[NORDWIND] Einmal Segel setzen bitte ...

  • ~~ Nach cumae und zurück! ~~


    Prisca befolgte den Rat ihres Cousins und war so dreist, persönlich in den Hafenkneipen von Ostia nach einem Corbita-Trierarchus zu suchen und ihn - zumindest für diese eine Fahrt nach cumae - abzuwerben. Prisca hatte es ausgesprochen eilig dorthin zu kommen und mit dem Schiff wären sie zweifelsohne erheblich schneller, als mit dem Reisewagen. Warum also nicht die Nordwind nehmen? Das Schiff gehörte schließlich ihr und so konnte sich Prisca (ganz bequem und nebenbei) ein Bild von dem Zustand der Nordwind machen um zu entscheiden, was weiter mit dem Schiff geschehen sollte.


    Ihrem Gatten hatte Prisca im übrigen erzählt, dass sie für ein paar Tage aufs Land reisen wollte, um eine alte Bekannte zu besuchen. Das war zwar gelogen, aber in Prisca´s Augen vertretbar, da sie ihren Gemahl nur ersparen wollte, sich mit ihren Herzschmerz auseinander setzen zu müssen.


    Und so kam es, dass eines schönen Morgens die Aurelia mit ihrem Gefolge and Bord ging und die Nordwind die Segel gen Süden setzte. Das Wetter war gut und der Wind stand günstig, so die Götter es wollten, wären sie also bald schon wieder zurück in Rom ...

  • Lyciscus konnte seinen Augen nicht trauen als er das Schiff der Aurelia zu sehen bekam. Groß und Prachtvoll stand es am Hafen, dem Thraker stockte der Atem, nicht weil er zuvor kein Schiff gesehen hatte, viel mehr lag es daran, das dieses Schiff allein seiner Domina gehörte. Natürlich fingen die Blicke des Sklaven wieder an ihre runden zu machen, wie es so üblich war, wenn ihn etwas faszinierte. Irgendwie freute sich Lyciscus schon auf die Fahrt, über das Meer hinaus und dem Wind entgegen, vermutlich würde es sich wie Freiheit anfühlen.


    Auch wenn der Sklave begeistert war, und jedes Eck mit seinen Augen abtastete, so war sein Blick auch stets bei seiner Herrin. Diese hatte sich anscheinend erholt, dennoch bemerkte der Thraker eine leichte Betrübtheit in dem Gesicht der Aurelia. "Domina, wie lange werden wir unterwegs sein?" fragte er neugierig, schließlich wollte er wissen wie viel Zeit er hatte um das Schiff zu begutachten. "Bevor ich es vergesse, hier ist der Weihrauch nach dem Du verlangt hast." mit diesen Worten übergab der Sklave seiner Domina gekauftes Stück. Dabei überlegte er, ob er seiner Herrin auch das Fläschchen überreichen sollte, das er eigentlich für sie gekauft hatte. Denn bereits beim Weg in die Villa Flavia kam ihm der Gedanke, das so ein Wirkstoff vielleicht eine negative Auswirkung auf den Leib der Aurelia hätte. Wobei es dem Thraker weniger um den Körper seiner Herrin selbst ging, die Frau war vermutlich robust genug, jedoch, sollte sie ein Kind in sich tragen, hätte es vermutlich fatale folgen für den Nachwuchs. So entschied Lyciscus, zum Wohle seiner Domina, sowie dem neuen Leben, das seiner Meinung nach die Herrin irgendwann beglücken sollte, ihr das Fläschchen nicht zu überreichen. Stattdessen könnte er es ihr im Bedarfsfall überreichen, sollte sie zu diesem Zeitpunkt nicht bereits Schwanger sein. Den Beutel mit den restlichen Münzen, gab er ebenfalls an die Domina zurück, er hatte keinerlei Verwendung dafür, auch wenn sie ihm vielleicht gestattet hätte, die Münzen zu behalten.


    Nachdem er sich verbeugte wanderte der Thraker zum Rande des Schiffs, dort angekommen, stützte er sich mit beiden Händen an den Balken ab. Der Sklave blickte das Meer hinaus, das Wetter war äußerst gut, das rauschen des Wassers zwang ihn, seine Augen zu schließen, und die Luft tief einzuatmen. Natürlich war er nicht viele Schritte von seiner Domina entfernt, falls sie was brauchen würde, oder nur ein Gespräch suchte, so wäre er zur stelle. Kurz wanderte sein Auge über seine Schulter zu der schönen Frau, schnell fing er die wundervollen Blauen Augen seiner Herrin ein, ein liebevolles Lächeln verwandelte sich schnell in ein fröhliches Grinsen, danach richtete er seinen Kopf wieder dem Meer entgegen und schloss nochmals seine Augen, so Wohl fühlte er sich schon lange nicht mehr.

  • Die Nordwind war in einem erstaunlich guten Zustand - soweit Prisca das mit ihrem laienhaften Verstand und auf den ersten Blick beurteilen konnte. Irgendwo müssen die vielen Sesterzen ja abgeblieben sein, welche die Aurelia regelmäßig für die Instandhaltung des Schiffes ausgegeben hatte. Mit dem Kapitän hatte Prisca im übrigen vereinbart, dass er den kompletten Laderaum für seine Geschäfte nutzen durfte und so verzögerte sich die Abfahrt bis zur Mittagsstunde, da die Matrosen erst noch alle Güter verstauen mussten. Diese Zeit nutzte Prisca um sich in ihrer Kabine einzurichten, ehe sie dann wieder auf Deck ging um die Abfahrt nicht zu verpassen.


    Endlich war es dann soweit! Die Nordwind legte ab und als der Wind das erste mal seit langem die Segel wieder mit Leben füllte, ging nicht nur ein Ruck durch das ganze Schiff - nein auch durch Prisca ging ein Ruck und sie war überwältigt von dem Anblick und den Eindrücken.


    Der Duft des Meeres und das Geräusch der Wellen, der endlos scheinende Horizont und der Blick auf das in der Sonne tiefblau spiegelnde Wasser - dazu die typischen Rufe und des Gewimmel der Matrosen auf Deck. Prisca fühlte sich wie in eine andere Welt versetzt. Eine Welt fern aller gesellschaftlichen Zwänge und zum ersten Mal seit einer Ewigkeit hatte sie das Gefühl wieder frei atmen zu können und ihre innere Ruhe zu finden.


    "Der Kapitän hat mir gesagt, dass wir wohl im Laufe des morgigen Tages bereits Misenum erreichen werden.", beantwortete Prisca bereitwillig die Frage ihres Sklaven und dabei klang sie ein wenig enttäuscht, während sie wehmütig den Blick über den Horizont schweifen ließ. Eigentlich hatte sie so schnell wie möglich ihr Ziel erreichen wollen, doch nun drängte es sie überhaupt nicht mehr. Den Beutel mit Weihrauch nahm sie mit einem dankenden Nicken entgegen und reichte ihn wortlos an Mara weiter, ohne der Opfergabe weitere Beachtung zu schenken. Sehr wahrscheinlich würden die geschäftstüchtigen Händler beim Orakel an der Körnung etwas auszusetzen haben, nur, um ihre eigene Ware zu verkaufen. Aber das war Prisca völlig egal. Vielmehr wollte sie ihre Gedanken jetzt nicht Nebensächlichkeiten verschwenden, sondern das schöne Gefühl der Freiheit genießen. Freiheit! Ja auch eine Patrizierin fühlte sich manchmal unfrei, wenn auch nicht in dem Sinne wie ein Sklave.


    "Warst du schon mal auf einem Schiff?", stellte Prisca ihrem Leibwächter dann eine Frage während sie beide nebeneinander an der Reling standen und auf das Meer hinaus blickten. Prisca drehte dabei den Kopf in den Wind und nahm einen tiefen Atemzug, sodass ihr offenen Haar wild herum wirbelte. So langsam wich der wehmütige Eindruck und Prisca wirkte vielmehr gut gelaunt und völlig gelassen: "Nicht, dass du mir am Ende noch seekrank wirst", scherzte Prisca plötzlich und kicherte dabei ausgelassen: "Aber keine Angst! Wir segeln immer in Sichtweite zur Küste. Schade nur, dass die Reise so schnell vorbei sein wird. Was meinst du, sollen wir und für den Rückweg etwas mehr Zeit nehmen?", fragte sie ihren Sklaven ganz spontan und lächelte ihm dabei aufmunternd zu, so als wolle sie, dass er entscheide.


    Ein paar Tage hin oder her würden sicher nichts ausmachen. Ihr Gemahl war von der Reise nach Misenum unterrichtet, zwecks Besuch einer alten Freundin aus Kindheitstagen. Das stimmte zwar nicht ganz, aber Prisca wollte Gracchus nicht mit ihren Sorgen belasten und so verschwieg sie ihm den geplanten Besuch des Orakels.

  • Warum auch immer, aber das rauschen des Meeres, die Luft und der Wind, entspannten den Thraker sehr, zugleich bildete sich ein äußerst zufriedener Ausdruck in seinem Gesicht. Das Gefühl das seinen Körper erfasste, verdrängte so gut wie alle üblen Gedanken die der Sklave bisher hatte. Nicht nur das er sich Körperlich zufrieden fühlte, auch für seinen Kopf war es eine wohltat, selbst wenn dieser Effekt nur von der dauer der Reise abhängig war.


    Die Antwort seiner Herrin erwiderte Lyciscus mit einem Nicken, zugleich verspürte er aber eine riesen Freude, denn die Zeit die sie auf See verbringen würden, reichte vollkommen aus um das Schiff an jeder Ecke zu begutachten. Zugleich freute er sich noch mehr, das Deck Nachts aufzusuchen, der Anblick des Himmels samt Mond und Sterne bei Nacht, gemeinsam mit den entspannenden Effekten die er auf dem Schiff geboten bekam, er genoss es schon nur daran zu denken.


    "Ja Domina, zwar war keines von den Schiffen so groß wie Deines, aber ich bin öfters mit dem Schiff unterwegs gewesen." antwortete der Thraker auf die Frage seiner Herrin. Es waren meist kleine Schiffe die rein dem Zweck der Reise dienten. Keines war jemals vergleichbar mit dem Schiff der Aurelia, daher faszinierte es ihn noch mehr. Der Sklave bemerkte die gute Laune die seine Domina ausstrahlte, es erwärmte ihm das Herz sie so zu sehen, schließlich gefiel sie ihm so am besten. "Nun, wenn es so sein sollte, hoffe ich doch das Du Dich mit vollster Fürsorge um Deinen Leibwächter kümmerst!?" scherzte Lyciscus zurück, jedoch wartete er mit ernstem Blick einige Sekunden, bevor er selbst herzhaft zu lachen begann. Abgesehen davon das er froh war seine Domina begleiten zu dürfen, und das auch noch auf so einem Schiff, stellte es ihn auch sehr zufrieden, die schöne Aurelia in solch einem Zustand zu sehen, dabei hoffte er insgeheim, das es für eine lange Zeit so bleiben würde.


    Auf die Frage bezüglich des Rückweges, reagierte Lyciscus zuerst nachdenklich, jedoch schenkte er seiner Domina rasch ein liebevolles lächeln "Wenn es Deine Zeit erlaubt, und Dich nicht zu sehr belastet, könnten wir uns wirklich mehr Zeit lassen bei der Rückreise, denn... wie mir scheint, wirkt es sich nicht nur auf mein Wohlbefinden positiv aus." es folgte ein Zwinkern und ein breites Grinsen, bevor der Thraker wieder seine Aufmerksamkeit dem Ausblick widmete. "Doch ich würde es erst dann entscheiden, sobald Du Deine Antwort von dem Orakel bekommen hast... sollte es Dein Wunsch sein danach so schnell wie möglich Heim zu Reisen, dann soll es auch so geschehen." fügte er schließlich hinzu, während seine Augen die kleinen Wellen verfolgten, die vorbeizogen. Sollte die Aurelia mit der Antwort des Orakels nicht zufrieden sein, oder gar große Trauer oder Angst verspüren, so könnte Lyciscus kaum die Rückreise genießen. Da seine Gedanken und sein Handeln stets zum Wohle seiner Herrin verwendet wurden, vergaß er eigentlich, das er selbst gerne das Orakel befragt hätte, in Bezug auf sein Gefühlschaos. Was wenn er wirklich diesen Dienst in Anspruch nehmen würde, und er selbst dabei eine Antwort erhielt, die ihm zum nachdenken zwang. Bestimmt wäre es wohl die längste Reise die er je hinter sich gebracht hätte, und so fragte er sich, ob er das Risiko eingehen sollte, oder eben nicht, schließlich wollte der Sklave stets Gewissheit haben. Nun, er konnte es immer noch entscheiden sobald, das Schiff sein Ziel erreicht hatte.

  • Lyciscus war also schon öfters auf Schiffen unterwegs gewesen. Das klang interessant in Priscas Ohren, da sie gerne Geschichten von Reisenden hörte, die auf Schiffen die entlegensten Teile des Imperium besucht hatten."Dann warst du so etwas wie ein Händler oder Matrose? … und du kennst das mare aeganeum und das pontus euxinus? Wohin haben dich deine Reisen denn so geführt?", fragte Prisca neugierig nach und sie hoffte, dass Lyciscus ein paar spannende Geschichten zu erzählen hätte. Das wäre durchaus ein netter Zeitvertreib so nebenbei, während sie gemeinsam aufs Meer hinaus blickten. So so und ich soll mich voller Fürsorge um ihn kümmern?! … Ein Schmunzeln huschte über Priscas Lippen und ein leises Kichern folgte als Lyciscus über seinen eigenen Scherz laut zu lachen begann.


    "Aha, du hoffst also?! … Kümmere ich dich denn nicht stets fürsorglich um dich?", entgegnete Prisca ebenso als Scherz gemeint und sah dabei amüsiert schmunzelnd zu Lyciscus, ehe sie den Blick wieder auf das Meer hinaus gleiten ließ. Wollte sie darauf eine ehrliche Antwort, oder wollte sie nur hören wie gütig und wie gnädig sie war? Prisca dachte ehrlich gesagt nicht großartig darüber nach, da sie sich selbst durchaus für eine "gute" und nachsichtige Herrin hielt. Manchmal vielleicht sogar zu nachsichtig! Allerdings hatte sie auch ihre Launen und sehr hohe Ansprüche, die nicht immer leicht zu verstehen waren.


    Während Prisca den tanzenden Wellen zu sah, wurde sie spontan an die Reise nach cumae erinnert, die sie vor langer Zeit mit ihrer ehemaligen Leibsklavin Tilla unternommen hatte. Diese Sklavin hatte Prisca sehr viel bedeutet und war es nun Zufall, dass sie ausgerechnet heute daran denken musste? Prisca drehte den Kopf wieder und betrachtete stumm einen Moment lang das Gesicht ihres Leibwächters im Profil, als er gerade das Meer beobachtete. "Ich hatte mal eine Sklavin namens Tilla. Sie war taub und sie war ein Findelkind. Ich bin damals mit ihr nach cumae gereist und habe ihr erlaubt das Orakel zu befragen, in der Hoffnung, etwas über ihre Herkunft und Vergangenheit zu erfahren. Doch leider war die Antwort der Sibylle alles andere als aufschlussreich", begann Prisca von ihren Gedanken zu erzählen ohne recht zu wissen, warum sie das tat. Vielleicht lag es nur daran, dass die beiden Reisen sich ähnlich waren … oder es sollte es der Beweis ihrer Worte sein (wie gütig und gnädig sie sein konnte)? … Vielleicht aber sagte Prisca es aus dem Grund, weil sie in Lyciscus ebenfalls etwas besonderes sah.


    "Antium! …", sprudelte plötzlich ein Wort aus Prisca´s Mund, just als Lyciscus wieder zu ihr blickte. Dabei sah sie Lyciscus erwartungsvoll mit große Augen an (so als würde nur er ihr einen Wunsch erfüllen könnten). Ob er ihr überhaupt folgen konnte?: "Antium! Ja genau! Auf dem Rückweg machen wir in Antium Halt. … Ein paar Tage am Meer … ja, das wünsche ich mir" Prisca´s fröhliche Miene zeigte, wie sehr sie sich darauf freute. Aber noch befanden sie sich nicht auf dem Rückweg und das eigentliche Ziel lag noch vor ihnen.

  • Der Blick des Thrakers wiederspiegele ein wenig Wehmut, denn vermutlich würde er seine Herrin mit seiner Antwort enttäuschen "Nein Domina, weder Händler noch Matrose, ich war ein ganz einfacher Mann. Ich bin Handwerklich recht Geschickt, und konnte daher einige arbeiten auf Schiffen verrichten. Jedoch hast Du recht, die erwähnten Meere kenne ich." sein Blick wanderte wieder in die ferne und ein sanftes lächeln machte sich in seinem Gesicht breit. "Ich habe nur kleine Teile von Asien, Griechenland und Ägypten besucht... meist nur den Hafen. Von den Ländern selbst habe ich nicht viel entdecken können, da mir einfach die Zeit fehlte, die Häfen waren wohl die Hauptattraktion für mich." Der Sklave hatte die meisten Reisen angetreten, um arbeiten zu verrichten, das Vergnügen fiel daher eher mager aus, obwohl er doch einige Soziale Kontakte geknüpft hatte.


    Auf ihren Scherz wiederum, entgegnete er mit einem breiten Grinsen, und machte es seiner Herrin gleich, als diese den Blick wieder auf das Meer richtete. Das Grinsen verschwand sanft von seinen Wangen, während sein Blick sich wieder auf die Wellen richteten "Doch das tust Du... mehr als nur das..." sprach er äußerst Leise, ja schon fast Flüsternd. Ihm war schon länger bewusst, was er an der Aurelia hatte, und es verging kaum ein Tag, an dem sie nicht zusätzlich noch den Beweis dafür lieferte.


    Ein sanfter Luftzug erwischte die Wange des Thrakers, er schloss die Augen und fing abermals an, die fahrt mit dem Schiff zu genießen. Als seine Herrin ihm von der Sklavin Tilla erzählte, hörte er natürlich aufmerksam zu. Auch in dieser Erzählung konnte man klar erkennen, das die Aurelia Interesse an ihren Mitmenschen hatte, auch wenn es nur Sklaven waren. Genau diese Momente waren es, die Lyciscus innerlich Wärme schenkten, in Kombination mit der Schönheit seiner Herrin, war sein Gefühlschaos ihr gegenüber wohl doch nicht so verwunderlich. Und obwohl er noch nicht lange in Rom verweilte, geschweige denn andere Römer kennen gelernt zu haben, behauptete er, keine vergleichbare Frau jemals anzutreffen. Jedoch stellte er sich im selben Moment die Frage, was wohl mit Tilla geschehen sei, da er sie bisher noch nie gesehen hatte, und seine Domina bis jetzt nicht von ihr sprach, nahm er an, das die Sklavin wohl kein schönes Schicksal geschenkt bekommen hatte. Daher fragte er auch nicht genauer nach, weder wollte er seine Herrin, noch sich selbst, belasten. Es war durchaus positiv zu erachten, nicht immer alles zu Wissen, oftmals ersparte man sich, oder seinem Gegenüber, eindringliche Schmerzen.


    ...Antium... Lyciscus hatte davon noch nie gehört, doch scheinbar war es ein Ort, der die Aurelia sehr erfreute. Ihre Augen funkelten regelrecht als sie vorschlug, in Antium halt zu machen, um das Meer zu genießen. Zusätzlich sprach sie direkt aus, das es ein Wunsch von ihr war. Der Sklave war sichtlich ergriffen davon, seine Herrin so Fröhlich und... ja... Glücklich zu sehen, sein Bedürfnis sie in den Arm zu nehmen, um sich mit ihr gemeinsam zu freuen, blieb aber nur ein Bedürfnis. Stattdessen lächelte er ihr Fröhlich entgegen "Nun, wenn das Dein Wunsch ist, so soll dieser zu Deiner vollsten Zufriedenheit auch erfüllt werden." dabei verbeugte sich der Sklave leicht, ehe er wieder den Blick auf das Meer richtete.

  • # # # Nordwind | Nach dem Tempelbesuch # # #


    Nachdem Lyciscus seine Herrin auf das Schiff folgte, sah er sich kurz um, es schien alles in Ordnung, und die arbeiten wurden bereits verrichtet, um möglichst bald die Reise nach Antium zu starten. Wieder suchte er den Weg an den Rand des Schiffes, und stütze sich an den Balken ab, ein zufriedenes Grinsen machte sich in seinem Gesicht breit, dabei atmete er wieder tief durch. De Thraker drehte sich um, und stütze sich nun mit den Elbogen ab, ja er lümmelte regelrecht schon, was wohl nicht sonderlich respektvoll erscheinen müsste, angesichts der Tatsache das er seine Herrin dabei direkt in die Augen sah, und mit ihr sprechen wollte. Der Sklave hatte dies jedoch erkannt, und richtete sich zugleich wieder auf, bevor er dann wirklich das Wort ergriff.


    "Nun, Domina, wir sollten nun besprechen wie wir in Antium vorgehen werden." sein Grinsen wich ihm augenblicklich aus dem Gesicht, schließlich ging es um ein ernstes Thema. "Während ich mir die Lage vor Ort ansehe, wünsche ich das Du Dich auf dem Schiff aufhältst, hier besteht keinerlei Gefahr für Dich. Ich werde mich bemühen so rasch wie möglich zurückzukehren, danach können wir gerne das Meer genießen." äußerte Lyciscus seinen Plan. Da er keinerlei Waffen bei sich trug, da es auch nicht erlaubt war, würde er wohl im Falle eines Kampfes stark benachteiligt sein, doch daran wollte der Sklave aktuell noch nicht denken.


    Während Lyciscus noch auf eine Bestätigung von seiner Domina wartete, das sie seinen Plan akzeptierte, fielen ihm nochmal die Worte seiner Herrin ein, die in Bezug auf die Kostprobe seiner Stärke gefallen waren. "Du sagtest ich könne hier am Schiff eine Kostprobe meiner Stärke präsentieren, meintest Du damit, das Du gerne Deinen Sklaven als Sitzgelegenheit nutzen möchtest?" völlig frech und selbstbewusst wanderten seine Mundwinkel nach oben. Lyciscus war völlig bewusst, das hier am Schiff zu viele Augen die Runde machten, dennoch hatte er das Bedürfnis seine Herrin ein wenig zu necken.

  • Zurück auf dem Schiff verstaute Prisca als erstes die Tafel mit dem Orakelspruch in ihren Sachen. Die Deutung des Spruches würde zweifelsohne Ruhe und Geduld erfordern und beides würde Prisca auf dem Schiff mit Sicherheit nicht finden. Aber das war auch nicht weiter tragisch. Vielmehr wollte Prisca die vielen Eindrücke der Reise genießen, in dem Wissen, dass diese schöne Zeit viel zu schnell vorüber sein würde. Zurück auf Deck, begab sich die Aurelia wieder an jene Stelle am Rand des Schiffes, wo sie die meiste Zeit auf der Fahrt verbracht hatte. Mit bestem Blick auf das Meer, mit den unzähligen Wellenhügeln, die im Sonnenlicht funkelten wie tausende Diamanten. Prisca blickte eine Weile versonnen auf das Meer hinaus, ehe sie ihrem Sklaven gewahr wurde, der neben ihr (in sichtlich entspannter Haltung) an einem Balken lehnte. Wie lange mochte Lyciscus da schon so gestanden- und sie mit diesem zufriedenen Grinsen angestarrt haben? War er glücklich? Prisca versuchte in seinen Augen zu lesen und sie glaubte so einiges hinter seinen Blicken erahnen zu können, ohne je Gewissheit zu haben, was in ihrem Sklaven gerade vorgehen mochte.


    Allein die Worte, die Lyciscus nun an sie richtete, mochten die Gedanken und Pläne ihres Sklaven verraten, die allein ihrem Wohl galten. Prisca schenkte ihrem Sklaven ein dankbares Lächeln und wohlwollend sah sie über seine folgende freche Bemerkung hinweg, mit der er sie vor den umstehenden Matrosen nicht nur neckte, sondern regelrecht heraus forderte. Prisca bemerkte durchaus die Blicke der Matrosen und wie sie tuschelten, von wegen, dass sich der Sklave ganz schön viel heraus nahm mit seiner Herrin so zu reden. Wie einfach wäre es gewesen, Lyciscus vor aller Augen zurecht zuweisen, doch lag es Prisca fern ihrem Sklaven das anzutun. Vielmehr blickte sie kurz gespielt beschämt zu Boden, sodass es für die Matrosen den Anschein hatte, als hätte Lyciscus seine Herrin ganz unter seiner Kontrolle. Was natürlich nicht der Wahrheit entsprach, denn Prisca würde auch ganz anders können - wenn sie wollte.


    "Lyciscus! …", seinen Namen sanft und leise wie eine Sirene rufend, winkte Prisca ihren Sklaven kurz darauf näher heran, um ihm einen ernst- und gut gemeinten Rat zu zu flüstern: "Wenn du mich und andere beeindrucken möchtest, dann solltest du dich besser nicht selbst als Sitzgelegenheit anbieten. Oder was glaubst du würden die Matrosen denken, wenn ich dein Angebot tatsächlich annehme und mich vor aller Augen auf dich setze?" Mit einer hochgezogenen Augenbraue sah Prisca ihrem Sklaven tief und eindringlich die Augen, ohne ihm dabei ein schlechtes Gefühl geben zu wollen. Sie erwartete auch keine direkte Antwort sondern nur, dass Lyciscus seiner besonderen Stellung und Verantwortung bewusst wurde, die er zweifelsohne als ihr Leibwächter ein nahm.


    "Was nun Antium betrifft, …" Nun wirkten Prisca´s Gesichtszüge wieder ernster, was aber allein der Tatsache geschuldet war, dass niemand wusste was sie dort vorfinden sollten: "Ich werde nicht auf dem Schiff warten. Vom Hafen bis zum Anwesen sind es eine gute Stunde Fahrt. Das dauert mir zu lange. Ich will sofort wissen, was vorgefallen ist, auch wenn ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass es etwas ernsthaftes ist." In diesem Punkt widersprach Prisca dem Plan ihres Leibwächters, ohne ihn gänzlich über den Haufen werfen zu wollen: "Ich werde aber brav und in gebührender Entfernung warten, bis du die Lage sondiert hast. …Hier nimm! … Ich möchte, dass du das bei dir hast, für alle Fälle." Mit einem schnellen Seitenblick vergewisserte sich Prisca, dass niemand sonst Notiz davon nahm, wie sie nun aus dem linken Ärmel ihres Kleides einen edlen und wundervoll verzierten Dolch zauberte: " Dieser Dolch gehörte einst meinem Onkel.",flüstere Prisca mit andächtiger Stimme: "Ich weiß, dass Sklaven eigentlich keine Waffen tragen dürfen, aber auf meinem Grund und Boden habe noch immer ich das Sagen. Was auch immer also passieren mag - benutze ihn um dich zu schützen, gegen wen auch immer! .. Ich werde dafür sorgen, dass nichts und niemand dir deswegen etwas anhaben wird.", Dieses Versprechen gab Prisca ihrem Sklaven gerne, denn falls tatsächlich irgendwelches Gesindel sich auf dem Landsitz herum trieb, so wäre es ihr gutes Recht sie mit allen Mitteln zur Strecke zu bringen (auch mitttels eines bewaffneten Sklaven, der ja nur ihren Befehl ausführen würde).


    "Sei bitte vorsichtig, ja?! …Und kehre sofort um, wenn es zu gefährlich wird. Wir können immer noch Hilfe herbei rufen, falls nötig." Mit diesem Wunsch und Bitte überreichte Prisca die Waffe in dem festen Glauben, dass sich die ganze Aufregung am Ende als unbegründet heraus stellen würde. Allerdings konnte auch Prisca nicht in vorhersagen, was auf dem Landgut geschehen würde, denn dieses Privileg stand allein den Göttern und dem Schicksal zu …

  • Lyciscus hatte immer noch ein breites Grinsen im Gesicht, und wartete geduldig auf die Reaktion seiner Herrin, die ihn auch sofort zu verstehen gab, das er näher an sie heranrücken sollte. Ihre Worte ließen sein Grinsen augenblicklich verschwinden, da er scheinbar doch einen kleinen Schritt zuweit ging. Andere zu beeindrucken war eigentlich kein Wunsch des Thraker's, er kümmerte sich nicht wirklich darum, was andere Menschen von ihn dachten, wobei hier die Ausnahme ganz offensichtlich die Aurelia war. Jedoch verstand er sehr wohl, das seine Domina viel mehr wert darauf legte, und fast wäre ihm sein Gedanke raus gerutscht, den er erst vor kurzem hatte, wo er die Aurelia als Sklavin der Gesellschaft sah. Seine Herrin hatte natürlich recht, und er würde nie etwas tun, das der schönen Frau schaden würde.


    Als die Aurelia dann über Antium zu sprechen begann, verdrehte ihr Leibwächter kurz die Augen, es ärgerte ihn das sie seinen Vorschlag nicht akzeptierte. Stattdessen schien es so, als würde sie regelrecht die Gefahr suchen, auch wenn natürlich die Möglichkeit bestand, das überhaupt nichts passiert sei, und alles so war, wie es die Aurelia in Erinnerung hatte. Was den Sklaven jedoch ein wenig besänftigte, war die Tatsache das sie zumindest etwas entfernter warten wollte, und sie ihrem Leibwächter soweit freie Hand ließ, die Lage zu überprüfen. Zugleich zauberte seine Herrin einen Dolch aus ihren Ärmel, für einen Bruchteil einer Sekunde, zuckte der Thraker zusammen, riss aber sofort seine Augen auf, die dann zwischen dem Dolch und den wundervollen Blauen Augen seiner Herrin, hin und her wanderten. Warum in Gottes Namen, hatte diese Frau, nein, diese wunderschöne, zarte und oftmals liebreizende Frau, einen Dolch in ihrem Ärmel versteckt? Und vor allem, wie lange schon und wo überall hatte sie diesen bei sich? Der Thraker hatte einen äußerst verwirrten Blick, war seine Herrin etwa in so großer Gefahr, das sie sich selbst damit schützen musste?


    Die weiteren Worte die sie sprach, lösten mehrere Gefühle gleichzeitig aus. Sie schien mittlerweile ein so großes Vertrauen zu ihrem Leibwächter aufgebaut zu haben, das sie ihm sogar eine Stichwaffe anvertraute, obwohl es verboten war. Lyciscus fühlte sich mehr als geehrt, und das nicht nur, weil sie schlussendlich auch noch versprach, sich in jedem Fall für ihren Leibwächter einzusetzen, sollte es ein Problem mit dem Besitz des Dolches geben. Der Thraker war einfach nur überwältigt, obwohl er immer noch nicht verstehen konnte, warum sie ihm so viel vertrauen schenkte, sich aber mit ihren Gedanken so gut wie immer zurück hielt, sobald diese etwas tiefgründiger waren. Letztendlich war er ja doch nur ihr Sklave, dessen Aufgabe einfach nur darin bestand, seine Herrin zu schützen, der Thraker sollte bald beginnen, dies zu akzeptieren.


    Nun folgten Worte, die sein Herz berührten. ...Sei bitte vorsichtig, ja?!... kurz und knapp, und dennoch mit großer Wirkung. Es gab schon viele Situationen, in denen Lyciscus seine Domina sehr schätzte, egal ob es Handlungen waren oder einfach nur Worte, er wusste definitiv was er an dieser Frau hatte, doch diese Worte waren viel eindringlicher. Als sie jedoch hinzufügte, das er umkehren sollte, wenn die Gefahr zu groß wäre, zog er eine Augenbraue hoch und schüttelte unbemerkt seinen Kopf. Hatte sie etwa den Grund vergessen, warum er überhaupt auf dem Podest stand? Der Thraker attackierte alleine eine ganze Legion, nun, zumindest war es sein vorhaben, bereits bei den ersten Soldaten scheiterte er ja. Auch wenn er über sich selbst lachen konnte, und lächerliche Aktionen lieferte, um die Aurelia zu belustigen, so war ihm seine Ehre in diesem Bezug sehr wichtig. Was noch hinzu kam, eine Flucht konnte genau so gut eine Verfolgung bedeuten, was wiederum hieße, das er den Feind direkt in die Hände seiner Herrin führte. Niemals! Das würde sich Lyciscus nie und nimmer verzeihen, lieber würde er sein Leben geben, für die Aurelia und für seine Ehre, als das er wie ein Feigling davon laufen würde. Seine Denkweise würde vermutlich jeder als Dumm bezeichnen, und in der tat, das war sie auch, doch das änderte nichts daran, das der Thraker nun mal so dachte. "Danke, Domina! Ich werde vorsichtig sein!" mit diesen Worten ergriff er den Dolch und steckte ihn zugleich seitlich in seine Hose. "Nun lass uns aber die fahrt genießen!" ein sanftes lächeln umspielte die Lippen des Sklaven, zugleich drehte er sich wieder um, so das er das weite Meer hinaus blicken konnte.


    Irgendwann wurde es dann doch Dunkel, und Lyciscus auch etwas Müde. "Domina, ich werde mich jetzt hinlegen, ich möchte für die Ankunft in Antium vollkommen ausgeruht sein, also verzeih mir, das ich Dich alleine lasse." respektvoll verbeugte sich Lyciscus, und schenkte ihr noch ein Lächeln, bevor er verschwand.

  • ### Nordwind | Auf dem Heimweg nach Ostia ... ###


    Die ganze Fahrt über (von ihrem Landsitz kommend) hatte Prisca stumm und nachdenklich in ihrem Reisewagen gesessen und gleich nach ihrer Ankunft in Antium, war sie wortlos in ihrer Kabine verschwunden. Dort blieb sie, bis die Nordwind endlich den Hafen verlassen- und Kurs auf Ostia genommen hatte. Prisca´s Wut auf Lyciscus war längst verraucht und je länger sie darüber nachgedacht hatte, um so lächerlicher kam ihr der ganze Vorfall auf der Terrasse vor. Ein Sklave der panische Angst davor hat, dass seine Herrin ihn vergiften wolle!! Für gewöhnlich hatten eher die Herrschaften Angst davor, dass ihre Dienerschaft ihnen nach dem Leben trachtete, doch irgendetwas musste Lyciscus dazu veranlasst haben, diese absurden Gedanken zu fassen. Nur was?


    So sehr Prisca auch hin- und her überlegte, ihr mochte einfach keine plausible Erklärung für das seltsame Verhalten ihres Sklaven einfallen. Weder am Abend, noch in der Nacht und auch nicht am frühen Morgen, als Prisca (müde und erschöpft von der schlaflosen Nacht) auf das Deck der Nordwind ging, um wenigstens den Sonnenaufgang zu genießen, auf dieser mehr als ereignisreichen Reise, die so viele Fragen und so wenige Antworten aufgeworfen hatte.


    Ein Sonnenaufgang am Meer hatte Prisca schon lange nicht mehr gesehen und umso gespannter erwartete sie die ersten Anzeichen der aufgehenden Sonne. Für dieses einzigartige Spektakel nahm sie selbst eine nicht standesgemäße Sitzgelegenheit in Form eines Fasses in Kauf, auf dem Prisca (mit übereinandergeschlagenen Beinen) Platz genommen hatte.


    So saß Prisca ganz vorne am Bug der Nordwind und ihr Blick ruhte auf dem fernen Horizont, auf jener Stelle, wo sich das orangerote Licht der Sonne sich langsam in das Hellbau-grau des Morgenhimmels brannte. Ein herrlicher Moment und fast zu schade, um ihn allein zu genießen …

  • Die Rückreise mit dem Reisewagen Richtung Nordwind war äußerst ruhig, kein Wortwechsel, keine Späße auf seiten des Leibwächters, nur seine Augen, die ständig die Umgebung beobachteten, um möglichst rasch Gefahren zu erkennen. Lyciscus fiel es schwer seiner Aufgabe nachzukommen, auch wenn er stets Aufmerksam herum blickte, so kreisten seine Gedanken ständig um seine Domina. Einerseits hatte er sich auf die Tage in Antium gefreut, auf der anderen Seite, schien der Ort verflucht zu sein, sonst wären wohl kaum all diese Vorfälle möglich gewesen. So gesehen war es wohl die beste Wahl die seine Herrin getroffen hatte, wobei er sich auf Rom in keinster Weise freuen konnte, schließlich hatte die Aurelia ihm mit ziemlich harten Worten klar gemacht, was dort vorerst auf ihn warten würde.


    Das die schöne Frau in ihrer Kabine verschwunden war gleich nachdem sie die Nordwind betreten hatten, konnte der Leibwächter ihr nicht verübeln, schließlich hatte er sie mit seiner Aktion tief enttäuscht. Er selbst versuchte zumindest ein wenig das Meer zu genießen, und so lehnte er wieder an der Seite des Schiffs. Jedoch wollte es ihm nicht gelingen, es waren viel zu viele verschiedene Gedanken, die ihn ständig plagten, und sein Herz schien sich auch nicht sonderlich erholt zu haben. Und so kämpfte der Thraker die ganze Zeit über, sich mit irgendwas zu beschäftigen, das meist aber nur kurz seine Gedanken beiseite schob.


    Wie er es bereits geahnt hatte, konnte er natürlich kein Auge zumachen, der Tag in Antium würde ihn wohl noch lange quälen, zumindest dachte das Lyciscus. Es machte wenig Sinn sich in seinem Bett hin und her zu wälzen, und da die Nacht schon vorüber war, ging er an Deck. Seine Augen waren leicht errötet, vermutlich vom Schlafmangel, dabei hätte er Schlaf dringend nötig gehabt, nach dem Spektakel in Antium. Voller Müdigkeit wankte er über das Deck, blieb aber abrupt stehen, da er die Aurelia erblickte. Dabei fragte er sich, was sie um diese Zeit schon an Deck machte, und so konnte er sich nur vorstellen, das es ihr wohl nicht anders ging als ihm. Lyciscus schrieb ihr schon längst nicht mehr zu, das sich ihre Gedanken nur um sie selbst drehen würden, er fühlte doch selbst schon ihre aufrichtige Sorge um ihn, und das obwohl er nur ein Sklave war.


    Irgendwie amüsierte es ihn, die Aurelia auf dem Fass sitzen zu sehen, das war schon was besonderes, zumindest in seinen Augen. Und schon füllte sich sein Kopf wieder mit Schuldgefühlen, diese bezaubernde Frau besaß soviel Menschlichkeit, und das zeigte ihm sein Herz immer und immer wieder. Er konnte sich immer noch nicht erklären warum er so ein idiotisches Verhalten an den Tag gelegt hatte, und die Worte der Aurelia waren strafe genug für dieses Missgeschick, so das er es zu tiefst bereute. Dennoch, die Zeit konnte man nicht zurück drehen, und so ging Lyciscus seufzend in Richtung seiner Herrin. Er hielt genügend Abstand, und lehnte sich an die Balken, wobei er seinen Kopf etwas stützen musste, damit dieser nicht gegen den Balken hämmerte. "Da uns scheinbar der Schlaf nicht gegönnt ist, hoffe ich doch das wir gleich etwas Schönes zu Gesicht bekommen..." versuchte der Thraker sich langsam voran zu tasten, schließlich wusste er nicht wie wütend seine Herrin noch auf ihn war. Er hoffte nur das die Aurelia ihn nicht wieder mit dem Vorfall konfrontieren würde, er war zu kraftlos um sich darüber zu unterhalten, den einzigen Wunsch denn er Momentan hatte, war gemeinsam mit seiner Herrin das aufgehen der Sonne zu betrachten, und ihr vielleicht das ein oder andere Wort zu entlocken, das nicht von Enttäuschung geprägt war.

  • Langsam erwuchs die Sonne aus dem Meer. Stück für Stück und unaufhaltsam bahnte sie sich den Weg nach oben und tauchte die glitzernde Wasseroberfläche des Meeres dabei in ein orange-goldenes Lichterspiel. Das Blau des Himmels änderte sich derweil stetig und wurde heller und heller, während die Sterne verblassten, um der Sonne für einen weiteren Tag den Himmel zu überlassen. Ein schönes und beruhigendes Spektakel das niemals seinen Zauber verlor, obwohl es Tag für Tag das Gleiche war.


    Beim Anblick der aufgehenden Sonne erschien es Prisca fast so, als hätte es die Geschehnisse auf ihrem Landsitz nie gegeben. Weder der Vorfall mit dem verrückten Verwalter, noch das Bad im Meer und auch nicht die völlig abstruse Reaktion ihres Sklaven, als er sie beim flechten des Lorbeerkranzes beobachtet hatte. Alles wirkte wie ein Traum und dennoch konnte Prisca noch immer nicht begreifen, warum Lyciscus dachte sie wolle ihn vergiften. Im Gegensatz zu gestern schwangen allerdings keine Wut und kein Groll mehr in ihren Gedanken mit - was blieb war lediglich die nagende Frage nach dem "warum".


    Plötzlich erklang neben ihr die Stimme ihres Leibwächter. Eine Sekunde dachte Prisca daran ihn zu fragen, doch sie verwarf diesen Gedanken sofort wieder um diesen schönen Moment nicht zu zerstören.


    "Das werden wir … ", bestätigte Prisca stattdessen nur mit leiser und sanft klingender Stimme die Hoffnung ihres Leibwächters. Ja, sie beide bekamen einen wundschönen Sonnenaufgang zu sehen, den Prisca ihrerseits sehr genoss und das, obwohl sie unweigerlich wieder an den Vorfall denken musste. Langsam glaubte sie zu verstehen, warum Lyciscus so reagiert hatte, beziehungsweise redete sie es sich ein (mangels besseren Wissens). Wahrscheinlich sitzt sein Misstrauen uns Römern gegenüber sehr tief und das wohl zurecht nach all dem, was ihm und seiner Familie durch den Verrat einiger schlechter Menschen widerfahren ist Zumal diese schlechten Menschen ausgerechnet Römer gewesen waren.


    Mit einem tiefen Seufzer löste Prisca nach einer gefühlten Ewigkeit den Blick von der aufgehenden Sonne und richtete die Augen auf Lyciscus. Prisca glaubte ihm anzumerken, dass er aufrichtig bereute was er getan hatte und er es am liebsten ungeschehen machen würde. Dass das nicht ginge, wussten er und sie nur zu gut, aber sollte das wirklich das Ende allen Vertrauens sein. Nach all dem, was sie bereits gemeinsam erlebt hatten?


    "Von allen Sonnenaufgängen, an die ich mich erinnern kann …" , begann Prisca unvermittelt zu sprechen und ihre Augen spiegelten ein wenig Versonnenheit wieder, während ein versöhnliches Lächeln über ihre Lippen huschte: "ist das Einer der schönsten. … Wir sollten ihn in guter Erinnerung behalten, findest du nicht auch?" Mit diesen Worten stand Prisca auf und machte ein paar Schritte auf Lyciscus zu. Langsam holte Prisca die Müdigkeit ein, welche sie in der Nacht vermisst hatte, aber an Schlaf wollte sie im Augenblick nicht denken.


    Über den Vorfall von gestern wollte Prisca allerdings auch nicht sprechen und so blieb sie einfach neben Lyciscus stehen und begrüßte mit ihm gemeinsam den neuen Tag. Lange würde es ohnehin nicht mehr dauern bis die Sonne wieder genügend Kraft gesammelt hatte und damit jeder direkte Blick auf ihren strahlenden Glanz unmöglich würde

  • Der Wind wehte etwas stärker als sonst, vielleicht lag es aber auch schlicht daran, das sich die Beiden vorne am Bug des Schiffes befanden. Trotz der Müdigkeit die den Thraker völlig Kraftlos erschienen ließ, könnte er kein Auge zumachen, seine Gedanken kreisten endlos umher, und das würde sich auch bestimmt nicht so schnell ändern.


    Als die Aurelia mit leisen Worten bestätigte, was Lyciscus noch zuvor ausgesprochen hatte, blickte er kurz über seine Schulter zu der schönen Frau. Langsam wandte er seinen Körper in ihre Richtung, und verharrte in dieser Position, während seine Augen auf seiner Herrin ruhten. Und so bekam der Leibwächter etwas Schönes zu sehen, wobei es nicht der Sonnenaufgang selbst war, sondern die Frau die auf dem Fass saß, und weit in die Ferne blickte. Das Bild faszinierte Lyciscus wesentlich mehr, als das aufgehen der Sonne, denn langsam bewegten sich die Lichtstrahlen, über die Zehenspitzen seiner Domina hinauf. Der Anblick war wahrhaftig etwas besonderes, zumindest für den Thraker, wie das Sonnenlicht die Aurelia Stück für Stück erhellte. Dabei glänzte ihre wundervolle weiße Haut, und der Wind durchströmte ihre Haare, und so sehr Lyciscus diesen Moment auch genoss, das von Zufriedenheit geprägte Lächeln, das die Aurelia ihm am Strand entgegnete, überbot diesen Moment mit Leichtigkeit.


    Nun wanderte der Blick der Aurelia auf ihren Leibwächter, der wiederum noch immer fasziniert war von dem Bild das sich ihm bot. Mit einem Lächeln im Gesicht entgegnete sie dem Thraker positive Worte, wobei er nicht ganz verstand, warum gerade dieser Sonnenaufgang, einer der schönsten für sie war. "Du hast recht, Domina... der Anblick war... bezaubernd..." antwortete Lyciscus, wobei er den Sonnenaufgang eigentlich gar nicht wirklich betrachtet hatte, da seine Augen stets auf die Aurelia gerichtet waren. Eigentlich dachte der Leibwächter, das er sein Lächeln in Antium verloren hatte, doch seine Mundwinkel erhoben sich leicht, wenn auch nur minimal. Was es jedoch mit der Erinnerung auf sich hatte, verstand der Thraker nicht ganz, und als seine Herrin auch noch ein paar Schritte auf ihn zukam, fragte er sich, ob sie jetzt etwas besonderes von ihrem Leibwächter erwartete. "Ähm... also..." schon kratzte sich Lyciscus mal wieder am Hinterkopf "ich werde mich gerne an diesen Moment erinnern, Domina..." und nicht nur an diesen... Doch trotz allem, die Erinnerungen an Antium konnte man nicht einfach beiseite schieben, und auch die Worte, die sein Herz mit einem stechenden Schmerz füllten, veränderten einfach alles. Ein halber Tag war es bloß, aber dieser reichte, um mit Sicherheit sagen zu können, nichts würde mehr so sein, wie es einmal war, und das stimmte Lyciscus mehr als traurig.


    Seuzfend blickte der Thraker nun auf seine Hände, die immer noch verbunden waren, die Schmerzen waren jedoch längst verschwunden, Mara hatte sich wirklich sehr fürsorglich um ihn gekümmert. "Wie lange wird es noch dauern, bis wir Ostia erreichen? Ich sollte davor noch Mara aufsuchen, da sie meine Verbände wechseln wollte." Natürlich wollte er die Griechin nicht wegen dieser Kleinigkeit wecken, es würde sich bestimmt ein guter Zeitpunkt finden, wo sie sich um seine Hände kümmern könnte. Es plagte ihn weiterhin sehr, das sie bald in Rom ankommen würden, und er seine Aufgabe niederlegen musste. Nun, Sklaven wurden sicherlich laufend ersetzt, wobei das nicht der Hauptgrund seines Schmerzes war, vielmehr war es die Tatsache, das die Aurelia ihn quasi fort schickte. Aber schlussendlich hatte er sich das ganze selbst zuzuschreiben, dank seiner Handlung in Antium, die er sich selbst nicht erklären konnte, und sich immer wieder die Frage stellte, warum er so absurd gehandelt hatte.

  • Die Gedanken wie auch die Blicke ihres Sklaven (mit denen er sie und nicht den Sonnenaufgang bedachte) blieben Prisca verborgen. Erst als sie Lyciscus ansah und er auf ihre Worte etwas unsicher (wenn nicht gar verlegen) reagierte, glaubte Prisca zu ahnen, dass ihn die Sache immer noch sehr beschäftigte. Da ginge es ihm nicht anders als ihr, auch wenn Prisca mittlerweile glaubte zu wissen, weshalb Lyciscus so seltsam reagiert hatte. Sein Vertrauen, dass zerstört worden war von Römern, die ihn und seine Familie schändlich hintergangen hatten. Nun war es wie es war, daran konnte Prisca nichts ändern. Lyciscus müsste lernen ihr zu vertrauen, genauso wie sie darauf vertrauen musste, dass er ihr Leben mit dem Seinen schützen würde. Ohne gegenseitiges Vertrauen ginge es nunmal nicht.


    Einen Wimpernschlag lang war Prisca versucht die Strafe zurück zu nehmen, in der Hoffnung damit sein Vertrauen zu gewinnen, doch dieser Gedanke verflog sogleich, als Lycisus ihr eine ganz andere Frage stellte.


    "Ich ... denke, ... wir werden zur Mittagszeit den Hafen von Ostia erreichen", entgegnete Prisca kurz blinzend und mit einem Blick auf seinen Hände fügte sie nickend hinzu: "Ja, tu das!" Mit einem leisen Seufzer richtete Prisca die Augen wieder auf den Horizont, auf die Stelle, wo noch vor wenigen Minuten der blutrote Feuerball der Sonne das Meer geküsst hatte.


    Prisca hoffte, dass die nächsten beiden Wochen so schnell vergehen würden wie dieser flüchtige schöne Augenblick, den sie und ihr Sklave gemeinsam genossen hatten. Und sie hoffte auch, dass nach dieser Zeit es wieder so sein könnte wie zuvor, auch wenn man nichts ungeschehen machen könnte. Aber der Eine schloss das Andere ja nicht aus, oder?


    "Wenn ...", begann Prisca plötzlich laut zu denken, den Blick immer noch auf das Meer gerichtet und dennoch waren die Worte für Lyciscus bestimmt: "... Etwas zerstört wird, dann ... mag das schlimm erscheinen. ... Doch sollte man daran nicht verzweifeln sondern vielmehr darin die Chance sehen, etwas Neues aus den Trümmern zu errichten, das mehr Bestand haben wird als das zuvor Zerstörte. ... Darauf sollten wir vertrauen. Dann werden die schönen Erinnerungen immer überwiegen." Mit einem leisen Seufzer verstummte Prisca. Sie war überzeugt von dem, was sie gesagt hatte ohne zu wissen, ob Lyciscus verstand, was sie ihm - in Bezug auf das verloren geglaubte Vertrauen - hatte sagen wollen. ...

  • Die nächsten Wochen würden einfach nur hart werden für Lyciscus, denn er musste sich einerseits beschäftigen, mit den arbeiten in der Villa oder dem Training. Dabei sollte er aber auch darüber nachdenken, wie es wohl für ihn weitergehen würde. Alleine entscheiden wollte er das nicht, und so fiel ihm bereits eine Person ein, dessen Rat er einholen würde. Er selbst wusste ja das er seiner Herrin vollkommen vertraute, auch wenn es nach dem Vorfall definitiv nicht so aussah. Aber schließlich war das nicht das einzige Problem das bestand und über das sich der Thraker seine Gedanken machte. Und letztendlich müsste eine Entscheidung fallen, und viele Optionen hatte der Sklave nicht, entweder er würde wiedermal zu seiner Herrin zurückkehren, oder ...eben nicht...


    Die Aurelia meinte das sie wohl gegen Mittag Ostia erreichen würden, nun so würde es doch noch ein wenig dauern, und er könnte Mara aufsuchen, um noch auf dem Schiff sich seinen Händen zu widmen.


    Aufmerksam lauschte Lyciscus die weiteren Worte der Aurelia, die sehr Optimistisch und Motivierend klangen. Wobei man dabei auch auf andere Tatsachen achten musste, so konnte man zwar aus Trümmern sicherlich wieder etwas stabiles aufbauen, jedoch kam das meist auf den Grad der Beschädigung an. Zusätzlich befand sich zwischen den Trümmern auch ein ganz anderes Problem, von dem die Aurelia nichts wissen konnte, und Lyciscus es ihr niemals sagen würde, da es schlicht um Aussichtslose Gefühle ging. Und diese machten das komplette Problem keinesfalls leichter, ganz im gegenteil. Dennoch, der Thraker verstand was seine Domina ihn vermitteln wollte, und dafür war er ihr auch dankbar. "Wie immer hast Du vermutlich recht, Domina. Ich werde versuchen mir Deine Wort zu Herz zu nehmen." entgegnete ihr Lyciscus während er selbst wieder das Meer betrachtete, das bereits wieder gut sichtbar war durch das Sonnenlicht.


    Leise seufzend erhob sich Lyciscus, um nachzusehen, ob Mara vielleicht schon aufgewacht war. Kurz machte er dann doch halt, sah aber seine Domina nicht direkt an, da seine Rücken ihr bereits entgegen gerichtet war. "Domina... ich kann Dir versichern... das ich Dich nicht mit den Römern vergleiche, die mich damals verraten haben..." Die Aurelia hatte ihn ja bereits auf dieses Thema angesprochen, und so wollte er auch seine Meinung kund tun. "Du bist zwar eine Römerin, dennoch denke ich Dich mittlerweile gut genug zu kennen, um behaupten zu können, das Du niemals so sein wirst, wie es dieses verräterische Pack war." Kurz erhob Lyciscus seine Hände und betrachtete diese, während er sie zu einer Faust ballte. Zugleich lockerte er diese wieder und ließ sie wieder an seinem Körper herunter hängen. "Ich will nur damit sagen, das ich Dir voll und ganz vertraue, sonst würde ich wohl kaum mein Leben für Dich aufs Spiel setzen." Nun, das konnte durchaus aber auch andere Gründe gehabt haben, so wäre es auch möglich das ihm als Sklaven nichts anderes übrig blieb, oder aber auch, das sein Herz bereits so hoch für die Aurelia schlug, das er es gar Freiwillig tat. Mit denn Worten bewegte sich der Thraker wieder vorwärts, um nachzusehen, ob Mara nun etwas Zeit für ihn haben würde und bereits aufgewacht sei.

  • Lyciscus hatte anscheinend verstanden, was Prisca ihm in Bezug auf das Vertrauen hatte sagen wollen. Seine Worte halfen Prisca aber nicht wirklich. Wenn es also nicht am mangelndem Vertrauen lag, was - bei allen Göttern! - war dann auf der Terrasse in ihn gefahren? Ein Sonnenstich ... dann muss es so gewesen sein, dass ihm die Sonne an dem Tag nicht bekommen war. Eine andere (bessere) Erklärung glaubte Prisca nicht mehr zu finden.


    "Ich danke dir für deine Worte, Lyciscus ... und nun geh zu Mara! Mit diesen Worten entließ Prisca ihren Leibwächter. Im Augenblick brachte es Prisca nicht über´s Herz, seine Strafe vorzeitig zu erlassen. In ein paar Tagen, ... vielleicht ... ja, vielleicht wäre die "Probezeit" ganz gut um zu sehen, ob sich dieses seltsame Veralten wiederholen würde. Wobei Prisca innig hoffte, dass dem nicht so wäre. Sie sah in Lyciscus noch immer den Leibwächter, dem sie ihr Leben anvertrauen wollte. Ihm und niemandem sonst ...


    Prisca ließ ihre Augen wieder über die spiegelnde Oberfläche des Meeres wandern und in Gedanken zog sie das Resümee dieser ereignisreichen Reise:


    Es begann mit einer schönen etspannten Überfahrt auf der Nordwind - Von dem Orakel erhielt ich eine Antwort, die ich noch immer nicht gelöst habe - In Antium gab es dann die größte Überraschung, im negativen wie im positiven Sinne - Und nun endet es also, mit einer schönen und entspannten Rückfahrt auf der Nordwind.


    So schloss sich also der Kreis und am Ende würde alles gut! ...Würde es das wirklich? ...

  • Und so wanderte der Thraker über das Deck, direkt zu der Unterkunft, wo Mara untergebracht war. Vorsichtig öffnete er die Tür und trat ein, zugleich erblickte er die Griechin, wie sie noch im Bett lag, und sogar dabei schnarchte, wenn auch nur sehr leise. Tatsächlich huschte ein leichtes Grinsen über das Gesicht von Lyciscus, und er schloss die Tür hinter sich. Eigentlich wollte er die Sklavin nicht wecken, schon gar nicht nur wegen seiner Hände, aber da es auch nicht mehr all zu lang dauern würde, bis man Ostia erreichen würde, entschied er sich, Mara doch aus dem Bett zu werfen, wobei er äußerst sanft vorging.


    So nahm er sich einen Stuhl, stellte diesen vor dem Bett ab, und setzte sich. Für einen Moment musterte er die Griechin, die scheinbar wirklich sehr tief schlafen musste. Und so streichelte der Thraker anfangs sanft über den Handrücken von Mara, während er zu flüstern begann. "Mara... wach auf..." Doch sehr effektiv war das jedoch nicht, denn die Sklavin reagierte überhaupt nicht. Also wanderte die Hand zu ihren weichen Wangen, und seine Fingerspitzen glitten sanft über diese, während er wieder zu flüstern begann. "Maraaaa... steh auf Liebste..." Aber auch das schien keine Wirkung zu zeigen, und so runzelte Lyciscus erstmal seine Stirn. Nun, wenn das alles nicht half, blieb dem Leibwächter nichts anderes übrig als mit seinen Fingerspitzen über das kleine Näschen von Mara zu streicheln, so das es wohl eine kitzelnde Wirkung hervorrief. Schon bewegte sich die Sklavin, und das leise Schnarchen verschwand, rasch zog Lyciscus seine Hand wieder zurück, und verschränkte seine Arme, seinen Kopf drehte er zugleich auf die Seite, so das es aussehen würde, als hätte er nichts getan.

  • Erschöpft von dem Hin- und Her zwischen Schiff und Landsitz war Mara recht früh zu Bett gegangen. Die Herrin hatte ihre Ruhe haben wollen und Lyciscus hatte auch keine große Lust gehabt, ihre Neugier und ihre Fragen zu stellen, also blieb für Mara nichts weiter zu tun, als endlich einmal richtig schön auszuschlafen. Oh ja, das tat gut und so schlief Mara die ganze Nacht durch, ohne auch nur ein einzige Mal wach zu werden. Selbst bei Sonnenaufgang wurde Mara nicht (wie sonst üblich) von selbst wach und wenn niemand sie wecken würde, dann würde sie wahrscheinlich bis zur Mittagsstunde tief und fest schlafen.


    Zunächst spürte und hörte Mara nichts von all dem was Lyciscus da tat, doch das sanfte Streicheln und das leise Rufen bewirkten durchaus eine Reaktion in ihrem Kopf.


    Mara begann zu träumen, wie sie über eine Wiese lief. Mit wehenden langen Haaren ... So ein Quatsch! ... Ihre Lippen kräuselten sich im Halbschlaf zu einem Schmunzeln, denn ihre Haare waren zuletzt so lang gewesen, als sie noch ein Kind war. Doch halt! Ein Runzeln regte sich auf Mara´s Stirn und ihre geschlossenen Augen begannen leicht zu flattern. Ja sie träumte sie war wieder Kind und sie lief über eine Wiese auf jemanden zu, der ihren Namen laut und deutlich gerufen hatte. Wer war das nur?


    Mama! Wieder bewegten sich Mara´s Lippen und formten stumm jenes Wort das sie so viele Jahre schon nicht mehr laut ausgesprochen hatte. Da stand ihre Mutter ... unter einen Baum und rief nach ihr! Mama! Mara begann in ihrem Traum auf den Baum zu zu laufen, während sie sich in Wahrheit auf dem Bett zu wälzen begann. Zuerst nach rechts, dann nach links, wobei sie haarscharf kurz vor der Bettkante wieder umdrehte und mit den Beinen lediglich die Decke vom Bett herab schubste.


    Fast hatte Mara ihr Traumziel erreicht und schon streckte sie beide Arme nach ihrer Mutter aus. Nur noch ein paar Meter, doch da war plötzlich etwas im Weg. Mara kam nicht weiter und sie spürte etwas an ihrer Wange und gleich darauf auf ihrer Nase. Es kitzelte! Was konnte das nur sein?


    Mara´s Augen begannen sich zu öffnen und kurz vor dem Aufwachen sah sie den Grund, weshalb sie nicht weiter kam. Sie war direkt in ein riesiges Spinnennetz gelaufen, mit dem Gesicht voraus und nun klebten die dünnen Fäden überall auf ihrem Gesicht ...


    "mmmmh ...mmmmmh..buuuu ...wäääähh ...wweg! pfui...bääähhh", undeutlich murmelnd kämpfte Mara in den letzten Sekunden vor dem Erwachen mit dem Spinnennetz in dem sie sich verfangen hatte und als sie endlich los kam, schoss sie im Bett regelrecht hoch.


    Es war nur ein Traum! Mara blinzelte und es dauerte ein paar Sekunden bis sie realisierte wo sie war. ...Und wer bei ihr war!


    "Lyciscus!!! ...Wie ... was ... was ist los? ist was passiert? warum... ehm... und wie jetzt ....sitzt du denn da schon lange herum?", stammelte Mara völlig verwirrt und noch ein wenig orientierungslos. Es war nur ein Traum gewesen ! Nur ein Traum ...

  • Etwas verwirrt sah Lyciscus der Griechin zu, wie sie aufwachte, und scheinbar mit ihrer Hand versuchte, etwas aus ihrem Gesicht zu wischen. Letztendlich richtete sie sich auf, und erblickte den Thraker, der seelenruhig auf dem Stuhl saß. "Salve Mara, hast Du gut geschlafen?" entgegnete der Leibwächter anfangs der Sklavin. "Nein, nicht so lange, ich hab nur darauf gewartet, bis Du aufwachst, Du wolltest mir ja den Verband wechseln." dabei hob Lyciscus seine Hände in die Luft, und wackelte ein wenig damit vor Mara's Gesicht herum. Der Leibwächter war interessiert, wie weit die Wunden verheilt waren, und würde sich bestimmt noch zuvor die Hände ansehen, aber immerhin waren die Schmerzen schon längst verschwunden.


    "Außerdem, es wird nicht mehr so lange dauern bis wir Ostia erreichen, es wird also langsam Zeit Deinen schönen Körper aus dem Bett zu bewegen, Liebste." auch wenn der Thraker vielleicht aktuell mit dem Lachen Probleme hatte, so war er immer noch fähig, das ein oder andere Kompliment auszusprechen. Auch wenn Lyciscus eigentlich Gespräche mit der hübschen Griechin vermeiden wollte, einfach um Strafen zu vermeiden, entschied er sich trotzdem ein wenig mit Mara zu sprechen, solange sie sich um ihn Kümmern würde, schließlich hatte er sie immer noch lieb gewonnen. "Soll ich kurz den Raum verlassen, damit Du Dich umkleiden kannst, oder was auch immer, oder soll ich bleiben?" Ein Zwinkern folgte, und sogar ein etwas breiteres Grinsen war auf dem Gesicht des Thraker's zu erkennen, langsam aber doch schien er sich wieder etwas zu erholen, von der Trauer und der Enttäuschung, die immer noch tief in ihm steckte.

  • "Ehm, ja … ja, ich hab seeeeehr gut geschlafen *gähn*… und du? … ach so, ja, der Verband … *gähn* mmh, ja stimmt, wollte ich wechseln… *gähn*" Noch völlig schlaftrunken und gähnend starrte Mara auf seine Hände, die Lyciscus vor ihren Augen herum schwenkte. Ein Schmunzeln huschte über Mara´s Lippen, welches aber prompt wieder verschwand als sie mit der Hand durch ihre verwuschelte Kurzhaarfrisur strich. Kein langes Haar mehr da! " Oh! Wo sind denn meine schönen langen Haare hin?", murmelte Mara enttäuscht auf ihre Hand blickend, ehe sie gleichgültig mit den Schultern zuckte und nochmal ausgiebig gähnte. Zeit zum Aufstehen, hatte Lyciscus gesagt. Und Umkleiden sollte sie sich auch noch. Sollte er bleiben oder gehen? Stirnrunzelnd blickte Mara zu Lyciscus und sie wunderte sich, warum er sie das fragte und ihr dabei grinsend zuzwinkerte. Da ihr Verstand immer noch im Aufwachmodus war dauerte es noch bis Mara begriff, dass sie ja nur ihren dünnen Chiton trug. Und dieser war vom herumwälzen im Schlaf obenherum etwas verrutscht und bot somit einen tieferen Einblick als sonst üblich.


    "Ups …" Wo war denn nur die schützende Decke, wenn man sie einmal brauchte? Schnell richtete Mara ihr Gewand mit flinken Fingern wieder zurecht, doch wenn Lyciscus nun geglaubt hatte sie würde vor Scham im Boden versinken, dann hätte er sich getäuscht. "Schon in Ordnung. Du darfst bleiben … Sofern du brav da sitzen bleibst und deine Hände schön bei dir behältst", entgegnete Mara dem Thraker nun ebenfalls grinsend und augenzwinkernd. Noch einmal streckte sich Mara genüsslich, um die letzte Müdigkeit aus ihrem Körper zu vertreiben, dann stand sie auf und ging zu einer Kiste, auf der eine Schüssel und ein Krug mit Wasser stand.


    Mara goss etwas Wasser in die Schüssel und schöpfte dieses mit beiden Händen sogleich wieder heraus, um damit ihr Gesicht zu benetzen. Das musste vorerst reichen. Ausgiebig waschen und anziehen konnte sie sich auch noch später. Auf der Kiste lag des Weiteren ein kleiner Beutel, in dem Mara die Salben und Verbände für Notfälle aufbewahrte. Diesen hob sie auf und ging damit zu Lyciscus, um sich vor ihm auf die Knie nieder zu lassen. "So nun lass mal sehen, wie es deinen Händen heute geht. Hattest du in der Nacht noch Schmerzen? … Und wie ist es mit dem Gefühl in den Fingerspitzen. Fühlt es sich taub oder normal an, wenn du etwas greifst?" Mit diesen Worten griff Mara vorsichtig zuerst nach der rechten Hand des Thrakers, um diese von dem Verband zu befreien.

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