[Servitriciuum] Sklavenunterkünfte

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    Locusta, Coqua


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    Locusta führte Maahes aus der Culina hinaus auf den Hof. Von der rechts gelegenen Exedra drang der Lärm des Festes aus dem Hortus zu ihnen herüber, doch Locusta wandte sich nicht in diese Richtung. Sie ging nach links ins Tablinum, nur um dieses zu durchqueren und anschließend sich nach links zur Treppe zu wenden, die in das Untergeschoss führte. Es war die vordere Treppe, die einmal um die Ecke ging und im Untergeschoss bei den Latrinen der iulischen Herrschaft endete. Jetzt waren sie in den Sklavenunterkünften angekommen. Doch Locusta führte Maahes nicht in einen der beiden großen Säle, wo die gemeinen Unfreien -auch Maahes- zu leben pflegten, sondern stattdessen in den Korridor, der zum Weinkeller führte. Diesen humpelte sie bis zur ersten Tür entlang, vor der sie stehen blieb; ihr eigenes Cubiculum.
    Locusta öffnete Maahes und seufzte müde, als sie sprach: "Tritt ein und leg dich ins Bett."




    COQUA - CASA IULIA

  • [..]


    Maahes folge Locusta schweigend. Noch wusste er nicht, wohin sie ihn führen würde. Im schlimmsten Fall zum Dominus. Im zweitschlimmsten Fall zum Maiordomus. Dann ging es die Treppe zum Untergeschoss hinunter. Also doch Phocylides? Maahes ging aufrecht und recht stolz. Seine Arme waren noch immer vor der Brust verschränkt. Dann hielten sie auf den Weinkeller zu. Alexander? Wollte sie etwa wissen, ob er heimlich am Falerner genascht hatte? Der Cellarius hatte sicherlich mit einem Maßband sämtliche Stände der Fässer geprüft und protokolliert. Seine Gedanken wurden immer bissiger, doch letzten Endes würde dies auch nichts nutzen. Schließlich öffnete sie allerdings die Tür zu einem Cubiculum. Es schien ihr eigenes zu sein. Er sollte eintreten und sich ins Bett legen? Maahes konnte nicht anders. Als sie dies aussprach, entgleisten seine Gesichtszüge. “Was?“, fragte er nun schon beinahe fassungslos und stierte Locusta entgegen. “Warum? Ich meine...“ Er rang nach Worten. Derartiges war ihm noch nie passiert und er wusste es nicht einzuordnen. “Das Fest! Ich muss doch...“ Wieder brach er ab. Dabei wusste er nicht, welchem der Gefühl, die nun in ihm hin und her schwenkten, er die meiste Aufmerksamkeit schenken sollte. “Ich bin nicht betrunken!“, sagte er dann. Es war rührend, was die Coqua tat. Es war auch unverständlich. Es war… Er wusste es nicht. Wieder schaute er der alten Frau entgegen. Sprachlos und noch immer fassungslos.

  • Ins Bett. Maahes stand noch einen Moment einfach nur da. Doch dann nickte er. Wie von magischen Fäden gezogen trat er in das Cubiculum, schaute sich um und setzte sich dann auf das Bett. Erst in diesem Moment wurde ihm die Schwere seiner Glieder bewusst. Die Schwere seines Kopfes. In seinem Mund stand noch immer der Geschmack von warmen, roten Wein. “Ist gut!“, sagte er dann. Seine Arme lösten sich. Er sah Locusta an und nickte neuerlich. “Was sagst du, wenn dich jemand fragt wo ich bin?“, wollte er aber dennoch wissen.

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    Locusta, Coqua


    Maahes' Frage ignorierend, brannte Locusta die einzelne Kerze an ihrem Nachttischchen an und ging anschließend wieder zur Tür, um diese mühselig zuzuziehen, schwer und dick wie sie war. Ein ehemaliger Vorrasspeicher war es nämlich, der damals vor Ewigkeiten extra für sie in ein eigenes kleines Cubiculum umfunktioniert worden war. Deshalb diese Tür.


    Anschließend humpelte die Coqua zum einzigen Stuhl in diesem kleinen Raum und zog ihn zum Bett hin, um sich darauf niederlassen zu können. Mit einem Seufzer ließ sie sich darauf nieder, dann sah sie mit müdem Gesichtsausdruck eine ganze Weile Maahes im Halbdunkel des Kerzenlichts an.


    "Weißt du, was mit dir passieren könnte, sollten Phocylides, oder gar jemandem von der iulischen Herrschaft jemals zu Ohren kommen, dass du während deines Dienstes gelogen und getrunken hast?"




    COQUA - CASA IULIA

  • Eine Antwort auf seine Frage sollte er nicht bekommen. Locusta betrat nun ebenfalls den Raum und er sah ihr dabei zu, wie sie eine Kerze auf dem Nachttisch entzündete. Das Licht flackerte nun und warf zuckende Schatten auf das Kopfkissen, während es das Zwielicht im Raum erhellte. Maahes betrachtete die kleine Flamme einen Moment, ehe er wieder zu Locusta schaute, die die Tür hinter sich geschlossen hatte und nun auf einem Stuhl ihm gegenüber Platz nahm. Ihre Worte waren eindringlich und mahnend zugleich. Ob er wusste, was geschehen würde, wenn herauskam, dass er log und trank? Maahes sog tief Luft in seine Lungen und atmete dann aus. Das wollte er sich nicht ausmalen. Nicht für sich und auch nicht für Clarissa. Dennoch musste er sich eingestehen, dass in diesem jetztigen Moment das alles für ihn keinen Schrecken besaß. Sein Blut war nun mit Wein vermengt, sein Kopf zwar schwer, aber die Gedanken leicht. Zu leicht vielleicht. Er seufzte. “Nein, das weiß ich nicht,“ erklärte er dann ohne seine Blicke von der alten Coqua zu nehmen. Sie wollte ihm nichts Böses, was ein Gefühl tiefer Dankbarkeit in ihm heraufbeschwor und dennoch kratzte es an seinem Stolz, dass er sich nun von eine alten Frau schützen lassen musste. Doch sollte er wieder auf das Fest? Taumelnd und torkelnd? Bei einem Krug Wein wäre es sicherlich nicht geblieben. Einmal mit dem Trinken begonnen, verlangte sein Körper und sein Geist immer mehr. Bis es ihm die Seele von dannen spülte und mit ihr alle finsteren Gedanken der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. “Wahrscheinlich würde ich gleich morgen wieder auf dem Markt stehen,“ sprach er dann.

  • [...]


    [Blockierte Grafik: https://abload.de/img/aesaraavatarmfko9.gif]| Aesara



    Nachdem er sich auf dem Bett erholt hatte, war er unterwegs gewesen, um sich alles Nötige für den Bau einer neuen Werkzeugkiste zu besorgen: Holz, Nägel, eine kleine Säge und einen Hammer. Die Holzstücke hatte er mit einem Maß auf die rechte Länge gestutzt und er war gerade dabei, die Seitenteile am Kistenboden zu befestigen. Der Hall der Hammerschläge ging durch die Sklavenunterkunft, welche er sich für seine Arbeit ausgesucht hatte. Aus einigen Betten, in denen nun die anderen Sklaven nach Erholung von ihrem Einsatz im Haus suchten, schenkte man ihm dabei finstere Blicke, doch Maahes achtete gar nicht auf sie. Erst als sich einer der anderen Sklaven erhob und auf ihn zukam, hob er den Blick.
    “Lass‘ das Gehämmere!“, sprach ihn der Mann an.
    Maahes grinste ihm ein wenig schräg entgegen. Dann senkte er seine Blicke wieder und setzte neuerlich an, die Kiste unter lautem Klopfen mit Nägeln zu versehen.
    “Bist du verblödet, Mann?“, wollte der andere nun wissen und machte bereits Anstalten, die halbfertige Kiste mit einem mächtigen Fußtritt aus Maahes Reichweite zu beförden. Doch dazu kam es nicht. Der Sklave fuhr herum, als von der Tür aus ein glockenhelles Lachen hörte. Auch Maahes selbst schaute auf und sah hinüber. Aesara stand dort. Mit der Hüfte an die Wand gelehnt, die Arme verschränkt und mit einem bisstersüßen Lächeln im Gesicht. So hatte sie die Szene beobachtet.
    “Maahes war schon immer ein dummer Mann!“, stellte sie geradezu schnippisch fest, stieß sich elegant von der Wand ab und kam dann mit dem für sie typischen Hüftschwung näher. Im Gesicht des anderen Sklaven stand nun ein Lächeln und der Ägypter konnte sehr genau sehen, dass Aesara ihm nun zuzwinkerte. Wie immer wurde auch hier deutlich, dass die beiden wohl inzwischen mehr verband als nur die Tatsache, Sklaven im selben Haus zu sein. Wahrscheinlich hatte er sich von ihr ködern lassen, die oberen Auslagen unter der Tunika zu befühlen. Dass sie das gerne hatte, hatte sie mehr als nur einmal bewiesen.
    “Salve, Aesara!“, grüßte der Sklave und trat einen Schritt beiseite, um ihr Platz zu machen. Neben ihm blieb die Sklavin nun stehen und schaute beinahe abfällig auf Maahes hinunter, der noch immer auf dem Boden kauerte, um sein Werk zu vollbringen.
    “Salve, Telos,“, flötete sie zuckersüß, wobei sie den Mann vertraut an der Schulter berührte, um ihm dann über den Arm zu streicheln. “Du musst dir nichts draus machen, denn Maahes ist schon immer ein Störenfried gewesen. Niemals hat er irgendwelche Rücksicht genommen.“ Sie grinste und schaute den anderen an. “Weißt du, er war einmal Maiordomus und bestimmt meint er noch immer, er wäre etwas Besonderes!“
    “Tatsächlich?“ Der andere grinste nun ebenfalls und schenkte Maahes einen skeptischen Blick, ganz so, als würde er nun ein Silberfischchen erblicken, das vor seinen Sandalen herum huschte. “Stimmt das, Maaaaaaioooordomus?“, wollte Telos dann zynisch wissen. Dabei stieß er beifällig mit dem Fuß gegen die Kiste.
    Maahes blickte finster drein und betrachtete sich zunächst Aesara, dann den anderen. Dann schaubte er abfällig aus und griff nach dem nächsten Nagel. Eine Diskussion würde wohl zu nichts führen und nach einer solchen sah es auch gar nicht aus. Aesara wollte ihr Gift verteilen und es würde nur noch wirkungsvoller werden, wenn er nun auf die Provokation reagierte.
    “Das ist er ja nun nicht mehr!“ kommentierte Aesara und kicherte kurz. “Zum Glück. Er kann viel eher froh sein, dass er nicht in den Minen steckt oder auf irgendeinem Acker. Das verdankt er nur mir! Nicht wahr, Maahes?“
    Die Blicke des Ägpters zuckten nun wieder empor. Finster und verärgert waren sie. Unwillkürlich spürte er, wie sich seine rechte Hand zu einer Faust ballte.
    “Nicht dir!“, sagte er dann. “Viel eher deinen Brüsten und deiner willigen Mitte.“ Sein Mund verzog sich abwertend. “Hast du schon von ihren Fürchten gekostet?“, wollte er dann von Telos wissen. “Im ersten Moment mögen sie schmackhaft wirken, doch spätestens beim zweiten oder dritten Bissen merkt man deutlich, dass sie bereits von vielen Vorkostern durchgekaut worden sind. Dennoch preist sie sie weiter an und findet dabei stets einen törichten Kunden.“
    Aesara lachte ungläubig auf, als sie diese Worte vernahm. Ihre Augen hatten sich geweitet und sie stierte Maahes entgegen. Dabei erweckte es den Anschein, als sei sie jeden Moment breit ihn zu treten.
    “Du weißt nicht, was du sagst, du lächerlicher Mensch!“, tönte Telos nun, als wolle er ihn verhöhnen.
    Maahes grinste augenblicklich. “Oh, glaub‘ mir, ich weiß was ich sage! Ich kenne jeden Millimeter an diesem verruchten Leib und sogar bis tief hinein in das finstere Innerste. Man meint einen reifen Apfel in den Händen zu halten, doch beim herzhaften Biss, sammelt sich nichts als Galle im Mund.“
    “SCHWEIG!“, keifte Aesara nun und tatsächlich holte sie mit dem Fuß aus, um Maahes in die Flanke zu treten. Dieser allerdings fasste ihren Knöchel und brachte sie so beinahe zu Fall. Telos stützte sie im letzten Moment, zog sie zur Seite und wendete sich wieder griffig Maahes entgegen, der sich nun aus der Hocke erhob. “Offenbar lernst auch du jetzt ihren schlechten Geschmack kennen!“, sagte Maahes ernst.
    Wut brannte in Telos Augen. Ehe man es sich versah, raste statt einer Antwort eine Faust auf Maahes Gesicht zu. Doch er wich geschickt aus und boxte seinerseits dem anderen mit der Faust fest in den Magen, sodass, Telos aufschrie und sich getroffen zusammen krümmte.
    “VERFLUCHT SOLLST DU SEIN, MAAHES!“, keifte Aesara und legte den Arm um den ächzenden Sklaven.
    Ohne ein Wort weiteres Wort entfernte sich der Ägypter nun. Mit stierem Blick schritt er auf die Tür zu. Die angefangene Kiste ließ er einfach liegen und auch die beiden anderen beachtete er nicht mehr. Hass und Wut ballten sich in ihm zu einem Konglomerat zusammen, welches sich nur noch übler auf die Situation auswirken konnte. So verletzt und wütend er sich auch fühlte, es durfte nicht eskalieren. Doch bestimmt war er bereits jetzt zu weit gegangen. “DAVON WIRD DER MAIORDOMUS ERFAHREN!“, schrie Aesara hinter ihm her. “UND DEM DOMINUS SAGE ICH ES AUCH!“ Maahes schloss die Tür mit einiger Wucht hinter sich. “BASTARD!“, hörte er es noch dumpf durch das dicke Türblatt dringen. Dann wendete er sich grmmig ab und ging. Wohin, das wusste er noch nicht.

  • Zitat

    Original von Maahes
    Eine Antwort auf seine Frage sollte er nicht bekommen. Locusta betrat nun ebenfalls den Raum und er sah ihr dabei zu, wie sie eine Kerze auf dem Nachttisch entzündete. Das Licht flackerte nun und warf zuckende Schatten auf das Kopfkissen, während es das Zwielicht im Raum erhellte. Maahes betrachtete die kleine Flamme einen Moment, ehe er wieder zu Locusta schaute, die die Tür hinter sich geschlossen hatte und nun auf einem Stuhl ihm gegenüber Platz nahm. Ihre Worte waren eindringlich und mahnend zugleich. Ob er wusste, was geschehen würde, wenn herauskam, dass er log und trank? Maahes sog tief Luft in seine Lungen und atmete dann aus. Das wollte er sich nicht ausmalen. Nicht für sich und auch nicht für Clarissa. Dennoch musste er sich eingestehen, dass in diesem jetztigen Moment das alles für ihn keinen Schrecken besaß. Sein Blut war nun mit Wein vermengt, sein Kopf zwar schwer, aber die Gedanken leicht. Zu leicht vielleicht. Er seufzte. “Nein, das weiß ich nicht,“ erklärte er dann ohne seine Blicke von der alten Coqua zu nehmen. Sie wollte ihm nichts Böses, was ein Gefühl tiefer Dankbarkeit in ihm heraufbeschwor und dennoch kratzte es an seinem Stolz, dass er sich nun von eine alten Frau schützen lassen musste. Doch sollte er wieder auf das Fest? Taumelnd und torkelnd? Bei einem Krug Wein wäre es sicherlich nicht geblieben. Einmal mit dem Trinken begonnen, verlangte sein Körper und sein Geist immer mehr. Bis es ihm die Seele von dannen spülte und mit ihr alle finsteren Gedanken der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. “Wahrscheinlich würde ich gleich morgen wieder auf dem Markt stehen,“ sprach er dann.


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    Locusta, Coqua


    Locusta sah ihn immer noch durch ihre tränensackumrahmten Augen hindurch an, während sie langsam mit dem Kopf nickte. "Im besten Falle ja. Im schlimmsten aber wärst du tot." Danach schwieg sie eine Weile, während der das Gesprochene Zeit haben konnte, sich in Maahes festzusetzen. Damit er sich (sowie sie hoffte) im klaren darüber werden konnte, auf welch schmalem Grad er da im wandeln begriffen war. Als sie der Meinung war, dass genug Zeit verstrichen war, begann sie einen erneuten Versuch zu dem Mann durchzudringen. "Maahes, was bedrückt dich? Warum willst du Clarissa unbedingt bald schon alleine in diesem Haus lassen?"




    COQUA - CASA IULIA

  • Maahes hörte sich die Worte der alten Coqua ruhig an. Dabei richteten sich seine Blicke wieder auf die kleine Kerzenflamme neben dem Bett. Im schlimmsten Falle wäre er tot. Es hallte noch immer in ihm nach, wie ein fernes Echo, das sich jedoch nur mühsam an den Banden seines Verstandes brach. Dieser war von dem Wein verdeckt, ja, erweicht vielleicht sogar, sodass er keinerlei Gedanken mehr an irgendwelche Konsequenzen verschwendet hatte. Was ihn anging, so konnte er ruhig tot sein. So wie er es für sich selbst empfand, war sein Fall so tief gewesen und bitter, dass er noch immer irgendwo am Boden lag. Tief in einer finsteren Schlucht, aus der es kein Entkommen mehr geben würde. Wäre er Römer gewesen, so wäre wohl schon längst der Wunsch in ihm entstanden, sich in die Klinge eines gutes Schwertes stürzen zu wollen. Der Tod Senecas hatte alles verändert. Er hatte ihm den Mut genommen und die Triebkraft. Als hätte sein alter Dominus ihn mit sich in die Unterwelt gerissen. Und auf gewisse Weise war es auch so. Der alte Maahes war verschwunden und eine finstere Gestalt aus Selbstmitleid, Zorn und Schwermut hatte dessen Platz eingenommen. Auf seine Art hatte Maahes seinen Dominus geliebt. Als Herrn und in gewisser Weise auch als Freund und Vertrauten. Ihm hatte seine gesamte Loyalität gegolten und er wäre für ihn durch das Feuer gegangen. Und nun war dieser Platz in seinem Herzen verwaist und niemand war es, der diesen erneut ausfüllen konnte. Niemand hatte es versucht und niemand war es wert. Maahes seufzte tief nach dem Moment der Ruhe.


    Irgendwie schien die alte Locusta zu ahnen, in welche Richtung seine Gedanken nun trieben, denn immerhin frage sie ihn, was ihn bedrücke und warum er Clarissa in diesem Haus alleine lassen wolle. Ja, ihn bedrückte etwas, doch war er der Meinung, dass ihn sowieso niemand verstehen würde. Außerdem war er ein Mann, der tatsächlich lieber von einer Klippe sprang, als mit jemandem über sein emotionales Innenleben zu reden. Erst recht mit einer Frau. Doch war die Coqua das überhaupt noch? Sie war alt, wirkte erfahren und hatte gelebt. Das zeigte ihr Gesicht ganz deutlich. In diesem Licht konnte man deutlich erkennen, welche Furchen das Leben in ihr geschlagen hatte. Besonders in ihrem Gesicht. Dies schien sie zu einem Urgestein zu machen. Doch ihre Augen wirkten noch immer lebendig und noch mehr: gütig. Wollte er Clarissa allein lassen? Maahes schüttelte den Kopf, nachdem er die Alte wieder angesehen hatte. “Nein, ich will sie nicht allein lassen,“ sagte er dann. “Das wollte ich nie. Erst recht nicht, seit unser Herr tot ist.“ Wieder spürte er in sich, dass es eine bittere Sache war darüber zu reden. Nur stockend sprach er dann weiter. “Aber ich habe sie im Stich gelassen,“ erklärte er. “Mit jedem Schluck aus einem Weinkrug. Ich bin der Grund, warum wir nun hier sind und nicht mehr bei den Iuniern. Und sie ist der Grund, warum ich noch lebe.“ In seiner Miene spiegelte sich während er sprach nichts wieder. Keine Regung, kein Gefühl. Auch seine Worte klangen nüchtern, und wenn man genau hinhörte auch leer und verloren. “Es wäre besser für sie, wenn ich nicht mehr da wäre,“ stellte er dann fest. “Sie würde ein neues Leben erwarten. Ein anderes Leben, ohne die Belastung der Vergangenheit. Und ich selbst hätte endlich Frieden.“ Wie widersprüchlich seine Worte doch waren und ebenso erschreckend für ihn. Er war im Begriff, sein Innerstes nach Außen zu kehren und es sichtbar vor Locusta im Kerzenschein nieder zu legen. Dabei wollte er all dies überhaupt nicht teilen und es lieber in der Finsternis belassen.

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    Locusta, Coqua


    Locusta ließ Maahes sprechen. Es war ihrer Erfahrung nach gleich dem, als würde man einen Pflock herausziehen und das ganze angesammelte Gift herausströmen lassen, wenn man es zumindest einmal ausgesprochen hatte, was einen bedrückte. Hinterher ging es einem besser und man konnte darauf hoffen, dass das Umfeld angemessener auf einen reagieren konnte, als mit komplettem Unwissen. Sie hatte sich schon gedacht, dass Maahes irgendetwas bedrückte, das hatte sie schon in der Culina gesehen, doch dass es gar so schlimm war, hatte sie nicht geahnt. Es war eine gute Entscheidung gewesen Maahes für heute aus dem Verkehr zu ziehen, hätte er weiter am Fest gearbeitet, es wäre wohl in eine Katastrophe gemündet. Für das Fest, oder für Maahes selbst. Locusta selbst war eigentlich sittenstreng und eine konservative alte Matrone, doch verstand sie trotzdem auch, dass gewisse Probleme Ursachen hatten, die man auch ohne Strafe und Zurechtweisung beheben konnte und wenn die Wurzel allen Übels erst gezogen war, würde auch das schlechte Kraut darüber schnell verwelken und Maahes wäre wieder frei in seinem Inneren. "Aber Clarissa und du, ihr habt doch schon ein neues Leben. Hier in der Domus Iulia. Du bist nicht die Quelle deiner, oder Clarissas Probleme, sondern jene der Kraft, die das arme Mädchen so dringend braucht. Weißt du, was sie mir gleich an ihrem ersten Tag in der Küche über dich erzählt hat? Du seist der freundlichste und beste Mann auf der Welt, den sie kenne." Schweigen folgte auf diese Worte, während die Coqua wieder nur auf Maahes herabblickte. "Erkennst du nicht deinen wahren Feind? Der, der wirklich deinen Geist vergiftet hat und dein Leben zerstören kann? So wie in deiner Schilderung? Oder heute vor kurzem?"




    COQUA - CASA IULIA

  • Die Coqua unterbrach ihn nicht und er konnte seine Gedanken, so düster sie auch waren, offen vor ihr ausbreiten. Im Grunde genommen hatte er mit diesen die Spitze des Eisberges übergangen und war sogleich in die Tiefe getaucht, um an der Basis all seiner Verstimmung anzusetzen. Für ihn selbst war dies zu viel gewesen und neuerliche, üble Gedanken wollten ihn überfallen. Wie konnte er nur hier sitzen und sein Herz ausschütten? Als Mann? Einem großen Teil in ihm wäre es lieber gewesen, er hätte geschwiegen. Dieser Teil wollte ihm suggerieren, dass es besser gewesen wäre sich zu erheben und wieder den Dienst auf dem Fest anzutreten und Locustas Angebot auszuschlagen. Der andere, kleinere Teil jedoch war still und leise froh darüber, dass sich eine Last von ihm gehoben hatte, die nicht mehr lange hätte tragen können. Doch ob es auch weise gewesen war, vor Locusta zu reden? Maahes schaute sie noch immer an. Fast schon mit einer stille Faszination für ihre belebten Augen, die im Schein der Flamme schon beinahe dunkel und magisch schimmerten.


    Dann sagte sie, dass er Clarissas Kraftquelle sei, die sie benötigte und dass ihr das Mädchen gleich am ersten Tag erzählt hatte, dass er der freundlicheste und beste Mann auf der Welt wäre. Es waren Worte, die tief in ihn hinein sackten, dort einen Moment wirklungslos verweilten, um dann doch ihre Wirkung zu entfalten. Maahes Miene verzog sich nun, hin zu einem leichten Lächeln. Er schüttelte kaum merklich den Kopf und schnaufete ein leises Lachen hervor. Sehr sanft nur, kaum hörbar. Ob er nicht den wahren Feind erkennen würde, der seine Geist vergiftet habe und der sein Leben zerstören könne? Maahes wurde wieder nachdenklich, dann zuckte er die Schultern. “Mein wahrer Feind ist der Tod meines Herrn gewesen!“, erklärte er dann. “Und er hat mich besiegt! Nun bin ich nichts mehr wert!“ Festigkeit stand nun in seiner Stimme. Welchen anderen Feind sollte er sonst erkannt haben? Etwas in ihm wollte ihn dazu bringen, anzunehmen, dass Locusta den Wein meinte. Wenn sie das tat, so irrte sie sich. Der Wein war sein Lebensretter gewesen, der ihn in andere Spähren geführt hatte. Hinein in die Gelöstheit und das Vergessen und letzten Endes auch in den Schlaf. “Wie kann ich der freundlichste und beste Mann sein, wenn ich kaum noch eine Sesterze wert bin?“ Wieder sah er Locusta an. “Was ist das Leben hier für mich?“, fragte er dann. “Ich war der Maiordomus eines Hauses. Hier bin ich ein Niemand. Mein neuer Dominus kennt wahrscheinlich nicht einmal meinen Namen. Und was für eine Lebensblüte soll es schon sein, wenn der saure Stachel, der gemeinsam mit uns in dieses Haus gekommen ist, die zarte Pflanze gleich wieder vernichtet?“ Aesara tauchte in seinen Gedanken auf. Sie war dieser saure Stachel, der tief in seinem Fleisch steckte und dazu beitrug, dass er nicht zur Ruhe kam. “Ich brauche den Wein!“, sagte er dann nach einer kurzen Pause. “Er löscht die Vergangenheit aus!“

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    Locusta, Coqua


    Inzwischen waren es schon mehr Worte, die da aus Maahes' Mund kamen und einzelne Bereiche seiner Seele offenbarten. Doch in den Augen der Alten brachte Maahes da ein paar Dinge durcheinander, denn sie sah durchaus den Wein als Hauptursache allen Übels. Zumindest dessen der jüngeren Tage. Doch sie ließ Maahes weiter ungestört sprechen, damit alles (vielleicht zum ersten Mal?) herauskonnte und selbst wenn Maahes am Ende immer noch störisch wie ein Esel wäre, so würde er sich bestimmt trotzdem besser fühlen und vielleicht wären selbst dann gewisse Denkprozesse in ihm angestoßen worden, die eine Besserung seiner Situation herbeiführen könnten. Doch von Nichts kam bekanntlich auch Nichts.
    "Selbstmitleid war immer schon ein schlechter Ratgeber, mein Junge und selbst wenn wir Sklaven in den Augen anderer generell nichts wert sein mögen, so haben wir immer noch eine, uns eigene Persönlichkeit und wir bestimmen selbst, für wie wertvoll wir uns halten. Auch wenn du dich im Moment selbst gerade aufgegeben haben magst, Clarissa glaubt an dich. Macht dich das in ihren Augen nicht wertvoll? Sie braucht dich in ihrem Leben, ohne dich würde sie rascher verwelken als die Petersilie, die ich in der Culina lagere. Macht dich das in ihren Augen nicht wertvoll? Also höre auf dein Leben zu beweinen und steh auf, um von neuem zu beginnen. Dein Haus mag eingerissen sein. Und wen schon, dann besorge dir Ziegel und Werkzeug und repariere den Schaden, anstatt unter einem löchrigen Dach sitzen zu bleiben." beendete sie ihre Metapher. Direkte Worte, ganz Locustas' Charackter entsprechend und inständig hoffte sie, dass auch Maahes es einsehen würde, dass weiteres Selbstmitleid nichts brachte.
    "Die Götter stellen uns oft vor unvorhergesehene Prüfungen. Du magst schwere Zeiten hinter dir haben, doch wer hat die nicht. Sieh dies hier nun als deine größte Prüfung an. Bist du wirklich gewillt nachzugeben und zu versagen? Sehnt es dich so sehr danach, den Kahn des Fährmanns zu besteigen, um in den Schatten überzugehen?" fragte sie mit eindringlichem Blick. Der Junge musste einfach verstehen, dass er heute beinahe enorme Folgen für sein weiteres Leben ausgelöst hatte, hätten ihn nur die falschen Leute dabei bemerkt. "Der Tod deines alten Herrn war nicht dein Feind, er war nur eine Ursache. Ein Auslöser. Denn der Tod eines anderen kann niemals irgendeines anderen Feind sein, eher im Gegenteil." Sie senkte leicht den Kopf, Maahes dabei aber nicht aus den Augen lassend. Hoffentlich hatte er jetzt endlich verstanden. "Alles was danach geschah hast du dir selbst zu verantworten durch deinen Zuspruch zum Wein. Du hast es selbst gesagt. Mit jedem Schluck Wein hast du Clarissa ein wenig mehr im Stich gelassen. Heute hier an diesem Abend hätte der Wein dich in eine sehr gefährliche Lage gebracht, wenn Phocylides, oder gar der Dominus dich so erwischt hätte. Erkennst du es nicht? All dieses Leid des Weines wegen? Er ist dein wahrer Feind." Locusta legte den Kopf leicht schräg. "Es mag wahr sein, der Wein mag deine Vergangenheit auslöschen. Doch am Ende... löscht er dich aus." Ob ihre Botschaft jetzt deutlich genug gewesen war?




    COQUA - CASA IULIA

  • Als Locusta von Selbstmitleid zu sprechen begann, hob Maahes den Kopf. Er erging sich nicht in Selbstmitleid, er war gebrochen und dieser Umstand war auch rein objektiv feststellbar. Zumindest für ihn. Doch die Alte sprach noch weiter. Sie meinte, dass selbst Sklaven eine eigene Persönlichkeit hatten und sie sich selbst immerhin etwas wert sein sollten. Was Clarissa betraf, so würde sie wohl untergehen, wenn er nicht mehr auf dieser Welt weilen würde. “Hm,“ stieß er aus, noch während sie redete. Seine Gedanken schweiften hinüber zu Clarissa, welche soetwas wie eine jüngere Schwester für ihn geworden war, die es zu beschützen galt. Sein einziger Grund, überhaupt noch in diesem Leben zu verweilen und nicht auf ewig in die Unterwelt gereist zu sein. Doch welch eine Bürde sollte er noch auf sich nehmen? Wie sollte er ‚ein neues Haus‘ aufbauen aus all den Ruinen, die sich um ihn türmten? Sollte es wirklich eine Prüfung der Götter sein, so wie die Coqua es sagte? Die Götter waren grausam, wenn sie von einem Mann verlangten, dass er sich aus den Niederungen wieder hervorkämpfte mit nichts in den Händen. Doch er wollte nichts gegen die Götter hervorbringen, denn der Respekt gegenüber diesen war in ihm sehr mächtig. Also nickte er nur stumm und hörte weiterhin zu. In der Tat gestaltete sich das Leben hier mehr und mehr als Prüfung und wenn er ehrlich war, und nun auf die erste Regung seines Herzens hörte, so war er im Grunde nicht gewillt zu versagen. Vielleicht wäre auch der Fährmann gnädiger, wenn er sich würdig erweisen würde, bevor er seine Dienste in Anspruch nahm.


    Dennoch war er der Überzeugung, dass es der Tod Senecas war, der ihn gebrochen hatte und nicht er selbst. Sein Herr war fort und er war unnütz geworden, wie ein persönlicher Gegenstand, der nach der Beerdigung des Besitzers im besten Fall noch als Grabbeigabe dienen konnte. Niemals war er mit Senecas Erben zurecht gekommen und diese hatte auch nur wenig Interesse gezeigt. Im iunischen Haus war alles geregelt gewesen und er, Maahes, hatte seinen Platz nicht gefunden, sondern fugierte wohl mehr als Schatten der Vergangenheit als alles andere. Wer wollte schon einen Schatten in seinem Haus bergen? So wie es sich anhörte, waren die Iulier ebensowenig bereit dazu und der Ägypter seufzte leicht. Einen Schatten, der oberndrein auch noch trank und seine Pflichten gegenüber dem einzigen Menschen vergaß, der ihm noch etwas bedeutete: Clarissa.


    War der Wein sein Feind? So wie er gerade durch seinen Leib strömte, wollte es sich nicht so anfühlen. Er war ein Quell der firschen Kraft, ebenso, wie ein Quell der Müdigkeit und Erschöpfung. Zweischneidig. Vertrakt. Maahes nickte neuerlich, während Locusta ihn nun mit schräg gelegtem Kopf betrachtete. “Doch am Ende...löscht er dich aus. “Vielleicht bin sich selbst sogar die Vergangenheit!“, sagte dann, noch immer mit fester Stimme. Auf eine gewisse Weise empörten ihn Locustas Worte, die in seinen Augen ebenso guter Rat wie eine Zurechtweiseung waren. Letztere würde er gerne von sich weisen, doch das konnte er nicht. Sein Herz wusste, dass sie recht hatte und er sich ins Unrecht gestellt hatte. “Aber ich werde über deine Worte nachdenken,“ stellte er dann noch heraus. Diese Worten waren weder ein Rückzug, noch das Zugeständnis, dass die Alte die Wahrheit sprach. Sie bedeuteten für einen Aufschub der Sache, mit der er sich eigentlich nicht mehr quälen wollte. Trotzdem war sie stets präsent, wann immer er an Alexanders Weinkeller vorbei ging. “Was wirst du jetzt den anderen erzählen, wo ich bin?“, wollte er dann noch einmal wissen. Es war klar, dass Locusta ihn nicht mehr zum Fest hinauf gehen lassen würde. Seine Arbeit war für diesen Tag beendet. Das stand fest.

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    Locusta, Coqua


    Es waren genug Worte für den Moment gesprochen worden. Locusta hatte Maahes seine Fehler aufgezeigt und ihm so gut es nun einmal ging klargemacht, dass er zuerst vom Wein loskommen musste, wenn er wieder ein besseres und vor allem glücklicheres Leben haben wollte. Ob er jedoch ihre Worte beherzigen, oder sich selbst ins Unglück stürtzen wollte, war jetzt seine Sache. So saß sie noch bei ihm und beobachtete seine Mimik, als Maahes meinte, er denke über ihre Worte nach. Locusta nickte, "Schön". Mit Ächzen stand sie auf, als Maahes seine Frage von zuvor wiederholte. Jetzt war es an der Zeit, dass er eine Antwort darauf erhalten sollte. "Es wird niemand fragen, wer sollte das auch schon tun. Und falls doch, dann sage ich die Wahrheit und zwar dass ich dich für heute nicht mehr gebraucht und ins Bett geschickt habe. Schlafe jetzt, damit du morgen wieder arbeiten kannst. Es wird viel aufzuräumen sein. Für diese Nacht bleibst du hier in meinem Bett liegen und dass du mir ja nicht mehr aufstehst." Locusta blies die Kerze aus und augenblicklich wurde es stockfinster im fensterlosen Raum. Doch sie brauchte auch kein Licht, um zur Tür zu finden, so gut kannte sie ihre eigene Kammer schon. Sie humpelte zur Tür. Aus der Finsternis ertönten danach noch die Worte: "Das nächste Mal werde ich dich vielleicht nicht beschützen können. Versuche den Wein zukünftig zu vermeiden, wenn schon nicht für dich, so wenigstens für Clarissa. Gute Nacht", ehe nach einem Knarren plötzlich ein Lichtstreifen vom erleuchteten Korridor draußen hereinfiel, ein krummer Schatten durch die Tür schlich und nach einem weiteren Knarren wieder absolute Finsternis herrschte.




    COQUA - CASA IULIA

  • Auch dieses Gespräch schien nun beendet zu sein. Locusta erhob sich unter einem Ächtzen. Maahes aber schaute weiterhin geradeaus, als würde sie noch immer auf dem Schemel neben dem Bett sitzen. Natürlich. Es würde niemanden interessieren, ob er weiterhin auf dem Fest arbeitete oder nicht. Ein Schatten war er, wie er es schon gesagt hatte. Als sie aber meinte, dass er in ihrem Bett bleiben solle über Nacht, hob er nun doch den Blick. Wo würde sie unterkommen? Doch er sagte nichts. Es wurde finster im Raum, als die Alte die Kerze löschte und er konnte ihre Schritte vernehmen, unter welchen sie sich mühsam zur Tür begab. Würde es ein nächstes Mal geben? Gerne hätte er ihr jetzt versichtert, dass es nie wieder zu einer Begegnun mit ihm und dem Wein gab, doch das konnte er nicht.
    “Gute Nacht!“, sagte er nur. Ohne weiteren Dank und ohne ein weiteres Wort. Flüchtig streifte Licht die Türschwelle und den Rahmen, dann verschloss sich die Tür wieder. Finstersnis. Wie in einer Gruft. Maahes schnaubte, doch er blieb noch einen Moment reglos sitzen. Dann zog er die Beine auf das Bett und streckte sich aus. Zu sehen gab es nun nichts mehr, doch umso mehr zu denken. Er wusste nicht, wie lange er so dagelgen hatte, doch irgendwann war eingeschlafen und gab sich ruhelosen Träumen hin, die auf morbide Art Verzerrungen der Wirklichkeit waren, welche er in den vergangenen Monaten durchlebt hatte.

  • Nach der Nacht...


    Wie viel Zeit vergangen war, vermochte Maahes nicht zu sagen. Nach einer schweren Nacht mit tiefem Schlaf, der nach einem ersten Erwachen eine recht unruhige Zeit gefolgt war, voll von wirren und beängstigenden Träumen, schlug er nun endgültig seine Augen auf. Doch ob er die Augen geöffnet hatte oder nicht, machte kaum einen Unterschied. Schwärze umgab ihn, sodass er im ersten Moment kaum wusste, wo er sich eigentlich befand. Nur langsam sickerte die Erkenntnis in sein Bewusstsein, dass er in Locustas Bett lag, in ihrem Raum. Auch, dass er am Vortag von ihn aus Sicherheitsgründen die ihn selbst betrafen, von der Arbeit ausgeschlossen worden war. Vorsichtig richtete sich Maahes auf der Liege auf. Sein Kopf war schwer, schmerzte aber nicht. Ein Seufzen folgte und er schwang nun die Beine über die Kante der Liege. So blieb er noch einen Moment sitzen und starrte ins Nichts, während das Gespräch der letzten Minuten vor dem Schlaf und die eindringlichen Worte, seine Gedanken wieder erreichten. Was, wenn er tatsächlich erwischt worden wäre? Nein, darüber wollte er nicht nachdenken. Viel wichtiger war es doch, in Erfahrung zu bringen, wie spät es mittlerweile war. Das Fest war bestimmt schon vorbei und die neue Arbeit wartete. Arbeit, in der man sich ergehen und alles andere vergessen konnte. Selbst das Befüllen der Heizungsanlage wäre ihm recht gewesen. Je stupider und anstrengender die Aufgabe, umso besser.


    Tief in seinem Inneren erreichte ihn nämlich die Botschaft, dass er ein Idiot gewesen war und dass er – ob er dies wollte oder nicht – Locusta zu tiefstem Dank verpflichtet war. Mühselig erhob er sich nun von der Liege und tastete sich durch die Dunkelheit seinen Weg zu Tür, die er öffnete und in den Gang hinaus trat. Hier erhellten ein paar Fackeln das Dunkel und wie es sich anhörte, waren auch die anderen Sklaven in ihren Unterkünften bereits wieder erwacht. Immerhin waren schon einige unterwegs. Maahes warf noch einmal einen Blick zurück zum Bett, dann machte auch er sich auf den Weg hin zur Culina, in der Hoffnung auf Locusta und Clarissa zu treffen. [...]

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    Phocylides, Maiordomus


    Nachdem Phocylides, im Auftrage, Iulia Triarias Leibwächter, Kednes den Ägypter, seinen Schlafplatz und den Rest des Hauses zu zeigen, in der Mitte des großen offenen Mittelteil des Untergschosses angekommen war, sagte er: „Noch einmal ein Herzliches Willkommen auch von meiner Seite her Kednes. Bevor wir gleich ins Servitriciuum gehen, möchte ich dir noch ein paar allgemeine kurze Informationen über das Haus und die Familie mitteilen. Die Domus Iulia wie auch die Gens Iulia unterstehen dem ehrenwerten Hausherrn, Augur und Senator Lucius Iulius Centho. Ansonsten leben aktuell neun Familienmitglieder im Haus, denen wir dienen und alle Befehle entgegennehmen müssen, mit deiner Herrin jetzt zehn. Unter den Sklaven bist du niemandem Rechenschaft schuldig außer mir als Maiordomus. Von der Familie muss wie gesagt jeder Befehl angenommen und ausgeführt werden. Ich gebe dir später eine Liste mit allen nötigen Namen und den Personenbeschreibungen dazu.
    Phocylides kratzte sich am Kopf.
    Wie es mit deinem restlichen Dienst im Haus aussieht weiß ich noch nicht, besonders wenn du als Leibwächter deiner Herrin fungierst. Dann ist generell der Hausdienst für solche Sklaven reduziert, da sie sich ja um den Schutz der zugeteilten Herrschaft kümmern müssen, jedoch muss ich hierfür noch genauere Informationen von Domina Triaria einholen. Es ist unterschiedlich wie sehr persönliche Leibsklaven im Haus mitarbeiten, weißt du? Z.B. die drei kürzlich neuen Sklaven von Dominus Caesoninus. Eine arbeitet als Küchengehilfin Vollzeit im Haus mit wie jemand von der allgemeinen Hausbelegschaft, während seine Gesellschafterin überhaupt nicht zu irgendwelchen Diensten eingeteilt wird momentan. Sein Cursor ist auch zu 90% im allgemeinen Haushaltsdienst eingeteilt, wenn er nicht gerade einen Auftrag für seinen Herrn ausführen muss, oder anderweitig von ihm gebraucht wird. Doch am besten ich zeige dir jetzt einmal dein neues Schlafgemach.
    So wandte er sich wieder um und überbrückte die kurze Distanz zum Servitriciuum. Die Sklavenunterkünfte der Domus Iulia bestanden aus zwei riesigen Schlafsälen nebeneinander. Jeder Schlafsaal wies siebzehn abgetrennte Nischen auf. Jede Nische war von der anderen durch grobe Holzwände abgetrennt, der nach vorne hin offene Bereich war jeweils durch einen weißen Vorhang verschließbar. Phocylides führte Kednes in den linken der beiden Räume.
    Das hier ist einer der beiden Schlafsäle der Dienerschaft. Hier wirst du schlafen und kannst auch deine Freizeit zusammen mit den anderen verbringen. Jede Nische ist vom Grund her gleich aufgebaut. Jede besteht standartmäßig aus einem Bett, einer Truhe und einem Nachttopf. Die von dir gewählte Nische ist dein kleines Reich und du kannst sie ausschmücken wie du willst. Du kannst dir später dann eine freie auswählen, ich denke hier vorne links ist noch was frei. Bevor wir den Rest des Untergeschosses besichtigen, hast du bislang irgendwelche Fragen?




    MAIORDOMUS - DOMUS IULIA

  • [...]



    Kednes | Leibwächter der Iulia Triaria


    Der Maiordomus - Phocylides sein Name - redete sehr viel. Und das ohne nennenswerte Pause. Also beschränkte sich Kednes zunächst darauf, aufmerksam zu lauschen und gelegentlich bestätigend zu nicken. Wie schon bei der Führung durch Gaius Iulius Caesoninus mühte sich Kednes, möglichst rasch einen vollständigen Überblick in die Struktur des Hauses zu gewinnen. In seiner Funktion mochte sich das als Vorteil erweisen. Dass nun gleich mehrere Ägypter im Haus ihren Dienst versahen, erschien ihm nicht allzu bedeutsam. Ihm war seine Herkunft gleich. Der Maiordomus hingegen schien dies als bemerkenswerte Fügung zu betrachten und Kednes wollte ihn nicht sogleich verärgern. Also hatte er nur gelächelt und geantwortet: "Ich entstamme keinem besonderen Ort. Ein Dorf an der Küste, der Name nicht der Erinnerung wert. Aber es gab viele Fischer." Als ob das nicht in jedem Küstendorf so wäre ...
    Die Sklavenunterkünfte waren annehmbar, zumal er eine gewisse Freiheit in der Gestaltung seiner Kammer besaß. Allzu viel Zeit würde er hier wohl ohnehin nicht verbringen, denn als Schatten der Iulia Triaria folgte er ihr überall hin. Und für's Erste würde er auch des Nachts vor dem Eingang zu ihrem Zimmer stehen. Bis er sicher war, dass ihr in diesem Haus keine Gefahr drohte. Einerseits weil er tatsächlich, seinem Status als Sklave zum Trotz, etwas für die Römerin empfand, die er von Kindesbeinen an begleitet hatte. So etwas wie väterliche Zuneigung. Nun, vielleicht auch ein klein wenig mehr. Andererseits - und das war eine sehr praktische Erwägung - weil sein Leben davon abhing. Leibwächter, die in ihrem Dienst versagten, neigten dazu, ihren Herrinnen rasch zu folgen.
    Als Phocylides auf den Dienst im Haus zu sprechen kam - die Erwähnung der Gesellschafterin ließ Kednes dabei die Augenbraue hochziehen -, fand er einen Grund, selbst einmal das Wort zu ergreifen. 'Ich kann töten', hätte er beinahe gesagt, doch er erinnerte sich rechtzeitig, dass Triaria ihm abgeraten hatte, diese Fähigkeit zu betonen. Also schwenkte er hin zu einem weniger grausamen Handwerk: "Ich fuhr lange Jahre zur See und beherrsche den Umgang mit Holz und Tuch. Gewiss kann ich das Haus damit unterstützen, soweit meine Domina mich entbehren kann." In seiner Einschränkung lag keinerlei Provokation, nur eine ruhige Feststellung. Denn Kednes war durchaus geneigt, sein Können einem Nutzen zuzuführen. "Ich danke dir, Maiordomus. Und wenn du erlaubst, so habe ich eine Frage: Wer im Haus trägt Sorge für die Sicherheit?"

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    Phocylides, Maiordomus


    Das hatten sie -dem Wissen des Maiordomus nach- auch noch nicht gehabt, ein ehemaliger Seemann war er also! Gewiss ließen sich solche Fähigkeiten irgendwie gewinnbringend im Haus verwenden. „Sehr gut! Ich werde bei Gelegenheit mit deiner Herrin sprechen, um ihre Wünsche über deine sonstige Verwendung im Haus in Erfahrung zu bringen. Danach werden wir mehr wissen.
    Als dann die Sprache auf die Sicherheit im Hause kam, war die Frage für Phocylides nicht ganz so überraschend, als gedacht. Immerhin war er ja bislang gewohnt gewesen für den Schutz seiner Herrin zuständig zu sein. Kurz legte er die Stirn in Falten. „Nun, es käme wohl am ehesten der Sklave Wonga in Betracht für dieses Gebiet. Er ist der kräftigste und größte hier und war auch lange Zeit der iulische Ianitor. Daneben gibt es natürlich auch noch mehrere persönliche Leibwächter. Iulia Phoebe hat eine griechische Kriegerin names Callista zu ihrem Schutz und... oh, das ist zurzeit die einzige im Haus, die anderen drei explizit als Leibwächter angestellten Unfreien weilen mit ihrer Herrschaft aktuell außerhalb Romas.“ Er kratzte sich am Kopf. Es hatte wohl keinen Sinn die Namen der anderen divitischen, coronaeischen und proximischen Leibwächter aufzuzählen, wo die gar nicht in der Stadt waren und die neuen überhaupt erst mal die hier anwesenden kennenlernen mussten.
    Nun denn, setzen wir unseren Rundgang fort.“ Phocylides entfernte sich wieder von den Sklavenunterkünften und wandte sich von diesen her nach links. In dieser Ecke der Etage gab es nicht viel außer zwei Türen sowie eines Durchgangs. Phocylides wies auf die Tür bei der Raumecke. „Dahinter liegt der Heizraum für die Fußbodenheizungen. Fast alle Sklaven verrichten hier regelmäßig Heizdienst.“ Dann wies er auf die zweite Tür, „Das hier sind die Sklavenlatrinen. Wir verrichten unser Geschäft ausschließlich hier.“ Und zum Schluss noch ein Fingerzeig zu dem Durchgang mit den Worten: „Und das letzte auf dieser Seite ist dieser Durchgang dort. Dahinter befindet sich eine weitere Treppe hinauf ins Erdgeschoss, sowie auch mein Büro. Solltest du also ein Anliegen an mich haben, kannst du jederzeit zu mir kommen.
    Damit war diese Seite auch schon wieder erledigt. „Bevor wir uns den Rest der Etage zuwenden, bis hierhin wieder Fragen von deiner Seite?



    MAIORDOMUS - DOMUS IULIA


  • Kednes | Leibwächter der Iulia Triaria


    "Wonga und Callista", murmelte Kednes die Namen der beiden Sklaven, mehr für sich selbst denn für den Maiordomus. Er würde sich diese Namen einprägen und später, wenn sich die Gelegenheit bot, das Gespräch mit ihnen suchen. Unbeobachtet, abseits neugieriger Ohren. Sollten sie sich als zuverlässig - und insbesondere als vertrauenswürdig - erweisen, so waren drei Augenpaare besser denn eines. Andernfalls aber mochten es eben diese beiden sein, die eine Gefahr für Triaria darstellten, wenn der friedliche Anschein dieses Hauses trog. Und er würde eine erste Einschätzung seiner Gegner gewinnen können. "Danke", antwortete Kednes knapp und unterstrich seine Worte mit einem gefälligen Nicken.
    Der Rundgang durch die Domus Iulia setzte sich fort und Kednes sog begierig jedes Detail in sich auf. Die Aussicht, im Heizraum Dienst versehen zu müssen, beunruhigte ihn dabei nicht sonderlich. Gewiss, es war keine schöne Arbeit. Schlimmer denn an den schweren Rudern eines Kriegsschiffes indes konnte sie kaum sein, zudem hielt sie ihn in Form. Sofern, und das bezweifelte Kednes, seine Schutzbefohlene einverstanden war, ihn dieser Verwendung zuzuführen. Unbedeutend war der Heizraum gleichwohl nicht, bot er doch ein gutes Versteck. Dunkelheit, Rauch und Wärme trübten manches Bewusstsein, das nicht vorbereitet war und boten Chancen, sich im brutalen Handgemenge zu behaupten. Man musste jeden Vorteil nutzen, dessen man habhaft wurde. "Danke", wiederholte Kednes schließlich, als der Maiordomus seine stets offene Tür anbot. Natürlich mochte dies eine Floskel sein, wie sie fast jeder Herr der Sklaven auszusprechen gewohnt war. Doch Phocylides machte einen ehrlichen Eindruck. Kednes empfand eine gewisse Sympathie für den Mann, auch wenn er noch weit davon entfernt war, ihm zu vertrauen. "Wie mir scheint, ist die Domus bestens organisiert und selbst für die Bediensteten angenehm eingerichtet. Das Ergebnis deiner Arbeit?"

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