Appius Decimus Massa zu Gast in der Casa Helvetia

  • Alpina öffnete die Tür zur Casa. Gleich rechts gab es zwei kleine Türöffnungen.
    "Die eine Kammer kennst du ja schon, die zweite Tür. Die erste Kammer hier hat eine Zeit lang mein Gehilfe Kaeso bewohnt. Im Moment gewohnt sie niemand. Manchmal überlasse ich sie schwer kranken Patienten, wenn sie unter meiner Obhut bleiben müssen. Daneben, das kennst du ja, ist der Vorratsraum in dem ich auch die Heilmittel an der kleinen Feuerstelle zubereiten kann. Dahinter ist ein Untersuchungs- und Behandlungsraum."


    Die Kräuterfrau schritt voran. Sie betraten das kleine Atrium der Häuserhälfte, die Alpina mit Corvinus bewohnt hatte. Der schwarz-weiße Mosaikboden mit geometrischem Muster enthielt in der Mitte ein Impluvium. Die Wände waren mit Sockelleisten und farbigen Wandflächen bemalt. Eine Sitzgruppe aus Kline zwei Korbstühlen und einem niedrigen Tisch stand an der Wand zum gemeinsamen Atrium beider Häuser. Alpina zeigte auf die Tür zu dem Gemeinschaftsbereich.
    "Dort ist der verbindende Trakt beider Häuser. Jeder der beiden Helvetierbrüder besitzt ein Haus. Der Trakt dazwischen wird von beiden Familien genutzt und die Sklaven und Angestellten wohnen dort. Außerdem ist dort die Culina. In dem Raum hier..." Sie zeigte auf die kleine Kammer gegenüber des Durchgangs zum Gemeinschaftstrakt. "... bewohnt unsere Kinderfrau Neman. Möchtest du das Cubiculum und den Kräutergarten sehen?"

  • Massa folgte Alpina. Er betrat zum ersten Mal das Haus der Helvetier. Eine Casa, die vom Baustil her auch in Rom oder Alexandria hätte stehen können. Mit einem kleinen Unterschied, es gab einen bewohnten Trakt der zwei Häuser verband. Keine schlechte Idee. Die culina wurde demnach gemeinsam genutzt. „ Ja, gern.“ Was für eine Frage, Massa war natürlich sehr daran interessiert zu sehen wie Alpina hier lebte. Der Kräutergarten? Was anderes als der Garten in seiner Casa bei Misenium. Da standen kleine Palmen aus Aegyptus, Lorbeerbäumchen, ein paar Skulpturen auf dem Rasen, Büsche und ein Wasserspiel. Zum Glück kümmerte sich ein Freund darum. Mal sehen was es alles in diesem Kräutergarten gab.

  • Sie lächelte. Es war schön zu merken, dass er sich für ihr Leben interessierte. Also schritt Alpina voran. Sie öffente die Tür zum Cubiculum, das Corvinus uns sie geteilt hatten.


    Das Cubiculum von Corvinus und Alpina wurde durch ein hochgelegenes Fenster, das zum Kräutergarten hinausblickte mit Tageslicht versorgt.
    Die Wände waren in einem sanften Cremeton gehalten, am Sockel und auf Kopfhöhe zog sich ein dunkelrotes Band um den ganzen Raum.


    Der Blickfang des Raumes war das große Bett aus dunklem Holz, das die Schreinerei des Eckwin gefertigt hatte. Das Kopfteil zierte eine hübsche Schnitzerei, die eine Bärenfamiile zeigte. Kissen und Decken ließen es gemütlich aussehen. Schaffelle sorgten für zusätzliche Wärme in dem kalten germanischen Winter.


    Alpina sah Massa ein wenig verlegen an. Auch wenn Corvinus schon seit mehr als 3 Jahren nicht mehr in dem Bett geschlafen hatte, war es doch das Bett, in dem sie als Paar zusammen gelegen hatten. Inzwischen teilte sich Ursicina mit ihrer Mutter den Platz in der geräumigen Liegestatt.


    "Das ist das Cubiculum des Hausherren, der seit mehr als drei Jahren verschollen ist. Ursi und ich teilen uns das Bett", erklärte sie.


    Um die unangenehme Situation so kurz wie möglich zu gestalten, drehte sich Alpina schnell um.
    "Für den Kräutergarten müssen wir durch den Gemeinschaftstrakt. Komm mit!"


    ***


    Sie ging zurück zum Atrium und öffnete dann die Tür zum Gemeinschaftstrakt. Dort befand sich das große gemeinsame Atrium. Es war wirklich sehr ansehnlich für ein Haus in Mogontiacum. Das Impluvium war von Säulen umstanden, die im unteren Drittel in Rot in den oberen zwei Dritteln in Weiß gehalten war. Ein tanzender Bronzeamor schmückte das Compluvium. Die Wände waren unterteilt in dekorative Flächen mit floralen Gemälden, der Boden mit kleinen weißen Mosaiksteinchen belegt, ein paar geometrische Muster eingestreut.


    Ursi schien ihre Mutter gehört zu haben. Mit Neman, der Kinderfrau im Schlepptau, kam sie aus der Culina angestürmt. "Mama! Mama!" rief sie. Dann bremste sie ab, als sie Massa erkannte. "Oh! Massa! Wo ist dein Pferd?" Sie sah sich suchend um.


    "Ursi, begrüßt man so einen Gast?", fragte Alpina streng. "Und glaubst du, er bringt seine Stute mit ins Haus?"


    Die Kleine kicherte und versteckte sich hinter dem Rocksaum der Sklavin. "Salve, Tribun Decimus Massa!" piepste sie, während Neman sich verbeugte. "Salve, Tribun!"


    Alpina zauberte den Honigkeks aus der Rocktasche. "Sieh mal, er hat zwar sein Pferd nicht mit ins Haus gebracht, dafür aber etwas anderes...."


    Jubelnd kam Ursi wieder hinter dem Rock hervor und stürzte auf den Honigkeks zu, den Alpina sehr schnell in die Höhe hielt, um die Kleine zu foppen. Sofort sprang die Dreijährige an ihrer Mutter hoch und heute wütend auf. Frust und Wut äußerten sich in einem weinerlichen Heulen und Betteln.
    Eine Weile lang spannte Alpina ihre Tochter auf die Folter, dann gab sie der kleinen den ersehnten Leckerbissen. "Hier, du Racker! Und jetzt lass Massa und mich mal noch ein wenig alleine. Ich möchte ihm die Casa Helvetia zeigen. Nachher essen wir alle gemeinsam."


    Ursi jubelte wieder. Schnell war der Frust von zuvor vergessen.
    Alpina ging voraus auf die Öffnung am Ende des Atrium zu. "Dort ist das Triclinium und der Ausgang zum Kräutergarten."

  • Sie betraten das cubiculum. Es war schön und zweckmäßig eingerichtet. In die Fertigung des Bettes hatte der Handwerker viel Zeit investiert. Das Ergebnis war Sehenswert. So etwas in der Art hätte ihm auch gefallen. Sehr gemütlich sah es hier aus. Er überlegte, wann er das letzte mal mit einer Frau im Arm …. Wie es sich angefühlt hatte...Die kurzen Episoden, die mehr Schein als Sein waren, weil es immer nur um sein Geld ging. Alexandria, es war lange her. Massa spürte, das Alpina die Situation unangenehm war. Spätestens als sie den verschwundenen Helvetier erwähnte. Er unterließ es Fragen zu stellen, nickte nur und folgte ihr.


    Der Gemeinschaftstrakt war für normale Verhältnisse sehr gut eingerichtet. Viel Zeit blieb ihm nicht sich alles genau anzusehen. Der kleine Wildfang Ursi tauchte auf. Massa konnte gar nicht so schnell reagieren. Kinder war er eben nicht gewohnt. Er wollte gerade antworten, da kam ihm Alpina zuvor. Sie griff erst Mal ordnend ein. Ein verschmitztes Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als Ursi kicherte. „ Salve kleiner Wildfang Ursicinia.“ Jetzt erst bemerkte er die Frau, hinter der sich Ursi versteckte. Massa kannte die Sklavenschaft des Hause nicht. Es war zu vermuten das sie die Kinderfrau war, die Alpina vorhin erwähnte. Um sich nicht zu vertun, grüßte er sie mit einem einfachen freundlichen „ Salve.“ Dann fragte er doch. " Du bist nehme ich an Neman."


    Das Spiel was Alpina dann mit Ursi spielte kannte Massa sehr gut. Unter Brüdern war es bei Verteilung von Leckereien durchaus üblich genauso zu verfahren. Casca musste sich das des öfteren gefallen lassen. Autsch, dem hatte er schon ewig nicht geschrieben. Er lachte als die Kleine sich vergeblich bemühte an den Honigkeks zu kommen. „ Höher Ursi, höher.“ Er mochte die Kleine. Als sie endlich ihren Keks hatte war sie glücklich. Weiter ging‘s in Richtung Kräutergarten. „ Kann es sein, das Ursi wieder ein Stück gewachsen ist?“ fragte Massa. Ihm zumindest kam es so vor.

  • Der Kräutergarten lag tief verschneit. Man konnte nur die Umrisse erkennen. Alpina zeigte mit dem Finger auf die Konturen.
    "Hier im Vordergrund ist eine kleine Wiese auf der im Frühjahr und Sommer vereinzelte Blumen blühen. Ab dort..." sie zeigte auf die hinteren zwei Drittel des Gartens, die von der Wiese davor mit einer kleinen Buchbaumhecke abgetrennt war. "... ist der Kräutergarten. Er ist sternförmig angelegt. Also da... siehst du die Wege?" Sie waren mit Natursteinen sternförmig angelegt. In der Mitte war eine kleine Bank, auf der man sitzen konnte.


    "In jedem Teil des Sterns sind andere Pflanzen. Da wo mehr Sonne hinkommt habe ich trockenere eher sandige Erde verwendet. Das ist für die mediterranen Pflanzen. Und dort wo es schattiger ist, sind eher einheimische Waldrandpflanzen, die wenig Sonne vertragen und feuchteren Boden brauchen. Zwischen den Heilpflanzen wachsen immer auch Blumen. Das sieht schön aus und die Blütenblätter machen ein Teerezept attraktiver. Ganz abgesehen davon dass viele auch ihre Wirkung haben."


    Alpinas Finger zeigte nun auf den Rand der Beetbepflanzung und die Grenze des Grunstücks. Dort waren hörere Heckenpflanzen zu sehen.
    "Das sind auch medizinisch wirksame Sträucher dort, die den Garten begrenzen. Hollunder, Wacholder, Sandorn, Schlehe, Weißdorn..." Sie zählte noch einige andere auf.

  • Weiß, alles weiß, unter einer dicken Schneeschicht verborgen. Die Umrisse waren erkennbar. Im Frühling war es dann sicher wunderschön hier, wenn es anfing zu grünen und zu blühen. Massa hörte Alpina nur noch bedingt zu. Er stand schräg hinter ihr und sah sie an. Ihre Gesichtszüge, ihre Gesten, alles war für ihn stimmig. Sein Blick ging für einen Moment zur Seite. Vom Dach rutschte etwas Schnee herunter. Ein Eiszapfen löste sich von einer Kante und zerbrach beim Aufkommen. Während Alpina weiter erzählte bückte sich Massa, nahm ein kleineres Stück vom Eiszapfen und trat von hinten an Alpina heran. „ Ist dir nicht kalt?“ flüsterte er grinsend und steckte ihr das Stückchen vom Eiszapfen am Hals in ihre Tunika.

  • Irgendwie war Alpina irgendwann als höre ihr Massa gar nicht mehr zu. In dem Moment wo sie sich umdrehen wollte, um nachzusehen, was er gerade tat, hörte sie seine Frage, ob ihr kalt sei. Wie lieb! Er machte sich Gedanken ob sie nicht zu leicht angezogen war. Sie lächelte glücklich.


    In diesem Moment spürte sie den Eiszapfen auf der Haut. Das Lächeln gefror augenblicklich. Alpina quikte. Sie fuhr herum.
    "Duuuu!!!" Alpina funkelte Massa an. In ihrer gespielten Wut glomm ein Funke Belustigung.


    Alpina tauchte ab und formte einen Schneeball. In Sekundenschnelle zog sie Massas Halsausschnitt auf und schob den Schneeball hinein.


    "Das hast du jetzt davon!". Sie lachte hell auf und versuchte schnell Land zu gewinnen. Massa würde bestimmt versuchen sich zu rächen.

  • Ja !!! genau das hatte er sich erhofft. Es war lustig. Massa lachte. Nanu was machte sie denn jetzt? "AHHHH ! Verdammt !!" Schimpfte er los, zog den Bauch ein und die Tunika vom Bauch weg. Das war eisig kalt und nass! Alpina hatte es ihm heimgezahlt. Das roch nach Rache. Er sprintete ihr hinterher bedachte dabei nicht, dass Schnee rutschig sein konnte. Er holte Alpina ein und umschlang sie mit seinen Armen. Etwas zu stürmisch. Glatter Untergrund brachte ihn ins Straucheln. Vergeblich blieb der Versuch das Gleichgewicht zu halten. "Ohhhhhh! Nein, verflixt !" presste er gequält heraus, krampfhaft versuchend den Fall aufzuhalten. Zusammen mit Alpina, die er festhielt ging es ab in eine Schneewehe. Sein Pech, er lag unten. Kurz war es still. Massa sah Alpina an, die immer noch in seinen Armen gefangen war. Dann fing er an zu lachen, obwohl der Schnee unangenehm kalt und nass war, die Situation war zu komisch. Seine geplante Rache war total daneben gegangen.Aber er wäre kein Legionär, wenn er nicht wenigstens etwas nutzen aus der Situation zog. Massa stahl sich einen Kuss von ihr. In dem Moment war ihm die kalte, nasse Umgebung egal. Seinen Griff hatte er dabei gelockert. Dann sah er ihr in die Augen. „ Wenn nicht der Schnee wäre, würde ich noch ein Weilchen so liegen bleiben wollen. Aber langsam wird‘s unangenehm unter mir.“ Damit meinte er den tauenden Schnee, der seine Tunika durchnässte. Das er fror und das nicht zu knapp, das verschwieg er ihr. Die Blöße wollte Massa sich nicht geben.

  • Oh, es entwickelte sich eine kurze Treibjagd im verschneiten Kräutergarten. Und tatsächlich kam es wie es kommen musste. Massa holte sie ein und brachte sie beide zu Fall. Lachend rollten sie im Schnee. Alpina kam auf Massa zum liegen.
    Der Kuss, den er sich stahl ließ die Raeterin schwärmerisch lächeln. Es war schön, wieder dieses Gefühl von Zuneigung zu verspüren und sich wieder an solchen schönen Kleinigkeiten zu erfreuen.


    So lachte sie auch auf, als er zugab, dass es kalt und ungemütlich im Schnee war. Kein Wunder, trug er doch nur eine Tunika. Als sie wieder zurück ins Haus ginge konnte Alpina den nassen Rücken Massas deutlich sehen. Das war bei diesen Temperaturen mehr als gefährlich. Sie machte einen Vorschlag.
    "Möchtest du eine von Corvinus Tuniken? Es sind noch zwei oder so da. Sie sind frisch gewaschen. Er war zwar wohl ein wenig größer als du, aber ich denke, das könnte trotzdem gut passen. Dann legen wir deine nasse Tunika auf dem Boden im Triclinium aus. Der ist beheizt. Wenn du nach Hause gehst, ist sie bestimmt schon wieder trocken."

  • Zurück ins warme Haus. Was für eine Wohltat zu der Kälte draußen. Massa fröstelte, die Tunika trocknete hoffentlich bald. Alpina‘s Vorschlag sie gegen eine trockene zu tauschen war gut. Eine Tunika von Corvinus...Massa zögerte. „ Ich will dir keine Umstände machen. Außerdem sind es Corvinus Sachen. Geht das für dich wirklich in Ordnung?“ Er wollte keine schmerzlichen Erinnerungen bei ihr wecken. Andererseits bedeutete es für ihn etwas trockenes und wärmendes auf der Haut zu haben. „ Nur, wenn es dir nichts aus macht Alpina, dann bin ich damit einverstanden.“ Sollte sie es sich doch überlegen, hatte er ja seinen Mantel dabei. Irgendwo im Atrium hatte er ihn abgelegt. Ohne Umschweife, legte er den Gürtel ab und zog die nasse Tunika aus. „ Ich kann auch meinen Mantel umlegen, bis die Tunika wieder trocken ist.“ meinte Massa beim Umdrehen und zurecht schütteln seiner nassen Tunika. Die beiden Amulette, die kleine bronzene Fortuna und das kunstvoll verzierte hölzerne Amulett von Neriman, klapperten dabei auf seiner Brust.

  • Alpina sah Massa mit einem sanften Lächeln an.
    "Ich glaube nicht, dass er die Tuiken noch braucht, zumindestens wohl nicht in den nächsten Stunden."


    Massa war kurzentschlossen. Er zog die nasse Tunika aus. Mit neugierigem Blick betrachtete sie seinen Körper. Zwei Amulette baumelten auf seiner Brust. Eine bronzene Fortuna und ein hölzernes Amulett mit schönen Verzierungen. Alpina trat auf ihn zu.
    "Oh, wie hübsch! Was ist das für ein Amulett?"


    Sie berührte das hölzerne Amulett. Es war leicht und wirkte fremdländisch. Ob es wohl aus Alexandria stammte?

  • Massa war durch das Ausziehen etwas abgelenkt. „ Ähm, welches?“ Er ahnte welches. Sein Blick blieb an Neriman‘s Amulett hängen, das Alpina berührte. Es dauerte einen Moment bis er antwortete. Das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden. Er umschloss das Amulett sanft mit seiner rechten Hand. „ Es ist...“ Er stockte nur unmerklich. „ ...aus der Wüste.“ Mehr brachte er nicht heraus. Massa‘s Blick ging kurz ins Leere. Ein Teil der Erinnerungen waren immer noch zu lebendig und schmerzhaft. Irgendwann sollte Alpina alles darüber erfahren. Schnell ließ er das Amulett wieder los und zog sich eine der Tuniken an. Er vermied es Alpina anzusehen. Etwas größer als seine Tunika stellte Massa fest. Schnell legte er den Gürtel um und raffte sie ein wenig mehr. „ So, müsste es gehen.“ Umständlich strich er mit seinen Händen darüber, als wollte er sie glätten. „ Dann ab mit der nassen Tunika ins Triclinium. Ich könnte auch ein bisschen Wärme vertragen.“ Ein kurzes Durchatmen und Massa lächelte wieder. Die heutigen freien Stunden waren nur für Alpina und Ursi.

  • Das Amulett schien große Bedeutung für Massa zu haben und dennoch wollte er diese nicht mit Alpina teilen, so viel stand fest. Sie ließ ihm sein Geheimnis auch wenn in diesem Augenblick die Gedanken in ihrem Kopf zu rotieren begannen. War dort in der ägyptischen Wüste eine Frau, die auf ihn wartete? Die ihm das Amulett gegeben hatte um ihn an sein Versprechen zu erinnern? War dort eine Frau, die ebenso verzweifelt auf die Rückkehr ihres Geliebten wartete, wie sie jahrelang auf Corvinus gewartet hatte und ihre Mutter vor mehr als einer Dekade auf ihren Vater? Musste das so sein? Würde es immer wieder so sein, dass sich Frauen in Soldaten verliebten, etwas mit ihnen anfingen und dann, wenn sie irgendwohin abkommandiert wurden, warteten und sich verzehrten nach dem verschollenen Geliebten während der sich womöglich längst mit einer anderen vergnügte? Wie viele Kinder hatten wie Ursicina Väter, die sich nicht um sie kümmerten, offenbar nichtmal einen Gedanken daran verschwendeten, dass weit weg von ihrem Einsatzort ein kleines Mädchen wieder und wieder nach dem Vater fragte und wissen wollte, wann er denn wiederkäme?


    Massa war fertig angezogen. Die Tunika passte nicht wirklich gut, aber war trocken und wärmte ihn hoffentlich. Ja, Wärme, er sprach sie an.
    "Ja, komm mit! Wir gehen ins Triclinium und wärmen uns auf. Neman kann uns gewärmten Gewürzwein machen und dann essen wir drei gemeinsam: Ursi, du und ich."


    Curio und Runa waren mit den Kindern im Landhaus ihres Schwagers. Sie hatten Gwyn und Liam mitgenommen. Es war still im Haus.

  • Die trockene Tunika wärmte. Dazu einen warmen Gewürzwein und das in Aussicht gestellte gemeinsame Essen mit Ursi und Alpina. Der Rausschmiss von Onasses trug Früchte. Massa ging neben Alpina her. " Ist es hier immer so ruhig im Haus?" Alpina hatte erwähnt, dass hier eine zweite Familie wohnte. Aber scheinbar war von denen keiner da. Das gab Massa die Gelegenheit vielleicht ein paar Dinge mit Alpina zu besprechen.

  • Alpina öffnete die Flügeltür zum Triclinum. Der Raum war sehr warm - zu warm eigentlich. Mit dem Hypocaustum war es schwierig zu regulieren. Heizte man ein war es schnell zu heiß, heizte man nicht und nahm nur Feuerschalen fror man an den Füßen.
    Die Raeterin öffnete also die Flügeltüren und ließ zunächst einen Schwall Hizte entweichen. Neman kam und brachte gewürzten Wein. Sie bereitete die gemeinsame Mahlzeit vor. Ursi kam angelaufen und präsentierte Massa stolz ein Holzpferdchen, dass sie Cara genannt hatte.
    "Wie geht es denn der großen Cara?", fragte sie neugierig und versuchte das Holzperd mit einem Honigtaler zu füttern, den sie Neman in der Culina stibitzt hatte.


    Alpina grinste. Sie überließ Massa die mittlere Kline und nahm mit Ursi rechts von ihm Platz. Ihre kalten Finger wärmte sie an dem Tonbecher in dem der Gewürzwein dampfte.
    Bald brachte Neman Platten mit dem Schinken und dem Käse, dazu Brot, Zwiebeln und Oliven.
    Es war schön, dass sie sich endlich für Massas und Onasses Gastfreunschaft revanchieren konnte.
    "Früher war es nicht so ruhig hier. Helvetius Curio und seine Frau Runa äh Silvana Duccia waren oft hier. Beide hatten ihre Aufgabenin Mogontiacum. Er im Tempel oder im Magistrat, sie im Tempel oder der Schola. Dann kamen die Kinder. Sie haben zwei Söhne. Und Curio erbte ein Landgut. Dort verbringen sie inzwischen mehr Zeit als in der Stadt. Damals waren auch viel mehr Bedienstete im Haus. Neben Liam, dem Ianator, noch Curios Leibsklave und Sekretär dazu ein bis zwei Custodes, die für die Sicherheit der Hausbewohner zu sorgen. Jetzt ist es still. Ich bin mit Liam und Neman zumeist alleine."

  • Massa nahm dankend auf der Kline Platz. Der gereichte Gewürzwein tat gut, Massa genoss es. Die Wärme des Gewürzweines durchdrang seinen ganzen Körper.
    Alpina begann etwas zu den Bewohnern des Hauses zu erzählen. Währenddessen griff Massa bei Brot und Käse zu. „ Wenn man sich nicht um sein tägliches Auskommen mühen muss, kann man sich das leisten.“ Ganz nebenbei fragte Massa. „ Was würdest du tun, wenn du nicht mehr auf jede Sesterze achten müsstest ?“ Dann kamen die elementaren Fragen. „ Du bist aus Rätien, also Peregrina?“ Alpina hatte ihm ihre Herkunft bei einem ihrer ersten Gespräche mitgeteilt, den Stand allerdings nicht. Sollte es so sein, machte das seinen Plan zunichte. Zumindest vorerst. Es gab eine Möglichkeit, das Hindernis aus dem Weg zu räumen aber im Moment sah er da wenig Chancen. Abwarten. Es war nicht aller Tage Abend. „ Wie geht es in Zukunft bei dir weiter? Hast du mal dran gedacht dir wieder einen Mann zu suchen?“ Jetzt sag bloß nicht nein. Dachte er sich. „ Das wäre sicher auch für Ursi gut.“ Er hatte die Kleine in sein Herz geschlossen. Ein Stück Schinken wanderte in seinen Mund. Ein Bissen Brot hinterher.

  • Der Gewürzwein schien Massa ins Philosophieren zu bringen. Alpina griff auch zu und lobte den Käse und den Schinken, die tatsächlich hervorragend schmeckten. Ursi blieb nicht still sitzen. Sie merkte, dass die Erwachsenen über Themen sprachen von denen sie keine Ahnung hatte. Also griff sie sich Käse und Brot und rannte davon. Vermutlich besuchte sie Neman in der Culina.
    Alpina hörte aufmerksam zu. Mit was für Fragen jedoch bestürmte er sie? Sie hatte sich nur selten diese Fragen gestellt. Der Alltag und der tägliche Überlebenskampf ließen keinen Raum für Träume und Hirngespinste.
    "Was ich tun würde, wenn ich nicht auf jede Sesterze achten müsste? Was für eine Frage? Das wird nicht passieren! Und selbst wenn... ich würde nichts anderes tun. Kinder werden doch trotzdem geboren, Frauen brauchen trotzdem eine Hebamme und Kranke jemanden, der ihnen einen Kräutersud gibt oder ihre Wunden verbindet."


    Ihr Blick war ein wenig verständnislos. Sie stellte sich solche Fragen nicht. Ihr Beruf war doch kein Zeitvertreib, er war eine Notwendigkeit. Für sie und für die Hilfesuchenden.
    "Ja ich bin Raeterin, also Peregrina. Ich bin keine Bürgerin Roms. Mit allen Konsequenzen. Und das gilt auch für Ursicina. In diesem Haus bin ich nur Gast. Ich bin geduldet, weil ich die Mutter des unehelichen Kindes eines der Hausbesitzer bin. Wenn Corvinus tot ist oder für tot erklärt wird, ist meine Zukunft hier ungewiss. Ich kann von heute auf morgen auf der Straße stehen. Ansprüche kann ich keine stellen."


    Dann kam er auf ein Thema zu sprechen, das sie bewusst ausgeklammert hatte bisher. Natürlich träumte auch sie manchmal davon, dass von irgendwo der Traumprinz daherkäme und sagte "Ich heirate dich und du hast ausgesorgt für den Rest deines Lebens." Doch wie töricht solche Träume waren, das wusste sie nur zur Genüge. Schon mehrere Träume waren jäh zerplatzt im Laufe der vergagenen Jahre. Marcellus hatte ihr das Blaue vom Himmel versprochen, Alpina geschwängert und sie dann alleine gelassen. Sie hatte das Kind in ihrer Verzweiflung abgetrieben. Corvinus hatte sie sich genommen. Ursi war geboren worden und dann hatte er sie verlassen. Welche Hoffnungen und Träume sollte sie noch haben?
    "Nun, ich habe natürlich darüber nachgedacht nicht alleine bleiben zu müssen mein weiteres Leben, aber es ist ja nun nicht so, dass man sich das aussucht. Ich habe mich auf einen Soldaten eingelassen damals. Ursi ist mein Kind. Sie hat meinen Status als Peregrina. Wer nimmt denn eine Peregrina mit Kind? Ich bin beschädigte Ware. Wenn ich Glück habe, findet sich irgendwann wieder ein Mann, dem es nichts ausmacht, dass ich bereits Mutter bin und der zumindest ab und an seine Zeit mit mir teilt. Mehr erwarte ich nicht. Ich habe einen Beruf und damit eine Auskommen für Ursi und mich. Aber eines sage ich dir, Massa. Ich werde alles daran setzen, dass Ursi sich nicht in einen Legionär verliebt. Sie soll nicht durchmachen müssen, was meine Mutter und ich durchgemacht haben. Sie soll glücklich werden!"

  • Massa ließ es sich nicht anmerken, aber ihre Antworten enthielten knallharte Fakten. Fakten, die man nicht schön Reden konnte. „ Gut, dass du weiter an deiner Arbeit festhalten würdest. Ich finde das sehr gut.“
    Jetzt brauchte er einen Schluck Gewürzwein. Sie war Peregrina. Also konnte sie nur einen Peregrini heiraten. Die Heirat mit einem Bürger war von Gesetzes wegen ausgeschlossen, es sei denn... Vorher musste er aber wissen ob sie…. Eins nach dem anderen Massa.
    Materielle Sicherheit wäre kein Problem, die könnte er ihr bieten. Ob sie sie annahm war eine andere Sache. Der Fakt, dass Legionäre bei ihr nicht mehr so hoch im Kurs standen, holten ihn auf den Boden der Tatsachen zurück. Massa fragte sich ob sie ihn nur als Freund sah. Das würde er nach dem was sie gesagt hatte gut verstehen. Sicherheitshalber hakte er nach. „ Würdest du je wieder einen Soldaten in Erwägung ziehen oder sind sie von deiner zukünftigen Wahl eines Partners komplett ausgeschlossen?“ Seine Stimmung war schon etwas gedämpfter. Er hatte nicht gedacht, dass es so schwierig werden würde.

  • Alpina sah ihn lange an. Sie liebte seine Augen. Überhaupt flatterten die Schmetterlinge auf, wenn sie ihn so ansah. Was sie so dahingesagt hatte, war natürlich alles graue Theorie.
    "Massa, es geht gar nicht darum wen ich in Betracht ziehen würde. Wenn ich mich verliebe, dann ist es meinem Herzen doch egal was der Mann meines Herzens für einen Beruf hat. Doch ich bin gebranntes Kind, verstehe mich. Ich erwarte einfach nichts weiter als ein paar schöne Stunden und das Gefühl, geliebt zu werden. Zumindest für den Augenblick. Ich mache keine Pläne mehr für die Zukunft und ich erwarte nichts von ihr. Und auch nicht von demjenigen, dem mein Herz zufliegt."


    Sie stand auf und setzte sich zu ihm auf die Kline. Ihre Hand strich über seinen Unterarm. Dabei sah sie ihn zärtlich an.
    "Ich meine damit, dass du mir nichts versprechen brauchst. Du brauchst mir nicht versprechen, mich zu ernähren oder gar mich zu heiraten. Ich weiß, dass das nicht geht. Ich möchte nur, dass du mich ab und zu in den Arm nimmst und mir für den Moment das Gefühl der Geborgenheit gibst."


    Nun beugte sie sich hinunter zu ihm und küsste ihn.

  • Was war einem Menschen widerfahren, dass er seine Wünsche auf fast nichts reduzierte. Der nicht mehr daran glaubte mehr vom Leben erwarten zu können. Massa wollte etwas auf ihr zuletzt gesagtes erwidern. Da hatte sich zu ihm gesetzt. Ihre Geste, ihr Blick. Massa wurde es warm. Gegen ihre ersten Worte sträubte sich etwas in ihm. Er wollte ihr aber Sicherheit geben und er war nicht der Mensch, der seine Versprechen einfach so gab ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein. Ihren letzten Worten kam er sofort nach. Massa zog sie während des Kusses zu sich auf die Kline, legte die Arme um sie und flüsterte. „ Das ist Versprochen.“ Dann hob er den Kopf und sah über ihre Schulter. Ursi war nirgends zu sehen. Massa streichelte ihr sanft über die Wange, erwiderte ihren Kuss. Wie angenehm es war neben sich einen Menschen zu haben der das Gleiche fühlte. Massa war versucht eine Schritt weiter zugehen, aber irgend etwas hinderte ihn daran. Ja sie waren alleine im Tricilinum, diese Situation ausnutzen? Er rang mit sich. Nein, hier nicht und jetzt nicht. Er genoss Alpinas Nähe, hielt sie in seinen Armen. „ Wenn du keine Versprechen willst, dann machen wir es anders. Ich hole dich und Ursi morgen zur 6 Stunde mit all eurer Habe hier ab und ihr zieht beide zu mir in die casa. Deiner Arbeit und allem was dazu gehört sollte das keinen Abbruch tun. Da rede ich dir auch nicht rein. Was hältst du davon? “

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!