Neugierig sah sich Antipater im Inneren der Domus Iulia um. Alles ein wenig kleiner und bescheidener als er es gewohnt war, aber trotz ganz passabel für eine reiche Familie (so zumindest seine Vermutung). Hatte das Haus immer schon so klein ausgesehen? Wenn er ehrlich war hatte er keine Erinnerung mehr daran wie es hier früher mal gewesen war, wo seine letzte Anwesenheit in Rom das letzte Mal ja zu einer Zeit stattgefunden hatte, wo der Großteil der derzeitigen Hausbewohner noch nicht einmal geboren gewesen war. Einer der Haussklaven betrat in diesem Moment vom Aufgang aus dem Untergeschoss kommend und wollte gerade ins Tablinum einschwenken, als...
Decimus Iulius Antipater
"He, du da!"
Überrascht wandte der Sklave den Kopf in Richtung des Fremden.
"Ja du, sei doch so gut und bring mir einen Kelch Wein, ja?"
Wie vom Donner gerührt stand der Sklave da und wusste nicht so recht, ob er der Bitte des Mannes nachkommen sollte. Er war kein Familienmitglied und diese mochten es ihm vielleicht übel nehmen, wenn er ihre Weinvorräte ungefragt antastete, aber andererseits sah der Mann höchst wichtig aus. Besser vielleicht doch man kam seiner Bitte nach. So verbeugte er sich kurz und verschwand in Richtung Culina. Antipater indessen machte es sich in einer der Sitzgelegenheiten gemütlich. Wenigstens konnten die ihm etwas gewohnten Komfort bieten. Auf seinen Wein wartend stierte er auf die Statue des Brunnens in der Mitte des Atriums, während sich seine sechs Begleiter um ihn geschart hatten. Zwei fächelten ihm kühle Luft zu, einer holte eine Leier hervor und begann zum Wohlgefallen seines Herrn zu spielen und drei Nubierinnen standen zum bloßen optischen Vergnügen ihres Herrn bei ihm. Zu seinem Leidwesen bekleidet, Rom war ja immer noch so prüde was das anging. Dem Gefühl nach ein Kommentar über das Haus abgeben zu müssen meinte er zu einem seiner beiden Frischluftfächler: "Ganz nett hier, wie ich finde. Ein wenig klein vielleicht, aber als Haus für die Dienerschaft bestimmt ganz passend auf meinem Grundstück in Kampanien."
Der angesprochene Fächler nickte zustimmend. Antipaters Blick fiel auf die hübsche Dame neben diesem und mit einem Lächeln massierte er ihr etwas den Hintern.
Der Sklave kam mit dem geforderten Wein zurück. "Na endlich, das hat ja Ewigkeiten gedauert! Bekommst wohl nicht besonders oft die Peitsche zu spüren, was Bursche?" Erschrocken blickte der Sklave auf und schüttelte nur den Kopf. Antipater ließ von der Nubierin ab und ergriff lieber den ihm angebotenen Kelch. Mit der anderen Hand machte er eine verscheuchende Bewegung und dieses Mal beeilte sich der Sklave dem Wink zu entsprechen.
Nur wenige Augenblicke später betrat Caesoninus das Atrium, um diesen fremden Iulier in Augenschein zu nehmen und das Bild das sich ihm bot ließ schnell beide Augenbrauen unterm Haaransatz verschwinden. Der Gast saß bereits an Ort und Stelle, ganz so als wäre er hier zuhause und nicht Caesoninus und...war der Weinkelch in seiner Hand nicht von ihnen? Als auch Antipater den jungen Mann mit dem güldenen Haar erblickte begrüßte er ihn ohne selbst aufzustehen und wies stattdessen auf den Sessel neben ihm.
"Ah, na endlich bemüßigt sich jemand von der Familie hierher, Salve, Bursche! Komm und setz dich hier neben mich, ihr habt einen ganz köstlichen Wein wie ich schon feststellen durfte. Falerner von Iulius Proximus aus Misenum, stimmts?" Ein wenig irritiert setzte sich Caesoninus wie ihm geheißen und nickte nur. Antipater schwenkte wie ein echter Kenner seinen Wein und nahm dann noch einen Schluck, den er etwas gurgelte und dann hinunterschluckte. "Ja, ohne jeden Zweifel. Diesen Geschmack würde ich überall erkennen. Ich war es damals, der Marcus empfohlen hatte Falerner dort im Süden zu pflanzen, hast du das gewusst, Junge? Offenbar ist er meinem Rat gefolgt und das natürlich zurecht! Ich denke ich nehme noch einen Trunk, du auch?" Antipater schnippte einer seiner Nubierinnen und befahl: "Lauf los und hole jedem von uns noch so einen Wein, aber schnell jetzt!" Das Mädchen nickte und machte sich in die gleiche Richtung davon die der Haussklave von vorhin auch eingeschlagen hatte.
Endlich fand auch Caesoninus seine Stimme wieder. "Wer bist du?" war alles was er in diesem Moment herausbrachte angesichts der Aktionen seines "Gastes".