[officium] Princeps Praetorii -- Marcus Iulius Licinus

  • Dies ist die Amtsstube des Verwaltungschefs der Cohortes Praetoriae


    Marcus Iulius Licinus





    Der Zutritt erfolgt über das vorgelagerte officium des cornicularius Lucius Cossinius Pabtus


    Der Princeps Praetorii ist der Verwaltungschef der Praetorianer und sorgt für den reibungslos Dienstbetrieb in der Castra Praetoria. Insbesondere ist er für die Vollständigkeit des Materials, den Zustand der Gebäude und die Nahrungsvorräte zuständig.
    Er ist Mitglied des Kommandostabs der Praetorianer und erhält seine Befehle durch den Praefekten.

  • Der Tribun ließ sich beim Cornicularius anmelden und betrat dann das Officium des neuen Princeps Praetorii, der sich offensichtlich schon eingelebt hatte. Zumindest sah es im Officium bereits anders aus, als noch bei seinem Vorgänger.


    "Salve Iulius. Hast du einen Moment Zeit für mich? Es gibt da eine Angelegenheit, die ich gerne mit dir besprechen würde, wenn es deine Zeit gerade erlaubt."

  • "Salve, Iunius" grüßte Licinus zurück. Nun würden also auch die Prätorianer mit seinem Signaturspruch leben müssen.
    "Zeit hat man nicht, die muss man sich nehmen. Ich denke, diese Anforderungslisten an exotischen Kram für das valetudinarium kann ich auch gleich noch prüfen. Bis die Getreideflotte wieder absegelt vergehen ja noch ein paar Tage."
    Mit dieser wollte Licinus die Bestellung nämlich nach Alexandria bringen lassen.
    "Bitte Setz dich. Also," fragte Licinus, als der tribunus sich gesetzt hatte "Was kann ich für dich tun?"

  • Der Iunier nahm die Einladung sich zu setzen danken an und kam dann auch gleich direkt zur Sache.


    "Es ist eher eine informelle Angelegenheit die mich heute zu dir führt. Es geht um den Trecenarius Tiberius Verus. Du hast doch mit ihm gemeinsam in der Legio II in Germanien gedient. Gab es da irgendeinen Vorfall, in den sich der Tiberier besonders positiv hervorgetan hat? Er sollte wohl für eine Auszeichnung vorgeschlagen werden, allerdings war der Legatus Augusti, wie du vielleicht schon gehört hast, Opfer eines tragischen Unfalls. Weißt du vielleicht etwas über diese Auszeichnung oder dem Grund für eine solche?"

  • "Unfall?" echote Licinus, der davon bisher tatsächlich nichts erfahren hatte. "nein, mir liegt nichts über einen Unfall vor."


    "Also, der trecenarius wurde als tribunus bei der secunda einmal tatsächlich ausgezeichnet. Die Geschichte dahinter ist ein wenig kompliziert und an einigen Stellen unschön. Was sich zugetragen hat, lässt sich ungefähr darstellen wie folgt.


    Der centurio Tiberius war Kommandant eines der vielen Kleincastelle am Limes. Das Kastell wurde überfallen, eine Zollkasse geraubt. Worüber mit dem Quartalsbericht dann auch eine Meldung an den Legionsstab kam. Reichlich unzufrieden mit dieser Verzögerung, habe ich den Boten mit einem gehörigen Donnerwetter und dem Befehl mehr Informationen bereitzustellen.
    Meine Worte wurden dann so weitergegeben und interpretiert, dass der jetzige trecenarius Tiberius eigenständig Ermittlungen auch jenseits des Limes einleitete.
    Er fand heraus zu welchem Dorf die Angreifer kamen und führte eine Halbcenturia in das Dorf und unvorsichtigerweise in einen Hinterhalt."

    Bis dahin hatte Licinus nicht viel Auszeichnungswürdiges berichtet, daher warf er einen Blick in das Gesicht des tribunus um zu prüfen, ob dieser schon ungeduldig wurde.
    "Bis dahin war das Verhalten des centurio eher tadelns- als lobenswert. Als es dann aber in dem Hinterhalt zum Kampf kam, erwies sich der Tiberier als beispielhafter centurio, indem er den Rückzug seiner Männer mit der eigenen Person deckte und die Verluste minimal hielt. Tatsächlich hat er von der ausgezogenen Halbcenturia nur 4 Männer verloren und er selbst ging verschollen.
    Er überlebte dank der Intervention einer Seherin, die das Dorf auch davon überzeugen konnte, sich zu ergeben, als die angeordnete Strafexpedition, die auf Grund der Berichte über den Hinterhalt in Gang gesetzt wurde, gegen das Dorf marschierte.
    Im Nachgang wurde das Dorf geschleift, die Krieger hingerichtet, Frauen, Kinder und Alte versklavt."

    Die genauen Abläufe, wie die Strafexpedition in Gang kam, dass die Dorfjugend sich eben nicht ergeben hatte und er selbst einem der Jungspunde fast zum Opfer gefallen war, gehörten alles nicht hierher.
    "Die Frage, die sich nach dieser Episode stellte, war die, wie man mit dem centurio verfahren sollte. Es war eine Abwägungsfrage, du verstehst? Zum einen hat er sich in einen Hinterhalt führen lassen. Das war dumm. Zum anderen hat er seinen Männern unter größtem und beispielhaften persönlichen Einsatz den Rückzug ermöglicht.
    Ich wertete, dass zweite höher als das erste. Und gab ihn für eine Torques ein. Der Statthalter schien diesem nicht zuzustimmen, denn in einer Stabsbesprechung"
    , die unter ausgesprochen absurden Umständen stattfand, wie Licinus Meinung war, aber das verschwieg er aus eingedrillter Loyalität zu seinem Legaten, "Warf er dem Tiberier sein Verhalten vor. Er fragte ihn, wie er an Stelle des Legaten handeln würde und stellte ihn vor die Wahl Hinrichtung oder Auszeichnung." und nun kam der unangenehme Teil "Mit dem Hinweis, man könne ja die würfel entscheiden lassen."
    Licinus atmete durch und schloss.
    "Schließlich bekam er die von mir vorgeschlagene Torques."
    Ja, das war vermutlich so ungefähr der Ablauf der Dinge gewesen.
    "Wobei ich dazu sagen, dass ich grade rein aus dem Gedächtnis reproduziere. Die Details werden in einigen Punkten sicher abweichen, aber einen einigermaßen korrekten Überblick solltest du damit haben."


    Außerdem war da noch eine Sache:
    "Wenn du mir noch ein persönliches Wort gestattest. Ich bin mir im Nachhinein nicht sicher, ob wir richtig gehandelt haben. Bei meiner Entscheidung für den Vorschlag habe ich abgewogen und gemessen ob die positiven Taten die negativen abwögen, Bilanz gezogen und aus der Bilanz meinen Vorschlag gebildet.
    Ich frage mich, ob man die Taten nicht getrennt hätte bewerten müssen und die Auszeichnung für die eine Tat nicht unabhängig von der anderen Tat hätte machen müssen. In dem Fall wäre eine Corona Civica Quaercea wohl angebrachter gewesen."


    Ja, das war der Punkt. Licinus grübelte tatsächlich verschiedentlich was die beste Möglichkeit gewesen wäre. Die Taten gegeneinander aufwiegen, wie er es getan hatte? Die schwerwiegendere Tat allein betrachten und die geringere verfallen lassen? Oder doch die Variante, die er am Anfang sofort verworfen hatte? Eine hohe Auszeichnung und gleichzeitig eine Strafe? Eine Diskussion, die er gerne den Philosophen überlassen hätte, aber hier stand er nun genau mitten darin.



    Sim-Off:

    Ich habe das grade tatsächlich aus dem Kopf rekonstruiert, mir fehlt grade die Zeit alles, insbesondere die zeitlichen zusammenhänge mit dem Überfall und dem Boten nachzulesen. Bitte das zu entschuldigen.

  • Der iunische Tribun lauschte aufmerksam den Ausführungen des neuen Lagerkommandanten und nickte zwischendurch auch immer wieder Verständnisvoll. Als dieser Geendet hatte, versuchte er sich den Werdegang des Tiberiers in Erinnerung zu rufen, den er vor diesem Gespräch auch noch einmal aus dessen Personalakte entnommen hatte.


    "Vielen Dank für deine aufschlussreichen Ausführungen Princeps und deine Einschätzung. Den Akten des Tiberiers habe ich entnommen, dass er während seines Dienstes bei der Legio II mit mehreren Auszeichnungen bedacht wurde. Das war meiner Erinnerung nach wohl eine Torques in Bronze für sein heldenhaftes Verhalten angesichts einer feindlichen Übermacht jenseits des Limes... Ich nehme an das ist jene von der du gesprochen und welche du selbst für den Tiberier beantragt hast? Und dann auch noch eine Phalera, sowie je eine Armillae in Bronze und in Silber wegen einer Strafexpeditionen und Verhandlungen mit den Chatti. Ich nehme an dieses Volk war aus jenem Dorf, dass in deiner Erzählung vorkam? Sehe ich das also richtig, dass all diese Auszeichnungen für genau diese Geschehnisse vergeben wurden, welche du mir soeben geschildert hast, oder bringe ich da etwas durcheinander?"

  • Sim-Off:

    Wenn die Phalera gegen die Chatten ging und die Verhandlungen mit jenen stattfanden, dann war es dergleiche Stamm, auch wenn ich mich da nichts explizit dran erinnert hätte :D.


    Licnius Stirn kräuselte sich kurz.
    "Also im Prinzip ja, aber da ist wohl etwas ein wenig durcheinander geraten." steltle Licinus fest und erwähnte die zweite Alternative (dass der tribunus die Akten falsch verstanden hatte) bewusst nicht. Einfach schon, weil er den Kanzleischreibern nicht ganz traute.
    "Die bronzene Torques war genau jene, die ich erwähnte. Die Phalera steht in unmittelbarem Zusammenhang dazu. Die gab es für alle Überlebenden der Strafexpedition." Sozusagen als Du-warst-dabei-und-hast-überlebt-Medaille. Kampagnenmedaille würde man das ein paar Jahrhunderte später nennen. Aber diese laxe Sprechweise war Licinus unangenehm und wurde daher vermieden.
    "Die Armillae stehen nur in indirektem Zusammenhang dazu. Flavius Gracchus, damals Laticlavtribun bei der secunda hat, im Nachgang Verhandlungen geführt, um sicher zu gehen, dass es keine ungewünschte Reaktion der Chattischen Stämme auf unsere Strafexpedition gab. Ihm ist nicht nur das gelungen, er hat darüber hinaus einen mehrjährigen Frieden erwirkt und die Chatten überzeugt eine Hilfstruppeneinheit aufzustellen, die meines Wissens mittlerweile irgendwo in Dacia oder noch weiter im Osten stationiert ist. Und das bei einem Stamm, der für seine Romfeindschaft berüchtigt ist.
    Über die Rolle des Tiberiers in diesen Verhandlungen befragst du am besten den gewesenen tribunus Flavius. Ich selbst war bei den Verhandlungen nicht anwesend."

    Mit offener Körperhaltung erwartete Licinus weitere Nachfragen oder die Nachricht, dass der tribunus sich nun hinreichend informiert fühlte.

  • "Gut ich verstehe. Dann danke ich dir vorerst für deine Hilfe. Ich weiß vorerst einmal, was ich von dir wissen wollte. Bei weiteren Fragen melde ich mich wieder."


    Der Tribun bedankte sich und verließ dann wieder das Officium des Princeps Paetorii.


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    Am Tag nach dem Anschlag auf den Trecenarius fand sich Silanus im Officium des Princeps Praetorii ein, der dafür gesorgt hatte, dass man den Tiberier, wie von dessen Familie gewünscht, auf einen nahegelegten Landsitz verfrachtete. Der Iunier wollte sich nun erkundigen, wie alles verlaufen war.


    "Salve Princeps! Hat man den Trecenarius gut auf den tiberischen Landsitz gebracht? Gibt es irgendetwas neues über seinen Zustand?"

  • "Salve tribunus" Licinus winkte ihn herein. "Setz dich." er schob ihm noch einen Becher posca über den Tisch.


    "Im Prinzip ja. Der trecenarius liegt sicher verwahrt und durch eine Abteilung vertrauenswürdiger Männer bewacht auf seinem Landgut.
    Im Detail gab es einen kleinen Zwischenfall"
    nüchterne Untertreibung eines Soldaten.
    "Die -- im Nachhinein wohl schwangere -- Leibskalvin, Strich, Lebenretterin, Strich, Geliebte des trecenarius hat sich beim Packen übernommen und hätte um ein Haar eien Fehlgeburt erlitten. Wir haben sie zusammen mit dem trecenarius auf das Landgut verfrachtet. Sie stehen beide unter beobachtung des Arztes, ich kriege Berichte, wenn sich etwas ändert."

  • "Oh" entkam es dem überraschten Tribun, als der Iulier die schwangere Leibsklavin erwähnte und Silanus Eins und Eins zusammenzählte. Zumindest ihr war offensichtlich zu helfen gewesen. Der Iunier seufzte und setzte sich.


    "Sehr gut. Ich hätte diesbezüglich auch eine weitere Bitte an dich. Mir wäre sehr daran gelegen das du die Ermittlungen in diesem Fall übernimmst. Ich weiß das ist ungewöhnlich für für den Aufgabenbereich eines Princeps Praetorii, aber ich hätte gerne eine außenstehende Person für die Leitung der Suche nach dem Attentäter. Bei den Männern des Tiberius mache ich mir Sorgen, dass der Täter die Castra nicht lebend erreicht, wenn sie ihn alleine finden und mir ist sehr daran gelegen mehr über die Hintergründe dieses Attentats zu erfahren. Da er jedoch ihren Kommandeur angegriffen und fast getötet hat werden sie wohl eher auf Rache aus sein. Daher brauche ich jemanden, der die Männer im Zaun halten kann. Da bist du mir als alter Veteran gewiss um einiges im Vorteil, wenn es darum geht, dass sie auf einen anderen Offizier hören sollen. Ich hoffe das ist auch in diesem Sinne."


    Gespannt wartete der Iunier auf die Reaktion des Princeps auf diese Bitte.

  • Die Reaktion kam prompt. Obwohl Licinus sich zu gute hielt seine Gesichtszüge recht gut unter Kontrolle zu haben, fand der tribunus sich einem herzlich dümlichen Ausdruck gegenüber.
    "Oh!"
    Dann einen Moment lang ... nichts. Dann
    "Ich verstehe."
    Licinus fielen eine Bizarrstillion Gründe ein, warum er für die aufgabe nicht geeignet war, aber der Mann hatte mit seinem schließenden punkt ein Problem aufgebracht, dass sich nicht so einfach wegdiskutieren ließ.
    "Ja, eine saubere Ermittlung zu gewährleisten ist in meinem Sinne. In der Tat. Und ich werde die Männer schon unter Kontrolle bekommen." Irgendwie. irgendwie ging das immer. Das machte er nicht erst seit gestern.
    "Ich habe allerdings selbst keine Erfahrung in Ermittlungstätigkeiten."
    Keine die darüber hinausgingen nach Schlägereien die Verdächtigen so lange nieder zu starren, bis einer es nicht mehr aushielt und er den Tathergang geschildert bekam. Was hier sicher nicht reichen würde.
    "Aber ich werde mich darum kümmern, dass keine "Unfälle" geschehen."
    Naja, zumindest nicht, bis der Fall geklärt war. Eindeutig geklärt.

  • "Ich denke die eigentlichen Ermittlungsarbeiten werden ohnehin gut von den Speculatores abgedeckt. Aber ihnen fehlt eben derzeit die Führung und noch möchte ich verhindern, dass sich die Präfekten Gedanken darüber machen, wer dem Tiberier nachfolgen könnte. Vielleicht hat er Glück und kommt bald wieder auf die Beine. Bis dahin möchte ich den Präfekten möglichst keinen Grund liefern, um den Tiberier zu ersetzen. Zumindest nicht vorerst.


    Daher lass die Männer ruhig die Ermittlungsarbeiten machen. Aber lass dich informieren, oder wenn du Interesse daran hat, dann sei dabei und bringe dich ein."


    Vielleicht war dies ja auch eine Möglichkeit für den Iulier etwas zu lernen. Er hatte zwar ein fortgeschrittenes Alter, aber wenn man an einer Sache interessiert war, dann spielte das Alter keine Rolle.


    "Man sollte auf jeden Fall mit der Befragung der Leibwachen beginnen und sich eventuell auch bei den Speculatores umhören, ob es in letzter Zeit irgendwelche besonderen Vorkommnisse gab oder der Trecenarius irgendwelche speziellen Feinde hatte."

  • "Ich werde mir die betreffenden Leibwächter sobald wie möglich einbestellen. Und die engsten Mitarbeiter des trecenarius, nun, ich finde schon eine wichtige Aufgabe, die sie beschäftigt hält." So beschäftigt, dass sie nicht auf dumme Ideen kommen sollten, hieß das.


    Er versprach sich wenig davon und eigentlich sollte man diese Kerle ohnehin noch bestrafen, fiel Licinus ein.
    "Wobie mir einfällt: Was ist eigentlich eine übliche Strafe, wenn Leibwächter versagen? Noch so ein Fall, den ich nie hatte."
    beim Kaiser, ja da war die Sache einfach. Licinus würde die Männer steinigen lassen. Oder im Tiber ertränken. Aber ein trecenarius war noch lange kein Kaiser.

  • Der Iunier nickte zufrieden, als der Princeps die Aufgabe annahm und offensichtlich auch verstanden hatte, wo genau die Sorgen des Iuniers waren.


    "Als Leibwächter werden sie jedenfalls nicht mehr eingesetzt. Eine Degradierung und ein entsprechend schlechte Diensteinteilung für die nächsten Monate sollte bei diesem Vergehen obligatorisch sein. Ob die zusätzlich körperlich Züchtigen lassen möchtest überlasse ich deiner Erfahrung und deinem Gespür für die Männer."


    Silanus erhob sich als Zeichen, dass von Seite aus alles gesagt war.


    "Wenn du sonst keine Fragen mehr hast, dann möchte ich dich nicht weiter aufhalten Iulius."

  • Mit dunkler Miene hatte Licinus die beiden Leibwächter des trecenarius zu sich einbestellt. Licinus musste mit Leichenbittermiene feststellen, dass er von deren Beobachtungsgabe nur mäßig stärker überzeugt war, als von ihren Fähigkeiten den trecenarius zu bewachen.
    Alles was er herausbekommen hatte, war eine ungefähre Größe des Mannes und dass er eine Maske getragen hatte. Die Farbe der tunica schwankte zwischen grün und braun. Nutzlos. Vollkommen nutzlos. Licinus schüttelte den Kopf, als er seine Notizen nochmals betrachtete. Eine Haarfarbe fehlte auch völlig, stellte er seufzend fest.
    Aus seinem Fenster blickte er hinaus über die Dächer der castra.
    Unter seiner Blicklinie, vor der principia stand der Strafpranger der Kohorten. Und an diesem Pranger standen die Leibwächter. Das war ihre Strafe gewesen. Dazu Soldsperre und die Dienste, die sie in Zukunft würden antreten müssen, waren weit weniger ehrenvoll und vor allem weniger entspannt, als einen Mann zu bewachen.


    Licinus pfefferte die Tafel quer über den Schreibtisch. Eine Gruppe speculatores war gerade dabei, Zeugen auf der Straße zu finden, aber Licinus versprach sich nicht viel davon. Er würde an anderer Stelle anfangen müssen. Übellaunig schickte er seinen cornicularius los, den Leiter des Geheimarchiv der speculatores herbeizuschaffen.

  • "Pranger, schlechtere Dienste, Gerste statt Weizen", diese drei Maßnahmen waren das, was Licinus empfahl, und was er anordnen würde, falls kein Wiederspruch kam.


    "Ich melde mich, wenn ich neue Erkenntnisse habe"
    Bestätigte Licinus, dass auch er nichts mehr hatte, was sich zu besprechen lohnte. Er verabschiedete sich und als der tribunus den Raum verlassen hatte, legte er sich einen Schlachtplan zurecht. Insbesondere eine Ansprache an jene speculatores, die er für die Ermittlungen einsetzen wollte.

  • Mit festen Schritten, im Geleit seiner engsten Vertrauten, kehrte Verus nach Wochen seiner Abwesendheit in die Hallen seiner Ordnungsmacht zurück. Kalte Liebe, erfroren im Wahn der loyalen Tapferkeit, wollte die Pläne der einstigen Zeit wieder erwecken, um endlich Rom vom Chaos zu befreien. Doch dafür müsste Blut fließen. Echtes menschliches Leid geschaffen werden, um endgültig einen brauchbaren Frieden zu erzwingen. Verus, getrieben von Angst und Eifer, wollten wieder tanzen. Nicht den schönen Tanz auf einem Ball, sondern den unschönen Tanz des Konfliktes. Wenn das Leben ihn umgab, verzweifelte Verus aber wenn der Kampf ihm folgte, lebte er als Prätorianer. Die stampfenden Schritte auf dem Boden verhießen seine Ankunft. Der gesundete Trecenarius strahlte fordernde Rache aus. Er verlangte Vergeltung, auch wenn er selbst für dieses Schicksal verantwortlich war. Er trug mit vielen anderen die Verantwortung für die aktuellen Entwicklungen in Rom. Ihr Spiel war frei von Menschlichkeit aber angereicht mit Gier und Machthunger. Nicht, dass Verus es so bezeichnen konnte aber in seinen Augen war Ordnung und Sicherheit verpflichtend. Es gab kein Entkommen aus diesem Tanz, dessen Musik unentwegt in Rom aufspielte. Der Verband an seinem Oberarm, nur mäßig durch die dunkle Tunika verborgen, bremste ihn nicht mehr. Das cingulum, der Pugio und das gegürtete Gladius, zeigten seinen Willen, wieder vollens im Dienst zu stehen. Fühlte er Reue? Mit Sicherheit aber war bereits zu verfangen in diesem Gift der Macht. Mit seinem Rebstock hämmerte er kurz an die Tür des officium, bevor er eintrat. Ihm folgte sein persönlicher Stab aus erfahrenen Statores und Speculatores. Der cornicularius staunte nicht schlecht aber konnte den eiligen Verus nicht aufhalten, so dass der Trecenarius in das Amtszimmer des Iulius einfiel. "Salve," grüßte Verus fordernd knapp. Er blickte sich um und umstellte mit seinen Männern fast den Schreibtisch des armen Licinus. "Ich melde mich zurück und ich bin bereit das Notwendige zutun," verkündete der von kalter Macht geleitete Verus. Dann nickte er seinem alten Kameraden zu. "Männer wartet Draußen. Ich denke, dass wir nun etwas Vertrauliches besprechen," meinte Verus und die Einheit, die Verus oft umgab, rückte vorerst in den Hof ab, um dort auf Befehle zu warten. Der Auftritt war abgeschlossen. "Marcus," seufzte Verus und stützte sich auf dem Tisch ab. "Rom ist in Gefahr...," offenbarte der geübte Schauspieler seine tiefen Sorgen, die ihn im Wahn anleiteten. Sein Sicherheitswahn, ein Wahn der stetigen Kontrolle, forderte immer wiederkehrende Ängste ein. Als Eidbrüder waren sie eng verbunden und zu gegenseitigem Schutz verpflichtet. Ein Verrat unter Prätorianern war nahezu unmöglich, so dass Verus sein Vertrauen in den altgedienten Iulius setzte.

  • Der Leiter des Archives kam. Und er brachte Akten mit. Viele Akten. Zu viele Akten. Was über den trecenarius vorlag war eine Menge, eine ganze Menge. Jede noch so banale Beleidigung oder Drohung war notiert worden. Das war löblich, aber ohne automatisierte Datenverarbeitung alles andere als ein Spaß, das zu sichten.
    Licinus seufzte. Die hier kam auf den unwahrscheinlich Stapel. Gemeinsam mit dem Archivleiter saß er seit Stunden in seinem officium und laß Akten. Die Männer sortierten, was war eine plausible Drohung, welche passte zu der Art des Anschlages. Eine Heidenarbeit und die Ergebnisse waren doch bestenfalls Indizien. Dass sie einen Beweis, einen wirklichen Beweis finden würden, daran glaubte Licinus nicht. Allenfalsl fanden sie eine Spur so kalt wie Germanias Nächte.


    "Oh!" meinte der Archivar auf einmal. Es war das erste Wort seit langem, dass gesprochen wurde. "Das ist doch was halbwegs konkretes."
    "Konkret?" echote Licinus skeptisch "was heißt konkret?" Er ließ sich die Akte reichen und pfiff zwischen den Zähnen hindurch. "Du hast recht. Das ist tatsächlich annähernd konkret. Aber hast du den Namen gelesen? das wird noch hässlich. Also weiter."


    Bevor Licinus damit zum Tribun ging, wollte er die Alternativen kennen.

  • "Salve!" sagte Licinus reichlich verdutzt. So schnell hatte er nicht mit einer Gesundmeldung des tesserarius gerechnet. Und da er den Mann ein Stück weit kannte, war doch misstrauisch. "Meldung zur Kenntnis genommen. Ich kriege dann noch eine schriftliche Gesundschreibung aus dem valetudinarium."


    Licinus hatte vor, das Thema erst später anzusprechen, aber jetzt war genauso gut wie üblich. Wenn der trecenarius in Rätseln sprach, dann konnte Licinus genausogut selbst konkret werden. Er hasste Rätsel und war außerdem gerade hochkonzentriert am Verfolgen von fehlerhaften Abrechnungen.
    "Richtig, das war immer der Fall und wird immer der Fall sein, aber ich denke du meinst grade weder Parther, Daker oder Briganten noch den centurio Publius Stertinius Varus, der vielleicht keine Gefahr für Rom ist, aber sehr wohl für die Staatskasse. Ich brauche, sobald du wieder eingearbeitet bist, alle Einsatzberichte von dem Mann. Die richtigen, nicht den Quatsch, der die castra verlässt. Ich glaube der Mann unterschlägt Geld im ganz großen Stil."
    Und da es zu Stertinius Varus Aufgaben gehörte, mit Geld dafür zu sorgen, dass Stammesfürsten jenseits der Grenzen Rom gewogen waren, redete man hier von ganz erheblichen Summen.
    "Also, worum geht es."
    Licnious legte die Akte Stertinius erstmal beiseite und war nun ganz Ohr für die Worte seines gegenübers.

  • Verus hörte seinen eigenen Herzschlag, welcher pulsierend in seinen Ohren rumorte. Sein Leben verronn unentwegt, hoffnungslos war er gefangen in seinem eigenen Verfall und die Zeit um seine Ziele zu erreichen war immer zu knapp. Es konnte jederzeit enden und all die Mühen wären dann vergebens. Sein Vermächtnis war keine Ehre, kein großer Name, sondern eine Idee oder viel mehr eine feste Überzeugung, dass die Gesellschaft eine Ordnung in Stein und Macht brauchte. "Das wird schwierig. Ich denke nicht, dass ich diese Bescheinigung erhalte, da üblicherweise nach Gesundung ein Krankenurlaub ansteht. Das weißt du. Man stellt keinen Soldaten direkt nach Gesundung wieder ins Feld und belässt ihn noch im Krankenstand, um spätere Schäden auszuschließen. Ich weigere mich aber mehrere Woche ohne Aufgaben herumzusitzen, wenn Rom derartig in Gefahr ist. Betrachte es als Notstand," forderte Verus ein, da er sich gedrängt sah, unbedingt zu handeln. In seiner irrigen Betrachtung war keine Zeit mehr übrig, um Rom zu retten. Es gab immer etwas zutun. Immer etwas zu korrigieren. "Stertinius war immer bekannt für ein ausschweifendes Leben. Ich hatte bereits die Vermutung aber seine Berichte gaben mir noch keinerlei Anlass," überlegte Verus offen, als sein Kamerad dieses Thema beiläufig ansprach. "Vielleicht hast du endlich einen Anknüpfungspunkt gefunden. Ich werde dir gerne die Originale zukommen lassen. Ich muss nur in der Geheimkammer schauen, da er sehr schreibfreudig war und allerhand berichtet hat," meinte der trecenarius und schloss somit vorerst dieses Thema ab. Es gab Wichtigeres und wenn Verus etwas zusicherte, hielt er dies auch. Ein Versprechen eines Prätorianers war immer auch eine Drohung. Es wurde stets erfüllt.


    Verus blickte sich verschwörerisch um. "Ich glaube, dass Rom durchsetzt ist. Es gibt mitunter eine Verschwörung gegen die staatliche Ordnung. Ich habe Quellen und Beweise dafür, dass der Anschlag auf mich und andere einer erweiterten Zersetzung dient. Jemand versucht Rom von Innen zu zersetzen, um ein noch nicht bekanntes Ziel zu erreichen. Fakt ist, dass wohl die Christen verstrikt sind. Aus diesem Grund habe ich in letzter Zeit in diese Richtung gearbeitet, um dieses Element aus der Verschwörung zu entfernen aber die trägen Politiker und der weiche Augustus weigern sich, die Gefahr zu sehen," flüsterte der trecenarius fast, um Lauscher auszuschließen. "Dabei gibt es beachtliche Hinweise auf diese Gefahr. Es gab Morde an Senatoren, Anschläge und diese Varia Geschichte, die zwar offiziell aufgeklärt ist aber noch immer hat sie einen faden Beigeschmack. Dann dieses dubiose Auftauchen von diversen Zwischenfällen und Zufällen innerhalb dieser Stadt. Etwas stimmt hier nicht, Marcus. Weil ich dieser Sache nachgehe, gab es wohl diesen Anschlag auf mich, um diese Ermittlung zu beenden. Ich komme näher aber ich brauche noch Zeit und freie Hand," gab Verus offen zu und offenbarte sich damit ein wenig. "Dazu scheinen die Parther aktiver zu werden: ein parthischer General zeigte sich offen feindlich gegen Rom und marschiert mit seinen Truppen wohl gegen die Grenze aber hält sich noch zurück. Meine Quellen vor Ort schweigen sich noch aus. Darüber habe ich auch noch nicht gesprochen, da ich dies selbst untersuchen muss, bevor ich auf unzuverlässige Quellen einen Krieg beginnen lasse. Aber Rom bindet mich, da diese verdammte Lage hier so furchtbar kompliziert ist," schloss der trecenarius seine Sorgen ab und blickte den Iulius mit ernsten und durchdringenden Augen an.

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