Chyou

  • Scato blickte etwas schockiert, hatte sein Sklave gerade wirklich 2000 Sesterzen für dieses Gerippe geboten? Etwas angesäuert und entnervt ließ er sich in seine Sanfte fallen und zog den Vorhang zu. Immerhin hätte er nun ein Geschenk für seine Verlobte und ein außerordentlich exotisches noch darüber hinaus. Dennoch, er müsste nochmal über die Kunst des Handelns mit Lupus reden. Der Bursche hatte meinen großen Sinn für Geschäfte.


    Sim-Off:

    Sorry, die deadline kam dann doch recht schnell

  • Scheinbar hatte es dem dubiosen Senator die Sprache verschlagen, weil eine unbestimmte Person irgendwas rief, was an eine Zahl erinnerte. Eine hohe Zahl zumindest. Verus ungehalten über diese blaffende, selbstgerechte Anweisung an einen nicht näher Bestimmbaren zeigte den Wert, den der Senator dieser seltenen Blüte entgegen brachte. Chyou verdiente etwas Besseres als Selbstgerechtigkeit.


    "2100," rief Verus nun selbst zur Sicherheit und behielt seine kriegsgeschundene Pranke in der Luft.


    Sim-Off:

    Editiert, um SimOff Beiträg zu entfernen.

  • "3000!" - donnerte Verus simultan, um das arme Geschöpf aus gierigen Händen zu retten und Luna ein Lächeln zu entlocken. Ihm war diese Handlung wichtig, denn seit langem fühlte er sich wieder lebendig, indem er jenes Mitgefühl wiederfand.

  • Der Wettstreit um das beste Gebot zog Prisca in den Bann und mit großem Interesse beobachtete sie die männlichen Mitbieter. Hmm, wem würde ich dieses exotische Juwel am meisten gönnen?, dachte sie so für sich, ohne sich schon geschlagen geben zu wollen. Geld hatte sie genug, aber es spielte für sie keine Rolle, ob sie am Ende den Zuschlag erhalten würde (oder nicht).


    Da waren also ihr Verwandter Scato, der Germanicus (den sie bei den Tierhetzen kennen gelernt hatte) und ein unbekannter Mann, von dem sie in der Menge nur den Kopf sehen konnte.


    Mal sehen, wer als nächstes bietet. ... Oder soll ich?, überlegte Prisca und (mit einem weiteren Blick auf die Ware) entschied die Aurelia, einfach ganz spontan zu handeln.


    Dann allerdings glaubte Prisca zwischenzeitlich einem Sekundenschlaf erlegen zu sein, als sie plötzlich das Gebot von 2.000 Sesterzen hörte. Hatte der alte Halsabschneider Tranquillus gar seine Leute in der Menge postiert, um die Bietwilligen in die Irre zu führen? Eben waren es doch noch 900 gewesen? ...seltsam ...


    Der Unbekannte erhöhte sogleich um weitere 100, doch ein Ende schien noch nicht in Sicht. Soll ich, oder soll ich nicht? ..., überlegte Prisca und es reizte sie einfach die männlichen Bieter heraus zu fordern. Mit einem unmerklichen Kopfnicken gab sie ihrem Sklaven schließlich das Zeichen:


    " 2.350 Sesterzen!", rief der Sklave schlussendlich das finale Gebot der Aurelia nach vorne und Prisca wartete gespannt, ob es für den Zuschlag gereicht hätte.

  • Die Gebote flogen nur so über den Markt. Luna kam gar nicht mehr nach zu erfassen, wer gerade der Höchstbietende war. Plötzlich donnerte Verus Stimme über den Platz. 3000!!! Luna sah ihn fragend an. Ja er war eindeutig vom Bieterfieber erfasst. Nun denn 3...2...1 MEINS. Da hatte der alte Sklavenhändler aber ein ordentliches Geschäft gemacht. Luna schüttelte kurz missmutig den Kopf, nicht weil Verus die Sklavin erstanden hatte, nein weil sie dem alten Knochen, der dort vorn Menschen wie Vieh anbot den Gewinn einfach nicht gönnte.
    Und dennoch drehte sie sich lächeln zu Verus. „Sehr spendabel der Herr Prätorianer heute.“ Sie zwinkerte ihm lächelnd zu, nahm sich den Beutel mit dem Silber und ging zur Bühne.. Ja sie würde den Alten gleich bezahlen. Ihn und seines gleichen wollte sie nicht in der Villa Tiberia wissen. Sie würden die Sklavin nicht liefern, nein das würde Luna nicht zulassen. An der Tribüne angekommen erhob sie die Stimme. „Hier ist das Geld, ich nehmt sie gleich mit. Und nehmt ihr diesen Strick ab.“ Man konnte an Lunas Tonfall nun wirklich nicht erkennen, dass sie eigentlich nur eine Sklavin war. Nein Luna gab Befehlen wie jeder beliebige Römerin. „Komm zu mir mein Kind.“ Sagt Luna und kramte in dem mitgeführten Weidenkorb. Sie fischte eine Frische Tunika heraus und einen schicken Gürtel. Eigentlich atte sie beides für sich gekauft. Aber die Kleine hier hatte das eindeutig nötiger. Und den alten Fetzen den sie am Leib trug würden sie hier lassen. Den konnte man nicht mal mehr als Putzlappen gebrauchen. „Hallo Schjuh? Ich heiße Luna und bin die Sklavin von Tiberius Verus.“ Sie zeigte in Verus Richtung. „Der Mann der dich ersteigert hat. Ich bin hier um dich mitzunehmen. Zieh das hier an, dein Kleid ist wohl nicht mehr zu retten.“ Sagte sie lächelnd und hielt Ihr Tunika und Gürtel hin.

  • Prisca hielt unbewusst den Atem an, just in jener Sekunde als sich die Stimme ihres Sklaven mit der des Unbekannten zu vermischen schien. Dann kam die Erkenntnis, dass ihr Gebot bei weitem nicht ausgereicht hatte. 3.000 Sesterzen?! Wahrlich eine stolze Summe für eine Sklavin und rechnerisch eigentlich ein Verlustgeschäft, bedachte man die durchschnittliche Lebenserwartung eines Sklaven.


    Was mochte den Unbekannten also dazu bewogen haben, eine derart exorbitante Summe zu zahlen? Würde er es irgendwann vielleicht bereuen? Nun vielleicht würde sie es erfahren, vielleicht auch nicht.
    Jedenfalls hatte Prisca keine Zweifel, dass die Sklavin aufgrund der hohen Anschaffungskosten keine allzu niederen Arbeiten zu fürchten hätte.
    Und so wollte Prisca auch keine schlechte Verlierin sein, indem sie dem Unbkannten mit einem Nicken und einem Lächeln zu seinem Sieg gratulierte, ehe sie ihrem Gefolge das Zeichen zum Aufbruch gab.

  • War die Versteigerung doch ordentlich angelaufen übertraf das, was folgte die kühnsten Erwartungen des alten Sklavenhändlers. 3000 Sesterzen war das letzte Gebot gewesen, bevor der Sand durch die Uhr gerannt war. Eine gewaltige Summe, die Titus Einsatz um ein vielfaches überstiegen hatte. Hätte sich die Investition in bessere Kleidung vielleicht doch gelohnt, ärgerte sich der ewig unzufriedene und geldgierige Sklavenhändler. Damit wäre bestimmt noch ein hunderter drin gewesen.


    "Verkauft für 3000 an den ernsthaften jungen Mann mit der bezaubernden Begleitung." Da sammelte wohl jemand hübsche Sklavinnen. Nun, warum auch nicht. Titus sammelte Geld, andere Sklavinnen, so wurden sie beide glückliche Menschen.
    Ein Sklave hatte noch ein Gebot gerufen, dass aber geringer war.
    "Würdest du zu mir kommen? Mein junger Assistent hier wird derweil die nächste Versteigerung ausrufen. Wir haben hier einen hervorragenden Cursor. Bitte, Appraxides!"
    Der Assistent führte einen neuen Sklaven auf die Bühne, während Titus die Frau herunterführte. An seinem Schreibtisch seitlich hinter dem Podium erwartete er den Käufer für die Formalitäten.


    "Hast nen guten Preis gebracht Mädchen. Dein Glück!" zischte er der Frau zu. Jemand, der das Geld ausgab, der würde seine Ware am Leben halten wollte.


    Sim-Off:

    Dann bitte einmal 3000 Sesterzen auf das Konto Staatskasse II.

  • "Einen Moment junge Dame!" hielt Titus die Sklavin noch mit erhobener Hand zurück.
    "Ich brauche noch den vollständigen Namen deines Herren für die Besitzurkunde hier. Die Du dann auch mitnehmen solltest. Ansonsten gratuliere ich zu dem Erwerb."
    Während er sprach hatte er eine Wage genommen und die Münzen gewogen. Die Summe schien zu stimmen, daher nickte er knapp dazu und dann wanderten die Münzen in die massive Kiste unter dem Tisch.


    Sim-Off:

    Du warst nen Tick schneller als ich ;)

  • "Ja?" Luna schaute den Händler erst fragend an. Dann lächelte sie kühl. "Natürlich! Mein Dominus heißt Aulus Tiberius Verus." Sagte sie auf die Fragen hin, dann kramte sie unter iher Tunika die silberne Plakette heraus, die sie um den Hals trug. Verus hatte sie ihr gegen, damit sie im seinen Namen Verträge abschließen konnte. "Reicht das aus?"

  • Lautete das Gebot soeben noch 2000 Sesterzen, hob es sich nur einen Herzschlag später bereits auf 3000. Chyou verstand nicht viel von der römischen Währung, wusste jedoch, dass eine solche Summe nur von wohlhabenden Menschen aufgebracht werden konnte. Weiter zitterte sie am ganzen Leib und mit Mühe hielt sie ihren Atem ruhig. Dann fiel Titus' Hammer und ihr Schicksal war besiegelt. Kein Sklavenhändler hatte sie erworben, sondern der unscheinbar gekleidete Mann mit der auffallend athletischen Frau an seiner Seite. Es fiel Chyou schwer, die Regungen seiner Gesichtszüge ob des Triumphs in dem Bieterstreit zu lesen. Zwar hatte sie die Sprache zu beherrschen gelernt, die Mimik der Römer blieb ihr indes auch nach solch langer Zeit oft fremd.


    Eine Hand legte sich auf Chyous Rücken und schob sie bestimmt in Richtung der Treppe, die zur aufgeregt schwatzenden Menge hinab führte. Dabei suchten die schwieligen Finger ihren Weg hinab, bis zum Rand ihres gefallenen Gewands. Eine Berührung, die Chyou nur allzu vertraut und wahrlich nicht mit angenehmen Erinnerungen verbunden war. Sie spürte den warmen Atem von Titus' Helfer im Nacken, lauschte den wenigen, geflüsterten Worten und wenn es denn möglich war, dass ihre helle Haut noch weißer wurde, geschah es in jenem Augenblick. Bevor die Bilder ihre düsteren Gedanken jedoch überwältigen konnten, hörte sie eine so sanfte wie entschlossene Stimme, die befahl, man möge ihr die Fesseln abnehmen. Der Mann des Sklavenhändlers leistete der Anordnung unmittelbar Folge, das ohnehin lose Seil fiel auf die hölzernen Planken des Podests und Chyous Gewand, bisher von den überkreuzten Armen getragen, folgte ihm. Ein Raunen ging durch die Menge, hier und da erklang ein aufreizendes Lachen und Chyou versank in Scham. Sie schloss die Augen, um zu beten, sie möge auf der Stelle im Nichts verschwinden und sich ihren Vorfahren zur Seite stellen. Der Wunsch wurde nicht erfüllt.


    Geld raschelte, als Titus Tranquillus die Sesterzen mit breitem Grinsen entgegen nahm und in seiner Kiste verstaute. Die raue Wirklichkeit zog Chyou zurück in die Gegenwart. Sie sah die fremde Frau an, die sie 'mein Kind' genannt hatte und starrte auf die Kleidung in der ihr angebotenen Hand. Frisch gewaschen, frei von Löchern und mit einem Gürtel von solcher Qualität, wie Chyou es für sich nicht kannte. Sie zögerte, witterte eine Falle, doch die Qual, den Blicken der Menschen nackt ausgesetzt zu sein, besiegte das Misstrauen. Sie griff zu, im Grunde viel zu schnell für eine Sklavin, und warf sich die Tunika über den Kopf. Den Gürtel noch im Griff, schenkte sie ihrem vormaligen Besitzer, dem Sklavenhändler Titus Tranquillus, einen letzten Blick und ihre mandelförmigen Augen ließen wenig Zweifel darüber, dass sie seinen Optimismus über ihr 'Glück' nicht unbedingt teilte. Dann fiel sie zu Boden, denn auch wenn Luna sich als Sklavin vorgestellt hatte, stand sie in der Rangfolge doch sich über ihr. Die Stirn auf dem Stein der Straße, die Arme von sich gestreckt, erwies sie ihrer Herrin in der Weise Ehrerbietung, wie sie es als Kind gelernt hatte. "Ich danke dir vielmals, Domina, für deine Güte", sagte Chyou mit kaum zu überhörendem Akzent und fügte nach kurzer Überlegung hinzu: "Mein Name ist Chyou" - sie sprach es Schi-ow aus.

  • "S c h i-o w." Wiederholte Luna ganz langsam. Doch noch ehe sie die Frau davon abhalten konnte, warf diese sich vor ihre Füße. Ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen. "Bei allen Göttern, was tut du da?" Waren die ersten Worte, die nachdem das Erstaunen wich aus ihrem Mund fielen. "Komm steh auf." Sagte sie und reichte der Frau die Hand, die sie hoffentlich ergreifen würde. "Ich möchte dich jetzt zu Verus bringen, also Tiberius Verus, der Mann der dich ersteigert hat." sagte sie in einem freundlich Ton.
    Luna würde die Sklavin nun an der Hand zu Verus führen und auf dem Weg dort hin leise mit der Frau reden. "Meine Name ist Luna, eigentlich Idun, aber jetzt nennt man mich Luna. Verus ist mein und dein Dominus. Aber von derartigen Ehrerbietungen wie gerade eben, solltest du absehen. Etwas leiser und nur für Chyou hörbar fügte sie hinzu. "Er ist ein Soldat, mitunter auch ein ungehobelter Klotz, aber er hat ein gutes Herz. Du musst also keine Angst vor ihm haben." Auf Lunas Gesicht zeigte sich ein warmes freundliches Lächeln.
    Sie schob die Sklavin nun vorsichtig vor sich her. Immer mal wieder musste Luna verbal den Durchlass einfordern. Aber schließlich hatten sie es geschafft und sie standen vor Verus. Lunas Hände lagen in einer beschützenden Gehste auf der fast zerbrechlich wirkenden Sklavin. "Dominus Verus?" Luna betonte das Dominus extra, allein weil sie wusste, das Verus es nicht mochte, wenn sie ihn so nannte - aber mitunter mochte sie es ihn damit zu ärgern, so wie gerade auch. "Darf ich dir Chyou vorstellen?" Diesmal sprach sie den Namen genau so aus, wie es das Mädchen ihr gesagt hatte. Chyou , dass ist Aulus Tiberius Verus, ab heute dein Dominus."

  • Als Luna aufbrach, blieb Verus in der Menge recht einsam zurück. Tatsächlich hatte der Trecenarius etwas Gutes getan. Etwas, was ihm selbst ein erhabenes Gefühl gab. Denn er glaubte daran, diese Frau vor selbstgerechten Händen gerettet zu haben. In gewisser Hinsicht hatte er dies wohl auch. Verus war kein schlechter Sklavenhalter und mit Sicherheit waren viele einfache Bürger schlechter dran als die Sklaven aus dem Hause Tiberius Verus. Denn Sklaven tat Verus selten etwas an, sofern er nicht musste. Sklaven waren ihm selbst sehr ähnlich, da er sich selbst auch oft unfrei fühlte. Erheblich gebunden durch Zwänge und Befehle. Verus war als Soldat ebenso wenig frei, so denn er wenigstens seinen Sklaven einen Hauch von Würde geben wollte. Sie verloren zeitweise sogar den Status eines Besitzes in seinen Augen und erhoben sich von einem Objekt zu einem Subjekt. Die Erfahrung mit Idun und verschiedene Erlebnisse hatten sein Bild erheblich gewandelt. Dennoch war er kein Sklavenbefreier oder selbsternannter Held. Verus wusste genau in welcher Zeit er lebte und welche Regeln galten. Zudem waren Sklaven schlicht notwendig für den Fortbestand des Reiches und sogar seines eigenen Haushaltes. Er konnte garnicht den Aufwand leisten, den seine Sklaven leistete, um die Besitzungen und Gebäude zu verwalten. Als Trecenarius war seine Zeit immer sehr knapp bemessen. Es lag gerade Ironie darin, dass viele seiner Sklaven besondere Freiheiten hatten und mit ihm sogar ihre Speisen teilten. Verus als Soldat bevorzugte stets einfache Kost, die er nicht römisch im Liegen einnahm, sondern im Sitzen und zwar auf die Weise der Soldaten, aus Tonschüsseln oder Blechgefäßen und einfachem Besteck, meistens einem Holzlöffel. Es lag ihm nichts an der Wertigkeit teurer Speisen, so dass er sattmachende und wohltuende Speisen den wuchtigen und fettigen Dingen vorzug. Luna wusste dies und so war die Culina der Hauptversammlungsort des Hauses geworden. Auch waren vielen Sklaven schnell klar, dass zwischen Verus und Luna alles andere als eine Herrschaftsbeziehung bestand. Man mochte meinen, dass Verus verheiratet war. Was auch stimmte, wenn man den germanischen Ritus betrachtete, dem Verus und Luna einst ausgesetzt waren. Ein Detail im Hause wies sogar darauf hin: Über der Schwelle der Porta hing an zwei kleinen Bolzen befestigt, ein germanisches Spatha mit einigen Gravuren. Es war Leitschwert ihrer Ehe, die niemals nach römischer Sitte vollzogen war. Doch beide wussten, dass ihre Liebe stärker war als jedes Gesetz. Sie mochte Sklavin sein, doch war sie in seinem Hause nicht unfrei.


    Ihre gemeinsame Geschichte war ohnehin besonders, so dass man im Hause des Tiberius darüber viele Gerüchte verbreitete. Denn Verus, als mächtiger Trecenarius und Prätorianeroffizier erschien oft militärisch, zynisch und kalt. Auch wenn er dies nie an seinem Hausstand ausließ. Man merkte jedoch schnell, dass seine Arbeit grausam und brutal sein konnte. Nicht selten hatte er Blut an der Kleidung oder Schmutz an seinen Händen. Auch die ständigen Besuche von römischen Soldaten, die wichtige Dinge besprachen, erzählten ihre eigene Geschichte über Verus, so dass es verwunderte, dass er so überaus nett mit seinem Haushalt umging. Für Verus selbst war dies normal, da sein Haus ein Refugium war und dort jeder unter seinem Namen Schutz finden konnte, der diesen verdiente. Vielleicht wollte er sich reinwaschen von seinen Taten, die er aus Tapferkeit und Befehl begangen hatte und auch wieder begehen würde. Verus war ein tapferer Soldat, dem es jedoch an Mut mangelte. Was ihm aufegetragen wurde, führte er stets ohne Zögern aus, auch wenn dies seine Seele zerstörte und sein Herz schwer belasteten. Dies stand auch in seinen Augen, die anders wirkten als die üblichen Augen der Passanten. Sie waren wissend, durchzogen von einer einsamen Schicksalspein, die gleichsam kalt aber auch mitleidig war. Verus war im Feuer des Krieges geschmiedet. Ein Soldat Roms.


    Endlich traf Luna ein. Ihr folgte geführt jene ersteigerte Blume, die Verus rasch bewunderte. Warum war die Tunika schmutzig? Verus meinte sich zu erinnern, dass Chyou noch vor der Bühne von der Luna neu eingekleidet wurde. Hatte der Geheimdienstchef etwas verpasst als er seinen Gedanken verweilte? Verus kniff kurz die Augen zusammen, um eine Antwort zu finden aber unterbrach dies dann als Luna mit ihrer gewohnt sicheren Art auftrat und ihn Dominus Verus nannte. Er hasste dieses Wort. Für Luna wollte er kein Dominus sein aber gut, sie zog ihn in der Öffentlichkeit oft damit auf. Es blieb ihm auch keine Wahl. Als Prätorianer konnte er öffentlich nicht weich erscheinen. Mit einer vorsichtigen Geste nickte er Chyou zu. "Du brauchst dich nicht zu fürchten," versicherte Verus seinem Neu-Erwerb achtsam. Er wollte nicht, dass sie sich weiter fürchtete. Es fürchteten sich schon genug Leute vor ihm. Diese Furcht wollte er nicht in ihren Augen sehen. Sie tat ihm selbst weh. Wenigstens in seinem privaten Rahmen wollte er sein Mitgefühl erlauben und nicht als Tyrann erkennbar sein.

  • Sie nannte sich Luna und doch war ihr Name Idun. Viel zu schnell, als dass sie es hätte begreifen können, veränderte sich Chyous Welt. Zurück blieb Verwirrung und Furcht. Unwillkürlich umschloss sie Lunas Hand mit festem Griff, während sie durch die Menge geschoben wurde, deren Aufmerksamkeit sich bereits auf das nächste Objekt von Titus Tranquillus' richtete. Chyou vernahm, wie Appraxides ausgerufen wurde, ein schweigsamer Mann, den sie nur flüchtig kannte aus den vergangenen Stunden in einer dunklen Kammer. Lunas Hand gab ihr Halt in diesem Moment, eine Orientierung, nicht geboren aus Vertrauen, sondern schlichter Alternativlosigkeit. Die Frau war ihr unheimlich, denn obschon sie behauptete, eine Sklavin zu sein, verhielt sie sich nicht so. Im Gegenteil verblasste selbst die helle Mittagssonne vor ihrem Selbstbewusstsein.


    Der Holzsplitter in Chyous Fußsohle stach unangenehm bei jedem Schritt, ließ ihren Gang unsicher wirken. Wie Gras im Wind teilten sich die Menschen vor ihr, bildeten einen Weg für sie und Luna, bis sie vor Aulus Tiberius Verus standen. Nur mit Mühe konnte Chyou dem Drang widerstehen, sich erneut gen Boden zu werfen. Vielerorts hätte es den Tod bedeutet, dem Herrn nicht sofort Ehre zu erweisen. Doch sie erinnerte sich an Lunas Worte und Gehorsam bezwang den Reflex. So neigte Chyou nur den Kopf, starrte auf ihre Zehen hinab und zwang sich, das Zittern ihrer Glieder zu beherrschen. Ihre Augen hatten sie aus der Ferne nicht getrogen. Aulus Tiberius Verus war ein Mann geformt aus Stahl. Luna hatte ihn einen Soldaten genannt, was wohl der Grund dafür sein mochte.


    Mehr noch als die Veränderungen verwirrte sie die Freundlichkeit, die man ihr entgegenbrachte. Hatte Luna ihr ein Lächeln geschenkt und Chyou versichert, sie müsse keine Angst vor ihrem neuen Herrn empfinden, bekräftige Aulus Tiberius Verus dies sogleich noch. Beide konnten Chyou jedoch kaum beruhigen, denn zu lange hatte sie allein mit ihren Gedanken gelebt, fern jedes fürsorglichen Zuspruchs, als dass sie hätte mehr empfinden können als Misstrauen und Angst. "Ja, Dominus. Es ehrt mich, dir dienen zu dürfen", antworte Chyou schließlich in Ermangelung einer besseren Antwort.

  • Das sie Chyou unheimlich war, ahnte Luna natürlich nicht. Für sie war ihr Verhalten normal. Verus betrachtete und ehandelte sie nicht als Sklavin. Sie war ja auch eher so etwas wie sein Eheweib. Ihr Selbstvertrauen rührte aus ihrem früheren Leben als germanische Seherin her. Aber dies alles konnte Chyou natürlich nicht wissen. Vor allem hatte sie bestimmt in den vergangenen Monaten ganze andere Seite des Sklavenlebens kennengelernt.
    Aber Luna, die ja im allgemeinen einen gute Beobachterin war, blieb zumindest nicht verborgen, das die kleine Sklavin Mühe beim Laufen hatte. So war es nun Luna, die vor ihr in die Hocke ging und nach ihrem Fuß griff. Sie konnte unter dem vielen Dreck kaum was erkennen, doch dann entdeckte sie den Splitter, der im Fuß der Sklavin steckte. Er steckte tief und die Haut drumherum war auch schon gerötet. Beherzt griff Luna zu ihrer Untertunika und riss ein Stück davon ab, um es provisorisch um den Fuß der Sklavin zu wickeln. Vorsichtig stellte sie den Fuß wieder ab und erhob sich geschmeidig. „Wir kümmern und zu Hause darum. Das sollte erst mal genügen, damit nicht noch mehr Dreck in die Wunde kommt. In der Villa säubern wir den Fuß und entfernen den Splitter. Dann sehen wir weiter.“ Sie sprach in einem ruhig liebevollen Ton, fast so wie man zu einem Kind sprechen würde. Dann wand sie sich zu Verus. „Ich denke es ist besser, wenn du sie zur Villa trägst. Der Splitter steckt schon sehr tief, wenn er noch weiter eindringt... wird es schwer ihn problemlos zu entfernen. Ich denke auch, Chyou sollte raus aus dem Trubel hier. Ein Bad, was zu Essen und Ruhe kann sie bestimmt gut gebrauchen.“

  • Ehre. Gab es Ehre überhaupt? Wie konnte sie geehrt sein, einem Soldaten zu dienen? Verus war längst dieser Ehre entwachsen. Auch wenn er sie als Römer stets postulieren musste und sogar behaupten musste, dass diese im Kern den Staat zusammenhielt aber in Wahrheit wusste Verus längst, dass es Ehre nicht gab. Ehre war überholt und in einem mächtigen Staatsapparat nicht mehr funktionsfähig, da Rom längst auf der Macht der Gewalt und des Gesetzes basierte. Die schlimmsten Verbrechen waren im Namen der Ehre nachträglich gerechtfertigt werden. Ebenso waren grausame Handlungen im Namen der Freiheit begangen worden. Es waren leere Begriffe, die man von sich gab und deren Wert man nicht mehr bemessen kann. Insofern rechnete Verus fest damit, dass diese Satzkonstruktion um das Wort Ehre auch nur eine Phrase war, die man dieser armen Seele beigebracht hatte. Einige mochten sich in dieser Höflichkeit sonnen. Doch Verus brauchte keine Höflichkeit mehr, sondern schlicht Anstand. Anstand war für einen Soldaten eine Form der Aufrichtigkeit, die keiner Ehre oder einer Lehre verdankte, was sie war. Anständig war ein Mensch vom Charakter her. "Das wird die Zeit entscheiden, ob es dich ehrt," antwortete Verus nüchtern und ließ damit offen, was er in Wahrheit damit meinte. Er sah sich selbst nicht als ehrbar an. Immerhin hatte er erst vor wenigen Tagen einen Römer im Namen einer kruden Staatsidee beseitigen müssen. Dessen Gesicht, als dieser in seinen Tod stürzte, verließ ihn nicht mehr. Dieses blanke Entsetzen. Seine Augen starrten direkt in die Seele des Trecenarius, bevor sie verfielen. Auch hatte er in Dakien und Germanien mit seiner Waffe Leid und Schrecken verbreiten müssen. Im Krieg gab es keine Ehre. Es gab nur Sieg oder Tod. Auf dem Schlachtfeld konnte man einen Namen erringen. Etwas verlor sich dabei jedoch immer. Niemals ging ein Mann ins Feld und kam als der gleiche zurück. Verus hatte viele Schlachtfelder gesehen. Und die vielen Jahre in Germanien haben ihm nicht nur Gewalt, sondern auch stille Agonie abverlangt. Jahre diente er in einem verlassenen Praesidio an der Grenze mit seiner Centurie. Die Kälte, die Tristess und das wiederholende sowie abstumpfende Echo einer anderen Welt, hatten ihm das genommen, was Römer gemeinhin als höflich betrachteten.


    Nichts war mehr von dem Patrizier übrig, der einst als Politiker erzogen worden war. Umstände hatten ihm dies genommen. Nicht nur der Bürgerkrieg. Verus war hart. Nicht nur zu sich selbst aber dennoch zeigte sich eine Gnade in seinem derzeitigen Blick, der sanft zu Chyou hinabfiel. Sie zitterte. Ihre Angst war ersichtlich und auch ihre Unsicherheit im Umgang. Dem Trecenarius entging dies nicht und ihre unschuldige Angst erlaubte dem Mann, der mit der Waffe besser war als mit der gezeigten Nächstenliebe, doch etwas Warmherzigkeit zu offenbaren. Auch half diese Geste des Vertrauens, das eindringliche Bild seiner letzten Aufgaben abzuschütteln. Sanftmütig streckte er seine zernarbte Hand aus. Man konnte erkennen, dass sie einige Schnitte und Hiebe im Kampf erlebt hatte. Dennoch war sie sanft und gepflegt. Nur die Narben verrieten, dass sie die Hand eines Kämpfers war und auch der wuchtige Unterarm erlaubten eine Auskunft. Dieser Mann war ein Kämpfer, der seinen Körper stets auf einen gewaltsamen Konflikt vorbereitete. Er streckte seinen Zeigefinger aus, und hob ihr Kinn vorsichtig an. Verus wollte ihr in die Augen schauen, damit er etwas von ihrer Seele erblicken konnte. Es war keine Forderung, denn es war kein Druck oder Gewalt in dieser Berührung, die schlicht auf ihrem Kinn lag. "Du musst deinen Blick nicht vor mir verbergen," meinte Verus, der gerne erblickte, was Menschen dachten und das galt auch für Sklaven. Verrat lag im Verborgenen und wenn man ihn nicht anblickte, würde auch Verrat in den Augen verborgen bleiben. Schließlich übernahm Luna die feinfühlige Arbeit, da sie ebenso, wie Verus, bemerkt hatte, dass Chyou wohl verletzt war. Ihr Gang hatte unsicher gewirkt. Verus war überaus dankbar dafür, dass Luna die Initiative ergriff, ohne das er jene Anweisung geben musste. So kannte er seine Luna. Sie war immer besser als er und handelte sogar gerechter. "Ich verstehe," kommentierte Verus militärisch knapp mit seiner baritonhaften Stimme, die als brüllender Centurio allerhand Erfahrung genossen hatte. "Chyou, ich trage dich," war die schlussendliche Entscheidung, als er sich bereits herab beugte, um den Neuerwerb auf seinen Armen in Richtung seines Stammsitzes zu tragen. Immerhin hatte er auch eine hohe Summe für sie bezahlt, so dass dieser Besitz auch möglichst gesund nach Hause gelangen sollte. Nur eine gesunde Sklavin würde eine entsprechende Arbeitsleistung im Hause vollbringen können. Zudem mochte er sie einfach nicht in diesem Zustand sehen.

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