Ein Königreich für ein Kleid!

  • Aglaia hatte nur wenig Zeit für ihre Vorbereitungen. Am heutigen Abend würde sie umwerfend aussehen müssen, und auch wenn Männer nicht die Stilsichersten waren, so würde Decimus Livianus doch bemerken, wenn sie dasselbe Kleid wie schon auf der Rennbahn anhätte.
    Ihre Körperpflege konnte sie in der Therme erledigen, genug Geld für den Haarausreißer würde sie auch zusammen bekommen und wenn sie es geschickt anstellte, fand sie sogar ein paar Tröpfchen duftende Wasser, wenn sie den Händler nur bequatscht bekam, dass sie den Duft an ihrer Haut testen wollte, ehe sie sich zum Kauf entschied.


    Das Problem war das Kleid! Das war nichts, was man mal eben so nebenbei abstauben konnte, nichts, was es umsonst gab. Ein Kleid in ordentlicher Qualität war teuer, und Aglaia konnte es sich nicht leisten. Ein Geldverleiher würde ihr kein Geld geben. Da blieb nur eins: Tauschen.


    Aglaia also machte sich auf zu einem der Stoffmärkte Roms und den dortigen Schneidern. Zuerst einmal musste sie feststellen, dass von jenen Schneidern, die sie von früher gekannt hatte, die Hälfte schon nicht mehr hier verkaufte. Ein Teil war tot, ein anderer so reich geworden, dass sie sich zurückgezogen hatten, und ein dritter Teil schlicht von der Konkurrenz übernommen worden. Das machte die Situation noch einmal ein wenig schwieriger.
    So aber schlenderte Aglaia – wieder in ihrem roten Kleid, sie wollte ja tauschen – über den Markt und suchte nach irgend etwas, das es wert wäre, darüber zu verhandeln.

  • “Nein... nein, nein... Auf gar keinen Fall! Wer bitte trägt solche Säcke?“ Aglaia ging hierhin und dorthin. Wenn das hier die neueste Mode war, dann hatte sie während ihrer Abwesenheit wirklich nichts verpasst. Von bieder bis langweilig reichte die Spannweite. Nichts, das im Gedächtnis bleiben würde. Vielleicht war sie einfach an der falschen Ecke des Marktes? Das hier war wohl eher für die Fraktion 'Matrone, 40, ungevögelt'. Sie ging weiter.


    Die Stoffhändler hatten allerlei interessantes zu bieten. Einige Stoffe, aus denen man mit etwas Fleiß, Mühe und handwerklichem Geschickt durchaus interessante Kompositionen bilden konnte. Fleiß hatte Aglaia, und sie gab sich immer Mühe mit ihrem Auftritt. Aber sie hatte nicht das kleinste bisschen handwerkliches Geschick, und erst recht nicht die benötigte Zeit, um die Sache einfach selbst in die Hand zu nehmen. Darüber hinaus konnte sie wohl schlecht in einen Stoffballen gehüllt nach Hause gehen. Also wieder “Nein“.


    Noch ein Stand, noch die ein oder andere Enttäuschung. Schrecklich! Aglaia seufzte hörbar und sah sich um. Etwas weiter stand eine Gruppe junger Frauen mit einem rudimentären Geschmack für Stil. Sie gingen an Aglaia vorüber zu einem weiteren Stand, und sie folgte ihnen einfach einmal.
    Gackernd gingen die Mädchen zu einem Laden, über welchem ein Schild mit der Aufschrift 'Laurentius' hing. Der Hahn, der daneben gemalt war, ließ darauf schließen, dass dieser Laurentius Gallier war. Aglaia folgte.


    Und hier offenbarte sich ihr ein Universum an Schönheit! Kleider, hell und leicht, fließende Stoffe, bunte Farben und Formen! Gut, das ein oder andere Kleid sah auch aus, als wäre ein Huhn explodiert. Aber viele bestachen durch schlichte Eleganz und eine unvergleichliche Verspieltheit.
    Und dann fiel es Aglaia ins Auge! Ein Traum aus hellgrüner Seide, mit goldfarbenen Blättern bestickt, welche die Brüste wie Muscheln umfassten und an der Seite herunterliefen wie ein Efeuband. Am Saum waren kleine Kügelchen aus Gold eingefasst. Als Aglaia den Stoff berührte, um seine Qualität zu prüfen, schmiegte sich die Seide kühl in ihre Hand wie ein sanfter Kuss. Ihr Körper in diesem Kleid... es würde mehr durchscheinen lassen, als es verhüllen würde. Jede kleinste Erregung würde dem Decimus sichtbar gemacht werden, jede kleinste Bewegung betont und jeder Atemzug mitgetragen werden. Es war... perfekt!

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