Schön und Reich - Vun nix kütt nix!*

  • Sim-Off:

    *= Von nichts kommt nichts! Spruch vom alten Jupp aus Colonia Agrippinensis. :D


    Es gab Schöne, es gab Reiche und es gab ganz schön Reiche in Rom. Zu den letzten beiden Kategorien gehörte ich leider nicht dazu. Schade eigentlich!
    Doch ich hatte sie tagtäglich vor Augen. Und was noch schlimmer war, ich musste sie auch noch bedienen, damit sie sich in ihrem Reichtum auch noch so richtig wohlfühlten! Ich jedoch durfte mich damit begnügen, mir all den Reichtum, all die schönen Sachen, Klamotten und Klunker aus der Nähe zu betrachten. Mit den Augen, nicht mit den Fingern! Manchmal übertrat ich auch Grenzen, wenn ich mich zum Beispiel unerlaubterweise in fremde Cubicula schlich und (wenn es sich um Frauenklamotten handelte) auch das eine oder andere Kleidungsstück einmal anprobierte. Ja, ja, die Grenze zwischen Dein und Mein waren für mich schon immer recht fließend gewesen, was jetzt nicht hieß, dass ich eine Diebin war, die regelmäßig auf Raubzüge ging. Nein, ich 'lieh' mir nur manchmal gerne Dinge aus und brachte sie später dann auch immer wieder zurück! Ehrlich!!!


    Besonders schlimm war es ja, wenn man mich zum Markt schickte, um irgendetwas Besonderes für die Herrschaften zu besorgen. Das konnten Duftwässerchen für meinen Dominus sein, damit er wie ein Wiedehopf roch, oder neue Klamotten aus der Schneiderei. Letztens sollte ich irgend so ein Schmuckstück bei einem Händler abholen. Wie gerne hätte ich die Klunker selbst einmal anprobiert! Ich wartete ja immer noch auf den Tag, an dem Dominus Casca oder Dominus Serapio mich zu sich riefen und mir mit einem Lächeln im Gesicht erklärten, wie toll ich doch sei und dass ich mir jetzt sofort eine supertolle Überraschung aussuchen dürfte, einfach weil ich es verdient hatte. Leider träumte ich das immer nur nachts und meine Träume hatten sehr wenig nur mit der Realität zu tun.


    Wieder war ich einmal unterwegs und streifte über die Märkte, auf der Suche nach nichts bestimmten. Hier herumzulungern war tausendmal spannender, als in der Casa aufzuräumen, solange mein Dominus nicht zu Hause war. Für solch immens wichtigen Aufgaben hatte er ja seinen Nepomuk, die alte Grinsebacke.

    Heute hatte es mir besonders ein Stand mit hübschem Silberschmuck angetan. Im Grunde war er nicht mal wirklich teuer. Aber selbst das konnte ich mir nicht leisten, da ich kein eigenes Geld besaß. Ganz schön blöd, dachte ich mir. Dabei hatte mich ich mich doch in ein paar wunderschöne Ohrringe verliebt und ich konnte es förmlich hören wie sie zu mir sprachen: „Nimm uns mit! Nimm uns mit! Na komm schon Grian! Worauf wartest du noch! Trau dich endlich!“
    Natürlich hatte der Händler ein scharfes Auge auf mich gerichtet und er hatte auch schon gefragt, ob ich etwas kaufen wollte, was ich leider verneinen musste. Doch wie der Zufall es wollte, kam eine Matrone inclusive sklavischem Anhang vorbei, die den Händler sofort in Beschlag nahm und ihn in ein Gespräch verwickelte, so dass er mir gar keine Aufmerksamkeit mehr schenken konnte. Genau das war der passende Moment, um endlich aktiv zu werden. Blitzschnell griff meine Hand zu und umklammerte das Paar Ohrringe. Schon wollte ich sie wegziehen und dann am besten sofort über alle Berge … äh Hügel türmen!


    Sim-Off:

    Reserviert!

  • In Gesellschaft war Scato ein bisweilen schwer zu ertragender Schreihals. Mancher vermutete, als sei er gar nicht in der Lage, still und leise aufzutreten, doch der Eindruck täuschte. War er allein, bemerkte man ihn kaum und seine nachdenkliche Seite kam zum Vorschein. Etwas verloren wirkend in der Menschenmenge stand er grübelnd vor der Auslage eines Händlers, der Schmuck feilbot. Gedankenverloren spielte er an dem unzüchtigen Anhänger um seinen Hals. Über das Geschenk hatte er sich gefreut, solche freundlichen Gesten waren selten. Er wollte Lurco das Geschenk gern erwidern. Nur wie? Der meiste Schmuck wirkte zu weibisch, so konnte er keinen Kameraden herumlaufen lassen. Irgendein Ring mit eingravierter Glücksformel vielleicht? Der ihn schützte im Einsatz? Stören durfte das Schmuckstück keinesfalls, also nicht zu klobig sein und ganz eng anliegen musste es ...


    Während seine Augen über die Schmuckstücke streiften, schob sich flink eine Hand in sein Blickfeld. Scatos markante Brauen hoben sich ein wenig, als er sich dem zu der Hand gehörigen Menschen zuwandte. Ihr Unterarm versperrte die Sicht auf den Ring, den er gerade anschauen wollte. Sie sah der Kleidung nach auch nicht aus, als würde sie sich Silberschmuck leisten können. Nicht, dass das zwangsläufig etwas heißen musste, die huschende Bewegung der Hand war es gewesen, die seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Der angehende Urbaner in ihm verteilte flugs das Prädikat verdächtig. Irgendwie kam ihm das Gesicht der Frau bekannt vor. Sah aus wie eine Sklavin ... das Mädchen von Tiberios war es nicht ... da fiel es ihm ein.


    "ACH, wir kennen uns doch! Von den Lupercalia. Da war ich allerdings etwas blutverschmierter als heute. Die Ohrringe sind für deine Herrin, nicht wahr? Sehen gut aus, so weit ich das beurteilen kann. Kennst du dich mit Schmuck aus? Ich nicht. Ich bräuchte dringend eine Beratung. Ich bin übrigens Scato", quasselte er los, als sei ein Stöpsel gezogen worden.

  • Ich war mir meiner Sache richtig sicher gewesen und freute mich bereits über meine neuen Ohrringe. Wenn ich ja im Klauen versierter gewesen wäre, hätte ich, bevor ich zugegriffen hatte, erst mal die Lage hinter mir gecheckt. Dann wäre mir auch der Kerl aufgefallen, der sich hinter mir aufgebaut hatte, um ebenfalls das Schmuckangebot des Händlers zu bewundern.


    „SCHEISSE noch eins!“ entfuhr es mir, während sich meine Hand reflexartig wieder öffnete, so dass die Ohrringe auf die Auslage zurück fielen. Dann ging mein Blick sofort dorthin, woher die Stimme gekommen war.
    So ein Mist! Das war doch einer von diesen Bekloppten, die neulich halbnackt durch die Stadt gerannt waren! „Hast du mich aber erschreckt! Geht´s noch?!“, blaffte ich ihn an, als ob er derjenige war, der gerade die Ohrringe mitgehen lassen wollte.
    Ich brauchte einen Moment, bis ich wieder die Fassung fand. Mein Gegenüber jedoch quasselte in einem fort. Vielleicht hatte er es ja gar nicht gecheckt, was ich vorgehabt hatte. „Ach ja richtig, du bist einer von diesen Verrückten… äh ich meine von den Luperci.“ Ich sah ihn ein wenig verschämt an, versuchte aber gleich meine Scham mit einem Lächeln zu überspielen. Schnell dachte ich mir eine passende Geschichte aus, die ich dem Typen unter die Nase reiben wollte. „Äh, die Ohrringe? Äh, nein.. ich meine ja. Natürlich für meine Domina“, log ich. „Ich wollte sie gerade mal anprobieren, um nachzuprüfen, ob sie ihr auch stehen. Aber der Händler hat anscheinend gar keinen Spiegel!“ Meine Güte, ich war ja richtig stolz auf mich! Ohne mit der Wimper zu zucken tischte ich dem Kerl hier eine faustdicke Lüge auf!
    „Aber jetzt bist du ja da!“, säuselte ich und blickte ihn vielsagend an.

  • Scato konnte wohl von Glück reden, dass seine Frisur noch nach vorn zeigte, nachdem er so angefaucht worden war. Gedanklich verteilte er einen weiteren Pluspunkt auf der Liste, die für einen gebildeten und kultivierten Scriba hinter dem Schanktresen der Taberna sprach, die er mit Lurco irgendwann zu eröffnen gedachte. Er beäugte die Dame, während sie sprach. Wartend, skeptisch. Andererseits sollte er von einer Sklavin, die von sonstwoher stammen konnte und im ungünstigsten Fall frisch irgendwo gefangen worden war, wohl auch kein Verständnis für die einheimische Kultur erwarten oder irgendwelchen Benimm.


    "Der Kult der Luperci ist sehr alt und sehr ehrwürdig", sagte er für ihn untypisch ruhig. "Er bedeutet uns viel und ohne unsere zahlreichen und effektiven Götterkulte wäre Rom heute nicht da, wo es ist. Der Lauf mag verrückt erscheinen, aber er bringt den Menschen Freude und den Segen des Faunus unter das Volk. Ich glaube, auch dich hat er zumindest gut unterhalten." Er schenkte ihr ein kaum wahrnehmbares Schmunzeln, als sie ihn um seine Hilfe bat. Na da war sie an der richtigen Adresse. Er hatte von so was überhaupt keine Ahnung. "Na dann, auf eigene Verantwortung. Zieh die Glitzerdinger an und ich schaue! Dafür hilfst du mir danach bei der Auswahl eines Geschenks, ja?"

  • Oooh, hatte ich jetzt was Böses gesagt? Wie kam ich auch dazu, diesen Fremden als Verrückten zu bezeichnen, nur weil er mit einem Haufen anderer Verrückter fast nackt durch die Stadt gerannt war und die umherstehenden Leute mit seinem blutigen Riemen eins überzog, so dass am Ende alle irgendwie blutig aussahen! Ein altes gallisches Sprichwort hatte es ja schon immer auf den Punkt gebracht und es war einfach irgendwie zeitlos, denn was damals schon beim alten Iulius Caesar gestimmt hatte, traf auch heute immer noch zu (obwohl alle schon seit Generationen inzwischen wunderbar romanisiert waren): ‚Die spinnen, die Römer!‘
    „Ach ja, ich hatte so meinen Spaß! Allerdings hauptsächlich wegen meiner Begleiterin, die ja am liebsten im Erdboden versunken wäre, als sie euch sah und ich ihr erklärt hab, warum ihr so einen Scheiß überhaupt macht.“ Ich musste mich wieder kringeln vor Lachen, als ich wieder an Timaias Gesicht zurückdenken musste. „Naja, ich glaub ja nicht an sowas, aber lustig war es trotzdem. Mal was anderes, als immer nur die ‚schnell, schnell, wir müssen unsere Besorgungen machen‘ – Nummer.“
    Apropos Besorgungen, eigentlich hatten die Ohrringe ja ganz oben auf meiner ganz persönlichen Liste gestanden, bis dieser nette Zeitgenosse mich dermaßen erschreckt hatte. Aber hey, was war das? Jetzt wollte er mir doch tatsächlich helfen! Natürlich zögerte ich keine Sekunde und tat, was er sagte. Ich zog die Glitzerdinger an. „Klar helf ich dir beim Geschenke aussuchen! Denn du hast Glück! Darin bin ich nämlich richtig gut!“

  • Scato starrte sie einen Moment angewidert an. Er trug das cingulum militare der Soldaten, sie wusste, wen sie vor sich hatte. Offenbar gab es in dieser Stadt keine normalen Frauen, sondern nur vollkommene Idiotinnen, die ihren Herren und Männern absichtlich Schande bereiten wollten. Kein Wunder, dass das Militär immer guten Zulauf hatte und die Männer sich in den Lupanaren abreagierten, anstatt sich so was wie das hier anzutun. Wozu Zeit und Geld, am Ende noch Liebe vergeuden, um das zurückzubekommen? Das waren Perlen vor die Säue und eine wahre Sau hatte er hier vor sich.


    Die Lästerung der Götter war kein Bagatelldelikt oder gar nur eine Unverschämtheit. Sie war ein Verbrechen. Zum Glück dieser Sklavin war er außerdienstlich hier und zudem als Tiro noch nicht befugt, irgendetwas in Eigenmacht zu unternehmen. Sonst hätte die Sache freilich anders ausgesehen. So aber begnügte er sich damit, der Sklavin vor die Füße zu spucken und sich angeekelt abzuwenden, um anderswo nach einem Geschenk für seinen Kumpel zu suchen.


    Feriae Annae Perennae - Frühlingserwachen >>

  • Während ich noch damit beschäftigt war, mir die Ohrringe anzustecken, um mein Gegenüber dann nach seiner Meinung zu fragen, schien sich bei ihm gerade der Spaß endgültig zu verabschieden. Ich hatte gar nicht mitbekommen, wie er plötzlich so komisch guckte, als ob ich… ach ja, ich hatte ja auch! Ich hatte mal wieder ohne zu denken drauflosgeplappert und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Dabei hatte ich einige Dinge gesagt, die man sich besser wohl verkniffen hätte. Aber das war ja sozusagen mein Fachgebiet.
    „Und, wie sieht´s aus?“, fragte ich noch, doch zur Antwort spuckte er mir nur noch vor die Füße und machte dann, ohne noch ein Wort zu verlieren den Abgang. Ratlos zuckte ich nur mit den Schultern, zog die Ohrringe wieder aus und legte sie zurück in die Auslage. Meinen Teil dachte ich mir natürlich. Der Spaß aber war mir für heute vergangen!

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