Schwere Füße suchten ihren Weg, als man die Frau, die man auf Geheiß des dunklen trecenarius in Gewahrsam genommen hatte, durch die wenig beleuchteten Korridore des Kerkers trug. Zwei Prätorianer trugen sie, so dass ihre Füße nicht einmal den Boden berührten, sondern ihre Fußspitzen über den kalten Steinboden geschliffen wurden, weil ihr Körper in einem festen Griff von starken Armen eingeklemmt war. Der Halsring war ihr nicht abgenommen worden und scheuerte bei jeder Bewegung gegen ihr Kinn, während die Fesseln an ihren Handgelenken für einen ziehenden Schmerz sorgten, da man die Fesseln noch enger gezogen hatte, um den Transport zu erleichtern. Der Ort war umgeben von diesigen Dunst und einem ekeligen Gestank von Pein und Leid. Schweiß geronn hier mit Blut und Angst zu einem süßlich-bitteren Geruch, der einem schlicht in die Nase stieg und dort verweilte, wie ein Quälgeist. Man konnte ihn nicht wegdenken oder nicht wahrnehmen. Die Soldaten hatten sich schlicht daran gewöhnt und verbanden mit diesem Geruch ihre Arbeit. Hin und wieder schrie eine Person unter Schmerzen auf, andere weinten und andere sangen in ihren Muttersprachen seltsam traurige Lieder, bevor erneut Peitschen und Hiebe durch die Mauern schallten. Ein wirklich düsterer Ort war dieses Gefängnis der Prätorianer und es hatte schon viele Seelen gebrochen, um sie der schwarzen Sache Untertan zu machen. Iunias Transport war ohne Probleme verlaufen und man hatte sie bei Ankunft von den Christen getrennt, die scheinbar eine andere Destination hatten; die aber nahe genug war, dass sie einige bekannte Gesichter auf dem Weg hinab beobachten konnte.
Die Prätorianer schienen die Gefangenen in verschiedene Gruppen einzuteilen aber die Iunia war wortlos an diesen Ort verbracht worden. Dieser Ort verletzte ohne eine Handlung. Er war dieser Welt entrückt und doch so weltlich. Ein Gehilfe riss das Gatter auf, welches nun diese Frau vor der Außenwelt bewahren sollte. Es knirschte und stöhnte, als sich das Metall mühsam zur Seite bewegte. Ein Flüstern aus einer anderen Welt, als Caerilia unschuldig in die Zelle geworfen wurde. Der Boden war kalt, zwar mit Wasser abgewaschen aber man konnte noch gut die Spuren von einsamen Gefangenen erkennen, die ihre Fingernägel in den Boden getrieben hatten, um etwas zu spüren. In den Kerben fanden sich noch Reste von Blut. Eingetrocknet und längst vergessen. Man hinterließ der Frau nicht viel, dennoch fesselte man sie nicht an die angebrachten Ringe an der dunklen Wand. Etwas, was anderen Gefangenen vorbehalten war, die in den Nachbarzellen ihr kümmerliches Ende erwarteten, um von dieser Gefangenschaft befreit zu werden. Es gab kein natürliches Licht, nur ein Licht einer billigen Öllampe im Korridor, welches stets flackerte.
Eine Matte aus Leinen war ihre einzige Decke neben einem Kissen aus gleichem Stoff, gefüllt mit Stroh. Es fand sich kein Bett, nicht einmal ein Eimer im Raum. Nur ein kleines Loch, welches mit einem Gitter versehen war, durch das sie Wasser rauschen hören konnte. Dieses Gitter schien ein Abort zu sein, durch den Prätorianer Müll oder andere Reste aus dem Raum entfernen konnten. Der Kanal unter dem Gitter war sehr klein und würde niemals eine Person behergen können, doch das fließende Wasser hatte eine beruhigende Ausstrahlung, da es diesen Ort verlassen konnte. Vielleicht war es das einzige Geräusch an diesem Ort, welches nicht mit Leid verbunden war. Noch nicht. Die Prätorianer traten noch einmal nach der Frau, als diese auf dem Boden angekommen war, bevor sie sich wortlos entfernten. Ihr Halsring schlug mit einem lauten Geräusch auf den Boden, fest verschlossen um ihren Hals und unlösbar, solange sie kein Hilfsmittel fand. Das Gatter fiel unter dem eifirgen Gehilfen zurück und ein großer Riegel donnerte herab. Sie war gefangen und auch der Gehilfe entfernte sich mit einem gurgelnden Ton. Wieder Geschrei und Lärm. In der Nachbarzelle litt jemand unendliche Qualen, ohne das die Iunia ausmachen konnte, warum er dieses Leid ertragen musste. Sein Flehen und Bitten drang unverständlich durch die Mauern. Ein höllisches Erleben. Wenigstens hatte sie eine Decke und ein Kissen. Ein Luxus in dieser Festung des Schmerzes. Doch in einer Mauerspalte leuchtete etwas merkwürdig im diesigen Licht des Ortes. Jemand hatte dort ein Stück Stoff versteckt, welches beschrieben schien. Unklare Schriftzeichen würden bei näherer Betrachtung klarer werden. Es war ein Brief. Zu ihrem Glück hatten sich durch den unsanften Sturz auf den Boden, die Handfesseln ein wenig gelockert, so dass mit ein wenig Zeit diese abstreifen konnte, um ihre Hände von ihrem eigenen Rücken zu befreien.