Ich gehöre nur mir.

  • a ich hatte es immer und immer wieder gesagt, ich gehöre nur mir. Nicht der Familie und damit der Sippe, nicht dem Stamm und schon gar nicht den Römern, nein ausschließlich mir.
    Wir lebten in der Nähe von Bonna und gehörten einem, wie ich fand seltsamen Stamm an. Den Urbier oder Urbii, oder aber wie sie sich jetzt unbedingt nennen wollten den Agrippinenser. Unsere Heimat war auf der rechten Seite des Rhenus gewesen. Ob meine Ahnen nun besonders gescheit oder feige waren, kann ich nicht wirklich sagen. Auf jeden Fall gehörten sie zu den ersten die mit den Römern Handel trieben, bald schickten sie die jungen Männer auch zu den Auxiliartruppen. Natürlich waren die Nachbarstämme nicht damit einverstanden, ob dies aus Neid oder Römerhass war, keine Ahnung. Nur gab es Streiterei und die Römer verpflanzten unseren Stamm auf die linke Rhenusseite in die Provinz Germania inferior.
    Zu allem Überfluss war meine Familie groß in der Pferdezucht und im Pferdehandel. Natürlich taten sie das alles für die Römer. Nach dem Tod meines Vaters würde mein ältester Bruder Sarolf Sippenoberhaupt und mit dem kam ich nun gar nicht klar. Der behandelte mich ja schon jetzt, als wäre er der Kaiser von Rom. So kam es das ich schon sehr früh eigene Wege ging.
    Meine größte Leidenschaft ist das Würfelspiel, dicht gefolgt von Messerwurfkunststücke und natürlich dem trainieren von gewissen Fingerfertigkeiten, die einem bei vielen Gelegenheiten nützlich sind. Meine Lieblingsopfer sind die Römer aber auch andere Schwachköpfe.
    Einen festen Wohnsitz habe ich nicht wirklich. In einigen Dörfern bin ich gern gesehen, in anderen schmeißt man mich gleich raus.


    Von Bonna aus wollte ich in Richtung Süden Endziel sollte Mogontiacum sein. Zur Zeit durchwanderte ich noch Dörfer um Confluentes herum. Manchmal fragte ich mich unterwegs, wie dumm man eigentlich sein konnte. Warum ich mir nicht einfach zu Hause ein Pferd genommen hatte, jetzt musste ich alles zu Fuß erledigen. Der Grund für meine Entscheidung war einfach, erstens wollte ich nichts von zu Hause und zweitens, die Zeiten waren unsicher, was wenn ich übefallen würde? Mit Pferd galt ich als wohlhabend, außerdem konnte ich mit Pferd auch viel schlechter verstecken und das war oft sehr wichtig.
    Jetzt saß ich nahe beim Ufer des Rhenus und kaute genüsslich an einer Hasenkeule herum, dem Rest vom Vortag. Dabei überlegte ich mir ob ich weiter wandern sollte oder doch möglichst bald etwas für die Nacht suchen sollte. Der Himmel schaute verdächtig nach Regen aus. Bestimmt wieder eine der typischen Frühlingsschauern, die täglich meist mehrfach auf einen niedergingen. Bisher hatte ich ja Glück und meistens etwas vernünftiges für die Nacht gefunden

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    Othmar


    Ein Liedchen pfeifend, schritt Othmar voran. Nicht mehr weit bis Confluentes! Das sagte er sich immer wieder vor. Da wollte er hin. Er roch es bereits, dass er den Fluten des großen Stromes, der das freie Germanien vom besetzten teilte. In Confluentes hatten die Römer eine Brücke gebaut. Dort wollte er den Rhenus überqueren und sein Glück im besetzten Germanien versuchen. Von dort aus wollte er dann gen Süden ziehen. Denn irgendwo dort drüben lag seine Zukunft. Hier gab es nichts mehr, was ihn hätte halten können. Er hatte alles verloren. Seine Frau, seine kleine Tochter, ihre gemeinsame Hütte, einfach alles! Anfangs war er ziellos durch die Lande gewandert. Hatte sich hie und da nützlich gemacht, doch eine neue Heimat hatte er nirgends gefunden.
    Der Wanderer richtete seinen Blick besorgt gen Himmel. War das eben ein Regentropfen auf seiner Wange gewesen? Er war ja Wind und Wetter gewohnt. Allerdings war es schon spät am Tag und es wäre sicher hilfreich gewesen, noch trockenen Fußes nach einem Unterschlupf für die Nacht suchen zu können.
    Der Fluss kam schließlich in Sicht, seine Schritte wurden größer. Wenn er es wenigsten in eines der nahegelegenen Dörfer schaffen könnte. Aber halt, was war das?! Dort vorne saß jemand am Ufer und schob sich etwas Essen in den Mund. Er näherte sich dem jungen Mann, blieb stehen und hob seine Hand zum Gruß. „Heilsa, Fremder! Sag mir, ist es noch weit bis Confluentes?“

  • „Heilsan oder Salvete was immer du willst Fremder“. Wenn der jetzt denkt er bekäm etwas von meinem Hasen ab, dann Pech gehabt mein Freund alles verputzt, dachte ich gleichzeitig. Ich blickte kurz zum Himmel um den Sonnenstand abzulesen, natürlich war sie gerade von ein paar richtig fetten Wolken verdeckt. „Nun wenn du am Rhenus Ufer weitergehst könntest du wenn du Glück hast Morgen in aller Frühe Confluentes erreichen. Allerdings kann ich dir nicht sagen, ob du auf dem Weg gut vorwärts kommst.“ Nach einem herzhaften Biss in die Hasenkeule, meinte ich kauend, „an deiner Stelle würde ich jedoch versuchen zuerst einen guten Unterschlupf zu suchen“. Wie zur Bestätigung fegte plötzlich ein heftiger Windstoß über uns hinweg, der einen Schwanz Nieselregen hinter sich herzog. Konnte gut sein, dass dies es der Anfang war. Schnell stand ich auf, sah mich suchend um, da ich immer noch nicht wusste in welcher Richtung ich schnell ein Dorf finden würde. „Sag mal wo hast du das letzte Dorf gesehen? Du hast doch eins gesehen? Oder bist du denen ausgewichen.“ Prüfend betrachte ich den Fremden jetzt genauer. Was wenn der auf der Flucht war oder sogar ein Halsabschneider. Solche Kerle gab es ja, die einfach durch die Gegend rannten und Leute abmurksten. „Was willst du eigentlich in Confluentes?
    Ich war dort, da ist nichts los, da ist es einfach nur öde.“

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    Othmar


    Mit einem Seufzer ging Othmar in die Hocke. Für einen kurzen Moment wollte er sich erholen. Den ganzen Tag war er schon auf den Beinen. Der Geruch des Fleisches drang an ihn heran. Ohne dass er es beabsichtigt hätte, lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Aber natürlich würde er dem jungen Mann nicht bitten, ihm etwas abzugeben.
    „Mhh, doch noch so weit“, antwortete Othmar mehr zu sich selbst und rieb sich seinen Stoppelbart. Doch der Junge hatte recht, ein Unterschlupf für die Nacht war unabdingbar, denn wie es schien, sollte es nicht bei dem einen Regentropfen bleiben.„Ja, das sollte ich wohl tun,“ meinte er lächelnd. „Und was ist mit dir? Hast du ein trockenes Plätzchen für die Nacht?“ Der junge Mann war aufgespritzt und schien etwas kopflos zu sein. Offenbar fürchtete er den Regen, weil er vielleicht das Leben unter freiem Himmel nicht gewohnt war. „Das letzte Dorf in dem ich war ist etwa zwei Tage von hier entfernt,“
    antwortete er immer noch lächelnd. Dann zog er seinen Umhang über, weil es nun doch etwas ungemütlich wurde. „Aber wenn du willst, können wir uns gemeinsam nach einem Unterschlupf umsehen, bevor uns der Himmel auf den Kopf fällt.“ Die Frage des jungen Mannes kam ihm etwas seltsam vor. Was wollte man schon in Confluentes, wenn man auf dieser Seites des Rhenus war? „In Confluentes möchte ich über den Rhenus und dann im besetzten Germanien mein Glück versuchen, denn hier gibt es nichts, was mich noch hält. Und wohin führt dich dein Weg, Fremder? Im Übrigen, mein Name lautet Othmar.“

  • „Zu dumm, ich möchte eigentlich nicht zurück, wenn ich Pech habe renne ich dann immer hin und her.“ Mir war egal was der von mir dachte, ich war lange genug unterwegs gewesen und nicht gerade empfindlich. Doch wenn ich meinen Umhang so betrachtete wunderte ich mich immer wieder, dass dieser noch zusammenhielt. Ich musste unbedingt zu Geld kommen, um mich neu einzukleiden und deshalb wollte ich nach Süden.
    Die ersten zwei Jahre hatte ich mein Glück in diesem Colonia Claudia Ara Agrippinensium versucht, doch irgendwann ist man so bekannt wie ein bunter Hund und sucht sich ein neues Revier. „da hinter der nächsten Kurve“, wies ich die Richtung aus der ich vorher gekommen war, „liegt ein Hohlweg, vielleicht gibt es ja da einen passenden Unterschlupf". Jetzt zog auch ich meinen Umhang über, obwohl ich mir dies eigentlich sparen konnte. So war aber zumindest mir selber gegenüber das Gefühl da, ich hätte etwas gegen den Regen getan.
    Gerade war ich in die von mir angegebene Richtung losmarschiert, als ich inne hielt und den Fremden anstarrte, „da ist doch noch weniger los als hier, aber die Berge sind da wo ich war höher und die Wälder düsterer. Doch jedem wie ihm gefällt. Ach übrigens mein Name ist Neidhart, das mit der Bedeutung meines Namens, dem kühnen Streiter muss noch geübt werden“, grinste ich. „Ich bin dann eher die Schlitzohrige Ausführung?“ Jetzt ging eine kräftige Regenschauer auf uns nieder, meine Schritte wurden schneller, bis ich an dem von mir angegeben Hohlweg ankam. Und wirklich, ich sah einen kleinen Überhang der ein wenig Schutz bot. Nachher konnten wir dann weiter sehen. Jetzt erst sah ich mich nach dem Fremden um, ob er mir gefolgt war.

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    Othmar


    „Zurück, wohin?“, erkundigte sich Othmar, wobei er diesen Mann immer noch für reichlich seltsam hielt. Aber offenbar war er bereits auf der anderen gewesen und wusste, wie es dort war. Othmar hatte immer nur Geschichten gehört, dass es dort drüben viel besser wäre. Dass die Leute dort von silbernen Tellern aßen und aus goldenen Kelchen tranken. Nun ja, er war sich nicht ganz sicher, ob er solchen Geschichten Glauben schenken sollte. Dennoch war er sich gewiss, dass dort drüben auf der anderen Seite des Rhenus seine Zukunft lag. Doch zunächst war es erst einmal wichtig, ein trockenes Plätzchen für die Nacht zu finden.


    Othmar sah in die Richtung, in die der Fremde deutete. „Mhh, das sollten wir versuchen,“ brummte er. Der Fremde ging voran, Othmar folgte ihm und hörte ihm zu, als er von hohen Bergen und düsteren Wäldern zu sprechen begann. Der Regen begann nun unerbittlich auf sie her niederzuprasseln. Aber dort vor ihnen war der Hohlweg, von dem Neidhart gesprochen hatte. Und bald darauf kamen sie zu dem Überhang, der ihnen wenigstens Schutz vor dem Regen bot.
    Othmars Umhang war ganz nass geworden. Ein Feuer wäre jetzt nicht schlecht gewesen. Doch das musste warten, bis der Regen vorbei war.
    „Das hätten wir geschafft! Freut mich dich kennenzulernen, Neidhart Schlitzohr,“ antwortete Othmar grinsend. Er war froh über die Gesellschaft, die er nun hatte, denn die Einsamkeit auf seiner Wanderung konnte manchmal auch sehr erdrückend sein.


    Schließlich ließ der Regen nach und kurze Zeit später trat Othmar hinaus, um etwas Reisig und Holz zu sammeln. Dann kehrte er zu dem Überhang zurück und versuchte ein Feuer zu machen, was angesichts des feuchten Holzes nicht ganz einfach gewesen war. Doch irgendwann hatte er Gluck und ein kleines Flämmchen begann sich zu entzünden. Das Feuerchen war zwar eine sehr rauchige Angelegenheit, doch zumindest wärmte es die beiden Männer.
    „Wo willst du als nächstes hin, Neidhart? Hast du irgendein bestimmtes Ziel?“, fragte Othmar, um ihr Gespräch wieder zu beleben.

  • „Na von dem Dorf wo ich bis in der Früh gewesen war“, antwortete ich mürrisch. Ich wollte nicht mehr an den Alten denken der noch ein Stück brüllend mit erhobener Faust hinter mir her gerannt war. Dabei war ich diesmal völlig unschuldig, seiner Alten, die wirklich keine Schönheit war, musste in der Nacht eingefallen sein, dass da noch was junges in ihrem Stall schlief und kam mich in der Nacht besuchen. Nicht schön aber Klasse dachte ich zufrieden an sie zurück.
    „Und dein Name ist? Nur so damit ich dich auch anreden kann“. Neugierig musterte ich ihn jetzt aufs neue, zufrieden scheint der nicht zu sein, meinte ich zu erkennen. Während meine Begleitung Holz suchte, kramte ich aus meinem Lederbeutel einen alten schon etwas verbeulten Kochtopf und stellte ihn so auf das er mit Regen gefüllt wurde, bis das Feuer richtig brannte. Jetzt suchte ich noch ein paar größere Steine und und ein kräftigeres Aststück. Als ich zurückkam sah ich, mein Reisegefährte hatte es geschafft ein qualmiges Feuer brannte und ich begann zwei Türme aus Steinen rechts und links daneben aufzubauen bis sie mir hoch genug erschienen, holte meinen Kochtopf herbei, schob den Ast unter den Henkel und schon baumelte mein Kochtopf über dem Feuer. Zuerst wankte einer der Steinhaufen verdächtig, beruhigte sich dann aber doch.
    Es dauerte nicht lange und ich beantwortete seine Frage, es war ja schließlich kein Geheimnis. „Schau mich doch an, ich brauche dringend neue Klamotten, in Confluentes hatte ich kein Glück. Jetzt versuche ich es in Mogontiacum. Da gibt es eine Ala und die Legio II ist dort stationiert. Du weißt doch wo viele Soldaten sind gibt es vie zu Trinken, zu Spielen und und natürlich viele Weiber. Für einen wie mich gibt es bestimmt einiges zu holen. Außerdem Soldaten ärgern ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen." Noch bevor ich meine Frage, die mich beschäftigte holte ich einen kleinen Lederbeutel hervor und entnahm ihm zwei Händel voller getrockneten Kamillenblüten und warf sie in den Kochtopf. „Soll gesund sein, sagte mir eine Kräuterweib und besser als nur warmes Wasser. Doch sag mir wieso willst du auf die andere Rhenusseite? Alles was es dort gibt findest du auch hier.“

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    Othmar


    Offenbar hatte Othmar da ein heikles Thema angeschnitten. Besser er fragte nicht weiter nach. Schließlich ging ihn das ja auch nichts an. Er kannte Neidhart ja überhaupt nicht und womöglich würden sich die Wege der beiden auch nie wieder kreuzen, wenn sie erst einmal auseinander gingen.
    „Othmar, mein Name lautet Othmar,“ wiederholte er sich noch einmal, als er sich aufmachte, noch mehr Holz zu suchen. Später hatten die beiden es „fast“ gemütlich, dachte sich Othmar. Neidhart hatte doch tatsächlich ein Topf dabei gehabt, der nun mit Wasser gefüllt war. Außerdem hatte er auch eine interessante Konstruktion über das Feuer gebaut. „Gibt es auch etwas für in den Topf,“ erkundigte sich Othmar, denn er war schon ein bisschen hungrig. Die Leute aus dem letzten Drf, in dem er gewesen war, hatten ihm etwas Proviant mitgegeben. Doch der war längst aufgebraucht. Den ganzen Tag über hatte er sich von den Früchten des Waldes ernährt. Die Ausbeute allerdings war sehr spärlich gewesen.


    Die Wärme des Feuers tat ihm gut. Seine Kleidung war klamm. Nicht gerade angenehm auf der Haut. Othmar hatte seinen nassen Umhang ausgezogen und hoffte nun, die Wärme des Feuers könnte ihn bis zum nächsten Tag etwas trocknen. Er sah zu Neidhart hinüber und musste zugeben, dass seine Kleidung nicht mehr die beste war. „Du willst nach Mogontiacum? Um dort der Ala beizutreten? Oder verstehe ich dich gerade falsch?“ Wahrscheinlich, denn Othmar vermutete, sein neuer Freund hatte es eher auf Ärger abgesehen, statt Karriere bei der Ala zu machen.
    „Nun ja, zum Militär zieht es mir nicht wirklich. Ich verabscheue das Militär! Damit habe ich sehr schlechte Erfahrungen gemacht!“Sehr schlechte, um es genau zu sagen. Denn römische Soldaten waren Schuld an seinem Schicksal. Doch darüber wollte Othmar nicht reden. Er hatte schon eine Ewigkeit nicht mehr drüber gesprochen und das sollte sich auch heute nicht ändern.
    Während Othmar sprach, hatte Neidhart etwas aus seinem Beutel geholt und es zum siedenden Wasser im Topf geworfen. Othmar erkannte den Geruch sofort! Kamille! Offenbar fiel das Abendessen heute flach. Na wenigsten hatten sie etwas warmes im Bauch, wenn sie den heißen Aufguss tranken.
    „Mhm,“ brummte Othmar. „Na, vielleicht hast du recht. Vielleicht sollten wir gemeinsam nach Mogontiacum wandern. Wie wär’s mit uns beiden?“

  • „Da muss ich dich enttäuschen Othmar, das letzte war die eben aufgegessene Hasenkeule, ich dachte, ich könnte mich im nächsten Dorf versorgen.“ Damit zog ich eine Holzschüssel, die mir sowohl als Ess- wie auch als Trinkschüssel diente, aus meinem Beutel. „Bedien dich, es wärmt auf jeden Fall. Die Blüten kannst du ja raus fischen.“ Ich tauchte meine Schüssel in das heiße Wasser und schöpfte mir einen Teil heraus um dann eine die darin schwimmenden Kamillenblüten zu betrachten.
    Ich nickte zu der Frage ob ich nach Mogontiacum wolle, hatte ich es doch eben gesagt. Gleich darauf lachte ich kurz auf, „ich und in die Ala, das ist so was von einem Scherz. Da hast du mich wirklich falsch verstanden. Was denkst du warum ich mit noch nicht mal dreizehnjähriger von zu Hause weg bin? Weil keiner über mich zu bestimmen hat, ich bin mein eigener Herr, ich gehöre nur mir. Aber wieso hast du schlechte Erfahrungen gemacht bis du ein Deserteur? Ich habe jetzt vor die Militärstraße der Römer zu nutzen und mit ein wenig Glück einen Händler zu finden, der womöglich einen Ochsenkarren hat und mich bis nach Mogontiaci mit nimmt. Gewöhnlich reisen die Händler nicht alleine, damit sie vor Überfällen geschützt sind. Wenn du mitgehst wären wir bis dahin schon einmal nicht alleine“, stellte ich zufrieden fest und trank den ersten wärmenden Schluck aus meiner Schüssel. „Diese Straße muss ganz in der Nähe sein, wenn könnten wir uns auch jetzt aufmachen und treffen vielleicht welche bei ihrem Nachtlager.“ Damit mein Wassertrank nicht ganz abkühlte, trank ich die Schüssel leer, nachdem ich die Kamillenblüte raus geangelt hatte.

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    Othmar


    Othmar war schon etwas enttäusch. Doch dies war nicht die erste Nacht, die er hungrig verbringen würde. Wenigstens hatte er ja den Aufguss, den er dann doch genoss und sich an seiner Wärme ergötzte. „Ah, das tut gut!“, meinte er lächelnd.
    Irgendwie wurde er aus den Worten des Jungen nicht so richtig schlau. Nun ja, vielleicht hatte er ja etwas ausgefressen, oder er war schlicht und ergreifend ein Tagedieb, der nirgends lange blieb und von dem lebte, was er gerade vorfand. Er behielt da lieber seine Meinung für sich. Als Neidhart schließlich wissen wollte, weswegen es ihn nicht zum Militär zog, versuchte er zunächst, um den heißen Brei herumzureden. „Ach, das ist eine lange Geschichte. Weißt du, ich bin nicht immer umhergewandert, von Dorf zu Dorf, um mich hier und da zu verdingen. Einst hatte ich eine Familie. Eine hübsche Frau und drei brave Kindern. Eines Tages, ich war auf der Jagd und meine Frau war mit den Kindern allein zu Haus, wurde mein Dorf von Soldaten heimgesucht. Als ich am nächsten Tag zurückkam, waren entweder alle tot oder verschwunden. Da weder meine Frau noch meine Kinder unter den Toten waren, nehme ich an, dass sie verschleppt wurden.“ Mehr wollte er dazu nicht mehr sagen. Es war eh ein Wunder gewesen, dass Othmar ihm seine Geschichte erzählt hatte.
    „Abgemacht!“, erwiderte er, als Neidhart auf sein Angebot eingegangen war, gemeinsam nach Mogontiacum zu reisen. Eines musste man dem Jungen lassen, sein Plan klang plausibel. Also machten sich beide auf. Zum Glück hatte es aufgehört zu regnen. Irgendwann, als es bereits schon sehr spät war, fanden sie endlich die besagte Straße. Tatsächlich trafen sie sie am nächsten Tag ein Fuhrwerk das sie zumindest ein Stück weit mitnehmen, doch Mogontiacum war noch tagelang entfernt. Jedoch ein bis zwei Tagesritte vor Mogontiacum trafen sie erneut auf einen von Ochsen gezogen Wagen, auf dem ein blonder Mann und eine rothaarige junge Frau saßen, die die beiden mitnahmen…

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