Iunia Caerellia, ein schrecklicher Verdacht

  • Endlich! Es geschah, dass die Infektion sich ausbreitete und die Iunia zum Verrat bereit war. Sie glaubte sich befreien zu können und Verus sah ihr dies an. Ihr Verrat bereitete ihr Schmerzen, die aber vergingen, denn jede Lüge war eine Erfahrung mehr. Der Umgang mit dieser Handhabung war erlernbar, machbar und immer weiter durchführbar, wenn einmal die Mauern zu dieser Art Leben eingerissen waren. Moral war stets flexibel und auch die eigenen Perspektiven mitsamt den Erinnerungen waren manipulierbar, nicht nur durch Angst, sondern auch durch eigene Trägheit. Der trecenarius war ein Meister darin, Schwachpunkte zu erkennen und Menschen zu lesen, damit sie genau in jenes Raster fielen, das er dringend brauchte. Seine Welt bedurfte stets einer Kontrolle und Betrachtung. Es gab kein Entkommen, wenn das Augen der Organisation auf eine Person gefallen war. Nicht nur diese Person würde alsbald bearbeitet werden, sondern auch jeder Mensch, den diese Person kennen konnte. Es war ein Handwerk von Netzen, Linien und Mustern, welche bewegt und verschoben wurden, wie auf einem Spielbrett. Gefühle waren nur Werkzeug, welche benutzt und abgenutzt wurden. Befindlichkeiten waren ebenso ein brauchbarer Schlüssel, wie Umstände und Funktion. Es war der Anspruch der Vollumfänglichkeit der eigenen Bearbeitung, des eigenen Zieles, stets untergeordnet einem staatlichen Dogma und einem persönlichen Fanatismus, der nicht nur kalt, sondern getrieben war. Es gab immer etwas zu suchen, zu finden, aufzuspüren, zu jagen und zu verfolgen. Verus war ein Menschenjäger; oder auch Menschenfinder und auch in seiner politischen Sache Menschenfänger.


    Ihm gelang vieles, doch stets um den Preis der eigenen Würde und seiner eigenen Menschlichkeit. Denn er stand längst außerhalb, weit außerhalb gewohnter sozialer Strukturen, die andere ihr eigen nannten. Ihm war längst klar, dass Gesellschaft auch kontrollierbar war und niemals beständig sein konnte. Menschen waren vergänglich, so auch ihre Bindungen. Den Beweis erbrachte auch gerade wieder die Gefangene in seinem Blickfeld. Sie erbrachte vollmundig, zwar unter Tränen, den Beweis, dass Verrat in der Gesellschaft stets präsent war und nur Kontrolle diesen verhindern konnte. Man musste Menschen kontrollieren, lenken und beeinflussen, damit sie Interessen und gewünschten Zielen dienten.


    Iunia konnte wahrlich nicht überblicken, wie leer ihre eigene Welt nun geworden war, denn sie war in die Schattenwelt geraten. Die Welt hinter der Welt, die von Personen und anderen, wie Verus, gemacht wurde. Menschen, die ihr Herz aus verschiedenen Gründen, absichlicht verstümmelten und dennoch nicht vollkommen verloren waren. Sie standen zwischen den Welten, an der genauen Trennlinie zwischen kalter Vernunft und eiferndem Fanatismus. Sie waren die Grenzgänger, die sicherlich auch noch menschliche Züge hatten, aber sich beruflich und gemein andienen mussten, damit sie am Ende überleben konnten. Ihre eigenen Leben reduzierten sich zu einem bloßen Überleben. Und Iunias Überleben hing genau an den gewünschten Antworten, die sie bereitwillig gab. Verus war überaus zufrieden, denn dies verkürzte die Bearbeitung des Vorganges ersichtlich. Sein Gesicht mochte nun Wärme ausstrahlen, doch sein Blut war frostig. Der Tod folgte ihm, freudig auf das nächste Opfer lauernd, welches aus der Hassmaschine hervor gebracht wurde. Liebe war hier fremd und fern. Ein Gefühl beschlich Verus, welches er schnell verdrängte. Dieser kümmerliche Zweifel, der ihn schmerzte und sobald er diesem Kerker entkommen war, mit Wein ertrinken wollte. Denn er gab dieser Sachhe alles von sich, was er geben konnte: sein Leben. Ihm war beigebracht worden, ohne Reue zu lügen und das tat er auch sich selbst gegenüber.


    "Gut," antwortete der teuflische Magister dieser furchtbaren Lehrstunde von Obrigkeit. "Damit ist der Fall klar," sagte der trecenarius, als er sich vom Stuhl erhob, um näher an die Gefangene heran zu gehen. "Wir sehen die Sachlage ebenso. Wir konnten dich gerade davor bewahren, der christlichen Seuche zu verfallen und haben dich aus seinen Händen errettet," erklärte der Prätorianer nüchtern und trat einmal um die Gefangene herum, wie ein Wolf, der seine Beute umrundete, doch sie war nicht mehr seine Beute, sondern bereits ins Rudel aufgenommen. Ihr Verrat war ein guter Blutpreis für das Rudel. "Die Wahrheit ist damit erbracht," verhöhnte Verus mit einem zynischen Grinsen, und seine Augen fielen dabei wieder in dieses Antlitz von toter Trostlosigkeit. "Eine Sache ist jedoch noch zu tun, damit wir dir wirklich glauben können...," drohte die Stimme des Verfolgers und ohne Zögern, setzte er fort. "Dieser Christ wird heute noch in die Steinbrüche verbracht aber du wirst ihm gleich das Strafzeichen aufbrennen, nachdem wir ihn endbearbeitet haben." Verus hustete leicht, da ihm die Luft an diesem Ort nicht mehr gefiel aber der Gestank verbreitete sich schnell. "Macht die Iunia los," gewonn sie ihren Namen und ihre Person zurück. Er sprach wieder mit ihrem Namen an. Der Teufel hatte den Vertrag fast besiegelt. Die Soldaten packten die Gefangene, drückten sie fest herunter, um den Verschluss der Apparatur zu erreichen, der ihren Halsring hielt. Man löste den Ring heraus. "Auch den Halsring," forderte Verus befehlend und die Handlanger taten, wie befohlen. Mit einem geübten Griff nahmen sie der Iunia auch den demütigenden Metallring ab, dann traten sie zurück, dennoch in der Nähe, um die Iunia bei Widerstand schnell zu erreichen. "Schafft den Christen in den Innenhof, macht ihn am Pfeiler fest und wartet auf uns," sagte er zu den anderen beiden Soldaten, die den Christen, der immer noch bewusstlos war, vom Boden anhoben und aus dem Raum brachten.


    "Du hast das Richtige getan," versicherte Verus der iunischen Gefangenen, denn sie war immer noch nicht ganz entlassen. "Du bist eine gute Römerin. Eine wirklich gute Römerin," ergänzte der schäbige Manipulator betonend, damit sich jedes Wort in ihren Ohren verbiss. Dann zog Verus eine tabula vom Gürtel, wo sie bereits die ganze Zeit an einer dünnen Kordel gehangen hatte und notierte sich mit einem Griffel einige Zeilen. Der Bürokratie musste stets gedient werden.

  • Was war das für ein seltsames Gefühl, das sich hier in ihr zeigte? Sie konnte es nicht identifizieren. Noch nicht. Doch es war ihr leichter gefallen als sie gedacht hatte. Eine Lüge nach der anderen war ihr so leicht über die Lippen gegangen. So einfach war es doch gewesen. Und sie hatte Erleichterung gespürt als log und wieder log. Weil der trecenarius genau diese Worte hören wollte. Darum. Sie war auf dem richtigen Weg. Doch dieser Weg würde nicht wirklich nach draußen in die Freiheit führen mit all der wundervollen frischen und reinen Luft und den Geräuschen dieser riesigen und dennoch wunderbaren Stadt. Wahre Freiheit würde es für Caerellia nicht mehr geben. Denn sie war in der Dunkelheit gefangen. Sie war in die Fänge eines Menschenfängers geraten. Es gab kein Zurück mehr. Denn eine Umwandlung würde ihren Tod bedeuten. Sie würde danach nicht mehr lange zu leben haben. Daher musste der Zweifel vernichtet werden, denn die Prätorianer hatten ihr gezeigt, wo das wirkliche Böse zu finden war. Das Böse waren die Christen mit ihren bedrohlichen Zielen, welche ihre ganze Welt erschüttern könnte.


    Vielleicht war der Brief von Arsinoe tatsächlich ein Test gewesen, welcher aufzeigen sollte wie leicht man von dieser Sekte manipuliert werden konnte. Sie versteckten sich hinter schönen Worten damit man gefügig wurde und ihre Mission ausführte. Es war eine Art Wandlung. Wobei Caerellia nicht erkannte, dass die eigentliche Wandlung bei ihr die Prätorianer durchgeführt hatten. Sie konnte nicht wirklich sagen, ob das die Christen auch gemacht hätten. Aber sie malte es sich jedenfalls so aus. Obwohl sie eigentlich von den Schwarzen gelenkt und geführt wurde, so wie man sie brauchte. So grausam die Prätorianer auch zu Caerellia waren, sie waren nicht ihre Feinde, dass hatte sie von Anfang an gewusst. Die Christen waren die Eindringlinge. Sie hatte nur all den Hass während ihrer Gefangenschaft erfahren, weil man herausfinden musste, ob sie eine loyale Römerin war. Treue und Verbundenheit waren nicht mehr äußerlich zu erkennen, da die Christen stets im Geheimen agierten. Nur Rom würde für sie Freiheit und Leben bedeuten und dies galt es zu schützen. Um jeden Preis. Auch wenn sie damit das Todesurteil eines Unschuldigen unterzeichnen musste. Der sie, wer wusste das schon genau, vielleicht getäuscht hatte und ein Mitglied dieser Christen war. Wem konnte sie überhaupt noch vertrauen? Man musste ihr zeigen wie sie diese Verräter entlarven konnte. Sie wollte nicht wieder unbewusst in ihre Fänge geraten.


    Sie hörte auf zu hinterfragen was richtig und falsch war. Für Verus zählte nur eine einzige Antwort und diese war die richtige. Nur mit dieser Antwort zeigte sie, dass sie nicht von den Christen beeinflusst wurde. Aber reichte ihm diese Antwort? Das wusste sie immer noch nicht. Auch die Schläge der Gehilfen hatten das schnelle Geständnis herbeigeführt und schon waren die Worte ausgesprochen. Dann sah sie mit einem tränenreichen Gesicht zu Verus auf. Sie konnte es nicht fassen. Er glaubte ihr. Er glaubte ihr endlich. Der trecenarius erhob sich und umkreiste die Iunia, während er weitersprach. Jetzt machte er ihr auch noch weiß, dass er sie gerettet hätte und Caerellia glaubte ihm das wirklich. Hätte man diese Christenversammlung nicht so brutal beendet, dann wäre sie noch eine von ihnen geworden und Verus Worte hätten nichts mehr ausrichten können. Sie wäre verdammt gewesen. Sie hätte alles verloren. Ihre Familie. Ihre Freunde. So wie Arsinoe. Sie wollte keine Außenseiterin sein. "Ja, jetzt erkenne ich es erst wie nahe ich am Abgrund stand.", wimmerte sie und ihre Worte klangen wie ein Dank an den Prätorianer. Würde er sie nun endlich gehen lassen? Sie hatte ihn doch nun zufriedengestellt. Doch sie täuschte sich. Für Verus war das noch nicht genug. Abermals wurde seine Stimme bedrohlich, als würde er in ihr wieder die Gefangene sehen und Caerellia erschauderte vor Angst. Seine Worte waren für sie wie ein Stich ins Herz. Er quälte sie und sie konnte nichts dagegen tun. Sie war viel zu weich. Catullus war nun ein Christ und er würde in den Steinbruch gebracht werden. Sie wollten ihn zu Tode schuften lassen. Doch sie war es doch, die man bestrafen sollte. Hatte sie bei der Frau noch guten Willen gezeigt. Catullus hatte sein nun verraten. Sie sah zu Catullus. Er war noch bewusstlos und dennoch sollte er heute an seinen Hinrichtungsplatz geführt werden, nachdem sie ihn gekennzeichnet hatte. Sie konnte darauf nichts antworten. Sie konnte es einfach nicht. Der trecenarius befahl sie loszumachen. Erst jetzt bemerkte sie, dass er sie nicht mehr mit ihren Namen angesprochen hatte und es nun wieder tat. Das war eindeutig positiv zu betrachten. Die beiden Gehilfen befreiten sie von der Vorrichtung, die sie festhielt. Caerellia bewegte vorsichtig ihren Kopf, der schrecklich schmerzte. Sie hatte es bald geschafft. Sie musste nur noch ein bisschen durchhalten. Und auch von diesen schrecklichen Halsring wurde sie endlich befreit. Sie biss sich auf ihre Lippe, als man ihn ihr abnahm. Caerellia wagte es nicht ihren Hals zu berühren, aber ihr war bewusst, dass er aufgeschunden war. Sie kam sich auf einmal so frei vor und langsam erhob sie sich. Aber sie war kaum in der Lage zu stehen. Daraufhin erfolgte der Befehl Catullus in den Innenhof zu bringen. Sie sah den beiden Soldaten nach, als sie ihren Custos aus den Raum brachten und spürte ein Ziehen in ihrem Herzen.


    Sie war so müde und doch würde sie sich nicht mehr auf diesen Stuhl setzen. Verus fing an sie zu loben und seine Worte brannten sich in ihre Seele ein. "Ja, das habe ich. Ich könnte Rom nie verraten. Niemals!", antworte sie ernst, aber mit müder Stimme. "Beinahe hätte ich einen großen Fehler begangen. Wie wütend ich doch auf mich bin.", gestand sie und Verus begann zu schreiben. "Wenn ich dort draußen das Werk beendet habe, bekomme ich dann etwas zu trinken?", fragte sie vorsichtig. Sie wagte es kaum einen Wunsch auszusprechen. Aber ihr Hals war so trocken, dass ihr bereits das Schlucken schmerzte. Sie war auf ihr Wohl bedacht, anstatt für das Leben des Sklaven zu kämpfen.

  • Die Rache lebte, atmete und pulsierte in seinen Adern. Ein Soldat kannte dieses Gefühl von diesem trostlosen Feuer, welches in seiner kalten Flamme, die Handlungen ummantelte, mit diesem strebsamen Gefühl der niederträchtigen Absicht, die Waffe zu führen und zu erheben. Verus fühlte diese kriechende Macht in seinen Adern, wie Krallen eines Monsters kratzten sie an seinem Gemüt entlang und brachen in verdorbener Freiheit hervor, die zeitgleich eine Kette aus dem Abgrund empor riss, um das Herz für immer zu binden. Ein Gefühl, welches für viele, die nicht gekämpft und geblutet hatten, unverständlich waren. Frieden gab es für einen Krieger niemals. Nicht einmal in fernen Hoffnung, die nur Erlösung aber keine Heilung sein konnte. In Blut und Tränen lag keine Zukunft, sondern nur ein steter Verlust. Verus fühlte sich mächtig und gleichsam verloren. Er hasste sich selbst dafür, dass er diese Iunia zu einem Werkzeug seines Hasses gemacht hatte. Verus strich sich mit der Handfläche über seine schwitzige Stirn. Ihr Wimmern und ihre Klage waren nur weitere Glieder in seiner endlosen Kette, die ihn ins schwarze Meer seiner eigenen Erinnerungen zog. Verus war sein Sklave seines Weges, selbst jeder Wunsch einen anderen Weg zu finden, war bedeutungslos. Ein Sklave des Krieges konnte nicht entkommen. Niemals war es möglich, frei zu sein, wenn man sich selbst mit seinen eigenen Erinnerungen strafte. Er selbst war sein schlimmster Feind geworden, der so dankbar den Krieg und Konflikt suchte.


    Auch an diesem Ort. Und gerade jetzt, wo diese Frau ohne weitreichendes Zögern einen Vertrauten verraten hatte. Dieser Verrat verlieh eine diabolische Größe und zerstörte damit erneut ein Vertrauen in Menschen. Verus kannte kein wirkliches Vertrauen, sondern nur Ängste. Getriebene Ängste, die nicht unbegründet und greifbar waren. Er selbst war ihr Meister und seine Handlungen vertrieben diese Geister nicht mehr, sondern beschworen sie. Die Prätorianer waren fanatisch unterworfen dieser dogmatischen Sache, die Verus nicht mehr nur verkörperte, sondern anführte. "Wir retten dich," vermeldete der Offizier, der seine tabula verschloss und diese wieder am Gürtel verstaute. Die Kordel sank mit dem Gewicht herab. "Iunia Caerellia," sprach er ihren Namen liebevoll, gar väterlich aus. "Du hast dem Reich einen großen Dienst erwiesen." Verus glaubte sogar daran; irgendwie, wollte er eine Rechtfertigung konstruieren, die auch für ihn eine Erleichterung war. Denn am Ende wusste jede Faser seines Körpers, was hier vorgefallen war. Nur Wein konnte seine Gedanken entschleunigen, die ihn verfolgten, wie Heuschrecken ein sterbendes Feld. Er freute sich insgeheim auf ein baldiges Besäufnis mit vertrauensvollen Kameraden, um gemeinschaftlich die eigene Vergangenheit für einen Moment zu begraben. Auch hier handelten sie gemeinsam und gemeinschaftlich. Verus war Soldat und vielleicht unterschied ihn das erheblich.


    "Ich habe alles, was ich brauche, um diesen Vorgang abzuschließen. Du musst nur noch deinen Sklaven zeichnen und dann bringen wir dich unter unserem Schutz nach Hause," versicherte der trecenarius, der in der Tat mit dieser Sache abschließen würde. Vorerst. "Natürlich erhälst du dann etwas zu trinken. So viel du willst," lächelte Verus ab und zeigte dabei tatsächlich einen Hauch Menschlichkeit. "Kannst du aufstehen?" - fragte der Prätorianer, da er diesen Arbeitstag abschließen wollte.

  • Jetzt war auf einmal alles so einfach. Hätte sie von Anfang an die richtigen Antworten gegeben, wie viel Leid hätte sie sich erspart? Sie hätte nur gehorchen müssen. Und das hatte sie doch bereits ihr ganzes Leben getan. Sie war immer gehorsam gewesen. Warum war es ihr jetzt nur so schwergefallen? Konnte sie das Gute und das Böse nicht mehr unterscheiden? War sie so blind dafür geworden? Sie hatte doch immer gewusst, dass die Prätorianer Rom symbolisierten und die Christen den Feind. Warum war sie ins Grübeln geraten? Sie hatte sogar gewankt. Sie wusste nicht mehr was der Grund war. Es war wie ausgelöscht. Sie konnte nicht mehr sehen warum sie so gezweifelt hatte. Lag es an ihrer Erleichterung, dass dieser Albtraum bald vorbei war? War das der Grund für ihr Vergessen? War sie so auf sich selbst bedacht, dass sie all ihre Vernunft verloren hatte. Nein, Verus war die Vernunft. Die Christen waren nur so ein Gefühl das nicht sein durfte. Fast wäre sie diesem Gefühl verfallen, nachdem Catullus sie zu den Christen geführt hatte um sie zu verändern. Sie hätte ihr Leben verloren, ihre Familie, ihre Freunde. Doch in letzter Sekunde kamen ihre Retter. Die Prätorianer, welche es noch schafften sie aus den Fängen dieser Sekte zu befreien.


    All der Hass den Verus ihr entgegengebracht hatte, war nötig gewesen. Er hatte zur Heilung geführt, sonst wäre sie verloren gewesen. Jetzt verstand sie es endlich. Nun wurde ihr alles klar. Sie hatte so handeln müssen. Sie hatte Catullus verraten müssen, weil sie nur so gerettet werden konnte und auch nur so konnte Catullus gerettet werden. Das hoffte sie jedenfalls. Doch war das möglich? Verus sprach von ihrer Rettung und das wollte sie so sehr. "Ja...das weiß ich nun.", hauchte sie zur Antwort und versuchte sich sogar an einem Lächeln, als er ihren Namen so vertraut aussprach. Jetzt brauchte sie keine Angst mehr zu haben. Sie war in Sicherheit. Und sie hatte dem Reich einen großen Dienst erwiesen. Caerellia befand ihn nicht als groß, aber sie hatte das richtige für Rom getan. Sie atmete erleichtert tief durch, als er davon gesprochen hatte. Für die Iunia gab es ab keine andere Option mehr. Catullus war ein Christ und er wollte sie bekehren, daran gab es keinen Zweifel. Sie hatte es sich nun so lange eingeredet, dass sie es selbst glaubte und ihr Prozess war somit vollendet.


    Verus versicherte ihr dann, sie, nachdem sie Catullus gezeichnet hatte nachhause zu bringen. Er würde sie gehen lassen. Der Schrecken würde endlich sein Ende haben. Alles würde wieder gut werden. Die Schatten hatten sich vorerst verzogen. Sie sah nicht was sie getan hatte, doch die Erinnerung würde zurückkehren und mit ihr der Schmerz. "Dann lass es mich schnell hinter mich bringen, damit ich nachhause kann.", antworte sie müde. Als er dann davon sprach, dass sie so viel trinken dürfte wie sie wollte, konnte sie nur noch an dieses Bedürfnis denken. Dass sie mit dem Aufbrennen des Strafzeichens Catullus Todesurteil unterschrieb, war uninteressant für sie. Es musste so sein. Er musste sterben. Verus bat ihr beim Aufstehen Hilfe an, doch Caerellia versuchte es alleine. Sie stand wackelig auf ihren Beinen und konnte sich gerade noch am Stuhl festhalten, bevor sie gefallen wäre. "Ich schaffe das schon.", meinte sie erschöpft, doch das entsprach nicht ganz der Wahrheit.

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