Rom sehen und erleben ...

  • Den Weg von der Villa Flavia zu den Märkten kannte Prisca gut, da sie nun schon mehrere Jahre in Rom lebte. Es war nur jedes mal erstaunlich wie lange er sich anfühlte, wenn man ihn zu Fuß gehen musste, anstatt in einer Sänfte bequem dorthin getragen zu werden. Die Aurelia schätzte den Komfort eines Sänftentransfers normalerweise sehr, doch manchmal wurde ihr das alles auch zu viel. So wie heute. Heute würde man sie nicht sofort als eine Patrizierin erkennen, die mit einem riesigen Gefolge durch die Straßen zog, sondern lediglich als eine "feine Dame", die mit ihrem Sklaven zusammen die Einkäufe erledigte. Ein paar verdeckte Zeichen würden sie allerdings bei Bedarf als eine Aurelia ausweisen, wobei Prisca nicht vor hatte sich als solche zu zeigen.


    Erstaunlich war, wie verändert das Umfeld und die Menschen wirkten, wenn man nicht von Dutzenden von Sklaven abgeschirmt wurde. Ständig gab es den einen oder anderen Rempler und alle paar Meter schnellte ein Händler auf sie zu, um ihr die angepriesene Ware unter die Nase zu halten. Lyciscus würde sicher genügend damit beschäftigt sein, allzu aufdringliche Händler, Bettler und sonstige Gestalten wenigstens auf Armlänge von ihr fern zu halten. Prisca sah ihm dabei zu und nahm es erstaunlich locker und gelassen, wann immer sie trotz seiner Bemühungen angerempelt wurde.


    "Na wie gefällt dir Rom … von hier unten?", fragte Prisca in Anspielung auf das erste Treffen, als er noch oben auf dem Podest auf dem Sklavenmarkt gestanden hatte. Die Aurelia zwinkerte Lyciscus gut gelaunt zu, da ihre Stimmung mittlerweile wieder bestens war. Seltsam nur, dass es ihr heute absolut nichts ausmachte von dem Trubel umfangen zu sein. Im Gegenteil fühlte sie, dass sie heute diesen Trubel brauchte, um sich lebendig zu fühlen.


    "Da vorne müssen wir rechts. Wenn wir gerade aus gehen würden, dann kämen wir zum Forum Romanum … Etwa eintausend Fuß von hier", erklärte Prisca den Weg und lieferte ihrem Sklaven so nebenbei die gewünschten Informationen, um die er gebeten hatte.


    Gerade als die Aurelia zum weitersprechen ansetzte, erhielt sie zum wiederholten Male einen unsanften Rempler und ehe sie so recht realisieren konnte von wem und aus welcher Richtung, kam sie bedenklich ins straucheln …

  • Als sie bei der Porta der Villa Flavia angekommen waren um diese zu verlassen, nickte der Thraker Acanthus zu, dieser wiederum behielt wie immer seinen grimmigen Blick im Gesicht. Lyciscus lachte ihn dennoch an, eigentlich trank der Thraker so gut wie nie, gerade mal bei Feierlichkeiten wenn es von ihm verlangt wurde, doch mit dem Türsteher würde er nur zu gern einmal den Becher heben. Nachdem sie durch das Tor gegangen waren, wurde der Sklave ernst, sein erster Tag als Leibwächter hatte begonnen.


    Kaum ein Wort hatten Lyciscus und Prisca gewechselt, der Mann war aufmerksam damit beschäftigt die Umgebung zu beobachten, jedoch wanderte sein Blick öfters auf seine Begleiterin. Diese schien noch immer unter dem Traum den sie zuvor hatte, zu leiden, Lyciscus wollte sie eigentlich darauf ansprechen, zu gern hätte er gewusst was sie geträumt hatte, doch ihm war bewusst das er kein guter Freunde oder sonst ein Vertrauter war dem sich seine Herrin hätte anvertraut, nein er war ihr Leibwächter dessen Aufgabe darin bestand, ihr Leben zu schützen mit dem seinigen. Nach einer guten weile kamen sie dem Markt entgegen, die Laune von Aurelia Prisca hob sich ein wenig, wahrscheinlich war es wieder Zeit das Gesicht zu zeigen das sie schon am Tag der Versteigerung getragen hatte. Lyciscus konnte einfach nicht hinter ihre Augen blicken, hatte er doch in nur so kurzer Zeit schon so viele verschiedene Seiten an ihr entdeckt gehabt.


    Die Aufgabe stellte sich schwieriger als gedacht heraus, so hatte der Sklave ständig Probleme verschiedenste Personen davon abzuhalten in die nähe seiner Domina zu gelangen. Kaum hatte er nach hinten geblickt, kam jemand von einer anderen Seite heran gelaufen, dabei entstanden bei seiner Herrin wie auch bei ihm, jedesmal unsanfte Berührungen. Er selbst hatte keine Problem den meisten dieser Berührungen mit etwas Kraft entgegen zu wirken, hier und da wäre der ein oder andere schon fast am Boden gelegen, da der Thraker zuviel Wucht in seine Schulter lag, doch seine Begleiterin war viel zu Zart gebaut um das selbe zu vollbringen. Auf die Frage seiner Domina konnte Lyciscus nur scherzhaft antworten, "Nun Rom ist ziemlich... Eng?" jedoch hatte er dabei einen ernsten Gesichtsausdruck, war er doch sehr bemüht weiterhin die Menschen etwas auf Abstand zu halten. Sehr wohl hatte der Sklave auch mitbekommen das ihm seine Herrin zugezwinkert hatte, auch war sie wesentlich besser gelaunt als noch auf der Reise hier her, jedoch schenkte der Thraker ihr in diesem Bezug keine Aufmerksamkeit da er viel zu beschäftigt war die Aurelia zu schützen.


    Es war wohl kaum der beste Zeitpunkt um erklärt zu bekommen wo sich das Forum Romanum befand, zugleich der Sklave absolut keine Ahnung hatte was dieses Forum überhaupt sein sollte. Bestimmt würde er sich einmal darum bemühen mehr darüber zu Erfahren, doch bestimmt nicht jetzt wo er sich fühlte als sei er auf einem Schlachtfeld. Im selben Moment noch sah der Thraker wie seine Herrin ins wanken geraten war, nachdem sie von jemanden besonders kräftig gerempelt wurde, rasch packte Lyciscus die Frau an ihren Hüften und presste seinen Brustpanzer gegen ihren Rücken, ein kurzer Blick in die Richtung in die der Unbekannte gelaufen war "Kannst Du nicht aufpassen Du Ochse? Das nächste mal läufst Du mir noch in die Faust!" brüllte der Sklave regelrecht über den gesamten Marktplatz. Einige erschrockene Blicke landeten auf dem Sklaven, einige schüttelten den Kopf, doch dem Thraker war das völlig gleichgültig.


    Lyciscus begann seine Begleiterin zwischen einem schmalen Durchgang, der wiederum zwischen zwei Verkaufsständen gelegen hatte, zu führen. Dabei hob er seine Herrin ein wenig in die Luft damit diese nicht all zu viel Fussarbeit leisten musste. Wesentlich weniger Menschen befanden sich hinter den Ständen, die meisten waren auf der Straße direkt unterwegs, da es hier zumindest etwas ruhiger war, setze der Thraker seine Domina wieder ab. Langsam drehte er den Körper der Frau um, so das er ihr ins Gesicht blicken konnte, dabei wanderten seine Hände an ihre Schulter, sanft lehnte er Prisca an die Wand "Alles in Ordnung, Domina?" mit einer äußerst ernsten Miene glitt diese Frage über Lyciscus Lippen. Ein kurzer Gedanke schoss in den Kopf des Thrakers, wieder berührte er seine Herrin und es war ihn immer noch nicht bewusst ob ihm dies überhaupt erlaubt sei, nun er war der Leibwächter dieser bezaubernden Frau, es sollte wohl völlig in Ordnung sein, jedoch hatte er an der aktuellen Position, an denen sie sich befanden, nichts zu befürchten. Erschrocken zog der Sklave seine Hände weg und verschränkte diese hinter seinem Rücken, ein mulmiges Gefühl überkam ihn, hatte er gerade versagt in der Ausübung seiner Aufgabe, nun dies würde sicherlich eine ordentliche Strafe für den Sklaven bedeuten. Lyciscus blickte selbstbewusst durch die Gegend, um nochmals zu prüfen, ob sie hier Ruhe finden würden, wenn auch nur für kurze Zeit.

  • Oh ja, Rom war eng. Sehr eng! Mal abgesehen von den Prachtstraßen und öffentlichen Plätzen, herrschte ringsherum in den Straßen und Gassen meistens arge Platznot und ständiges Gedränge. Wer sich darin nicht zurecht fand, der wurde schnell mitgerissen vom Strom der Menschen, als wäre man in einen Wasserstrudel gefangen. Ohne Sänfte und Gefolge wäre auch eine Patrizierin diesem Treiben direkt ausgeliefert und dementsprechend froh war Prisca, dass Lyciscus wie ein Fels in der Brandung wirkte und zumindest einen schmale Schneise für sie frei hielt. Doch auch er konnte nicht an allen Seiten zugleich sein und so war es unvermeidlich, dass Prisca den einen oder anderen Rempler abbekam, wobei der letzte mit am heftigsten war.


    "Autsch …." Wenn das mal keinen blauen Fleck gibt, hatte Prisca spontan nur gedacht als sie urplötzlich von einem dicken Kerl am linken Oberarm gestreift wurde und durch den Einfluss seiner Masse regelrecht zur Seite geschleudert wurde. Schon sah sie die Pflastersteine auf sich zu rasen, doch anstatt eines schmerzhaften Aufpralls fühlte sie eine seltame Schwerelosigkeit, just als zwei starke Hände sie an den Hüften packten und spielend hoch hoben. Ochse …Faust, brüllte es gleichzeitig von hinten derart laut, dass ihr die Ohren surrten und ehe sie sich´s versah, schwebte sie wie auf wundersame Weise durch die Menge hindurch.


    "Ups ...", gluckste Prisca überrascht und starrte mit großen Augen in andere Augenpaare, die ungläubig drein blickten als sie an ihnen vorbei getragen wurde. Erst an einer ruhigeren Stelle, etwas abseits des Menschenstromes spürte sie wieder festen Boden unter ihren Füßen, ehe sie mit dem Rücken gegen eine kalte Hauswand gedrückt wurde. Blinzelnd blickte Prisca in das Gesicht ihres Leibwächters, der ihr direkt gegenüber stand und augenscheinlich verunsichert war, ob er das Richtige getan hatte.


    Alles in Ordnung? ... "Ja ... alles in Ordnung", bestätigte Prisca nickend, dass ihr nichts weiter fehlte. Sie atmete erst einmal durch und rieb mit der Rechten den schmerzenden Oberarm: "Dieser blöde Kerl hätte mich beinahe umgerannt", schimpfte sie dann leise und blickte in die Richtung, in die der Unbekannte längst verschwunden war. Dann sah sie ihrem Leibwächter wieder in die Augen. Seinem beherzten "Zugriff" hatte sie es wohl zu verdanken, dass sie jetzt nicht bäuchlings mitten auf der Straße lag und die Leute über sie hinweg trampelten.


    Prisca konnte nicht behaupten, dass es ihr unangenhem gewesen wäre, von ihrem Leibwächter derart angefasst worden zu sein, diente es wohl einzig dem Zweck sie in Sicherheit zu bringen. Mir scheint, ihm ist nicht ganz wohl, dass er das getan hat, deutete die Aurelia das hastige Zurückziehen seiner Hände und löste die Unsicherheit des Thrakers sogleich auf: "Das nächste Mal schrei mir bitte nur nicht so in die Ohren, ich bin fast taub", klang es lediglich gespielt tadelnd aus ihrem Mund, gefolgt von einem Lächeln und einem versöhnlichen Blick in seine Augen.


    Oh sieh mal ...dort drüben! Das ist genau das, wonach ich gesucht habe. Komm mit!", sogleich entdeckten ihre Augen ein neues Ziel, ein unscheinbarer Laden der eingangs einer dunklen Gasse lag. Prisca wandte den Kopf und eilte auch schon in Richtung des Ladens davon, in dem es wohl allerlei Genussmittel zu kaufen gab.


    Dort angekommen begann Prisca sogleich das Sortiment zu begutachten und lange dauerte es nicht, bis der Händler die potenzielle Kundin entdeckt hatte und mit ausgebreiteten Armen auf sie zu kam. "Ah ... Frau! Du kaufen wollen meine Ware? ... Du schauen hier! Sind erlesenste Düfte hier und ...hier, du wollen probieren Pulver das macht deinen Geist frei von Körper? Machen dich glauben, du fliegen kannst!" ... "Danke, aber geflogen bin ich gerade worden", konnte sich Prisca ein Kichern nicht verkneifen, in Anspielung auf die Aktion ihres Leibwächters von eben. "Nicht wahr?", warf sie dabei Lyciscus einen wissenden Blick zu. "Wie du geflogen gerade?" Der Händler sah ungläubig die Aurelia an und dann den Mann, dem sie dabei kichernd angesehen hatte. Für einen Moment schien sein Gehirn dem Gesagten einen Sinn geben zu wollen, eins und eins zusammen zählen um schlussendlich zu wissen, was die Aurelia ihm damit hatte sagen wollen. "Ah verstehe ...Das ist Mann von dir und er haben es dir gerade ordentlich besorgt, bis du geglaubt du kannst fliegen ... ", brach der Händler in schallendes Gelächter aus und winkte ab. "Ah ... ihr Römer, ihr alle irre seid! ... lieber kaufen meine Pulver, Frau, ich verspreche, du wirklich fliegen wirst" ...

  • Nachdem der Sklave vernommen hatte das alles in Ordnung war, löste sich die innere Spannung des Mannes ein wenig, hatte er doch eher damit gerechnet eine Strafe angedroht zu bekommen. "Vergebung Domina, ich hatte die Beherrschung verloren nachdem dieser Rüpel Dich fast zu Boden gestoßen hatte." Der Thraker war noch immer äußerst verwirrt, hervorgerufen durch die Handlungen seiner Herrin, wie schon so oft machte er sich Gedanken, dabei betrachtete er die Tage die er seit seiner Ankunft in Rom, über sich ergehen lassen musste. An dem Tag der Versteigerung hatte er gehofft niemals in die Hände dieser Frau zu gelangen, sie ließ ihn regelrecht spüren, wer die Zügel in der Hand hatte. Sie beschenkte den Thraker mit einem Becher Wasser, diesen hatte er wirklich dringend nötig, doch ignorierte sie seine Worte völlig auf dem Podest. Nachdem sie den Zuschlag erhalten hatte, gab sie Lyciscus einen Beutel voll Münzen und ließ ihn einfach gehen.


    Die Erinnerungen konnten ewig so weiter gehen, doch seit dem Zeitpunkt als er zu seiner Domina zurückgekehrt war, hatte diese sich verändert. Es war ja nicht so das es dem Thraker nicht gefiel, diese ...liebevolle... Art, doch er war noch immer nicht davon überzeugt. Lyciscus konnte sich gut vorstellen das seine Herrin zu so manches fähig gewesen wäre, somit konnte das ganze auch nur ein Spiel sein. Er rechnete schon häufiger mit Strafen die ihm erwarten würden, so wie auch hier am Marktplatz, hatte er doch seine Domina nicht ausreichend schützen können, doch jedesmal blieben diese aus. Anstatt die aktuelle Situation zu genießen, und sich darüber zu freuen das er in die Hände dieser Schönen Frau gelangte, schwelgte der Sklave ständig in seinen Gedanken herum.


    Aurelia Prisca lief Zielsicher einen Laden entgegen, natürlich folgte der Sklave ihr mit einem wachsamen Auge, sollte nochmal so ein Rüpel vorbei laufen, würde Lyciscus ihm zuvor kommen und gleich den Erdboden gleich machen, doch mit einer leiseren Stimme, schmunzelte der Thraker. Der Laden sah etwas verstaubt aus, jedoch konnte man verschiedenste Gerüche wahrnehmen, die meisten davon hatte der Sklave nicht zuordnen können. Lyciscus hatte ein wenig Schwierigkeiten den Händler zu verstehen, wollte er seiner Herrin doch nur am liebsten seinen kompletten Laden verkaufen. Nachdem Prisca eine scherzende Bemerkung machte, die das Handeln des Thrakers beschrieb, musste dieser Schmunzeln. Dabei grinste er seine Herrin an und nickte ihr zustimmend zu, war er doch froh das seine Domina einen gesunden Humor aufwies, somit könnte er seinen Kopf doch etwas länger behalten. Als der Händler dann seine Augen auf den Sklaven ausrichtete, und meinte er wäre Prisca's Mann der gerade sein vergnügen mit der Schönen Frau teilte, musste Lyciscus erstmal schlucken. Er kratzte sich an seinem Hinterkopf während er sich zwang keinen Augenkontakt mit seiner bezaubernden Begleiterin herzustellen, dann spielten ihm seine Gedanken wieder die Bilder zu, die den Wandel seiner Herrin beschrieben, zusätzlich auch die irrsinnigen Handlungen. Daraufhin schritt Lyciscus etwas näher an seine Domina ran, "Der Mann hat vollkommen recht ... ihr Römer seid alle komplett Verrückt!" flüsterte er ihr in das Ohr seiner Herrin, dabei grinste der Sklave sie äußerst frech an und bewegte sich langsam wieder ein paar Schritte weg von Aurelia Prisca.


    Gemütlich lehnte sich der Thraker an eine Wand im Laden, betrachtete dabei immer noch grinsend seine Herrin, ist sie das wirklich, ist das ihr wahres ich... Lyciscus konnte nur hoffen das es sich um eine Phase handelte, hatte sie ihn doch schon mit ihren unglaublichen Reizen den Verstand geraubt, dabei überlegte er ob er einen Blick auf den Rücken der Schönen Frau riskieren sollte... Nein, es würde ihn nur bei seiner Aufgabe behindern, und das nicht gerade wenig. Es war eine Sache, den Verstand einer Person durcheinander zu bringen, diesen konnte man nach einer Weile wieder herstellen, aber das Herz, wenn es erst einmal weg ist kommt es nicht so schnell wieder zurück, und falls doch, dann in einem zerbrochenem Zustand.

  • Der Händler (ein älterer Mann, um die 50, mit weißem Bart) stammte dem Dialekt nach wohl aus den südlichen Provinzen und seinem Humor nach liebte er es anscheinend, vor allem die feineren Damen mit seinen anzüglichen Bemerkungen zu necken. Vor Jahren, als Prisca noch jung war und Rom noch nicht kannte, wäre sie mit Sicherheit vor Scham fast im Boden versunken, doch heute machten ihr solche Bemerkungen nichts weiter aus. Im Gegenteil gab sie in solchen Situationen gerne Kontra, insbesondere den Männern, mit denen sie sich allzu gerne maß. Und siehe da, auch ihr Leibwächter hatte anscheinend den Mut gefasst sie ein wenig zu necken, indem er sich der Meinung des Händlers anschloss. Prisca gefiel es, wie der Thraker das sagte und sie dabei frech angrinste. Genau das unterschied ihn von den zahllosen rückgratlosen Sklaven, denen Prisca kaum mehr Beachtung schenkte als einer lästigen Fliege, die ihr Gesicht umschwirrte.


    Ihr Leibwächter sollte eben etwas besonderes sein. Jemand dem sie durchaus ihre Aufmerksamkeit und Zeit schenkte - Privilegien, die sonst kein Sklave erhielt. Allerdings müsste er wohl oder übel auch all die Launen und Gemütsschwankungen ertragen, was aber nicht das alleinige Schicksal eines Sklaven wäre. Von den Launen der Frauen (insbesondere reicher Patrizierinnen) konnten mit Sicherheit auch die freien Männer genügend Lieder singen.


    Kurz sah Prisca von der Auslage zu Lyciscus auf. Nicht böse sondern eher beeindruckt von seinem frechen Grinsen und gleichzeitig herausfordernd, als wolle sie ihm damit sagen: Na warte, gleich zeig ich dir wie verrückt ich sein kann! Kurz hoben sich ihre Mundwinkel, doch anstatt ihm sofort zu antworten, wandte sich die Aurelia zunächst wieder der Ware und dem Händler zu. "Du scheinst die Wirkung dieses Pulvers ja sehr gut zu kennen, alter Mann. Hast es wohl nötig, dich damit zu vergnügen, da die Frauen dich schon lange nicht mehr ran lassen., sprach Prisca den Händler so laut an, dass Umstehende das hören konnten und in das Lachen der Aurelia mit einstimmten.


    Dem Händler gefiel diese Bemerkung weniger und schon gar nicht wollte er zur Lachnummer werden: "Was du erlauben? Dummes Weib! … Ich, Hassan, habe beglückt viele Frauen …woher du wollen wissen …" Weiter kam er nicht, denn schon warf Prisca ihm einen Aurei zu und sagte nur: "Ich kaufe das Pulver … Hier, das sollte genügen … zumindest für eine lupa." Mit diesen Worten ließ sie den Händler stehen und schlenderte weiter in die dunkle Gasse hinein.


    "So so …und du, Lyciscus, bist also der Meinung, dass wir Römer alle verrückt sind. Also bin ich auch verrückt? So verrückt, dass ich mir ausgerechnet dich auf dem Markt ausgesucht habe? … Und ich hatte gedacht, dass ich einen guten Fang gemacht hätte mit diesem Thraker, der so stark und anmutig auf dem Podest gestanden hat und mir ständig frech zu gegrinst hat. Ja du hast recht, … ich muss wirklich verrückt gewesen sein", warf Prisca ihrem Leibwächter über die Schulter hinweg zu und kicherte vergnügt. Ob ihm diese Bemerkung gefällt? Natürlich wollte sie ihn necken, doch gerade die Worte "stark" und "anmutig" hatte sie auf ganz besondere Weise betont, so dass er sich durchaus geschmeichelt fühlen dürfte …

  • Lyciscus verschränkte zusätzlich seine Arme vor seiner Brust, dabei grinste er seine Herrin weiter frech an. Gerade als er dachte es würde eine Reaktion zu seinem Geflüster kommen, wandte sich seine Domina dem Händler zu. Die Worte die sie dem Mann entgegen warf, ließen den Sklaven ins Staunen geraten, jedoch behielt er sein grinsen bei, er hatte nicht erwartet das seine Herrin so Schlagfertig sein konnte. Das gefiel dem Thraker so gut, das er für einen kurzen Moment äußerst Stolz war der Leibwächter dieser verrückten Römerin zu sein.


    Nachdem Aurelia Prisca bezahlt hatte und ohne weitere Worte aus dem Laden huschte, eilte der Sklave ihr natürlich hinterher. Der Tag war noch lange nicht zu Ende, die Aufgabe die der Leibwächter hatte, wurde weiterhin aufmerksam ausgeführt. Während er hinter seiner Herrin, der dunklen Gasse entlang, sich seiner Aufgabe widmete, fragte diese ihn ob sie in seinen Augen auch verrückt sei. Der Sklave grinste, er musste die gute Laune seiner Domina nutzen, also antwortete er nochmals ziemlich frech "Nun, wir werden sicherlich einen Laden finden wo Du Dir ein Diadem kaufen kannst, schließlich sollte die Königin der Verrückten doch eines tragen, oder?" dabei hatten seine Mundwinkel gerade seine Ohren berührt, da das grinsen noch breiter wurde. Hätte er sich doch eigentlich selbst eine Krone zulegen müssen, war er doch der verrückte der die Reise in sein Heimatland ablehnte.


    In der tat, mit ihrer Aussage, das sie verrückt gewesen sei ihn zu kaufen, hatte sie vollkommen recht, doch auch hierfür hatte der Thraker eine Antwort "Also es ist doch selbstverständlich, wenn man die Auswahl zwischen einer Silbermünze und einem Goldbarren hat, das man sich für den Goldbarren entscheidet." dabei legte der Leibwächter seine Hände in die Hüften, hob seine Nase in den Himmel, und stolzierte mit lächerlichen links und rechts Bewegungen seines Kopfes durch die Gasse. Lange machte der Sklave dies aber nicht, hatte er doch zugleich seine Beherrschung verloren und musste äußerst herzhaft lachen. Soviel Spaß hatte der Thraker schon lange nicht mehr empfunden, die gute Laune seiner Herrin hatte sich auf ihn übertragen, und das nicht nur weil seine Domina ihn als Stark bezeichnet hatte, was des Thrakers Selbstbewusstsein aber natürlich nochmals anhob. Alle Gedanken die den Sklaven ins wanken gebracht hatten, waren verschwunden, vielleicht nur für diesen Tag oder einen Augenblick, doch diese Ruhe in seinem Kopf genoss er ausgiebig.


    Doch so amüsiert die beiden auch zu sein schienen, es steckte mehr Realität in den antworten des Sklaven als ihnen vielleicht bewusst war. Aurelia Prisca hatte ausgezeichnete Menschenkenntnis bewiesen, indem sie den Thraker gekauft hatte. Seine Blicke verrieten das er jede noch so kleine Körperstelle seiner Herrin begehrte, er sie aber niemals anzüglich darauf ansprach und schon gar nicht unsittlich zu berühren versuchte. Er war aus eigenem Willen zurückgekehrt, und im Garten hatte er bereits seine ihm aufgetragene Aufgabe verstanden und akzeptiert, somit konnte seine Domina jedem berichten, das sie im Besitz eines zweiten Lebens war, den der Thraker würde wenn nötig, seines geben um das der Aurelia zu beschützen.

  • Ein ganzer Aurei für einen kleinen Beutel voll grauem Pulver, dessen beflügelnde Wirkung nachweislich allein auf der Behauptung des Händlers beruhte? Verrückt! … Ja das bin ich in der Tat, dachte Prisca für sich, als sie den besagten Beutel im linken Ärmel ihres Gewandes verschwinden ließ. Es war nur ein flüchtiger Gedanke gewesen, eine verrückte Idee, mit Hilfe dieses Mittelchens womöglich die Libido ihres Gemahls ein wenig "beflügeln" zu können. Doch ob ausgerechnet dieses Pulver den ersehnten Effekt herbei führen würde? Schon kurz nach dem Kauf bezweifelte Prisca die Erfolgsaussichten und schenkte dem Spontankauf keine weitere Beachtung. Vielmehr zog das Verhalten und die Worte ihres Leibwächters Prisca´s Aufmerksamkeit auf sich: Aha, er sieht in mir also die Königin der Verrückten? … Nun wird er langsam übermütig, dachte sich Prisca schmunzelnd ihren Teil, während sie ihrem Leibwächter beim stolzieren zu sah.


    So langsam schien die Verunsicherung von ihrem Leibwächter abzufallen und er wurde immer selbstsicherer. Prisca war das nur recht, wobei sie aufpassen musste, dass es ihm nicht irgendwann am nötigen Respekt ihr gegenüber mangeln würde. Doch im Moment, benahm sich Lyciscus völlig innerhalb der Grenzen, welche Prisca ihm zugestand und dementsprechend locker nahm sie sie seine ausgelassene Stimmung und seine Bemerkungen hin: "Du hast völlig recht, mein starker Beschützer, ich würde mich niemals mit Silber zufrieden geben, wenn ich stattdessen Gold mein eigen nennen kann. Genau aus diesem Grund habe ich ganze 17 Aurei für dich ausgegeben. Weil ich unbedingt dich haben wollte … und nun hoffe ich inständig, dass sich mein ansehnlicher Goldbarren, den ich teuer erworben habe, am Ende nicht als billige Silbermünze entpuppen wird", entgegnete sie dem Thraker gleichermaßen scherzend wie herausfordernd, wie sie ihn mit funkelnden Augen dabei ansah. Natürlich gab Prisca damit auch ein wenig (ob nun gewollt oder nicht) von ihren Gefühlen preis, die sie dazu bewogen hatten, für den Thraker bis zuletzt mit zu steigern, aber das war ihr egal.


    Doch dann wirkte Prisca´s Miene wieder ernster, während sie ihren Leibwächter andächtig betrachtete. Leise seufzend setzte sie ihren Weg fort, der sie alsbald zu einem Stand mit Schmuckstücken führte. Gedankenverloren hob Prisca einen goldenen Armreif auf und drehte ihn zwischen den Fingern. "Abgesehen von der Verrücktheit der Römer, gibt es auch etwas, das dich an Rom und uns Römern fasziniert? Sind wir denn so ganz anders, wie die Menschen in deiner Heimat?, stellte Prisca dann eine Frage um ein wenig mehr über den Thraker zu erfahren.

  • Die Sonne hatte an diesem Tag den höchsten Punkt bereits verlassen, man konnte aber noch lange nicht daran denken das diese bald verschwunden sei. Bis auf den Vorfall, bei dem Aurelia Prisca beinahe den Boden geküsst hatte, war der Tag sehr gut verlaufen. Der Thraker war äußerst erfreut darüber das er mit seiner Herrin unterwegs sein durfte, hatte er sie ja bisher noch nie so erlebt.


    Die Worte seiner Domina hörte der Sklave nur zu gern, wer würde sich nicht geschmeichelt fühlen bei solchen Komplimenten. Das Lyciscus diese Worte von seiner Begleiterin je zu hören bekommen würde, damit hatte er absolut nicht gerechnet, eine Überraschung, die er durchaus Positiv angenommen hatte. Sie am Ende doch zu enttäuschen läge mit Sicherheit nicht in seiner Absicht, doch konnte der Thraker nicht in die Zukunft sehen um darauf eine Antwort zu geben. Und trotz dieser Worte, antwortete der Sklave so, als würde er noch am Podest stehen "Deine Worte Ehren mich, Domina, aber in meinen Augen kann man den wert eines Menschen nicht anhand von Münzen messen, egal ob diese aus Silber oder Gold geprägt wurden." Lyciscus hatte die Vermutung das seine Worte wohl auf taube Ohren stoßen würden, doch er wollte seine Meinung kund tun, auch wenn die Schöne Frau sich wohl kaum dafür interessieren dürfte. Sie hatte sich ein zweites Leben gekauft, eines das jeden Augenblick verwirken konnte, dafür konnte sie aber ihr eigenes behalten, war dieser Kauf also wirklich so teuer wie sie es erwähnt hatte, wie viele Beutel voller Münzen würde sie für ihr eigenes Leben bezahlen, nun diese Frage wird wohl unbeantwortet bleiben, der Thraker würde sich niemals anmaßen ihr diese zu stellen.


    Ein Stückchen weiter blieb Aurelia Prisca stehen, genau bei dem Verkaufsstand, wo Lyciscus sich schon mal befand, hatte er hier kurz überlegt ob er seiner Domina etwas als Geschenk mitnehmen sollte. Die nächste Frage die der Sklave von seiner Herrin gestellt bekommen hatte, konnte er mich Leichtigkeit beantworten "Es gibt sehr faszinierende Konstruktionen und Gebäude in Rom, einige habe ich bereits mit Begeisterung betrachtet, was jedoch das Volk betrifft, Nein Domina." Eine sehr schlichte Antwort, aber Lyciscus wollte seiner Domina gegenüber immer Ehrlich sein, auch wenn er dafür ausgepeitscht werden würde. Kurz ergriff er ein Kronen ähnliches Stück, dabei hielt er es in die Luft, in etwa die höhe in der sich der Kopf seiner Herrin befand. Mit einem Auge sah er durch den Gegenstand hindurch, dabei sah es so aus als würde er abmessen wollen ob es seiner Domina passen würde. Mit einem leichten grinsen legte der Thraker das Stück aber wieder zurück, wollte er doch nur eine scherzhafte Anspielung darauf machen, was er noch zuvor zu seiner Herrin gesagt hatte. ...Königin der Verrückten...

    "Oh Ja, Thrakien und Rom sind sehr verschieden, meine Familie und ich lebten in einem Dorf, man hatte sehr viel gemeinsam unternommen, es wurde so gut wie alles geteilt. Es war mehr ein Miteinander als ein Gegeneinander, hier in Rom, da kommt es mir vor als würden sich die Menschen gegenseitig die Augen ausstechen, nur damit sie an Macht und Reichtum gelangen."
    Lyciscus hatte noch zu wenig Erfahrung in Rom gesammelt, eine genauere Einschätzung war ihm nicht möglich, doch versuchte er seiner Herrin zu vermitteln was er sich dachte. "Aber nicht alles ist anders zwischen Rom und meinem Heimatland..." fuhr der Sklave fort "...auch in Thrakien gibt es wunderschöne Frauen." dabei lächelte der Leibwächter seine Domina sanft an und warf ihr ein zwinkern entgegen.


    "Obwohl man in Thrakien so bescheiden lebt, ganz ohne Reichtum und Macht, hat man es trotzdem überlebt!" ...überlebt... mit diesem Satz verursachte der Sklave einen stechenden Schmerz in seiner Brust. Seine Familie, seine Freunde, keiner hatte es überlebt, sie waren alle samt tot. Der Gesichtsausdruck des Sklaven ging in einen Zustand über der wohl einen Schock und Traurigkeit vermittelte, er hatte niemanden mehr, weder hier noch in seinem Heimatland. War das vielleicht mitunter ein Grund warum er zu seiner Herrin zurückgekehrt ist, dachte er doch das es an der bezaubernden Frau selbst lag, oder war es wirklich weil er nichts zu verlieren hatte. Er konnte sich diese Frage immer noch nicht beantworten, jedoch wollte er diesen Tag nicht weiter mit solchen Gedanken verschwenden, stattdessen versuchte er sich zu Sammeln und seiner Herrin eine Frage zu stellen "Und Du? Hast Du schon mal ein anderes Land besucht, außerhalb von Deinem faszinierenden Rom?" dabei versuchte der Sklave mit aller Gewalt seinen Gesichtsausdruck wieder in eine etwas fröhlichere Form zu bringen.

  • Den Wert eines Menschen kann man nicht anhand von Münzen messen ..., wiederholte Prisca in ihren Gedanken das Gesagte ihres Sklaven. Darüber ließe sich wohl vortrefflich philosophieren, denn ... hat nicht jeder Mensch seinen Preis? Und liegt der Unterschied nicht nur darin, dass der Eine seinen Preis selbst bestimmen kann und der Andere nicht? Womöglich hatte die Aurelia da eine andere (vielleicht falsche) Sichtweise auf die Dinge, doch hielt sie es auch nicht für angebracht ausgerechnet mit einem Sklaven darüber zu diskutieren. Aber!... Es gefiel Prisca, dass ihr neuer Leibwächter seine Meinung kund tat und sich seine Gedanken machte, so dass es Spaß machte sich mit ihm zu unterhalten. Bei seinen Vorgängern (den beiden Germanen) war das ganz anders gewesen, da hatte Prisca weder Lust noch die Nerven dazu gehabt, auch nur ein Wort zu viel mit ihnen zu wechseln. Aber gut, das Schicksal hatte den Lauf der Dinge und der Zeit bestimmt und insgeheim war Prisca glücklich, in Lyciscus endlich wieder einen Leibwächter gefunden zu haben, mit dem sie reden konnte.


    Ein Seitenblick zu Lyciscus bestätigte das gute Gefühl und Prisca ertappte sich dabei, wie sie ihn bewundernd ansah, während er ihr gerade von seiner Heimat und den Menschen dort erzählte. Insbesondere von den "wunderschönen Frauen", die er erwähnte und anscheinend mit ihr verglich, als er ihr sanft lächelnd zu zwinkerte. In gewisser Weise also ein Kompliment an ihre Schönheit und für derlei Schmeicheleien hatte Prisca eine ganz besondere Schwäche, die ihre Wangen sogleich zum glühen brachten.


    Natürlich entging der Aurelia nicht der wehmütig wirkende Blick ihres Sklaven, als er offensichtlich an seine Heimat und seine Familie erinnert wurde. Für einen kurzen Moment war Prisca versucht danach zu fragen, doch kam Lyciscus ihr mit seiner Frage zuvor, worauf ihre Augen wiederum einen traurigen Glanz bekamen. Unwillkürlich musste Prisca an ihre verstorbene Mutter denken und an jene Umstände, durch die sie einander niemals wieder gesehen haben, seit sie einst von zu Hause auf eine Studienreise geschickt worden war. Lange Zeit hatte Prisca nicht mehr an ihre Mutter gedacht, doch die Frage ihres Sklaven brachte diese zurück und dafür war sie im Grunde ganz dankbar. Am Ende bleibt von uns allen nichts mehr als die Erinnerung, egal welchen Wert oder Preis wir einst hatten ...


    "Du meinst, wo ich schon überall war?", sammelte Prisca schnell ihre Gedanken wieder, wobei sie kurz sehr verunsichert und verletzlich wirkte, wie sie so da stand und immer noch den Armreif in ihren Händen drehte. "Ehm, also ... als ich dreizehn war, schickte meine Mutter mich auf eine Studienreise nach Athen, wo ich zwei Jahre lang lebte und studierte. Anschließend wurde ich zu meinem Onkel nach Mogontiacum geschickt, um dort während seiner Dienstzeit beim Militär bei ihm und seiner Familie zu leben", erzählte die Aurelia mit nachdenklicher Stimme von den Orten und Menschen, die ihr Leben bestimmt hatten.


    "Germaninen ist ein düsteres kaltes Land, kann ich dir sagen. Ich war so froh, als mein Onkel endlich nach Rom zurück kehrten durfte. Tja und seitdem lebe ich nun hier. ...Meine Mutter habe ich allerdings niemals wieder gesehen und auch mein Onkel ist längst ins Elysium gegangen ... ", seufzend endete Prisca mitten in ihren Gedanken und sie legte den Armreif zurück, um weiter zum nächsten Stand zu wandern. Dort warteten kunstvoll geschnitzte und gemeißelte Holz- und Steinfigürchen auf potenzielle Käufer. Immer noch waren ihre Gedanken bei ihrer Mutter und ihrem Onkel, den zwei wichtigsten Menschen in ihrem Leben. Beide wandelten längst im Elysium und Prisca vermisste sie immer noch sehr. Instinktiv griff Prisca nach einer Figur, die ihrer Mutter ähnelte und hob diese hoch, um sie genauer zu betrachten.


    "Was erwartet dich in deiner Heimat, Lyciscus? ... Wartet deine Familie auf dich, deine Frau ...deine Kinder?", stellte Prisca eine spontane Frage, mit der sie keinesfalls die Gefühle ihres Sklaven verletzen wollte. Aber der Gedanke an die eigene Familie hatte sie dazu bewogen nachzufragen, ohne etwas über das schreckliche Schicksal zu wissen, das ihrem Sklaven widerfahren war.

  • Während Aurelia Prisca und ihr Sklave den Markt entlang wanderten, entdeckte Lyciscus einen kleinen Brunnen, da er bereits etwas durstig war bewegte er sich auf den Brunnen zu, langsam beugte er sich, und trank mehrere kleine Schlücke von dem Wasser das sich darin befand. Natürlich schielte er mit einem Auge zu seiner Herrin und der Umgebung, dabei fiel ihm auf das deutlich weniger Menschen auf dem Markt herum liefen als noch zuvor, als sie den Markt erst betreten hatten. Auch unangenehme Rempler waren kaum noch wahrzunehmen, die Aufgabe schien somit etwas leichter zu werden.


    Es war kaum zu übersehen das die Wangen der Schönen Frau, die eine makellos weiße Haut aufwiesen, sich erröteten nachdem ihr Sklave ihr ein ehrliches Kompliment machte. Lyciscus war sehr zufrieden mit dieser Reaktion, erhoffte er sich doch innerlich, ihr eine kleine Freude machen zu können. Aufmerksam hörte der Thraker seiner Begleiterin zu, er war begeistert darüber wo sie schon überall gewesen war, sie musste einiges erlebt haben, was den Sklaven noch um einiges mehr faszinierte. Natürlich fiel ihm auch auf, das auch ihr Gesichtsausdruck nicht von reinster Freude strahlte, bestimmt hatte sie nicht nur Schöne Zeiten erlebt, doch konnte sie sicherlich dadurch einiges an Lebenserfahrung sammeln.


    Als die Aurelia dann über Germanien sprach, bemerkte er auch hier eine gewisse Traurigkeit die seine Herrin zu begleiten schien, ohne ein Wort zu sagen, folgte er ihr zum nächsten Stand während er über ihre Worte nachdachte. Nachdem sie eine Holzfigur etwas intensiver betrachtete sprach der Sklave mit einer äußerst ruhigen und warmen Stimme "Vergebung Domina, das was Dir mit Deiner Familie widerfahren ist ... tut mir leid." Lyciscus hatte großes Mitgefühl, konnte er doch selbst Lieder davon singen, wie es ist geliebte Menschen zu verlieren. Wären die Verhältnisse zwischen den beiden anders gewesen, hätte er sie wohl in den Arm genommen mit dem versuch sie zu trösten, doch darin bestand die Aufgabe des Leibwächters nicht.


    Und als könnte die Situation nicht schon traurig genug sein, stellte die Herrin ihrem Sklaven eine Frage, die ihm wieder einen stich in die Brust versetzte. Was den Mann in Thrakien erwartet, nichts, absolute Leere, jeden Menschen den der Thraker in seinem Land kennen lernen durfte, war tot. Seine gesamte Familie, ist Brutal abgeschlachtet worden, dabei durfte er zusätzlich jedes Familienmitglied beim sterben zusehen, während sie in seinen Armen verbluteten. Die Augen des Sklaven glänzten, er konnte es nicht mehr zurückhalten, auch wenn er es mit großer Anstrengung versuchte. "Es gibt nichts und niemanden ... der irgendwo auf dieser Welt, auf mich wartet." krächzend flossen diese Worte über des Thrakers Lippen, dabei drehte er sein Gesicht zur Seite so das es seiner Herrin nicht möglich wäre in seine Augen zu sehen. Und doch, entsprach es nicht ganz der Realität, schließlich gab es einen Menschen, der ganze drei Tage lang, gewartet hatte, seine Domina selbst. Ob sie nun in dieser Zeit einen Gedanken für den Mann verschwendete, wusste er nicht, aber sie hatte ihn positiv empfangen. Was das Thema Frauen betraf, Lyciscus war nicht unerfahren im Umgang mit ihnen, die wärme einer Frau zu spüren machte ihm durchaus Freude, doch stand hauptsächlich das Vergnügen im Vordergrund als die Interesse, ein Kind dabei zu zeugen. Der Thraker hatte grundsätzlich Interesse an Kindern, doch war niemals eine Frau dabei die er als eine Liebevolle Mutter betrachtet hätte.


    Die Stimme des Sklaven hörte sich nicht viel besser als zuvor an, doch Lyciscus wollte diesen Tag nicht weiter mit traurigen Momenten ausschmücken, so startete er den versuch seine Herrin abzulenken, wollte er doch bloß seine Traurigkeit vor ihr verbergen. "Sieh da drüben, ein Stand voller Kleider, vielleicht wirst Du dort fündig." dabei richtete der Thraker seinen Finger auf einen Verkaufstand der in etwa Neun Fuss von ihnen entfernt war. "Wann werde ich Deine Kinder zu Gesicht bekommen? Ich nehme an das meine Aufgabe auch sie mit einschließt." entgegnete Lyciscus seiner Domina während er noch immer den Finger auf den Verkaufstand gerichtet hatte. Der Sklave wusste nicht ob Aurelia Prisca Kinder hatte, oder einen Mann mit dem sie das Bett teilte, jedoch konnte er sich nicht vorstellen, das eine Frau wie sie, wo sich Männer wohl in einer reihe anstellen würden um ihre Gunst zu gewinnen, nicht mit so einem Glück gesegnet worden war.

  • Es gab also nichts und niemandem auf der Welt, zu dem Lyciscus hätte zurück kehren können, wie er selbst sagte. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete Prisca die Reaktion ihres Sklaven, als dieser mit krächzender Stimme sprach und sich dabei schnell von ihr abwandte. Vae victis … Dieses Schicksal teilte er wohl mit vielen seines Standes, zumindest denjenigen, die in Freiheit geboren waren. Da hatten es die Sklaven, die als solche das Licht der Welt erblickten wohl leichter, da sie im Grunde gar nichts anderes kannten als jene Welt und Ordnung, in die sie hinein geboren waren. Soll ich ihm auch etwas tröstendes sagen?, überlegte Prisca, doch ehe sie den Gedanken zu Ende bringen konnte, lenkte ihr Leibwächter ihre Aufmerksamkeit auf einen weiteren Stand. Ein Stand voller Kleider … Ob ich da fündig werde? Obwohl ihre Gedanken noch immer von Wehmut geschwängert waren, musste Prisca spontan auflachen.


    "Du solltest mit solchen Hinweisen vorsichtig sein, Lyciscus, außer du legst Wert darauf mit mir zusammen stundenlang Kleider zu begutachten", rief Prisca ihrem Leibwächter scherzend zu und schon folgte sie seinem Wink und schlenderte auf den besagten Stand zu. Die Auswahl ließ sich durchaus sehen und dementsprechend interessiert zeigte sich die Aurelia. Doch selbst das schönste Kleid auf Erden könnte sie niemals so sehr in den Bann ziehen wie der Gedanke an eigene Kinder. Die Frage ihres Leibwächters traf eine sehr tiefe und schmerzhafte Wunde und prompt hielt Prisca inne, um tief durch zu atmen. Sie hegte dabei keinen Groll auf ihren Sklaven, dass er es wagte sie darauf anzusprechen, denn es wäre völlig egal, wer ihr diese Frage gestellt hätte.


    "Vielleicht niemals … ich …ich habe keine Kinder … und es scheint mir auch nicht vergönnt zu sein, jemals Kinder zu haben. … Du musst dich also in erster Linie nur um meine Sicherheit kümmern …, antwortete Prisca schwer atmend und leicht verbittert auf die Frage, wann Lyciscus ihre Kinder kennen lernen würde. Es fiel ihr unsäglich schwer diese Tatsache als gegeben hin zu nehmen, aber ohne den Segen der Götter und die Gunst der Stunde würde ihr sehnlichster Wunsch niemals in Erfüllung gehen. Wobei die Aussage "nur um mich kümmern" ja nicht ganz stimmte, da Lyciscus unter Umständen auch für die Sicherheit der anderen Familienmitglieder zu sorgen hätte: "Wenn allerdings mein Gemahl oder mein Stiefsohn, oder sonst jemand aus meiner Familie deine Dienste fordern, so erwarte ich von dir, dass du ihnen gehorchst und ihnen den gleichen Respekt entgegen bringst wie mir." Diese Ansage kam zwar sehr direkt, aber Prisca´s Stimme klang keineswegs herrisch. Es klang eher wie eine Bitte oder eine beiläufige Bemerkung, da die Aurelia in dem Moment ganz damit beschäftigt war mit ihrem Schicksal zu hadern.


    Selbst das schönste Gewand vermochte Prisca augenblicklich nicht zu reizen, obgleich sie einfach so tat, als würde ihr Interesse ganz und gar den angebotenen Kleidern gelten. "Wie gefällt dir dieses Kleid? .. Meinst du es würde mir stehen? ..Soll ich es anprobieren, gleich hier? ", hörte sich Prisca selbst gleich mehrere Fragen stellen und konnte es kaum glauben, dass sie tatsächlich einen Sklaven um Rat fragte. Es war allerdings nicht irgend ein Sklave. Es war "ihr" Sklave Mein Leibwächter, mein starker Beschützer ...und als solcher konnte sich Lyciscus durchaus glücklich schätzen, dass er nicht das Schicksal jener namenlosen Sklaven zu teilen hätte, denen Prisca keine weitere Beachtung schenkte. Nein, er war etwas ganz besonderes in Prisca´s Augen und wenn er ihr gegenüber loyal wäre, dann würde sie ihm so manchen Wunsch erfüllen Doch welchen genau?, nun das würde wohl erst die Zeit mit sich bringen …

  • Lyciscus senkte seinen Arm, seine Herrin hatte bereits begonnen dem Stand entgegen zu laufen, scherzend gab sie ihrem Sklaven zu verstehen, das der besuch dieses Verkaufstandes wohl etwas länger dauern könnte. Die Aussage jedoch lockerte zumindest die trostlose Stimmung, die während der Gespräche entstanden war, auf. Nicht das es dem Thraker etwas ausmachte sich mit seiner Herrin zu unterhalten, das Thema war ihm dabei völlig egal, doch Gefühle zu unterdrücken waren nicht seine große stärke. Es war jedoch wesentlich besser sich eine Ewigkeit mit Kleider zu beschäftigen, als wie mit Worten, die einen nur verletzten würden.


    Die Erheiterung hervorgerufen durch Prisca's Worte hielt nicht lange an, Lyciscus konnte gut erkennen, das er mit seiner Frage an die Domina, eine Wunde geöffnet hatte. Er dachte daran für den Rest des Tages zu Schweigen, doch solche Dinge gehörten zum Leben dazu, viele hatten mit schmerzhaften Erfahrungen zu kämpfen, die einen härter die anderen schwächer. Es war für ihn unvorstellbar, das seine Herrin keine Kinder hatte, denn es war sichtlich ihr Wunsch, wie der Sklave es aus ihrer Antwort heraus verstand. Lyciscus wollte nicht weiter ins Detail gehen, also schwieg er, abgesehen davon war er nur der Leibwächter von Aurelia Prisca, es war also so schon ein Wunder gewesen das sie ihm so viele Informationen über ihr Leben offenbarte.


    Das er seine Dienste auch für die Familie seiner Herrin zur Verfügung stellen sollte, machte dem Sklaven nichts aus "Ja Domina. Wann auch immer Du oder Deine Familie es wünschen." doch der Thraker gab sich mit seiner eigenen Antwort nicht ganz zufrieden. Er betrachtete ein paar Kleidungsstücke und ließ den Stoff zwischen seinen Fingern etwas hin und her gleiten, dann Blickte er in Richtung seiner Domina, "Sobald Deine wundervollen Kinder das Licht der Welt erblicken, wird mein Schutz und meine Treue auch ihnen gelten, so wie ihrer wundervollen Mutter... Es wird mir eine große Ehre sein..." diese Worte kamen schon fast flüsternd aus dem Mund des Sklaven. Das Interesse bestand hier nicht, seiner Domina zu schmeicheln oder ihr nochmals Rote Wangen zu beschaffen, vielmehr äußerte Lyciscus einen Wunsch der für seine Herrin gelten sollte. Die Worte, obwohl sie so leise über seine Lippen gekommen waren, klangen überzeugend, wäre er ein Hellseher gewesen, hätte man es ihm sofort geglaubt in nächster Zeit mit einem Kind beschenkt zu werden. Obwohl er Aurelia Prisca noch nicht lange kannte, eigentlich gerade mal einen halben Tag, hatte der Thraker das Gefühl bei ihr, das sie eine äußerst liebevolle und auch gute Mutter werden würde, ganz anders wie bei den Frauen mit denen er bereits Vergnügende Stunden verbracht hatte.


    Als ihm seine Begleiterin nach seiner Meinung fragte, was das Kleid betraf das sie ins Auge gefasst hatte, war er überfordert. Er war ein einfacher Mann, er machte sich nichts aus der Optik von Gegenständen, sie sollten Praktisch sein und ihren Zweck erfüllen. Doch er versuchte seiner Domina auch hier möglichst, eine gute Antwort zu geben "Nun, die Farbe gefällt mir. Schwarz kann man immer tragen, ...vermute ich. Verzeih Domina, aber ich denke, ich bin nicht der richtige wenn es um solche Fragen geht." dabei kratzte sich der Sklave wiedereinmal am Hinterkopf, wie er es so oft tat wenn er nicht die richtigen Worte fand. "Und wenn ich ehrlich sein darf, selbst wenn Du Dir aus einem Kartoffelsack ein Kleid basteln würdest, würdest Du immer noch, eine bezaubernde Mutter abgeben." Ja, Lyciscus nannte sie bewusst nochmals Mutter, er hoffte doch sehr das diese Aussagen nicht ihr Ziel verfehlen würden und es seiner Domina noch schwerer machten. Seine Absichten lagen darin, ihr zu vermitteln das die Zeit kommen wird, vielleicht nicht Heute oder Morgen, aber auch nicht in all zu ferner Zukunft.


    Ob sie das Kleid nun anprobieren sollte, ignoriert der Sklave mit verwirrten Blicken, wollte sie sich etwa hier sofort entkleiden und ihren Körper zur schau stellen. Nun, sie würde sicherlich vielen, sehr vielen, eine große Freude damit machen, aber Lyciscus gefiel der Gedanke gar nicht, das hunderte Augen auf seine Domina gerichtet sein würden. "Domina, wir sind doch jetzt schon eine weile unterwegs, hast du denn keinen Hunger? Ich könnte schon eine Kleinigkeit vertragen." versuchte der Sklave die Aurelia daran zu hindern, sich zu entblößen, auch wenn es nur dem Zweck diente, das angesprochene Kleid zu probieren.

  • Sobald meine wundervollen Kinder das Licht der Welt erblicken ..., wiederholte Prisca stumm Lyciscus´ Worte und wünschte die Götter würden das Gesagte erhören und ihr diesen sehnlichsten Wunsch eines Tages erfüllen. Nur ob ich wirklich eine so wundervolle Mutter wäre? Wie konnte Lyciscus da so sicher sein, wenn nicht einmal sie es war? Weder kannte er sie lange genug, noch hätte es ihn kümmern müssen, war er doch nur ein Sklave der seine Pflichten zu erfüllen hätte. Und doch klang es aus seinem Mund sehr ehrlich und so als würde er sich für sie freuen, als er flüsternd zu ihr sprach.


    Prisca war berührt von seiner augenscheinlichen Loylität und Ergebenheit und in diesem Moment wurde ihr bewusst wie froh sie war, dass Lyciscus zu ihr zurück gekommen ist. Wäre er es nicht, dann hätte sie das verlorene Geld sicher verschmerzt und auch die Gewissheit, dass ihr Vertrauen (nicht zum ersten Mal) missbraucht worden wäre. Aber er war zurück gekommen und diesen Schritt rechnete Prisca ihrem Leibwächter sehr hoch an.


    Auch auf die Gefahr hin nach außen für so manchen oberflächlich zu wirken, so hatte Prisca in all den Jahren gelernt ihre innersten Gefühle (zumindest in der Öffentlichkeit) weitesgehend zu verstecken. Vor Lyciscus vermochte ihr das zwar nicht so gut zu gelingen, doch wollte Prisca im Augenblick nicht weiter über ihren unerfüllten Kinderwunsch nachdenken.


    Vielmehr amüsierte es sie gerade sehr, wie verwirrt Lyciscus auf ihre Frage reagierte. Will er mich jetzt mit Essen davon ablenken dieses Kleid anzuprobieren? Prisca kicherte und schüttelte den Kopf leicht, während sie nah an ihm vorüber schirtt: "Lyciscus!? Denkst du allen ernstes ich würde mich hier vor aller Augen entkleiden? Das hättest du wohl gerne. ... Essen kannst du später, komm mal mit!" Mit einem aufreizenden Blick in seine Augen und einem schelmischen Grinsen auf den Lippen "befahl" sie ihm ihr zu folgen.


    Prisca ging voraus und auf einen Teil des Verkaufsstandes zu, den der geschäftstüchtige Händler mit schweren Teppichen verhangen hatte. Jener Händler begrüßte die Aurelia auch sogleich mit einer tiefen Verbeugung und einer einladenden Geste mit er sie in das provisorisch geschaffene Séparée führte. Hinter dem Vorhang warteten bereits zwei junge Sklavinnen auf potenzielle Kundinnen, um ihnen bei der Anprobe zur Hand zu gehen.


    Ehe Prisca durch den Spalt zwischen den Vorhängen trat, wandt sie sich noch einmal zu ihrem Leibwächter um und deutete dabei auf eine Stelle direkt vor jenem Spalt. "Du wartest genau hier und passt auf, dass niemand guckt!" Das "niemand" betonte Prisca besonders, denn außer Lyciscus selbst hätte wohl kaum jemand von dieser Position aus die Möglichkeit einen Blick in das Innere zu erhaschen. "Ich verlasse mich auf dich!" Mit diesen Worten verschwand Prisca auch schon und wurde empfangen von den beiden jungen Sklavinnen, die sogleich mit überschwelligen Komplimenten die Schönheit der Kundin in alle Sphären hoben. Mit geschickten Händen begannen die beiden Dienerinnen die Aurelia auch sogleich zu entkleiden, allerdings nur bis auf den Chiton, da das ausgesuchte Kleid darüber getragen werden würde. Mehr als ein Paar nackter Beine, Arme, Schultern und womöglich einer aufreizenden Rückenansicht bekäme ein Betrachter - rein theoretisch - somit nicht zu sehen ...

  • Etwas Nervös stand Lyciscus nun vor dem Verkaufsstand, auch wenn er keinen Hunger hatte, hofft er doch sehr das seine Herrin ihn nun gleich in irgendeine Taverne schleppte. Als er dann die Worte von seiner Domina vernahm, war der Sklave sichtlich erleichtert, doch wohin sollte er ihr jetzt folgen.


    Angekommen bei dem Teil, der mit Teppichen überdeckt war, sah der Thraker das erste mal das ein Händler seinen Verkaufsstand so modifiziert hatte, anscheinend war es nicht unüblich in Rom Kleidungsstücke sofort zu probieren. Nun damit konnte der Thraker leben, diese Konstruktion würde sicher einige Augen fern halten, er hatte nichts zu befürchten.


    Mit ein paar Worten von seiner Domina, änderte sich die Aufgabe des Sklaven, anstatt sie selbst zu Schützen, musste er jetzt den bereich Schützen in dem sie hinein schlenderte. Auch das sollte kein Problem darstellen, Lycisucs stellte sich direkt davor, verschränkte seine Arme, und ein scharfer Blick tastete die Umgebung ab. Wie er bereits zuvor bemerkt hatte, waren wesentlich weniger Menschen auf den Straßen, doch wie viel Zeit würde seine Herrin nun mit dem umkleiden benötigen, und möchte sie vielleicht noch mehr Kleider probieren. Es war wohl seine eigene Schuld, hatte er sie ja auf den Verkaufsstand aufmerksam gemacht, jedoch konnte sich der Thraker besseres vorstellen als hier an dieser Stelle für eine Ewigkeit zu verharren.


    Von Ungeduld getrieben, wollte der Sklave nur kurz einen Blick riskieren, um zu sehen ob seine Begleiterin denn schön langsam fertig wurde. Dabei versuchte er relativ geschickt mit nur einem Auge zwischen den Spalt hindurch zu sehen, sein Auge bewegte sich dabei von links nach rechts, bis er die gewünschte Person zu sehen bekam. Der wundervolle Rücken kam zum Vorschein, aus einem Auge wurden zwei, zugleich war der Körper des Thraker's schon in Richtung der Konstruktion gerichtet. Schnell hatte der Sklave seine Hände wieder an den Körper gelegt, nachdem er einen leichten halt an den Teppichen gesucht hatte, vermutliche wären diese aber herab gestürzt, genau wie sein Kopf wenn er dafür verantwortlich gewesen wäre, das jeder die Aurelia erblicken konnte. Ohne zu überlegen das er seine Augen auf seine Aufgabe hätte richten sollen, hafteten diese an der Schönen Frau, dabei betrachtete er sie wieder von oben bis unten, obwohl er schon sehr oft auf die wunderschöne weiße Haut einen Blick erhaschen konnte, war der Thraker immer noch begeistert, jedesmal wenn er sie zu sehen bekam. Während seine Augen die Herrin musterten, fiel ihm eine Schnurr auf, die wohl die einzige Befestigung für das aktuelle Kleidungsstück seiner Domina war. Wiedermal befand sich der Sklave in einer art leichten Trance, dabei zog er leicht an der Schnurr die er zu sehen bekam, nachdem diese sich gelöst hatte, rutschte das Kleidungsstück langsam über die wundervolle Haut dem Boden entgegen. Dort angekommen, hatte der Thraker nun einen sehr guten Blick auf den gesamten Körper seiner Domina. Er erhoffte sich auch eine Vorderansicht, und als ob man seinen Wunsch gehört hätte, drehte sich seine Herrin äußerst langsam in die Richtung des Sklaven. Ein leichtes Zittern erfasste Lyciscus, dabei konnte er seine Erregung kaum zurückhalten, noch ein kleiner Augenblick trennten den Mann von der Ansicht der vollkommenen Pracht seiner Herrin. Doch plötzlich wird er aus seiner Fantasie gerissen, unsanfte Finger stachen regelrecht auf des Sklavens Schulter...


    Erschrocken und rasch drehte sich Lyciscus um und Blickte in eine Kapuzengestalt, "Hey Thraker, na doch wieder lust bekommen nachhause zu fahren?", es war der Mann, den er erhoffte nie wieder zu begegnen. Noch benebelt von seiner Fantasie, brauchte er einen Augenblick um das gesagte erst zu verstehen. Die Augen wurden riesengroß, eine rasche Bewegung zu dem Arm seines Gegenübers, und schon hatte der Sklave ihn unsanft gepackt. Lyciscus bewegte den Bärtigen und sich ein paar Schritte weg, dann begann er zu flüstern "Musst Du so schreien? ... Nein ich habe kein Interesse, hast Du das nicht schon verstanden als ich abgelehnt hatte?" dabei löste der Thraker den Griff der den Mann festhielt. "Ach komm schon, was willst Du denn hier in Rom, hier wartet doch nur das Verderben auf Dich. Los gib mir Deinen Beutel Münzen und wir können noch heute die Reise antreten." mit sehr viel Druck gab der Bärtige zu verstehen, das er es auf die Münzen abgesehen hatte, die Lyciscus ihm für die Reise versprochen hatte. "Verschwinde, sprich mich nie wieder auf dieses Thema an, ich werde in Rom verweilen, und sterben." Der Bärtige betrachtete den Sklaven, natürlich fiel ihm die Kleidung auf die er trug, "Bist Du jetzt sowas wie ein Soldat oder was?" lachend entgegnete er ihm mit diesen Worten. Lyciscus verlor die Geduld wie auch seine Beherrschung, "Schau das Du Land gewinnst, Verschwinde!" lautstark und mit dem Finger in Richtung Straße gerichtet, befahl der Sklave dem Mann schon regelrecht, zu gehen.

  • Ein schwarzes Kleid kann man immer tragen? Schwarz?! Also schwarz war nun wirklich nicht Prisca´s Farbe und niemals hätte sie ernsthaft erwogen dieses Kleid zu kaufen oder es gar anzuprobieren. Sie hatte es nur ausgewählt um den modischen Geschmack ihres Leibwächters zu testen und ...Naja, diesen Test hat er absolut nicht bestanden. Aber er muss meinen Leib auch nur beschützen und nicht einkleiden, nahm es Prisca mit Humor, wobei sie nur nicht verstehen konnte, dass es ihm scheinbar völlig egal war was jemand trug. Vielleicht erkennt er ja im angezogenen Zustand, dass schwarz mir überhaupt nicht steht Und um das heraus zu finden, probierte Prisca das schwarze Gewand nun doch.


    Nun ja, der Stoff an sich ist ja sehr schön und auch edel. Eventuell kann man daraus etwas machen, in Kombination mit weiß oder besser noch Gold ... hm, eine Falte Gold, eine Falte weiß, eine Falte schwarz ...dann wieder Gold, weiß, schwarz ...hmmm. das könnte am Ende doch gut aussehen. Je länger Prisca darüber nachdachte umso besser gefiel ihr diese Farbkomposition während sie den Sklavinnen genau Anweisungen gab, wie sie den Stoff zu wickeln und zu falten hätten. Genügend andere Stoffe (in allen Farben) lagen zu Glück herum, um alles mögliche auszuprobieren ... und das könnte dauern.


    Ob ihm schon langweilig ist?, dachte Prisca zwischendurch schmunzelnd an ihren Thraker, der draußen geduldig Wache schob Oder genießt er womöglich die Aussicht? Mit Sicherheit tut er das und was er sich wohl dabei denkt? Ob er gern mehr sehen würde? Hm, vielleicht sollte ich ihn bei nächster Gelegenheit mit ins balneum nehmen, damit er mir beim baden zusehen kann?! ... Ob ihm das gefallen würde? Oder wäre ihm dabei eher unwohl, so wie mit der Frage nach dem Kleid? Spielte Prisca ein wenig mit ihren Gedanken und Phantasien, denn sie war in dieser Hinsicht nicht prüde und sie liebte es seit jeher, den Männern die Köpfe zu verdrehen. Natürlich stets im Bewusstsein, dass sie eine Adelige und eine verheiratete Frau war und sie gewisse Grenzen keinesfalls überschreiten durfte (insbesondere nicht bei einem Sklaven) um keine Schande über ihre Person und ihre Familien zu bringen.


    Aber Gedanken sind bekanntlich frei ... So frei wie ein Vogel! ... und aus eben jenen wurde Prisca gerissen, als eine fremde männliche Stimme von draußen herein drang. Etwas gedämpft durch die schweren Stoffe konnte Prisca nur undeutlich verstehen was der Mann da rief:...Thraker ...Lust ... Hause ... fahren ... meinte der meinen Lyciscus?


    Neugierig steckte Prisca den Kopf durch den Spalt zwischen den Vorhängen und blinzelte mit zusammengekniffen Augen gegen das grelle Sonnenlicht. Zunächst erkannte sie nur unscharf ihren Leibwächter, der anscheinend im Begriff war einen Mann lautstark zurück zu drängen. Wollte der einen Blick riskieren oder weshalb reagiert Lyciscus so ungehalten? ... "Lyciscus! ... Was ist los? ... Wer ist das?, rief Prisca sogleich mit fester und lauter Stimme hinüber zu ihrem Leibwächter, die Vorhänge dabei vor ihrer Brust zusammen haltend, da sie momentan nur ihren Chiton mit dem unfertig gefalteten Überkleid trug.

  • Als könnte es nicht noch schlimmer werden, hörte der Thraker die Stimme seiner Domina, sie hatte mitbekommen was sich auf der Straße vor ihr abspielte. Der Atem stockte, das Herz pochte äußerst schnell und der Schweiß lief dem Sklaven den Nacken hinunter. Was sollte er ihr sagen, schließlich wollte er immer vermeiden seiner Herrin eine Lüge unter die Nase zu reiben. Doch bevor er sich noch umdrehen konnte um irgendein Wort zu sagen...


    "Ah, jetzt verstehe ich warum Du Deine Reise in Dein Heimatland abgelehnt hast, ...Du hast Dein Herz verschenkt an diese Römerin!" amüsiertes Gelächter kamen aus dem Mund aus dem auch diese Worte gekommen waren. "Und weißt Du was, sie wird Dir Dein Herz herausreißen und es zerquetschen bis es aufhört zu schlagen! Ich sagte Dir doch, in Rom findest Du nur verderben!" ein eher teuflisches lachend folgte, zugleich schritt der Bärtige aber zurück und bewegte sich eilig durch die Menschen auf den Straßen, bis er in einer dunklen Seitengasse verschwand.


    Lyciscus Muskeln spannten sich, völlig geschockt stand er mitten auf der Straße, sein Rücken noch immer zu seiner Herrin gedreht. Die Gedanken die der Sklave hatte, machten die Situation nicht besser, er würde definitiv eine Strafe erhalten, wenn nicht für das verlassen der Position wo er Wache stand, dann dafür das er auch nur eine Sekunde daran gedacht hatte, Rom zu verlassen. Zusätzlich musste Aurelia Prisca diese Tatsache auch noch von einem Fremden entgegen nehmen, hätte er es ihr doch bloß selbst gesagt.


    Der Schock löste sich, sowie auch die angespannten Muskeln, dabei hingen die Arme des Sklaven am Körper kraftlos hinunter, langsam begann er seine Vorderseite seiner Domina entgegen zu drehen. Dabei betrachtete er stets den Boden, Verzweiflung machte sich in dem Gesicht von Lyciscus bemerkbar, er hob seinen Kopf und Blickte in das Gesicht das zwischen dem Spalt herausragte. Es folgten keine Worte, nur tiefe Blicke in die wunderschönen Blauen Augen seiner Domina, geduldig und schweigend wartete der Thraker ab, um zu vernehmen, welche Strafe er nun zu erwarten hat.

  • Hatte Prisca es nicht von vorne herein gewusst? Nein! Gewusst nicht, aber zumindest vermutet hatte sie es, dass der Thraker in diesen drei Tagen nicht nur einmal an Flucht gedacht haben mochte. War das nicht nahe liegend gewesen? Ja, sicher, doch nun hatte die Aurelia Gewissheit, dass Lyciscus nicht nur an Flucht gedacht- sondern sie auch mit diesem Kerl geplant hatte. Hat er das wirklich? Wieso spricht dieser Kelr dann von "ablehnen" - Hat er es ihm angeboten? Aber doch nur, wenn Lyciscus danach gefragt hat?, fragend und ungläubig zugleich betrachtete Prisca ihren Leibwächter mit ausdrucksloser Miene. Sie war verwirrt und konnte nicht so recht zuordnen, was genau da zwischen ihm und dem Fremden abgelaufen war.


    Führt Lycicsus gar etwas im Schilde und ist nur aus diesem Grund zurück gekehrt? Reichte das Geld nicht? Dachte er gar, er könne sich noch mehr bei mir holen? Indem er mein Vertrauen erschleicht und so tut, als würde er aus freien Stücken bei mir bleiben? ... So lange, bis er das Geld hat und dann? ...Dann wäre er einfach verschwunden? Redete sich Prisca da gerade in etwas hinein was gar nicht stimmte? Die Szene hatte sie doch sehr verwirrt und Lycicsus schien auch keine Anstalten zu machen, die Sache aufzuklären. Sein verzweifelter Gesichtsausdruck war das Einzige, worüber Prisca nun spekulieren konnte: Ist er verzweifelt, weil sein Plan schief gelaufen ist ... oder weil er denkt, ich würde ihm sowieso nicht glauben? ... Oder spielt er mir hier nur etwas vor, um mein MItleid zu erregen?


    In der Tat wusste Prisca im Augenblick nicht so recht, was sie glauben sollte - oder wollte.


    Mit einem tiefen Atemzug und einem entäuschten Blick zog Prisca wortlos die Vorhänge zu. Womöglich war das eine größere Strafe, als wenn sie ihm hundert Peitschenhiebe auferlegt hätte. Doch wofür soll ich ihn bestrafen? Ich war es doch, die ihn erst in diese Situation gebracht hat ... , grübelte Prisca weiter darüber nach, was wohl der Wahrheit am nächsten käme. Sie wollte jedenfalls kein voreiliges Urteil fällen, sie wollte ihm auch nicht Unrecht tun, weil ... weil sie in ihm - nach wie vor - etwas besonderes sah.


    Kurze Zeit später war die Aurlelia wieder angezogen und sie trat durch die Vorhänge hindurch auf die Straße. Das Interesse an dem Kleid war in jedem Fall verflogen und das gab die Aurelia dem Händler mit einer unmissverständlichen Geste zu verstehen. Der Händler machte auch keinerlei Anstalten die Kundin aufzuhalten sondern verabschiedete sie nur mit einer tiefen Verbeugung und einem "Vale bene, Aurelia ... ich hoffe du beehrst mich irgendwann wieder". Immer noch schweigend setzte Prisca sich dann in Richtung des Tempels der Fortuna in Bewegung, den sie eingangs erwähnt hatte und noch immer sprach sie kein Wort. Ihre Augen blickten nur fragend ins Leere während Prisca die Gedanken und ihr Gefühlschaos zu ordnen versuchte ...

  • Während der Thraker verzweifelt in die Augen seiner Herrin blickte, machte er sich Gedanken über das, was der Mann noch zuvor gesagt hatte. Er hat doch nicht etwa wirklich sein Herz verschenkt, und das nach so kurzer Zeit, das konnte nicht möglich sein. Und doch hatte er schon Geschichten gehört, von Menschen die sich nur einmal trafen und sich sofort ineinander verliebt hatten. Natürlich fand er seine Domina Attraktiv, sehr sogar, aber er war kein Mann der sich in den Körper einer Frau verliebte, zumindest nicht mit dem Herzen. Jedoch hatte er bisher immer noch keine richtige Antwort auf die Frage gefunden, warum er eigentlich zu ihr zurückgekehrt war, die Umstände das er niemanden mehr in diesem Leben hatte zu dem er hätte zurückkehren können, oder stand die Antwort direkt vor ihm.


    So sehr die Wort des Bärtigen ihn auch verwirrten, so hatte dieser zumindest mit der Aussage recht, das sie ihm das Herz wohl brechen würde, hätte er tatsächlich tiefere Gefühle für sie. So wie er sie jetzt kennen lernen durfte, würde sie dies bestimmt nicht mit Absicht tun, in einem anderen Leben würde es wohl generell anders aussehen. Mitunter ist dies aber natürlich ein Grund, warum der Sklave versucht auf Abstand zu bleiben, das Risiko war groß seiner Herrin komplett zu verfallen. Sein begehren zu dem makellosen Körper konnte er so oder so nicht abstellen, er war schließlich ein Mann, und Schöne Frauen sind wohl die Schwäche jeden Mannes.


    Als Aurelia Prisca ohne ein Wort zu sagen wieder zwischen den Teppichen verschwand, hatte Lyciscus ein ungutes Gefühl. Seine Gedanken waren zwar gerade eher Leer, doch die Ungewissheit raubte ihn dennoch den Verstand. Er bewegte sich langsam wieder zu seinem Posten und verharrte dort während er die Umgebung beobachtete. Der Thraker rückte ein Stück zur Seite nachdem seine Herrin aus dem Spalt hervor schritt, sie hatte jedoch ihr altes Kleid an, hatte sie das andere überhaupt probiert, vermutlich hatte ihre Enttäuschung und die Wut über des Thrakers vorhaben, ihr die lust genommen. Ohne weitere Worte und schon fast ignorierend, nahm sie einen neuen Weg auf, Lyciscus folgte ihr natürlich und hoffte, das seine Herrin irgendeine Reaktion zeigte, selbst wenn sie ihm Ohrfeigen würde, wäre es besser als diese Stille die er gerade ertragen musste.


    Lange würde er es nicht aushalten, dabei erwischte er sich wie er Nervös hin und her zappelte, was sollte er jetzt tun, sie musste doch wissen das er schon längst nicht mehr in Rom gewesen sei, hätte er seinen Plan zu ende gebracht. Den Beutel hatte er ihr schon am ersten Tag an die Kline gelegt, es fehlten kaum Münzen, war das nicht Zeichen genug, das er wirklich kein Interesse hatte zu flüchten. Doch der Thraker versetzte sich kurz in die Lage seiner Domina, er hätte wohl nicht anders gehandelt, sie verhielt sich so, wie es nur zu erwarten war. Und trotzdem, obwohl er mit einer Strafe rechnete, wurde diese nicht ausgesprochen, zumindest vorerst.


    Lyciscus sammelte etwas Mut, und erlaubte sich nun was, das ihm den Kopf kosten könnte... Langsam näherte er sich seiner Herrin, packte diese an den Schultern, doch nur so fest das er sie bewegen konnte, und setze sie auf eine Bank an der sie gerade vorbei gekommen waren. Er wich drei Schritte zurück "Ver... Vergebung Domina. Aber ich halte das nicht mehr aus, diese Stille bringt mich noch um!" Der Thraker bewegte sich jeweils drei Schritte nach links sowie nach rechts, natürlich kratzte er sich wieder zusätzlich am Hinterkopf, man konnte klar erkennen das dieser sehr Angespannt und Nervös war. Doch dann versuchte er Ruhe in sich zu bekommen, bewegte sich auf seine Domina zu, und nahm vor ihr auf dem Boden platz. "Wenn Du etwas wissen willst, über das was gerade am Marktplatz passiert ist, dann Frage mich, ich verspreche Dir vollste Ehrlichkeit. Wenn Dir nach einer Bestrafung ist, so werde ich auch diese ohne geringsten widerstand hinnehmen. Aber bitte... tu irgendwas, lass mich nicht im ungewissen verrotten!" Lyciscus wusste nicht ob es der richtige Zeitpunkt war, um bitten auszusprechen, und dennoch tat er es, dabei blickte er seiner Domina demütig in die Augen, mit der Hoffnung das sie irgendeine Reaktion von sich gab.

  • Den Stand und das Kleid hatte Prisca längst vergessen. Die Szene mit dem Bärtigen und ihre Gedanken dazu, spukten jedoch weiter durch Prisca´s Kopf. Ich bin in der Tat verrückt, dass mich das derart beschäftigt. Was mache ich mir überhaupt solche Gedanken … wegen einem Sklaven!! Pah! …Aber fragen werde ich ihn nicht. Nein - Niemals! Die Aurelia wartete auf eine Erklärung, doch ihr Sklave folgte ihr zunächst nur stumm. Wie lange und wie weit sie so durch die Straßen und Gassen zogen, konnte Prisca nicht mit Bestimmtheit sagen, doch mit jedem Schritt wurde die Stille unerträglicher. Ich sage nichts! Wer bin ich denn? Ist er überhaupt noch hinter mir? Wahrscheinlich ist er schon längst verschwunden, spann Prisca wirre Gedanken und nur mit Mühe schaffte sie es, keinen Blick über die Schulter zu werfen. Umso überraschter war sie, als sie plötzlich an den Schultern gepackt wurde und mit sanfter Gewalt zu einer nahe stehenden Bank dirigiert wurde. Eigentlich wusste sie, dass es nur Lyciscus sein konnte und doch bekam sie es mit der Angst. Was wenn Lyciscus tatsächlich verschwunden war und die Hände irgendeinem schmierigen Kerl gehörten? Prisca´s Mund öffnete sich bereits noch während sie überlegte, ob sie schreien oder schimpfen - schreiend schimpfen, oder schimpfend schreien sollte.


    Jedenfalls wollte Prisca sehr laut schreien, aber am Ende verließ kein Ton ihre Lippen als sie erkannte, wer sie da auf die Bank nieder drückte. Natürlich war es Lycicus! Was erlaubt er sich? … Prisca spannte ihren Körper, die Arme ausgestreckt und die Hände auf die Oberschenkel stützend, bereit, sogleich wieder aufzuspringen. Doch tat sie dies nicht. Stattdessen funkelte sie ihn weiter grimmig an, die Lippen zu einem schmalen Strich versiegelt. Die Stille bring ihn also um …hah!, triumphierte Prisca und beschloss einfach so lange zu schweigen, bis sie endlich die Wahrheit wüsste. Die Wahrheit! Die will ich wissen, nicht irgend etwas ... aber was wird das jetzt? Prisca´s Gesichtsausdruck spiegelte augenblicklich Verwunderung wieder und ihre Wut war wie weggewischt, als Lyciscus vor ihr auf dem Boden Platz nahm und zu ihr hoch sah wie ein bettelnder Hundewelpe.


    "Du meine Güte" Wie peinlich! Was sollen bloß die Leute denken?! Da verliert ja selbst der älteste Dattergreis den Respekt vor ihm. Prisca rollte genervt mit den Augen und zischte leise: "Was wird das? Willst du, dass die Leute uns auslachen? … Steh sofort wieder auf und benimm dich so, dass jeder Respekt vor dir hat!" Prisca wartete bis Lyciscus wieder in seiner vollen Größe vor ihr stand, erst dann sprach sie mit gesenkter Stimme weiter. Dabei sah sie zu ihm hoch und dieses Mal war kein Groll mehr in ihren Augen zu sehen noch in ihrer Stimme zu hören: "Es liegt mir fern dich zu bestrafen, Lyciscus … wofür auch? Dafür, dass ich so verrückt gewesen bin, dich mit einem Beutel voller Gold weg zu schicken und zu glauben, dass du in diesen drei Tagen nicht ein einzigen Gedanken an Flucht verschwenden wirst? Nein, jeder andere Sklave wäre womöglich geflohen, aber du, … du bist zu mir zurück gekommen." Eine gewisse Bewunderung war in ihren Augen zu erkennen für diese "Tat" und ein versöhnliches Lächeln umspielte das erste Mal seit der Szene wieder Prisca´s Lippen. Die Versuchung lag nahe, ihn zu fragen, was in Wahrheit ihn zur Rückkehr bewogen hat und doch stellte Prisca gerade diese eine Frage nicht. Zu groß war die Gefahr etwas zu hören, was nicht hätte sein dürfen … oder aber die Angst vor der Enttäuschung, wenn es doch nicht dieser eine Grund gewesen wäre..


    Stattdessen stand die Aurelia nun auf und wandte den Kopf in Richtung der Tempelanlagen, dem nächsten Ziel ihres gemeinsamen Stadtbummels und dann gen Himmel. "Eigentlich wollte ich heute noch ein Opfer zu Ehren der Fortuna dar bringen ..hm, …, überdachte die Aurelia noch einmal das Geplante und überließ die Entscheidung dann spontan ihrem Leibwächter: "Was meinst, ist es dafür heute schon zu spät? Sollen wir lieber umkehren?" Prisca fühlte sich bei Lyciscus zwar völlig sicher, doch wollte sie ungern bei Einbruch der Dämmerung noch in den Straßen unterwegs sein und so ein Opfer nahm durchaus einige Zeit in Anspruch.

  • Die Sonne hatte bereits einen tiefen Punkt erreicht, es konnte nicht mehr lange dauern bis diese verschwunden sei, doch dem Thraker war das egal, er würde hier sitzen bis seine Herrin wieder mit ihm sprechen würde, und sollte es die ganze Nacht bis zum nächsten Morgen dauern. Der Thraker konnte auch ganz schön Stur sein, vor allem dann, wenn er ein bestimmtes Ziel erreichen wollte, das ihm wichtig war.


    Doch anscheinend hatte seine Aktion Wirkung gezeigt, zwar war seine Herrin nicht begeistert das er es auf diese art und weise getan hatte, aber das störte den Sklaven nicht, sie hatte endlich das Wort erhoben. Dem Sklaven war es völlig egal wenn sie ihn auslachen würden, auch wenn er seinen Stolz besitzt, er konnte nichts schlimmes daran finden am Boden zu sitzen, schließlich befand er sich nicht bettelnd auf seinen Knien. Da sah es mit dem Respekt doch wieder anders aus, dieser war dem Sklaven schon wichtig, doch solchen hatte man meist erst zu verdienen, und darin war Lyciscus in den meisten Fällen äußerst erfolgreich.


    Das seine Domina durchaus Verständnis zeigte für seine Pläne, die er längst verworfen hatte, erleichterte ihn sehr. Vermutlich hatte sie aber keine Antwort darauf, warum der Sklave den Weg zu ihr bevorzugte anstatt den in sein Heimatland, genau so wenig, wie er selbst. Es würde sicherlich noch einige Zeit dauern, bis es eine Antwort dafür gab, oder aber, der Thraker verliert sein Leben in Ausübung seiner Dienste, und es bleibt für Ewig verborgen. Teilweise zerriss es den Sklaven innerlich, sich ständig Gedanken zu machen, aber niemals eine Antwort zu erhalten, oder zu finden.


    "Domina, ich habe keinerlei Erfahrung mit Opfergaben, zwar habe ich schon davon gehört, aber das war auch schon alles." Lyciscus überlegte kurz, dabei betrachtete er den Himmel und die Umgebung. "Es dürfte bald Dunkel werden, ich habe keine Problem meine Aufgabe auch Nachts durchzuführen, dennoch denke ich das wohl der Heimweg die bessere Wahl wäre." Der Sklave wollte seine Herrin nicht dazu überreden, die Villa aufzusuchen, jedoch war er doch ein wenig erschöpft, weniger Körperlicher Natur, vielmehr haben ihn die Vorfälle wie so manche Gesprächsthemen die Energie geraubt. "Ich überlasse es ganz Dir, Domina, ich kann Dich auch gerne in den nächsten Tagen zum Tempel begleiten, wenn es denn Dein Wunsch ist." ...sollte er bis dahin noch seinen Kopf zwischen seinen Schultern tragen.

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