• Ocella gab es auf als er Sabaco sah. Wohlweislich hatte er auf dem Markt drei neue dicke Winter-Tuniken und ein paar Beinlinge gekauft, Der Winter war nah und Sabo hatte nur diese reichlich verschmutzten, fadenscheinigen und übelst riechenden Fetzen. Er sollte anständig zu seiner Einheit reisen und vor allem dort antreten.

    Nachdem Sabo sich an den Tisch gelümmelt und seine längst zu erledigenden Aufgaben und offensichtlichen Erkenntnisse aufzählte.

    Ocella verzog ein wenig das Gesicht und entgegnete,

    Die Versetzungsbefehle sind bereits hier im Castellum...als keine weiteren Verzögerungen. Er beobachtete wie Sabo sich etwas von dem Schinken abschnitt und hoffte, daß die Verfärbung an seiner Hand nicht das war wonach es aussah. Er beschloß sich keinen weiteren Schinken zu genehmigen und wies nach Sabo´s Frage auf den Krug frischen Wassers, den er vorhin noch vor dem Umfallen gerettet hatte, als sich Sabo an den Tisch setzte.

    Mir reicht das Wasser, aber bestell dir ruhig etwas. Im Gegensatz zu seinem Bruder hatte er schon wieder einen klaren Kopf und war gewillt diesen auch zu behalten, da er nur Ausgang bis zum Mittag hatte. Während Sabo sich über den Schinken hermachte schob ihm Ocella das dicke Paket mit der neuen Kleidung zu.

    Das sind ein paar neue Tuniken und wollene Beinlinge. Deine Reise wird lang und der Winter ist nah, also leg die Beinlinge und die Fußlappen bitte an. Die Tuniken sind dick und langärmelig, sie werden dich warm halten. Er musste grinsen Achja, die Tuniken sind braun und eher dunkel, das dürfte deinen Essgewohnheiten entgegenkommen. Langsam lehnte er sich etwas zurück und sah seinen Bruder an. Es war traurig anzusehen was die Zeit aus ihm gemacht hatte. Er selbst war auch kein Kind von Traurigkeit, aber er hatte stets Wert auf sein Äußeres gelegt. Spätestens seit seinem Eintritt in die Legion war er Vorbildlich was das anging.

    Sabo kaute recht offenmundig, was Ocella einen Einblick in dessen Mundhöhle gestattete. Kopfschüttelnd schob er das Paket zu seinem Bruder und platzierte oben drauf noch einen ledernen Beutel mit etwas Reisegeld. Es war genug um ordentlich nach Roma zu kommen. Dort dürfte er noch Zeit haben sich bei ihrer Schwester blicken zu lassen. Ocella hatte ihr geschrieben und sie um weitere Versorgung gebeten.

    Du solltest mal einen Medicus aufsuchen Sabo...sonst wird dich dein Maul,...deine Zähne noch umbringen.


  • Sabaco hörte auf zu kauen und schaute das Paket an. Er wischte sich die Finger gründlich an einer weitestgehend sauberen Ecke seiner Kleidung ab, ehe er es anhob und zu sich nahm. Er zog es nicht über den Tisch. Eine Weile sagte er nichts und schaute nur auf die neuen Tuniken und Beinlinge. Nicht einmal der Scherz seines Bruders aufgrund der dunklen Farbe erhielt eine Erwiderung.


    "Danke", sagte Sabaco schließlich.


    Die übrigen Gäste wurden kurz mit einem feindseligen Blick taxiert, ehe Sabaco wieder auf das sorgfältig gepackte Päckchen schaute.


    "Ich muss baden, bevor ich die anziehe", murmelte er. Sein Pferd könnte auch noch mal gebürstet werden, ehe er losmachte ...


    Auf die Anmerkung, dass seine Zähne ihn noch umbringen würden, lächelte Sabaco nur. Er brachte es nicht übers Herz, seinem Bruder zu sagen, wie gleichgültig ihm das war. Was ihn im Kampf furchtlos erscheinen ließ, war nur der Umstand, dass ihm der Ausgang egal war. Sabaco liebte weder sein Leben noch sich selbst.


    "Ich werde einen Medicus aufsuchen", versprach er. Nicht für sich, sondern für Ocella.


    Er schnippte die Bedienung heran. Anstelle einer Karaffe heißen Met bestellte er ein heißes Bad. Als die Frau gegangen war, um dem Mädchen Bescheid zu geben, das sich um die Zimmer und die Gäste kümmerte, sah er Ocella an.


    "Das ist ein Abschiedsgeschenk", stellte er fest.

  • Ocella sah seinen Bruder mit einer Mischung aus Traurigkeit und Abschiedsschmerz an und nickte.


    Ich habe mir gedacht du könntest so etwas brauchen.


    Es freute ihn, daß Sabo sein Geschenk zum Anlass nahm sich noch einmal vor der Reise zu reinigen. Vor seinem geistigen Auge sah er sich nochmal als kleinen Jungen, voller Panik und Entsetzen über den Brand…und er sah seinen Bruder rußgeschwärzt, die Augen wirkten grotesk vergrößert, die versengten Haare standen ab und seine Tunika hing in Fetzen an seinen dürren Knabenkörper.


    Nun, dünn war er jetzt nicht mehr, aber sein Zustand hatte sich im Grunde kaum verändert. Ocella fragte sich ob das nur eine Folge seiner Reise hierher war oder sein Bruder einfach ein sehr laxes Verhältnis zur Sauberkeit hatte. Kopfschüttelnd erhob er sich und entgegnete,


    Ich möchte daß du in Roma einen vernünftigen Eindruck machst Sabo,…manchmal ist das wichtig weißt du?! Halt dich also bereit, ich sende dir Nachricht wenn es losgeht.


    Und auch wenn der freie,erwachsene Römer dies nicht tat so deutete er doch ein leichte Verbeugung vor seinem älteren Bruder an. Lebe lang und in Ehre Bruder!


    Ein letzter Blick, ein letztes Lächeln, dann verließ Ocella die Taberna und versuchte sich gegen dieses seltsame Gefühl der Trauer in ihm zu wehren und besann sich auf seine kommenden Aufgaben.

  • Sabaco kam nur dazu zu nicken, dann blieb ihm lediglich, auf den Rücken seines davongehenden Bruders zu sehen. Der unerwartete Abschied brachte ihn aus dem Konzept und ihm fehlten alle Worte.


    Lange hüllte Sabaco sich hernach in Schweigen. Der Stuhl gegenüber stand halb zurückgeschoben, so als würde Ocella gleich wiederkommen, um sich zu ihm an den Tisch zu setzen. Das Frühstück, was für zwei gedacht war, musste Sabaco allein verzehren. Langsam aß er es auf, ließ nicht einen Bissen übrig und trank den Wasserkrug leer. Die Finger wischte er anschließend gedankenverloren an der Tunika ab und drückte das überreichte Päckchen an seine Brust, ehe er aufstand, um nach oben zu gehen.


    Das Zimmer war gelüftet worden, der Nachttopf geleert und das Bad zur Hälfte eingelassen. Sabaco legte das Bündel vorsichtig auf dem Bett ab und ging sein Tier versorgen. Süßlicher Pferdegeruch umfing ihn im Stall. Er reinigte das braune Fell mit verschiedenen Bürsten, bis es glänzte, kratzte die Hufe aus und kämmte die schwarze Mähne und den Schweif. Für Futter und Wasser hatte schon irgendwer gesorgt. Es war ein schönes und zuverlässiges Tier, dem das Alter weiß ins Gesicht geschrieben stand. Diese Reise war sein letzter Einsatz.


    Nach getaner Arbeit stapfte Sabaco wieder nach oben. Jede Treppenstufe knarrte und untermalte die empfundene Stille. Das Mädchen füllte gerade den letzten Eimer in den Zuber. Sabaco schloss hinter sich die Tür und wartete. Sein Blick war scheinbar entspannt, doch dass er den Weg nach draußen versperrte, war Botschaft genug. Als das Mädchen den Eimer abstellte, ergriff er sie wortlos und drückte sie bäuchlings ins Bett, das Gesicht von ihm abgewandt. Er erstickte jedes Geräusch mit der flachen Hand, weil er nichts von ihr hören wollte. Nachdem er fertig war, schickte er sie hinaus, mit ein paar Münzen abgespeist, und fühlte sich genau so beschissen wie zuvor. Sabaco warf seine dreckigen Kleider in die Ecke und ließ sich ins heiße Wasser sinken.


    Als er in seiner neuen Kleidung die Treppe herunterkam, frisch rasiert und mit geöltem und glatt gekämmtem Haar, erkannte man ihn kaum wieder. Er hatte sogar seine zusammengewachsenen Brauen gezupft, sodass er wieder mit zweien statt einer aufwarten konnte und weniger finster wirkte, weil sie nun schmaler waren. Man sah seine blauen Augen, befreit von den buschigen Schatten. Wenn Sabaco nicht den Mund aufmachte und man die tiefe Platzwunde an seiner Stirn ignorierte, hätte man ihn vielleicht als gutaussehend bezeichnen können. Als er zahlen wollte, hatte Ocella, die gute Seele, längst alle Rechnungen beglichen.


    Hilflos, was er tun sollte, bis irgendwann eine Nachricht eintreffen würde, stand Sabaco im Raum. Er setzte sich wieder an den inzwischen abgeräumten Tisch, bestellte einen Met und starrte schweigend auf den leeren Stuhl.

  • Die Zeit vertrieb Sabaco sich mit Trinken und Sex. So begann er die Tage, so beendete er sie.


    Er hätte spazieren gehen, Kontakt zu den Soldaten vor Ort aufnehmen oder sich die Stadt ansehen können, doch er fühlte sich in der Taberna wie festgeklebt, in der er ein paar gute Stunden mit Ocella verbracht hatte, ehe sein Bruder ihn überstürzt verließ. Ocella konnte nicht weit fort sein und war doch unerreichbar. Sabaco würde bald in Cappadocia weilen, am anderen Ende des Imperiums, tausend Meilen weit fort. Dort würde er so wenig zu Hause sein wie in Germania, Sabaco war an jedem Ort ein Fremder. Doch ein Gefühl von zu Hause hatte er in diesem Schankraum mit seinem Bruder verspürt.


    Und so tat er nichts anderes, als an genau dieser Stelle zu warten, bis die Zeit die Dinge wandeln würde.

  • Er begann sogar zu hoffen, dass die Schwarzkutten wieder aufkreuzten, nur damit er ein vertrautes Gesicht sah, und sei es noch so verhasst. Einige Male hatte Sabaco sich auf den Weg ins Stadtzentrum gemacht, um sich Mogontiacum anzusehen und einen Markt zu suchen, war aber nach wenigen Metern wieder umgekehrt, zurückgetrieben von der festen Überzeugung, dass sein Bruder genau jetzt in der Taberna aufkreuzen musste. So war es doch immer, die Götter hatten einen grausamen Sinn für Humor. Und wenn das geschähe, würde Ocella nach Sabaco fragen, nur um zu erfahren, dass sein treuloser Bruder nicht auf ihn gewartet hatte, obgleich felsenfest versprochen. Bitter enttäuscht würde er wieder abziehen. Der Gedanke war unerträglich, Sabaco konnte hier nicht weg.


    Bis zu dem Tag, da ihm der Wirt mitzuteilen wagte, dass das Schankmädchen keine Hure sei und er sich sein Treiben lange genug mitangesehen hätte. Sie würde schon Angst haben, die Gäste zu bewirten, wenn Sabaco im Raum saß und das tat er von früh bis spät. Falls Sabaco sie noch einmal belästigte, dann würde er ihn des Hauses verweisen. Dabei hatte er dem unbeliebten Gast mit dem Finger gedroht, den er sich garantiert immer in den Hintern schob.


    Sei es seiner Sturheit geschuldet, seinem vom Alkohol abgestumpften Verstand oder der Tatsache, dass er diese Taberna nicht mehr sehen konnte - Sabaco gönnte sich eine letzte, heftige Begegnung mit dem herrlich fetten Arsch der Frau. Ihren Protest erstickte er mit routinierter Gewalt. Die Münzen, die er immer für sie auf den Boden warf, ignorierte sie heute. Grinsend wälzte er sich auf den Rücken und kratzte seinen klebrigen Schritt. Dann raffte er sich auf, um noch einmal den Zuber in Anspruch zu nehmen. Keinen Augenblick zu früh sank er in das Wasser und wusch sich in Windeseile die Haare. Die Tür öffnete sich und der Wirt stand dahinter, flankiert von einigen großgewachsenen Germanen.


    Wenig später fand Sabaco sich mit seinem Hab und Gut auf der Straße wieder. Wie gut, dass er zuvor gefrühstückt hatte. Er bereitete sein Pferd vor und belud es, ehe er in aller Ruhe in Richtung Castellum ritt.


    Castellum der Ala II Numidia >>>

  • << RE: Porta praetoria – Haupttor (Vor dem Betreten des Lagers bitte hier anmelden!)


    Es gab einen Geist, der nie vergaß und nie vergab. Als Sabaco die Taberna Silva Nigra erreichte, lag Dunkelheit über Mogontiacum. Als er zurück in die Dunkelheit wich, gebar das Gebäude sein Flammenkind, das er in sein Inneres gesät hatte mit umsichtiger Hand. Eine kühle, feuchte Gasse wurde sein Beobachtungsposten der Geburt. Nur mühsam konnte er genügend Distanz zwischen sich und das Feuer bringen, um nicht gleich aufzufallen, während der Brand bald brüllend hinauf in den Nachthimmel schlug. Sabaco lehnte gegen die Mauer, den Kopf zur Seite geneigt, Schweiß im Gesicht, die Hand unter der Tunika, das Herz so lichterloh brennend wie das Haus vor ihm. Sie alle würden büßen ... es gab niemanden, der unschuldig war. Als der Dachstuhl in einem Funkenschauer zusammenbrach und die Flammen an den Nachbarhäusern leckten, sank Sabaco stöhnend auf die Knie.


    RE: Porta Praetoria - Einjeder der Einlass in das Castrorum wünscht muss sich hier melden! >>

  • Eila schreckte auf. Irgendetwas hatte sie aus ihren Träumen gerissen. Sie saß in ihrem Bett und schnupperte. Rauch! Doch nicht hier. Sie lief zum Fenster und riss es auf. Ein eisiger Schreck fuhr in ihre Glieder. Die Taberna stand lichterloh. Gerade kamen die Vigiles und begannen mit den Löscharbeiten. Dabei löschten sie weniger die Taberna sondern versuchten die Flammen von den Nachbarhäusern abzuhalten.

    Eila spurtete zu ihren Sachen, zog sich an, schlüpfte in ihre Latschen und trampelte die Treppe herunter. Sie wollte helfen.

  • Die Vigiles preschten mit ihrem Wagen voller leerer Eimer von zwei Seiten an die Taberna heran. Sofort wurden Brunnen geschöpft und sie bildeten mit beherzten Bürgern eine Eimerkette. Bald schon machte es keinen Sinn mehr die Taberna zu löschen und sie konzentrierten sich auf die umliegenden Gebäude. Den Göttern sei dank waren die Dächer nass vom Regen und der Funkenflug nur gering. So schafften sie Brandlasten aus der Reichweite und evakuierten die umliegenden Gebäude.

    Bald sackte die Taberna in sich zusammen, rasch wurden wieder Eimer herangebracht und in die aufstobenden Funken geschüttet. Sie hatten Fortuna auf ihrer Seite, keines der umliegenden Häuser hatte Feuer gefangen und während der Schwelbrandtrupp nach Brandnestern und eventuellen Opfern suchte sprach der Hauptmann der Vigiles mit dem Wirt, der mit einer Decke über die Schulter auf die Reste seiner Existenz starrte. Neben im kniete greinend seine Tochter.

    Also,...was ist passiert? Hattest du Gäste? Ein Talklicht? Oder habt ihr das Herdfeuer nicht richtig gepflegt?

    Was weiß ich denn? Jaulte der Wirt,...nein ich hatte keine Gäste, die Zimmer waren leer. Ich sehe auch alle Knechte und Mägde...nein ich sage dir, da hat jemand seine Finger im Spiel!

    Natürlich! dachte sich der Hauptmann der Vigiles, war aber froh daß keine Menschen im Feuer umgekommen waren. So war das einzige was die Vigiles bargen die Kiste mit der Barschaft des Wirts, er hatte sie gebeten an einer bestimmten Stelle nachzusehen. Es war kein Geheimnis, daß die Taberna ihre beste Zeit weit hinter sich hatte. Die Reparaturen nahmen Überhand und es wurde bereits gemunkelt der Wirt würde aufgeben.

    Der Morgen begann und Mogontiacum hatte eine Attraktion weniger. Doch wer weiß vielleicht würde bald schon eine neue Taberna für das leibliche Wohl der Gäste sorgen?

    Der Hauptmann inspizierte noch einmal die Ruine, schickte dann seine totmüden Helfer nach Hause und rückte mit seinen Vigiles ab.

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