hinaus wünsche ich, dass du mich auf Fehler aufmerksam machst. Ich bin in dieser Hinsicht kein übermäßig stolzer Mann, ich möchte ein fehlerfreies Werk erschaffen. Wenn ich also einen begehe, etwas vergesse oder Blödsinn behaupte, erbitte ich ausdrücklich, dass ich darauf aufmerksam gemacht werde. Das wird nicht am Ende bedeuten, dass alles nach deinem Willen geht, aber wenn du eine Frage aufwirfst, auf die ich keine Antwort habe, sagt dies uns zumindest, dass dies ein Punkt ist, an dem noch gearbeitet werden muss.


    Hast du bis hierhin schon einmal Fragen?“


    Sextus hatte nicht vor, seinen Tiro gleich zu Beginn mit einem Redeschwall zu erschlagen, aber gänzlich ohne einleitenden Worte würde es wohl nicht gehen. Daher mühte er sich, sie in akzeptablen Grenzen zu halten.

  • Dankbar setzte sich Tiberius auf den angebotenen Stuhl. Ein zweckmäßiges Stück, genau wie der Rest des Officiums. Jedenfalls wenn man es mit dem Tabularium verglich. Patrizier lebten in jeder Hinsicht auf einer anderen Ebene. Und das störte den Valerier auch überhaupt nicht. Im Gegenteil. Er genoss es in der Gegenwart sichtbarer Macht, die alles um ihn herum ausstrahlte immer mehr. Von einem aus relativ einfachen Verhältnissen, wie Tiberius, hätte man vielleicht annehmen können, er sei darauf aus, den Popularen zu spielen. Doch damit kam man heutzutage schlicht nicht mehr weit. Außerdem war Tiberius kein plebejischer Schwärmer. Nein, wenn man was werden wollte, musste man seinen Blick nach oben richten. Und wenn er sich hier beim Ädilen nützlich machen konnte, wäre das sicher ein Schritt in die richtige Richtung.



    "Nun, ich bin dankbar, dass du mich auch in wichtigere Angelegenheiten einbeziehen willst.


    Was dein Gesetzesvorhaben angeht, so erscheint mir das immer mehr als überaus ambitioniertes Projekt, das zweifellos in die Geschichte eingehen wird. Auf die eine oder andere Weise.


    Immerhin geht es bei den Dingen, die du erwähnt hast, um die Grundfesten des Gemeinwesens. Eigentum, Besitz. Und gerade dabei gibt es so immens viele Interessen auszubalancieren, denke ich. Und die Wirkung solcher Novellen, wie du sie vorhast, ist kaum abzuschätzen, wird aber jedenfalls riesig sein. Im guten oder im schlechten Sinne. Ich bin jedenfalls bereit, ans Werk zu gehen.


    Mhm.


    Und die maßgeblichen Herren des Senats und des Kaiserhofs stehen deinem Vorhaben grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber?"


    Eigentlich war Tiberius Politikenthusiast, hatte aber während seiner Zeit in Griechenland naturgemäß de politische Scene der Hauptstadt aus dem Auge verloren.
    Man musste jedoch kein besonderer Kenner sein, um zu erkennen, dass das Projekt des Ädils in mehrerer Hinsicht politisch nicht risikofrei war. Die Unterstützung der anderen Magistrate, insbesondere des Konsuls Menecrates, konnte sehr hilfreich sein. Im Senat und auch sonstwo. Trotzdem würde der Ädil aufpassen müssen, dass es nicht damit endete, das der Konsul oder jemand anderes hochrangiges sie nicht die ganze Arbeit machen ließ, um sich die Vorlage dann mit großem Brimborium selbst an die Standarte zu hängen. Und außerdem hingen an der Materie des Gesetzes einige sehr gefährliche Spinnennetze.


    Jede Reform, die mit Eigentum und Besitz zu tun hatte, würde unweigerlich diejenigen aufschrecken, die vom Status Quo profitierten. Mithin die Reichen. Reich an Geld und Einfluss. Und falls die gar zu aufgeschreckt waren, wäre Geschwurbel im Normtext das geringste Problem des Ädils. Allein, wenn jemand im Reich eine Reform von Eigentum und Markt durchziehen konnte, dann doch wohl die Aurelier. Aber was würden die Claudier sagen, oder die Flavier? Und die Octavier?
    Einerlei, Tiberius würde das Seinige zum Gelingen tun.

  • Eigentlich erwartete Sextus nur bei der Änderung eines Paragraphen eine Gegenwehr. Natürlich bei jenem schwammigen Wortkonstrukt, das eigentlich die Betriebswahl von Senatoren und Patriziern einschränken sollte, aber derart wachsweich ausgelegt wurde, dass letztendlich so mancher Senator es mit der landwirtschaftlichen Tradition ihres Standes nicht nur weniger genau nahm, sondern ganz und gar darauf pfiff. Diese Lücke zu schließen würde also wohl auf weniger Gegenliebe stoßen. Gleichzeitig auch hatte Sextus vor, alte Ungerechtigkeiten auszumerzen. Und an den Stellen, wo die Senatoren sich selbst bereicherten, mochten sie zwar großzügig sein. Wenn es aber darum ging, einem anderen auch nur die klitzekleinste Chance auf Wohlstand zu gewähren, waren sie geradezu borniert und missgünstig ohne Ende. Das also würden die harten Nüsse sein, die es zu knacken galt.
    Die eigentlichen Regelungen zu Besitz und Eigentum in Worte zu gießen, das hielt Sextus hingegen für eine reine Formalie. Wer konnte Einwände gegen etwas erheben, was ohnehin schon praktiziert wurde und was nichts ändern würde?
    “Die Kaiserin äußerte sich äußerst wohlwollend meinen Vorschlägen gegenüber, ebenso Consular Purgitius. Ich hoffe, das fertige Werk vor Abstimmung den Senatoren Flavius – beiden – und Iulius – wohl nur Dives – für eine kurze Kritik zu präsentieren, ebenso wie natürlich Consular Purgitius. Sollte ich deren Zustimmung erhalten, sollte das Gesetzgebungsverfahren an sich eine Formalie sein.“ Claudius Menecrates würde wohl große Worte schwingen, an allem möglichen herumkritteln, nur um irgendetwas zu finden, weswegen er dagegen wäre, ganz egal, was in diesem Gesetz stehen würde. Wenn es einen Troll im Senat gab, dann war es momentan der Consul. Da nahm es Sextus noch nicht einmal übel, von diesem von dessen Projekten ausgeschlossen zu werden, so hatte er wenigstens Zeit für seine Projekte und musste sich nicht mit Banalitäten die Zeit rauben lassen.


    “Das Eigentumsrecht an und für sich ist natürlich ein großer Brocken, da es dies bislang nicht in vernünftiger Form gibt. Allerdings besteht die Aufgabe hierbei ja hauptsächlich darin, in Worte zu kleiden, was ohnehin so getan wird. In der sauberen Begriffsfindung, wenn man so will. Ich habe...“ Sextus suchte kurz in den Wachstafeln. “... schon ein paar Gedankenfetzen festgehalten." Sextus schob die Tafel zu seinem Tiro hinüber.

    Eigentum und Besitz
    1. Eigentümer einer Sache ist derjenige, der die rechtliche Gewalt über diese Sache ausübt. Eigentümer einer Sache kann nur ein freier Mensch sein.
    2. Der Eigentümer einer Sache ist grundsätzlich berechtigt, mit dieser Sache zu verfahren, wie er es möchte, sofern er dadurch nicht die Rechte Dritter verletzt, andere gefährdet oder andere Rechte dieses Recht im Einzelfall einschränken.
    3. Der Eigentümer kann eine Sache einer Dritten Person zum zeitweiligen oder dauerhaften Besitz überlassen. Hierdurch verliert er nicht sein Eigentum an besagter Sache.


    Fehlt noch: Enteignung? Ersitzung? Kein gutgläubiger Erwerb von Hehlerware (vgl. Cod. Iur?)? Miete? Leihe? Recht auf Herausgabe?
    Eventuell wäre ein eigenes Eigentumsrecht empfehlenswert?


    “Das Eigentumsrecht an und für sich würde vermutlich sehr umfangreich. In meinem persönlichen Fokus steht allerdings die Verbesserung der Marktgesetze, weshalb ich persönlich denke, dass erst einmal auf diesem recht allgemeinen Unterschied zwischen Eigentum und Besitz aufbauend das Marktrecht reformiert werden sollte, und anschließend, falls noch Zeit bleibt, das Eigentumsrecht in seinen Feinheiten ausgearbeitet werden. Leihe, Miete et cetera ist für eine Regulierung der Märkte wohl eher nebensächlich.
    Die Frage ist daher für mich, ob dies als Arbeitsgrundlage schon ausreichend ist?“

  • Tiberius sah sich die Tafel eine ganze Weile lang genauer an. Einiges war bereits ausformuliert, anderes war noch in Schlagworten mit Fragezeichen dahinter.


    "Nun, Ädil, da hast du ja schon einiges gesammelt. Das Eigentum hast du genauer beschrieben.Abschnitt 3. bietet die Grundlage für die Leihe zum Beispiel. Und unten hast du die Arten der Rechtsgeschäfte aurgezählt, die noch nicht als Gesetz niedergeschrieben wurden. Miete und Leihe, ja. Ich weiß nicht, ob die nachrangig sind. Aber je mehr du in deiner Lex regelst, desto mehr Einfluss hast du auch auf das was auf den Märkten so passiert. Händler mögen sicher Leihen vornehmen- vor allem Geld. Oder Mieten. Standmieten, Karrenmieten, Sklavenmieten.
    Warum nicht also nicht gleich das Ganze durchregeln?


    Mhm.


    Ersitzung ist in den XII Tafeln schon genannt. Das müsste also eigentlich nur neu gemacht werden, wenn du etwas an der bestehenden Regelung ändern willst.


    Mhm. Recht auf Herausgabe, ja. Für die Herausgabe von ungerechtfertigt erlangtem gibt es ja die condictiones. Wenn man die mit anderen Herausgabeklagen mal in ein Gesetz fasst, wäre das sicher vorteilhaft. Eine Klage für den Kaufvertrag, eine Klage für die Miete und so weiter.


    So wie ich das also sehe, hängt das Marktrecht mit den Grundlagen des Eigentums, den Rechtsverhältnissen und dem Recht der Sachen untrennbar zusammen. Warum also nicht den großen Wurf wagen?"


    Von einem durchdachten Gesetzentwurf für den Senat und Kaiser waren die Gedanken des Ädils anscheinend noch ein gutes Stück entfernt. Er schien noch ganz am Anfang zu stehen. Gedankenfetzen und Ideen. Soweit so gut, umso mehr konnte sich Tiberius bei der ganzen Sache nützlich machen. Und beim Gedanken, bei der Erschaffung eines vielleicht enorm tiefgreifenden Gesetzes mitzuwirken, wurde ihm regelrecht schwindelig.

  • Warum nicht gleich alles auf einmal regeln? “Weil ich auch hin und wieder schlafen oder mich um andere Dinge kümmern muss, Valerius“, lautete die einfache, ehrliche und humorvolle Antwort auf diese Frage. “Ich bin als Aedil angetreten und habe in meiner Kandidatur versprochen, die Ungerechtigkeiten und Unsinnigkeiten des Marktrechtes auszumerzen, also liegt auf der Einhaltung dieses Versprechens während meiner Amtszeit auch mein Fokus. Wenn dies geschafft und noch Zeit übrig ist, bin ich mehr als gewillt, ein ausführliches Eigentumsrecht ebenfalls zu schaffen und all die anderen Dinge in Worte zu fassen, die ebenfalls dazugehören mögen. Sollte ich hierfür nicht ausreichend Zeit haben, habe ich immerhin schon ein Leitthema für meine Prätur.


    Das heißt nicht, dass es nicht sinnig wäre, alles gleichzeitig zu machen und so ein Werk zu schaffen, das der Verbesserung im Nachhinein nicht mehr bedarf. Allerdings muss man hin und wieder Prioritäten treffen, und meine liegt beim Marktrecht.
    Das soll dich nicht davon abhalten, zu denken oder etwas zu formulieren. Wenn du hieran Freude hast, fühl dich frei, daran zu arbeiten. Jedes bisschen hilft uns weiter.“
    Sextus hielt garantiert niemanden vom arbeiten ab. Sollte der Valerius ein stringentes Eigentumsrecht aus der Toga schütteln, würde er es selbstverständlich sich ansehen. Aber er hatte eben auch andere Verpflichtungen.


    “Das Marktrecht an sich ist schon sehr umfangreich und zu ersetzen wohl schwierig. Einige Teile sind ja auch durchaus brauchbar und können einfach übernommen werden. Aber einiges bedarf dringend der Reformation. Schon allein der Paragraph Vier über die Betriebe... Diesen gedenke ich ganz und gar neu zu formulieren und wohl in mehrere neue Paragraphen aufzuteilen. Allen voran ein solcher, der eindeutig regelt, was 'landwirtschaftliche Betriebe' sind. Stell dir vor, einige Senatoren betreiben einen Gewürzhandel mit Pfeffer aus Parthien und deklarieren dies als landwirtschaftlichen Betrieb. Das ist absurd!“ An dieser Stelle verließ Sextus kurz seine sonst recht stoische Ruhe. Aber dieser Sachverhalt war wirklich mehr als absurd und etwas, worüber sich eigentlich halb Rom aufregen müsste, was aber wohl einfach so mangels Interesse hingenommen wurde.

  • Tiberius nickte zustimmend, als der Ädil sich über die Problematik der landwirtschaftlichen Betriebe erregte. Er erinnerte sich, dass vor einiger Zeit einige Prozesse geführt worden waren, unter anderem gegen so prominente Herren, wie Germanicus Avarus.


    Der Valerier hatte den vagen Passus immer als eines der "inoffiziellen" Privilegien der Senatoren wahrgenommen, obwohl die Blüten, die daraus gesprossen waren, nicht geeignet waren, das Ansehen der Senatoren unter der Bevölkerung zu mehren. Es wurde nicht besonders gern gesehen, dass Leute in herausgehobener Stellung eben diese nutzten, um sich wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen.


    Nun war er neugierig, wie der Senator das Problem anpacken würde.


    "In der Tat, Ädil. Man könnte sicher behaupten, dass die geschätzten Senatoren sich hier Freiheiten herausnehmen können, die eher nicht so beabsichtigt waren bei der Erstellung der Lex Mercatus. Wie willst du also den landwirtschaftlichen Betreib definieren?"

  • Tja, wie konnte man den landwirtschaftlichen Betrieb so definieren, dass nicht sofort alle Senatoren laut aufjaulen würden, aber doch gleichzeitig so, um die schlimmsten Auswüchse fortan auszuschließen. Genau das war an diesem Paragraphen die spannende Frage.
    “Meine bisherigen Versuche hierzu gefallen mir noch nicht. In etwa...“ Sextus nahm eine Tafel und kritzelte mit dem Stylus gleichzeitig zum sprechen mit.


    Mitgliedern des Ordo Senatorius und Patriziern sind nur berechtigt, landwirtschaftliche Betriebe in ihrem Eigentum zu führen. Als landwirtschaftlicher Betrieb gilt,


    “Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist ein solcher, der sich mit der Ernte von Pflanzen sowie deren unmittelbarer Weiterverarbeitung... nein, besser, dessen betriebswirtschaftlicher Schwerpunkt die Ernte und direkte Weiterverarbeitung von Pflanzen oder die Gewinnung von tierischen Produkten, insbesondere durch Zucht oder Entnahme aus der Natur ausmacht. Betriebe, die sich rein der Weiterverarbeitung pflanzlicher oder tierischer Produkte oder einzig mit deren Transport befassen, sind keine landwirtschaftlichen Betriebe im Sinne des Gesetzes.“ Sextus sah noch einmal auf die Tafel.



    Mitgliedern des Ordo Senatorius und Patriziern sind nur berechtigt, landwirtschaftliche Betriebe in ihrem Eigentum zu führen. Als landwirtschaftlicher Betrieb gilt ein Betrieb, wenn sein betriebswirtschaftlicher Schwerpunkt auf der Ernte und direkten Weiterverarbeitung von Pflanzen oder der Gewinnung von tierischen Produkten, insbesondere durch Zucht oder Entnahme aus der Natur, liegt. Betriebe, die sich rein der Weiterverarbeitung pflanzlicher oder tierischer Produkte (Handwerk) oder einzig mit deren Transport (Handel) befassen, sind keine landwirtschaftlichen Betriebe im Sinne des Gesetzes.


    Er runzelte die Stirn. “Gefällt mir immer noch nicht“ konstatierte Sextus nüchtern. “Aber besser als nichts. Erstmal.“

  • Die Ideen des Ädils schienen Tiberius in der Tat noch etwas unhandlich. Aber es war klar, worauf der Magistrat hinaus wollte.


    Was Tiberius jedoch noch unklar war, ob es neben der hehren Motivation, Gesetzeslücken zu schließen, vielleicht noch andere Motive dahinter stecken mochten, die politischerer Natur waren. Wollte sich der Aurelier mit seinen Änderungen, die ja vor allem auf den Senatorenstand zielten bei den Plebejern beliebter machen? Ein Popular unter den Patriziern? Tiberius konnte es nicht sagen.


    Der Stereotyp des patrizischen Politikers hätte die Regelung, dass Senatoren ausschließlich landwirtschaftliche Betriebe unterhalten durften, ohne viel Federlesens aus dem Fenster geworfen und sich den Goldminen zugewandt. Metaphorisch und tatsächlich.


    Mit einem ironischen Lächeln fragte er also:
    "Warum also nicht diese Regelung mit den landwirtschaftlichen Betrieben ganz abschaffen? Verursacht doch anscheinend vor allem Gerichtskosten."


    Er nahm eine der beiden Tafeln zur Hand.



    "Wie wäre es mit:
    Landwirtschaftlich ist ein Betrieb, wenn er ausschließlich zur Erzeugung und unmittelbaren Weiterverarbeitung der Ernte oder der Gewinnung von tierischen Produkten, dient.


    Alternativ könnte man die zuässigen Betriebsarten natürlich einfach enumerativ aufzählen. Aber eleganter wär es natürlich, eine flotte Definition verwenden zu können."

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - MANIUS FLAVIUS GRACCHUS

  • Die Ironie, die der Valerier vielleicht impliziert hatte, entging Sextus völlig. Er starrte vielmehr seinen jungen Tiro beim ersten Moment nur an, als hätte er vollkommen den Verstand verloren. Allein so etwas vorzuschlagen war Wahnsinn.
    “Senator Germanicus hat selbiges oder ähnliches zwar durchaus versucht, doch der Großteils von Roms Senatorenschaft respektiert durchaus unser edles Erbe als Bauern, die diese Region erst urbar gemacht haben. Als Senator hat man als gutes Beispiel voranzugehen, und nicht sich selbst die Taschen möglichst voll zu stopfen. Und insbesondere sollte man sein möglichstes tun, um Volksaufstände zu vermeiden. Davon hatten wir wirklich mehr als genug.“ Im Hinblick auf den jüngsten Sklavenaufstand wäre eine solche Regelung wohl tatsächlich das kontraproduktivste, was nur vorstellbar wäre. Selbst der gierigste Holzkopf sollte da dagegen stimmen, sobald auch nur ein Senator diesen erwähnte.


    Glücklicherweise hatte Valerius Flaccus aber durchaus noch brauchbare Vorschläge, die etwas weniger geschwurbelt klangen. Sextus überlegte. “Hm, eine strenge Auslegung deiner Formulierung würde aber beispielsweise Sägewerke und ähnliches ebenfalls ausschließen. Im Grunde würde ich diese der Senatorenschaft gerne weiterhin zugänglich lassen. Und der Nachsatz müsste in jedem Fall hinzu, um eine Situation, wie sie jetzt besteht, auszuschließen. Aber ja, die Formulierung ist gut.“


    Daher landete sie auch auf einer zweiten Tabula, die neben die erste gelegt wurde. Die finale Version würde dann wohl irgendwo dazwischen liegen, wohl aber mehr an der valerianischen Formulierung.


    Mitgliedern des Ordo Senatorius und Patriziern sind nur berechtigt, landwirtschaftliche Betriebe in ihrem Eigentum zu führen. Landwirtschaftlich ist ein Betrieb, wenn er ausschließlich zur Erzeugung und unmittelbaren Weiterverarbeitung der Ernte oder der Gewinnung von tierischen Produkten, dient. Betriebe, die sich rein der Weiterverarbeitung pflanzlicher oder tierischer Produkte (Handwerk) oder einzig mit deren Transport (Handel) befassen, sind keine landwirtschaftlichen Betriebe im Sinne des Gesetzes.


    Sextus besah sich die Tafel noch einen Augenblick und entschied dann, dass der Text ihm gefiel. Noch einmal ein anerkennendes Nicken.
    “Da hierdurch einige Betriebe aus dem Kreislauf vermutlich herausfallen werden, halte ich es Anbetracht unserer momentanen Marktsituation ebenfalls für zweckmäßig, das Limit der Betriebsanzahlen auf fünf zu erhöhen. So können die unteren Stände die freigewordenen Betriebe im besten Fall übernehmen, und auch die Senatoren sollte die Möglichkeit auf mehr Betriebe insgesamt gnädiger stimmen.
    Und mit der Differenzierung zwischen Eigentum und Besitz kann endlich auch der irreführende Paragraph umformuliert werden, der Sklaven von der Führung eines Betriebes ausschließt. Wer das operative Geschäft eines Betriebes führt, ist weniger entscheidend, als wer sich durch sein Eigentum dadurch verantwortlich zeichnet.“

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