Nachdem das letzte Familientreffen schon geraume Zeit zurück lag, hielt Prisca es für angebracht ihrer Familie wieder einmal einen Besuch abzustatten. Einen besonderen Anlass gab es nicht und so hatte sie den Besuch vorab auch nicht angekündigt. Allerdings hoffte Prisca ihren Cousin Lupus anzutreffen, da sie einige Dinge mit ihm zu besprechen hätte. Aber auch wenn der Hausherr keine Zeit hätte, wäre der Besuch im Haus ihrer Ahnen ein willkommener Zeitvertrieb und vielleicht waren ja zufällig ihre Cousinen in der Nähe. Die porta war selbstverständlich unaufgefordert für Prisca und ihrem Gefolge geöffnet worden und auch im Inneren konnte sich völlig frei bewegen. Prisca schickte ihre Sklaven in die Küche, wo sie sich ein wenig ausruhen konnten. Nur ihrem Leibwächter gab sie mit einem Wink zu verstehen, dass er weiterhin an ihrer Seite bleiben sollte.
Angst um ihre Sicherheit hatte Prisca freilich nicht, aber sie wollte Lyciscus das Haus zeigen, wo sie Jahre ihres Lebens verbracht hatte. Zudem würe es nicht schaden wenn Lyciscus die riesige Villa kennen lernen würde, falls sie ihn für Botengänge alleine hierher schicken sollte. Und so schritt Prisca (zunächst wortlos) voran und die erste Anlaufstelle waren die Büsten ihrer Ahnen, um diese in stummer Ehrerbietung zu grüßen. An der Büste ihres geliebten Onkels Marcus verharrte Prisca am längsten und versonnen betrachtete sie das kunstvoll gestaltete Antlitz. "Salve Onkelchen. Mögest du glücklich im Elysium wandeln" Mit diesen gemurmelten Worten strich sie sanft über die Wange der Statue und zuckte leicht zusammen, als sie die Kälte der Bronze an ihren Fingerspitzen spürte.
"Marcus Aurelius Corvinus war mein Onkel und Tutor. Ihm verdanke ich alles.", lieferte Prisca ihrem Leibwächter nebenbei ein paar erklärende Worte, die sicher nicht schaden konnten: "Nach seinem Tod wurde mein Cousin Lupus der neue Hausherr hier. Ich hoffe er hat heute etwas Zeit für mich, denn ich möchte einige Dinge mit ihm besprechen." Langsam schritt Prisca weiter an der Ahnengalerie entlang. So viele Leben, so viele Geschichten, so viele Schicksale aus längst vergangenen Tagen riefen so manche gute wie auch schlechte Erinnerungen in Prisca hervor. Als sie fühlte wie ihre Kehle trocken wurde, räusperte sie sich und gab Lyciscus mit einem Wink zu verstehen was sie wollte: "Lyciscus, bring mir einen Becher Wasser! ... Und nimm dir selbst, wenn du möchtest." Mit einem Blick und einem flüchtigen Lächeln gestattete Prisca ihrem Sklaven sich an dem Krug mit Wasser zu bedienen, welchen ein namenloser Haussklave auf einem Tablet für die Gäste bereit hielt.
Im übrigen ging Prisca davon aus, dass man die anwesenden Hausbewohner zwischenzeitlich von ihrer Ankunft unterrichtet hatte, sodass es nicht mehr lange dauern konnte, bis ein vertrautes Gesicht ihrer Familie hier auftauchen würde ...
edit: TippEx