res familiae | Familienangelegenheiten

  • Nein, Prisca glaubte nicht so leicht davon zu kommen. Dieses Mal nicht. Dieses Mal hatte sie den Bogen ein wenig zu sehr überspannt und damit etwas ausgelöst das nicht (oder nur sehr schwer) wieder aufzuhalten wäre. War sie wirklich so naiv gewesen zu glauben, dass die verwandtschaftlichen Bande Lupus davon abhalten würden, die Grenzen zu überschreiten? Ja, in diesem Punkt war sich Prisca ihrer Sache zu sicher gewesen und nun geschah genau das, was sie in ihren geheimsten Träumen immer herbei gesehnt und gleichzeitig gefürchtet hatte. Das herrlich erregende und faszinierende Spiel mit dem Feuer, bei dem nun die Flammen gefährlich nah und heiß zu lodern begannen.


    "Was? …was tust du …?, ungläubig, überrascht und völlig erstarrt verfolgte Prisca mit offenem Mund, wie ihr Cousin auf sie zu kam und mit seinen starken Armen in einen festen (aber nicht unangenehmen) Griff nahm. Spätestens jetzt hätte sie protestieren und sich wehren müssen, doch Prisca tat nichts dergleichen sondern sah ihm nur leise keuchend und fasziniert in die Augen. Den goldenen Apfel aus dem Garten der Hesperiden. Nektar und Ambrosia … Er hatte es in all den Jahren nicht vergessen! Genau wie ich ….


    Prisca schluckte und ihre Nasenflügel bebten vor Aufregung, während sie die geflüsterten Worte vernahm und sie sein Gesicht dabei so nah war, dass selbst sein heißer Atem sie vor Erregung frösteln ließ. Niemals würde er etwas tun, dass sie nicht möchte. Aber wollte sie das? Wollte sie das wirklich … Sanftes Verlangen oder leidenschaftliche Bestimmung - Was will ich?! Ein leiser Seufzer entsprang Priscas Lippen als Lupus sie zuerst sanft streichelte und gleich darauf grob packte und ihre Augen blickten ihn verwirrt und gleichzeitig voller Leidenschaft und Sehnsucht an:


    "Beides! …ich will beides … ", hauchte Prisca zurück und dabei kamen ihre Lippen denen ihres Cousins gefährlich nahe. Ihre eigenen Worte lösten einen wohligen Schauer aus und Prisca erschrak darüber gleichermaßen, wie sie mehr und mehr Gefallen an diesem sündigen und verbotenen Spiel fand. Was tue ich da!!! Sogleich biss Prisca sich auf die Zunge und bereute, was sie eben gesagt hatte. "Aber nicht hier und jetzt … ", schob sie schnell etwas lauter nach und blickte dabei verstohlen an Lupus vorbei: "Oder was willst du unseren Cousinen erzählen, wenn sie dich und mich hier eng umschlungen vorfinden?" Bittend sah Prisca ihrem Cousin in die Augen. Natürlich wollte sie Zeit gewinnen, einen Grund finden um dem Ganzen hier Einhalt zu gebieten, obwohl sie tief in ihrem Inneren das Verlangen nach Lupus verspürte. Aber Lupus konnte nicht allen ernstes erwarten, dass sie sich ihm hier, in der villa Aurelia hingeben würde: "Bitte, lass uns einen sicheren Ort finden! …ich will nur nicht, dass wir beide irgendwann bereuen was wir tun … Es steht doch so vieles auf dem Spiel, das wir uns aufgebaut haben, oder etwa nicht?"


    Sie waren ohnehin schon viel zu weit gegangen und tausend Gedanken schossen Prisca durch den Kopf, was alles passieren könnte. Tausend Gründe dagegen und nur Einer dafür … und dieser eine Grund hielt sie in seinen Armen gefangen und ließ Prisca endgültig schwach werden, indem sie Lupus einen sanften Kuss auf seine Lippen hauchte. …

  • Priscas Einwand war nur ein fernes Summen und nicht weiter von Bedeutung. Was Sextus tun würde, wenn seine Verwandtschaft ihn jetzt erwischen würde? Er würde sich gar nicht erst davon stören lassen und sich einfach ohne jede Erklärung das nehmen, was er schon seit vielen Jahren wollte. Prisca hatte mit diesen geflüsterten, ehrlichen Worten eine Tür aufgestoßen, und spätestens mit ihrem Kuss ließ sie den Sturm herein. Sextus hatte gar nicht erst vor, diesen zu besänftigen, nein, er wollte die rohe Gewalt der Natur über ihnen beiden entfesseln und die Himmel zum Einsturz zwingen bis nichts weiter bleiben würde als klares, strahlendes Licht.


    Sextus zog Prisca an sich, als wolle er sie nie wieder gehen lassen, und in diesem Moment fühlte er es auch genau so. Der Kuss wurde leidenschaftlicher, härter, besitzergreifender. Mit ein paar geübten Bewegungen war Priscas Kleid bis über ihre Hüfte hochgezogen und er fasste ihre weißen Schenkel, um sie sich auf die Hüfte zu setzen.
    Ihr voriger Einwand hallte nur als Erinnerung in seinen Ohren, aber es war das einzige, was ihn davon abhielt, sie gleich hier und jetzt an der nächsten Säule zu nehmen im Angesicht ihrer Ahnen. Ja, Sextus wollte es nur zu gerne, wollte dem selbstgefälligen Marcus Corvinus und den übrigen zeigen, was er tat, was er zu tun imstande war, wollte ihre Geister als Zeugen dieses verbotenen Aktes wissen. Es wäre der Gipfel der Überlegenheit. Nur nicht für Prisca, und dieser Gedanke verhinderte es.
    Aber nur für diesen Augenblick, denn ohne auch nur zu zögern trug Sextus nun Prisca so auf seiner Hüfte sitzend, ihre schlanken Beine festhaltend und sie immer wieder rhythmisch an sich drückend in das nächste, leere Gästezimmer. Ohne den Kuss auch nur einen Augenblick zu lösen nahm er sich dort in einem ungestümen Akt direkt an der Wand, wonach es ihn schon so lange verlangte, kaum dass die Tür geschlossen war.
    Nachdem die erste Lust gestillt war, löste er sich von Prisca. Aber gerade nur für die Zeit, die es brauchte, die eigene Tunika auszuziehen und achtlos zu Boden zu werfen und Prisca von ihrem Kleid wahrhaftig zu befreien. Er erforschte ihren wundervollen Körper mit allem, was ihm dafür zur Verfügung stand.


    Sextus hatte schon viele Frauen in seinem Bett – oder sonstigen Örtlichkeiten – gehabt und hatte dabei eines gelernt. Eine Frau war wie eine kostbare Kithara. Jedes Instrument war einzigartig, jedes hatte seine Besonderheiten und Befindlichkeiten, auf die man achten musste. Jeder Idiot konnte in die Saiten einer Kithara greifen und dieser ein paar Töne entlocken. Aber um eine vollendete Melodie zu spielen, bedurfte es sehr viel Feingefühl und noch mehr Übung. Und Sextus hatte geübt. Sehr viel. Und jede einzelne dieser Lektionen nutzte er nun für Prisca. Wild, ungestüm, hart, fordernd, sanft, schmeichelnd, wartend, den Augenblick bis zum Maximum herauszögernd, im Stehen, im Liegen, an der Wand, im Bett, am Tisch, einander zugewandt oder hinter Prisca, sie dominierend, sie verwöhnend, eine Runde direkt an die nächste anschließend... so lange, bis er sich sicher war, dass ihr ganzer Körper mehr vor Erschöpfung als vor Lust zitterte. Erst da ließ er sie schließlich auf dem Gästebett in seine Arme sinken und einfach nur atmen.


    Dass sie jemand gehört haben würde, bezweifelte Sextus nicht. Aber es war auch kein Problem. Er hatte in den letzten Wochen und Monaten diverse Sklavinnen in diversen Räumen unter ähnlicher Lautstärke beglückt. Weder Corvina, noch einer der Sklaven würde sich also irgend etwas dabei denken. Auch nicht, wenn sie nicht herausfanden, welche Sklavin dies gerade war, da Sextus seine Gespielinnen schnell austauschte und häufig weiterverkaufte, ehe sie ihn mit so Kleinigkeiten wie Schwangerschaften nerven konnten. Für hier und heute wäre ihre kleine Zweisamkeit kein Problem. Und Sextus war viel zu zufrieden mit seinem Erfolg, um dieses Gefühl von irgendwelchen unbegründeten Sorgen zerstören zu lassen.

  • "Nein, oh nein … bitte … Es konnte nicht richtig sein, was sie da taten und doch bestand Prisca´s einzige Gegenwehr in eben jenem leisen Flüstern, das ebenso schnell verflüchtigt war wie sämtliche Hemmungen, die augenblicklich von ihnen abfielen. Das Verlangen hatte über den Verstand gesiegt und nunmehr waren sie beide gefangen in einem Strom der Leidenschaft der sie mit riss und in einem Strudel der Lust verschlang. Alles Umgebende und alle Gedanken verblassten vor Prisca´s Augen und verschwanden hinter einem Vorhang der Gleichgültigkeit. Allgegenwärtig war nur noch Lupus, dem sie beinah willenlos ausgeliefert war - und sein wollte. Oh ja sie wollte es in dieser Sekunde - mehr denn je, als seine Hände scheinbar überall gleichzeitig auf ihrer Haut zu spüren waren. Mal tastend, dann streichelnd, mal sanft und mal fordernd, sodass wohlige Schauer durch ihren Körper strömten. Prisca erwiderte seine Küsse mit heißem Atem und auch sie begann sogleich, seinen Körper mit ihren Händen und Lippen zu erkunden, um Lupus mit all ihren Reizen und Verführungskünsten zu erfreuen.


    Es begann wahrhaftig ein nicht enden wollender Reigen der Lust und der Leidenschaft, in dem Prisca von seinen starken Händen und seiner Männlichkeit von einem Gipfel der Lust zum anderen getragen wurde. In allen erdenklichen und beinah unvorstellbaren Stellungen, in denen sie beide sich gefühlt durch die halbe villa Aurelia liebten. So oft und so lange, bis irgendwann die Kräfte sie verliesen.


    Völlig Erschöpft (aber weitaus mehr als einmal befriedigt) sank Prisca in die Kissen und drehte den Kopf zu Lupus, der direkt neben ihr lag. Mit glasigen Augen betrachtete Prisca ihren Cousin und es dauerte eine Zeitlang bis sie wieder einigermaßen klar denken konnte und erkannte, was sie eben getan hatten. Ein Traum! Nur ein Traum! Es kann nur ein Traum gewesen sein. …DAS hier darf einfach nicht passiert sein, redete Prisca sich vergeblich ein, doch es war wie es war. Ihre Sehnsucht nach Lupus und das Verlangen nach ihm war nach so lange Zeit endlich gestillt worden. Aber glücklicher als zuvor fühlte sich Prisca nun nicht, da sie endlich getan hatten, was sie beide wohl schon lange tief in ihrem Innersten begehrt hatten.


    Ob es Lupus ähnlich ging? Woran mochte Lupus in dem Moment wohl denken und wie würde es nun weiter gehen? Hatte er nun, da er sie einmal besessen hatte, genug von ihr? Oder begehrte er sie nach wie vor? Prisca konnte nicht sagen, was davon ihr lieber wäre, während ihr Blick weiter auf dem Gesicht ihres Cousin´s ruhte. Äußerlich wirkte sie nur müde, aber in ihrem Kopf schwirrten bereits wieder so viele Zweifel und Sorgen umher, die Prisca - trotz ihrer körperlichen Erschöpfung - nicht zur Ruhe kommen ließen.


    "Nun, da du mein, tiefstes, innigstes, dunkelstes Verlangen kennst … und ich das deine … und wir beide vom goldenen Apfel und von Ambrosia gekostet haben, … was sollen wir nun tun. Lupus?", fragte Prisca leise und unsicher klingend angesichts der Möglichkeiten die es wohl für sie gäbe …

  • Auf dem Rücken liegend lächelte Sextus einfach vor sich hin. Endlich war einmal zwischen ihm und seiner Cousine klar, was sie beide wollten, ohne Spielchen, ohne Herumgetänzel, ohne Masken. Einfach nur klare, ehrliche Lust.
    Aber natürlich konnte Prisca diesen Zustand nicht einfach bestehen lassen. Sie flüsterte leise an seiner Brust und aus jedem ihrer Worte schwang Zweifel, Sorge und Furcht mit. Sextus streichelte einfach durch ihr Haar. Sein dunkelstes Verlangen? Prisca war weit entfernt davon, eben jenes zu kennen. Auch, dass sie sich nach wie vor mit dem goldenen Apfel der Hesperiden verglich, war ein wenig belustigend. Aber es gab keinen Grund, sie über ihren Irrtum aufzuklären, und noch weniger Grund, sie damit zu verletzen. Sollte sie ruhig in ihrem Glauben bleiben und denken, dass das hier die Erfüllung aller Träume für Sextus war. Immerhin war es zumindest die Erfüllung eines Traumes, und darüber hinaus weit erfreulicher, als er es sich vorgestellt hatte. So erfreulich, dass er nach wie vor Verlangen nach ihr verspürte und einer Wiederholung nicht abgeneigt war.


    “Ich würde vorschlagen, erst einmal den Schweiß wegzuwaschen. Und du solltest auch deine Frisur neu richten lassen, ehe du in die Villa Flavia zurückkehrst. Wenn du dort zerzaust auftauchst, könnte das Fragen aufwerfen.“
    Vermutlich war das nicht die Antwort, die Prisca hören wollte. Aber es war die vernünftigste Antwort, die Sextus geben konnte. Er streichelte noch einmal über ihre Schulter und setzte sich dann auf, wodurch sich die traute Zweisamkeit löste. “Prisca, ich kann dir nicht deine Entscheidungen abnehmen. Eine einmalige Sache endet hier und jetzt mit einem Bad und ein paar gerichteten Haaren und vielleicht der ein oder anderen süßen Erinnerung. Ohne Risiko, ohne Konsequenzen.“ Er stand auf und hob seine Tunika vom Boden auf, um sie sich schnell über den Kopf zu ziehen. Baden würde er auch noch müssen, aber er überließ Prisca da gerne den Vortritt. “Wenn du etwas anderes willst, dann musst du das sagen. Und dafür Vorkehrungen treffen.“

  • Leise seufzend musste Prisca erkennen, wie schnell der Zauber dieses einzigartigen Momentes vergangen war und wie ernüchternd die Worte ihres Cousins in ihren Ohren klangen. Baden und die Haare richten .. . Habe ich etwas anderes erwartet? Nein - aber gehofft! Ja , gehofft hatte Prisca durchaus auf andere Worte als auf einen simplen (wenn auch logischen) Vorschlag als nächstes zu baden und sich die Haare zu richten. "Sicher, das wird das Beste sein.", entgegnete Prisca trocken und ohne jeden Groll in ihrer Stimme. Sie fühlte sich nicht gut, aber auch nicht schlecht, im Grunde fühlte sie gerade gar nichts. Sie war nicht einmal wütend auf Lupus, wie könnte sie auch, schließlich hatte sie DAS hier ja selbst geradezu heraufbeschworen. Und das Schlimmste daran war: Ich habe es genossen, sehr sogar. Oh ja, was die Befriedigung ihrer Lust betraf, so hatte Lupus wahrlich sämtliche Vorstellungen übertroffen.


    Doch leider meldete sich langsam ihr Verstand zurück und fragte, was sie sich eigentlich dabei gedacht hatte und wie es nun weiter gehen sollte. Eine einmalige Sache endet hier … Wenn du etwas anderes willst, dann musst du es sagen … Nein, Prisca glaubte nicht daran, dass dieser einmalige Zauber wiederholt oder gar übertroffen werden könnte und so schüttelte Prisca nur leicht den Kopf, ohne ein Wort zu erwidern. Was hätte sie auch sagen sollen? Dass es so schön gewesen war und sie es immer wieder gerne mit ihm treiben würde? Nein - sagte ihr Verstand. Also endet diese Sache hier und jetzt und was bleibt, wird nur eine süße Erinnerung daran sein. Willst du das? Nein - sagte ihr Bauch. Dann liebst du Lupus am Ende gar und du begehrst ihn? Mehr als deinen Ehemann Gracchus? Nein - sagte da ihr Herz …


    Prisca spürte einen kleinen Stich in ihrer Brust und eine verlorene Träne rann über ihre Wange. Glücklicherweise sah Lupus das nicht, denn er war bereits aufgestanden und zog sich wieder an. Schnell wischte Prisca die Träne beiseite und erhob sich nun ebenfalls aus dem Bett, um sich anzuziehen. Eigentlich wollte sie so schnell wie möglich weg von hier, doch das Angebot mit dem Bad und dem Haare richten machte durchaus Sinn.


    "Ich danke dir, Lupus …" Mit einem einfachen Danke "für alles" und einem Lächeln verabschiedete sich Prisca von Lupus. Und zum Zeichen, dass es zwischen ihnen nicht anders wäre als vorher, gab sie ihm zum Abschied einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Prisca glaubte nicht, dass Lupus ihr noch etwas sagen- oder er sie gar aufhalten wollten, also wandte sie sich langsam zum Gehen, um das balneum aufzusuchen … Anschließend würde sie zurück in die villa Flavia kehren und alles wäre so wie immer … wie immer? … nein, eine schöne und gleichzeitig wehmütige Erinnerung würde sie wohl für immer mitnehmen …

  • Auch wenn Prisca es tapfer zu verstecken versuchte, Sextus sah ihr an, dass sie sich eine andere Antwort erhofft hatte. Wahrscheinlich wusste sie nicht einmal selbst, welche das wäre, aber es war auf jeden Fall nicht die, die er ihr gegeben hatte. Doch was hätte er anderes sagen sollen? Ihr die ewige Liebe gestehen, die ihn nie mehr nach einer anderen Frau trachten ließ? Die hatte noch nicht einmal die Mutter seines Sohnes erhalten. Während Nigrina schwanger war und sich anfänglich wie eine kranke Gazelle übergeben hatte, hatte er natürlich andere Gesellschaft der ihren vorgezogen.
    Oder hätte er einen Plan aufstellen sollen, wie er und Prisca bis in alle Ewigkeit heimlich von Treffen zu Treffen leben konnten, in der ständigen Furcht, entdeckt zu werden? Ganz sicher doch nicht. Das war vielleicht in Geschichten spannend zu lesen, aber absolut enervierend, so man selbst Teil solch einer Geschichte war. Angst tötete die Lust über kurz oder lang. Immer.
    Oder hätte er sie entführen sollen, aufs Land, wo sie bis ans Ende ihrer Tage in glücklicher Zweisamkeit übereinander herfallen würden? Das glaubte Prisca ja selbst nicht, dass ihr so ein Leben gefallen würde. Prisca hatte Sextus erlaubt, sie zu nehmen, nicht, weil sie ihn liebte, nicht, weil sie ihn an und für sich begehrte, sondern weil sie mächtige Männer begehrte, weil sie Stärke begehrte und weil sie sich fallen lassen wollte. Dass es Sextus war, dem sie nachgegeben hatte, hatte sicherlich mehr mit seiner Hartnäckigkeit zu tun als mit echten Gefühlen, und dem Vertrauen, dass zwischen ihnen herrschte. Und wenn Sextus nun aufs Land ging und Bauer wäre, wo wäre da für sie der Reiz? Wo wäre ihr eigener Reiz, wenn sie fern von all dem Glanz des großen Rom leben müsste?


    Natürlich hätte Sextus jetzt noch irgendeinen Unsinn erzählen können, könnte versuchen, sie verliebt in sich zu machen oder ihr zumindest ein paar tröstendere Worte sagen. Er war ja kein Idiot. Aber so, wie es jetzt war, war es besser für sie beide. Prisca musste selbst wissen, was sie wollte. Er konnte es ihr nicht vorbeten. Sie sollte sich ihre eigenen Gedanken machen, unbeeinflusst von allem. Sextus hatte seinen Erfolg gehabt und würde die schöne Erinnerung mitnehmen. Der Bann des Unerreichbaren war hinreichend gebrochen. Würde sie dennoch von sich aus kommen und noch einmal mit ihm schlafen wollen, er würde sich sicherlich nicht wehren. Doch der nächste Schritt wäre der ihre.


    Als sie sich mit einem gehauchten Kuss auf seine Wange bedankte, war die Versuchung groß, sie an sich zu ziehen und noch einmal richtig zu küssen, noch einmal das Spiel aufzunehmen, aber Sextus unterließ es. Es war das sinnvollste, was er in diesem Moment tun konnte, auch wenn es Prisca schmerzte. “Ich danke dir“, sagte er stattdessen nur als Antwort und ließ sie gehen, damit sie sich wieder herrichten und zu ihrem Ehemann gehen konnte.

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