Anis von Alexandria , Wahrsager und Astrologe

  • Terpander schaute nicht die Tür an, sondern drehte sich, während sie warteten, mit dem Rücken zu ihr, um in die Dunkelheit zu sehen, zu riechen und zu lauschen.


    "Was sind schon gute oder schlechte Menschen? Aus spartiatischer Sicht seid ihr alle miteinander schlecht. Natürlich wirst du mich ins Innere begleiten. Ich möchte, dass du mein Auge und mein Herz erfreust, wenn wir mit dem Magus sprechen. Niemand wird dir etwas antun, so lange du an meiner Seite bleibst, auch er nicht."

  • Nun, mit Terpander in das Innere des Hauses zu gehen oder alleine in der Subura zu warten, es war eigentlich klar, für was sich Tiberios entscheiden würde. Er fürchtete nur Hairans spitze Zunge.
    Aber dann dachte er, dass an Terpanders Seite, so lange der seine Hand hielt, nichts wirklich schlimm werden konnte. Und gerne wollte er den Spartiaten erfreuen, wenn er auch nicht wirklich den Satz verstand, dass alle miteinander schlecht wären. Er auch?
    Nein, sonst hätte ihn Terpander doch nicht dabei haben wollen….
    Noch in seinen Überlegungen wurde die Tür geöffnet und rötlich schwach flackernder Schein ergoss sich über die beiden späten Besucher.

  • Der Raum des Magus war in Dunkelheit gehüllt, als Hairan den nächtlichen Gästen die Tür öffnete. Vier Fackeln, die in jeder Ecke in Haltern steckten, spendeten flackerndes Licht.
    Der rote Schein war jedoch zu schwach, als dass Hairan in der jungen Frau im grünen Gewand den Sklaven Tiberios erkannt hätte. Dass Terpander überhaupt eine Frau dabei hatte, wunderte den Parther nicht; Männer brachten ab und zu Weiber mit zu ihm, die etwas erleben wollten oder um sie zu beeindrucken.


    Aber selbst wenn er den Alexandriner erkannt hätte; Hairan wäre zu professionell gewesen, um über seine mädchenhafte Aufmachung ein Wort zu verlieren, da hätte der sich nicht sorgen brauchen; denn Terpander war ein Kunde und trotz seines unfreien Standes hatte er sich als zahlungskräftig erwiesen.


    „Salve!“, sprach Hairan: „Du bist pünktlich. Setz dich!"
    Er sprach mit dem Mann, nicht mit der Frau, so wie es Sitte war in zivilisierten Landen, mochte der Mann dafür Sorge tragen, dass sein Weib sich gesittet benahm.


    Hairan wies auf die beiden Stühle, die normalerweise vor dem Schreibtisch standen. Er hatte einen davon
    so umgedreht, dass seine Sitzfläche nun in den Raum hinein wies; mochte der Grieche sich darum kümmern, ob seine Begleiterin auf dem anderen Stuhl oder auf dem Boden sitzen würde.


    Erst dann begann Anis von Alexandria mit den Vorbereitungen. Er stellte einen Dreifuß in die Mitte der Halle, eine Räucherschale aus Blei kam oben darauf.
    Dort warf er die Kräutermischung hinein, die er für diese Zwecke bereitet hatte: getrocknete Samen und Pflanzen bei Neumond aus seinem kleinen, persönlichen Garten des Tartaros geerntet:
    Bilsenkraut, Coriander, schwarze Mohnsamen und Schierling; dazu noch Schwefel, ein winziges Flämmchen glänzte auf und eine dünne Rauchsäule erwachte, um sich höher und höher zu schrauben; tief atmete Hairan den Geruch des Räucherwerks ein. Der Rauch würde nicht lange brauchen, um auch seine Gäste zu erreichen, und wie im Traum würden sie sein, den Geist sehr offen für das, was sie zu sehen und Hairan ihnen zu zeigen wünschte.


    „Bevor wir uns vorbereiten und mit der Anrufung der chthonischen Gottheiten* beginnen, unter deren Schutz wir uns heute Nacht begeben, muss ich euch etwas über die Umbrae, die Schatten aus dem Hades, sagen. Es ist wichtig, dass ihr begreift, damit kein Fehler geschieht.“, sprach der Parther aus der Dunkelheit.
    Erst jetzt entzündete er seine Fackel. Er war einer der Magoi, der Feuerpriester, und die Heilige Flamme von Oromazes war sein Schild.


    Dass Hairan die entbehrungsreiche Ausbildung zum Magos nie beendet hatte, brauchten die Kunden nicht zu wissen.


    Sim-Off:

    *chthonische Götter Götter der Unterwelt [zu grch. chthon „Erde“]

  • Terpander hieß Briseis zu seinen Füßen auf dem Boden platznehmen. Mochte Briseis davon halten, was sie wollte, er hatte seine Gründe. Zwei. Vielleicht würde er sie ihr später erklären. Er selbst ließ sich auf dem Stuhl nieder, um Anis von Alexandria bei seinem Wirken zu beobachten. Den Beutel schob er unter seinen Stuhl. Und dann begann der weise Mann sein Werk. Der Rauch kräuselte sich wie Wesen, die keine feste Gestalt annehmen konnten. Der Raum war erfüllt vom würzigen Duft brennender Kräuter, doch da lag noch mehr in der Luft. Die Magie war deutlich zu spüren, Terpanders Wahrnehmung entrückte ein Stück.


    "Wir sind bereit, deine Worte zu vernehmen, o Anis von Alexandria", sprach Terpander voller Ehrfurcht.

  • Tiberios fragte sich kurz, warum Terpander ihm nicht den zweiten Stuhl anbot.


    Aber da er versprochen hatte, in dieser Nacht jede Anordnung des Spartiaten ohne Widerrede zu befolgen, setzte er sich wortlos mit überkreuzten Beinen wie ein aegyptischer Scriba auf den Fußboden links zu dessen Füßen hin.


    Langsam gewöhnten sich Tiberios‘ Augen an das spärliche, unruhige Licht, nun sah er, dass sie sich in einer großen Halle, deren Höhe und Ausdehnung von der Dunkelheit verschluckt wurden, befanden.


    Hairan stand schräg hinter dem Dreifuß, auf dem er Räucherwerk verbrannte und hielt seine eigene Fackel so vor sich hin, dass man sein Gesicht nicht erkennen konnte.


    Tiberios rückte näher an Terpander heran.
    Der ältere Grieche strahlte für ihn eine fast greifbare Wärme ab, als könne ihn weder Kälte noch Finsternis etwas anhaben. Terpanders Wärme mischte sich mit dem wohligen, durch Muslum verursachten Gefühl in Tiberios‘ Magen.
    Immer noch hatte er das Gefühl, über den Dingen zu schweben und weniger Angst zu haben, als er eigentlich haben müsste.


    Aufmerksam lauschte er, als er Terpander zu dem Magus sagen hörte: "Wir sind bereit, deine Worte zu vernehmen, o Anis von Alexandria"

  • Hairan sah die Bewegung der Frau zu dem Mann hin, und das wunderte ihn nicht. Die Erwartung des Thanatos beflügelte den Eros, das sah er nicht das erste Mal bei seinen Kunden. Etwas belustigte ihn diese vorhersehbare Schwäche. Aber dem älteren Mann ging es wohl nicht darum, seine Begleiterin zu erobern. Sein Anliegen war sehr ernster Natur.


    Hairan wartete einige Minuten, dann sprach er langsam und recht leise. Durch die besondere Akkustik der Halle schien seine Stimme deutlich, jedoch aus verschiedenen Richtungen zu kommen:


    „Die Toten sind wie gefallene Blätter im Herbst,
    Schatten ihres früheren Selbst,
    ihrer Emotionen und ihres Bewusstseins beraubt.
    Was ihnen geblieben ist an Stachel ist zweierlei:
    Neid auf die Lebenden, weil sie am Leben sind
    und Gier, selbst wieder am Leben zu sein und einen atmenden Körper zu haben.


    Man erzählt, ein ehemaliger König auf Erden würde seine ganzen Reichtümer, die er während seiner Herrschaft angehäuft hat, freudig eintauschen,
    um nur noch einmal eine Stunde zu leben,
    und wenn es als der Geringste seiner Sklaven wäre.


    So groß sind Gier und Neid der Toten.
    Das müsst ihr wissen, meine Freunde:


    Wir sind hier eine kleine Weile in der oberen Welt,
    und sie sind dort für ewig in der Unterwelt.
    Je länger ein Schatten schon in der Unterwelt haust, desto weniger denkt er noch wie ein Mensch.
    Er beginnt alles zu hassen, was lebendig ist.
    Doch gerade diese Toten sind die Lohnendsten,
    denn sie wissen alles, was die anderen Toten wissen. Mehr freilich auch nicht.


    Wenn man die Schatten beschwören will, ruft man sie mit Blut von Lebendigem.


    Das ist die Sciomantia, die Beschwörung der Schatten oder Imagines. *


    Eine eigentliche Necyomantea kann nur durchgeführt werden, wenn der tote Leib oder Teile davon in der Hand des Magus sind; dann schlägt der Leichnam die Augen auf und spricht.


    Wenn ich die Schatten der Toten herbeirufe, werden sie kommen und mit unstillbarer Gier vom Opferblut trinken, und wenn sie getrunken haben, kann man sie befragen oder ihnen etwas mitteilen.


    Daher ist es wichtig, dass ihr ab jetzt auf euren Plätzen bleibt und sie im keinen Augenblick verlasst.


    Selbst wenn die herbeigezwungenen Umbrae euch anflehen mit süßesten Stimmen, wenn die Imagines von Vater oder Mutter, der oder dem zärtlichen Geliebten, den liebsten Kindern auftauchen; ihr könnt sie nicht umarmen, wie Rauch sind sie zwischen euren Händen. Sie jedoch sind schädlich für euch.


    Hast du das schwarze Tier dabei, wie ich es dir aufgetragen habe, ohne ein weißes Haar oder eine weiße Feder am Leib?“

    Hairan wandte sich nun direkt an Terpander.



    Sim-Off:

    * Bilder, Trugbilder

  • Briseis war hier nur Gast. Sie musste allein durchstehen, was jetzt geschah, da Terpander alle Konzentration für das Ritual benötigte. Äußerlich ruhig, war er dies innerlich keineswegs. Es war nicht die Angst vor den Toten, wengleich vorhanden, die den alten Krieger quälte, sondern die vor den Worten, die sie ihm sagen würden. Vorwürfe, Beschimpfungen, vielleicht sogar Hohn und das vor den Ohren der Liebsten zu seinen Füßen. Doch Terpander würde sich dieser Furcht stellen. Er musste. Denn eines Tages würde er den Toten erneut begegnen.


    "Das schwarze Tier ist in meinem Beutel", bestätigte Terpander und griff unter seinen Stuhl, um den Beutel hoch auf seinen Schoß zu ziehen. Er hatte keine Bedenken, die geforderten Bedingungen zu erfüllen, denn er war auf Nummer sicher gegangen. Er zog eine der beiden schwarzen Schlangen hervor, die er eigenhändig erjagt hatte. "Weder ein weißes Haar noch eine weiße Feder werden sich am Leib dieses Tieres finden lassen."

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    SKLAVE - SISENNA IUNIUS SCATO

    Einmal editiert, zuletzt von Terpander ()

  • Eine schwarze Schlange, eine Carbonarius* vermutlich, mehr als armlang und vollkommen schwarz; und Hairan war erstaunt, als Terpander das Tier aus dem Sack holte.


    Schlangen waren keine Opfertiere. Niemand opferte den Göttern Schlangen, im Gegenteil, sie waren heilig.
    Die chtonischen Gottheiten jedoch liebten alles, was anders, verdreht, unmöglich, adynatos war, und sie hatten auch gewiss an diesem blasphemischen Opfer ihre Freude.


    Also nickte der Magus; Die schwarze Schlange hatte kein Gift, aber sie war aggressiv und konnte stark blutende Wunden verursachen.
    Auch jetzt versuchte sich das Tier in Terpanders Händen zu winden und zuzubeißen.
    Hairan hielt die Fackel so, dass Terpander etwas sehen konnte, dann befahl er ihm :


    „Komm jetzt, Freund, stelle dich in den heiligen Bezirk des schrecklichen Altars. Ich gebe dir das Opfermesser. Durchtrenne den Leib und lass das Blut dieses Opfertiers in die dunklen Tiefen der Unterwelt fließen als ein Getränk für die Leblosen, in dem du den Altar mit seinem Blut benetzt.
    Und wenn du hier stehst, nenne den Namen deiner Mutter. So werden die alten Götter wissen, wer du bist.“


    Er deutete auf den Dreifuß mit der Opferschale, von dem nun der Rauch dichter aufstieg.



  • Da sie sich bereits in der Subura befanden, führte Lurco Pullus direkt zu Anis dem Magus. Entgegen des üblichen Klopfzeichens schepperte es dreimal donnernd gegen die Tür von Anis. Der Ernst und die Dringlichkeit verdeutlichte der Lärm.


    Pullus behielt genau wie Luro die Hand auf dem Schwertgriff.
    "Wer haust hier Lurc?", fragte er argwöhnisch.
    "Der arme Tropf der die Sklavin besitzt", gab Lurco zurück.


    "Jener von dem sie behauptete, ihn in der Ruine zu suchen? Der angeblich grausig und dumm ist nach ihrer Erklärung? Na der wird sich freuen, der lacht sich gleich ein Ei aus der Hose vor Begeisterung!", grinste Pullus.
    "So erging es bis jetzt jedem Besitzer. Hier in der Subura gehen seltsame Dinge vor sich. Wer weiß wer noch mit drin hängt. Halte die Augen da drin offen", mahnte Lurco, dem die Sache mit dem Hinweis der Sklavein ebenfalls wieder einfiel.


    Pullus rüttelte an der Tür.
    "Zügig, mach endlich auf es eilt", rief er und stellte fest, er hätte noch immer den Lappen der Sklavin im Gürtel.


    "Wir sagen ihm nur Bescheid wo sie ist, er bekommt sie nach dem Verhör wieder. Sowas treibt sich nicht grundlos an zig Tatorten herum", raunte Lurco Pullus zu.
    Pullus hob bestätigtend einen Daumen.


    "Wo bleibt der Mann?", fragte Pullus grimmig. Sie mussten noch den Zeugen aus dem Puff abfangen.

  • Helleboros albus, wunderbare Helferin der Hilfesuchenden, dachte Hairan, der gerade weißen Nieswurz aus seinem verschwiegenen Garten geholt und sie der Fermentierung zugänglich machte – mit etwas Salz und Wasser in einem abgeschlossenen Gefäß würde in spätestens zwölf Tagen das Gift heranreifen, nach dem Lupas so oft fragten – aber durchaus auch „ehrbare“ Matronen …


    Da klopfte es – nein, das war kein Klopfen, es klang, als würde jemand die Porta einschlagen wollen.
    Hairan legte die Pflanze auf den Schreibtisch zurück und bedeckte sie mit dem weichen Lappen, mit dem er seine Hände schützte, wenn er mit schädlichen Substanzen zu tun hatte.


    Er erwartete niemanden. Falls es Aethra war, die zurückgekrochen kam, würde sie es nie wagen, auf diese Weise anzuklopfen.
    Gemessenen Schrittes ging Hairan zur Porta und öffnete sie.


    Vor der Tür warteten zwei Urbaner. Wenn der Magus überrascht war, ließ er sich nichts anmerken; es war für einen Wahrsager auch nicht geschäftsfördernd, von irgend etwas überrascht zu sein.


    Schnell überschlug er im Geiste die Ereignisse der letzten Monate: Er führte Buch über Einnahmen und Ausgaben und gab dem Kaiser, was des Kaisers war.
    Seit des bedauerlichen Zwischenfalls mit dem Dieb – aber einige Pflanzen waren nun einmal schon durch bloßen Hautkontakt tödlich – war es auch nicht zu unerklärlichen Todesfällen in seinem Wirkungskreis gekommen.
    Die letzte Zeit hatten die Einwohner Romas eher Liebeszauber und Schutzamulette als veneficium* verlangt – auch gerade milites wie die Urbaner, die auf Grund ihres gefährlichen Berufes häufiger an die höheren Mächte dachten als andere Leute.
    Ab und zu war auch eine Fluchtafel dabei gewesen, aber es war um Menschen niedrigen Standes - peregrini und Sklaven - gegangen, nichts was die römische Staatsmacht wirklich interessieren würde.


    Hairans Gewissen war also nach seinen Maßstäben geradezu so weiß wie die Blüte von helleboros albus zu nennen, als er die Urbaner grüßte:
    „Salve, Söhne des Mars, tretet ein. Mit was kann euch Anis von Alexandria dienen?“


    Sim-Off:

    * Giftmischerei, Zaubertrank

  • "Salve Magus", grüßte Lurco für sie, während sie eintraten. Erst als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten kam Lurco zum Thema.


    "Deine Sklavin namens Eireann befindet sich bei uns im Carcer. Erneut wurde sie an einem Tatort aufgegriffen. Sie behauptete auf dem Weg zu Dir zu sein, trieb sich aber in den Ruinen des Ganymed herum. Und nicht nur, dass sie dort verdächtigerweise über Steine wischte, als wollte sie Spuren beseitigen fanden wir dort auch noch eine Leiche.
    Du wirst Dich also gedulden müssen, bis sie verhört wurde. Vor allem im Zusammenhang mit den heutigen Straftaten", sagte Lurco und Pullus hielt dem Magus den Lappen vor die Nase.


    "Damit war die Sklavin vermummt. Sie erzählte uns, dass Du sie dringend erwartest und was für ein grausamer Herr Du wärst. Zudem ließ sie kein gutes Haar an Deiner Intelligenz. Zählen wir mal zusammen. Eine Sklavin eines grausamen Herrn befindet sich vermummt an einem Mord- und Brandtatort. Behauptet sie müsse dringend zu Dir zurück, weil...


    Ja warum guter Magus?
    Und das heute wo ein Geschäft und die Urbanerstation angegriffen wurde und viele ihr Leben ließen. Am Tatort befanden sich Teile möglicher schwarzer Magie. Kannst Du uns erklären was Deine Sklavin an dem Tatort zu tun hatte? Wir müssen Deine Räume inspizieren", sagte Pullus ernst.

  • Hairan blieb äußerlich ruhig, obwohl er innerlich mit seinem geistigen Ohr so etwas hörte wie ein leises Schwirren, ein Pfeil der auf ihn abgeschossen wurde.
    Das hier waren zwei Urbaner, die fahndeten, ernste, kluge Männer im Dienste Romas. Wie Bluthunde würden sie der einmal aufgenommenen Witterung folgen.


    „ Ich danke euch, dass ihr gekommen seid, mich über den Verbleib meines Eigentums zu unterrichten. Ihr sollt von meiner Seite aus alle Erklärungen bekommen, die ihr benötigt, o Hüter der Ewigen Stadt.“, sprach der Parther:
    „Ich bin einer der Magoi und wir geloben geschlechtliche Keuschheit, um den Göttern umso besser dienen zu können. Aber auch unsere Diener müssen Reinheit bewahren. Daher verhüllt sich Aethra, – sie heißt jetzt Aethra - um die Blicke der Männer zu vermeiden. Der Seidenschleier kostet ein Vermögen, kann ich ihn wieder haben?“,

    Hairan streckte die Hand aus und sprach weiter:
    „Wenn ich Kunden die Zukunft voraussage, wünschen sie für gewöhnlich nicht, dass eine Sklavin dabei anwesend ist. Also habe ich Aethra zum Mercatus geschickt und ihr Geld mitgegeben, damit sie einen Nachhtopf kauft.
    Aethra ist nicht ganz bei Verstand.
    Das unglückselige Geschöpf empfindet wohl geradezu eine wahnhafte Liebe zu Kyriakos, vielleicht hat sie ihn dort in den Ruinen gesucht.
    Wie es ab und zu bei verrückten Weibern vorkommt, läuft sie schamlos Männern nach, von denen sie glaubt, sie zu lieben. Vor dem Lupanarbesitzer Kyriakos traf es einen Sklaven namens Tiberios und zuvor bestimmt schon andere.
    Grausam und dumm nennt sie mich?
    Von bemerkenswerter Undankbarkeit ist Aethra:


    Ich habe sie von einem Optio der Urbaner geschenkt bekommen.
    Ich kleide sie, ich ernähre sie, ich beschütze sie.
    Ich habe sie in der Hoffnung, sie heilen zu können, aufgenommen.
    Gerade präpariere ich einen Absud von weißem Nieswurz, von dem bekannt ist, dass er Geisteskrankheiten kuriert."


    Hairan deutete auf seinenSchreibtisch, auf dem Helleboros albus lag. Ich freue mich schon darauf, das Gesöff an dir auszuprobieren, Aethra, dachte er grimmig, dann wirst du lernen, wie du von mir vor den Römern zu sprechen hast:
    "In den Ruinen des Ganymed hat sie nichts zu suchen, sie darf auch keine Bürger von ihrer Arbeit abhalten, das werde ich selbstverständlich bestrafen.“


    Dann horchte Hairan auf bei Pullus' Worten (Das Schwirren des imaginären Pfeils kam näher):
    „Schwarze Magie, sagst du, Sohn des Mars? Darfst du mir Näheres darüber sagen? Ich könnte beurteilen, wer euch verflucht hat?“


    Der Pfeil traf ins Ziel, als Pullus fortfuhr: „Wir müssen Deine Räume inspizieren"
    Aber Hairan nickte höflich:
    „Wenn es der Sache dienlich ist, dann seht euch nur um..“, sprach er und wies auf seine Halle.

  • Pullus und Lurco hörten dem Magus aufmerksam zu. Einiges klang durchaus glaubwürdig, aber das tat vieles. Vor allem wenn jemand gut geschult darin war, Leuten um den Bart zu gehen. Und das war jeder Geschäftsmann, denn ansonsten hätte sein Laden bald dicht gemacht.


    Ohne Beweise waren alles erst einmal Behauptungen.


    "Langsam, der Schleier ist ein Beweismittel. Du hast der Sklavin also aufgetragen sich zu verschleiern, damit sie die Kunden nicht verschreckt mit ihrem Anblick. Nun dass kann man verstehen, Kunden verlagen Diskretion und möchten nicht belästigt werden. Welchen Göttern genau dienst Du? Und welche Opfergaben hältst Du für diese Götter bereit? Auch Tieropfer?", hakte Pullus nach.


    "Die geistige Gesundheit der Sklavin war bereits oft genug Thema und muss nicht weiter erörtert werden. Wenn Du um ihren Schwachsinn weißt Magus, dann frage ich mich weshalb Du sie erstens aufgenommen hast und zweitens dann frei herumlaufen lässt. Das ist mehr als fahrlässig, bei den Taten die ihr bereits unterstellt wurden.


    Du möchtest doch nicht noch, dass man am Ende der Einschätzung Deiner Sklavin glaubt oder? Sie war also unterwegs einen Nachttopf zu kaufen. Sie hatte keinen Nachttopf bei sich. Wer von Euch beiden lügt?


    Von wem Du das Subjekt erhalten hast, ist mir bewusst. Ich war anwesend, als sie sich widerrechtlich an meinen Optio krallte und ich die Peitsche sprechen lassen musste. Anstatt Ihr einen Schleier zu schenken, solltest Du dieser läufigen Hündin eine Brosche schenken. Dann hat ihre Umtriebigkeit ein Ende.


    Ja sie nannte Dich grausam und dumm. Mein Kollege sprach davon, dass Du ein gutes Herz haben müsstest, als ein Mann der so einer Sklavin Obhut gewährt und sie aufnimmt. Sie war da wie zuvor erwähnt anderer Meinung. Allerdings erging es bis jetzt jedem ihrer Herren wie Dir. Du bist also nicht der Einzige, der unter dieser Sklavin zu leiden hat. Allerdings wohl der erste Peregrinus.


    Das Du sie bestrafen und klammern solltest ist klar, aber vorher wird sie von uns zu den Morden und Bränden verhört. Danach kannst Du mit ihr anstellen was Du möchtest, sie ist Dein Eigentum. Und darum beneidet Dich sicher niemand, dahingehend ist Dir eher unser Mitleid gewiss.
    Schwarze Magie korrekt. Die Angreifer haben Knochen an Ort und Stelle hinterlassen. Knochen von toten Tieren. Vogelschädel um genau zu sein. Was weißt Du über Rabenschädel Magus?", fragte Lurco nachdrücklich.


    Er kannte Anis als Kunde, aber hier durfte er keine Sympathie empfinden. Entweder war der Mann ein unglückliches Opfer dieser Sklavin, oder er steckte mit ihr und den Raben unter einer Decke. Die Schädel zu erwähnen, war in diesem Fall nicht tragisch. Diese Warnung würde eh die Runde machen. Er war sicher nicht der Einzige der über die Knochen gestolpert war.

  • Pullus dachte einen Augenblick lang nach und zog Lurco für einen Moment zur Seite.


    "Wir haben den Besitzer informiert und genau das sollten wir. Die ganze Subura ist ein Loch. Lass den Magus Magus sein, er ist genug getraft mit dieser Sklavin. Er bekommt sie nach dem Verhör wieder. Lass uns lieber Kyriakos holen, ehe wir die Spur zu ihm verlieren. Der ist jetzt wichtiger", flüsterte Pullus seinem Kollegen zu.


    Lurco nickte bestätigend.
    "Anis Du weißt bezüglich Deiner Sklavin bescheid. Sie wird freigelassen, sobald sie verhört wurde. Wir rücken ab", sagte Lurco und verließ gemeinsam mit Pullus die Stätte des Magus um sich auf den Weg zum Magnum Momentum zu machen.

  • Terpander war bereit. Doch vor keiner Schlacht gegen Lebende hatte er sich mehr gefürchtet als vor dem Wort der Toten.


    Was Anis in der Hand hielt, war keine melanistische Zornnatter, sondern ein Schwärzling der Aspisviper. Da der Magus sich auf Gifttiere gut verstand, war es vermutlich der Dunkelheit geschuldet, dass sie auf den ersten Blick verwechselte, aber er hatte sie auch nicht näher untersucht. Da war sein Glück, dass er sie direkt hinter dem Kopf gepackt hielt, denn im Gegensatz zur Carbonarius war die Aspisviper giftig. Terpander hatte sie beim Fangen überhaupt nicht mit der Hand berürt, sondern mit einem gegabelten Stock. Er erhob sich, wobei er Briseis kurz mit den Fingern an der Schulter berührte, um dem Wort des Magus Folge zu leisten. Mit mulmigem Gefühl stellte er sich vor die Opferschale. Das Opfermesser in der Hand fühlte sich ... gut an. Lange hatte er keine Waffe mehr gehalten. Mit kurzem, sicheren Schnitt durchtrennte er das Tier, ohne auch nur einen Moment zu zögern. Das Blut wirkte in der Finsternis schwarz.


    "Ich bin Sohn der Chaidó."

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    SKLAVE - SISENNA IUNIUS SCATO

    Einmal editiert, zuletzt von Terpander ()

  • Nur der Name der Mutter war gültig vor den cthonischen Göttern.
    Denn sie waren älter als die des Olymps, stammten sie doch aus der Morgenröte der Menschheit, als es noch kein Oben und kein Unten, keine Sklaven und keine Herren, kein Reichtum und keine Armut gab und Väter noch unbekannt waren. Jedes Kind war vor ihren Augen nur seiner Mutter Kind.


    Das Blut der geopferten Schlange benetzte den Altar, als der Sohn der Chaidó sie förmlich auswrang. Schwarz war der Saft, der die umbrae rufen würde.
    Dann bedeutete Hairan Terpander, den Leichnam der Schlange auf die Räucherschale zu legen. Kleine Flammen begannen an ihrem schuppigen Leib zu fressen.


    Es war Glück für den Parther dass er das Tier für eine Carbonarus hielt; eine schwarze Aspisviper hätte selbst ihn berunruhigt: Das Gift, das aus verrotteten Vipern gewonnen wurde, und welches er in einer gut verkorkten Phiole in seiner Truhe aufbewahrte, war das verderblichste in seinem Arsenal des Todbringenden.


    „Ich rufe den cthonischen Zeus, ich rufe den cthonischen Hermes herbei, den psychopompos* , die monstra erebi **, die Furien des Styx, Königin Persephone, Charon, Hekate und Megaira!
    Ihr Beherrscher der Umbrae, die ihr den Zugang zum Lethefluss verschließt,
    diese Gläubigen hier haben Opfer und Blasphemie zu eurem Wohlgefallen begangen, seid ihnen gewogen und befreit das Heer der Imagines!“


    Mittlerweile durfte auch der ältere Sklave, der am Altar stand, genug von dem Räucherwerk eingeatmet haben.
    Spürte er nicht, wie die Schatten herbeiströmten? Tausendfaches Wispern wie von trockenem raschelnden Laub...ein Heer...so viele?


    Hairan hob die Fackel:
    Sohn der Chaidó ! Löse deinen Gürtel! Öffne dein Haar! Gestehe den dunklen Göttern das Schlimmste, was du je getan hast!“, sprach er:
    "Sie werden hören und sie werden kommen! Venite!"


    Diese Weisung brachte Hairan oft an sehr gute Informationen: Mord, Schändung, Blasphemie.


    Sim-Off:

    *Seelenbegleiter
    **Ungeheuer der Unterwelt

  • Briseis/Tiberios indes spürte eine Welle der Übelkeit in sich aufsteigen, als sie/er sah, wie Terpander das Blut der Schlange auf den Altar tropfen ließ.


    Er hatte das Gefühl, ganz deutlich zu hören, wie sie ausgequetscht wurde, Knöchelchen brachen und Fleisch zerbarst.
    Aber auch er hielt die Schlange für eine Carbonarius; ein Reptil, das so zahm werden konnte, dass man es in Häusern als Mäusejäger hielt. Hätte er gewusst, dass die tote Schlange eine Viper war und sich eine weitere, höchst lebendige im Beutel hinter seinem Rücken befand, wäre er vermutlich nicht so ruhig auf dem Boden sitzen geblieben.
    Tiberios schauderte es, als er Hairan die dunklen Gottheiten anrufen hörte; dann hatte er das Gefühl, dass sie nicht mehr zu dritt im Raum, sondern dass dort andere waren; wie Schatten, wie Rauch, wie Nebel.


    Venite! - Advenerunt


    Schweiß brach ihm aus, die Nackenhärchen stellten sich auf, er atmete heftig ein und damit auch mehr von dem Zeug, welches Hairan auf dem Altar verbrannte.


    Und dann hörte er die Frage des Parthers nach dem Schlimmsten, was Terpander je getan hatte.

  • Pullus und Lurco machten sich erneut gemeinsam auf, um Anis dem Magus einen Besuch abzustatten. Erneut wollten sie ihn nach den Schädeln befragen. Die Subura war immer noch ein Hort der Unruhe, während die Urbaner mit misstrauischen, grimmigen Blicken durch die Straßen marschierten.


    "Sag mal woher stammte der Stein?", fragte Pullus, als sie durch die Gassen liefen.


    "Er stammt tatsächlich aus dem Ganymed, vom Grabhügel der Leiche. Es war eine tatsächliche Chance. Es gibt viel zwischen Himmel und Erde was noch nicht ergründet wurde. Hätte die Behauptung des Subjekts den Tatsachen entsprochen, dann wäre dies einer der ersten Steine gewesen der erneut zu dem Subjekt gesprochen hätte. Angeblich hat er bereits zu ihr gesprochen. Sogar gesungen. Warum sollte er nun schweigen? Sie hätte sogar seine Stimme wiedererkennen müssen. Genau wie wir die Stimme eines Zeugen wiedererkennen würde.


    Das Subjekt spielt sich als Medium auf, dabei ist sie nichts weiter als eine Lügnerin. Sollte sie wirklich die Steine gesungen haben hören, ist sie entweder geisteskrank oder ihr sind die Dämpfe ihres Herrn zu Kopfe gestiegen. Ich vermute beides", antwortete Lurco.


    "Im Carcer hat sie ja genug Steine mit denen sie sich unterhalten kann. Vielleicht ist sie deshalb so gerne dort, wegen den tollen Gesprächen. Blöde wenn man sich eine Fähigkeit andichtet und dann doch nicht darüber verfügt. Lurco ich weiß warum der Stein nun geschwiegen hat!", erklärte Pullus wissend.


    "Na da bin ich aber gespannt, warum?", hakte Lurco nach.


    "Siehst Du es denn nicht? Das ist ein römischer Stein! Der hält natürlich zu uns Römern und hat bewusst kein Ton gesagt. Daher der Spruch! Stur wie ein Stein!", sagte Pullus und Lurco grinste über beide Ohren.


    "Das waren alles römische Steine, die da angeblich gesungen haben", lachte Lurc.
    "Siehst Du, alles kleine Übeltäter, die sie reinlegen wollten. Römische Steine eben", gibbelte Pullus.


    Lurco deutete auf die Tür des Magus.
    "Mal sehen was er uns heute zu sagen hat", sagte Lurco und hämmerte dreimal gegen die Tür.


    "Wir werden es erfahren Lurco, wir werden es erfahren. Ein Mann der sich eine Wahnsinnige hält, was ist er? Sei vorsichtig in diesem Abgrund. Der Mann hat tote Augen, wie mein Vater zu sagen pflegte", warnte Pullus und hämmerte erneut.

  • Seit die neue Urbaner Station buchstäblich in die Luft geflogen war, waren die Urbaner so umtriebig wie Wespen, deren Nest man zerstört hatte. Sogar der alte Fall des Ganymed- Brandes war wieder aufgerollt worden. Mit beidem hatte Hairan nichts zu tun, Kyriakos schätzte er persönlich. Dass er daran dachte, ihm Nymphis zu rauben, war eine persönliche Sache.*


    Aber da Aethra in die Angelegenheit auf ihre ganz eigene tölpelhafte Weise verwickelt war, standen jetzt ständig Urbaner vor seiner Porta. Das es welche waren, erkannte er an ihrem herrischen Klopfen, dazu brauchte er keine übersinnlichen Fähigkeiten.


    Ob sie ihm Aethra zurück brachten? Der Urbaner Lurco, dem er damals das Schutzamulett angefertigt hatte, hatte ihm das in Bälde angekündigt. Auf der einen Seite wäre es sehr schmeichelhaft, wenn die Römer sich persönlich darum bemühten, ihm, dem Peregrinus, sein Eigentum zurück zu geben.


    Hairans Unmut verflog, schnell schlug er den Dolch, der sonst auf seinem Schreibtisch lag, in ein Tuch ein, damit sich keiner der milites versehentlich daran verletzen konnte.
    Ein wenig Räucherwerk von Bilsenkraut konnte nichts schaden – mit Wedeln fachte er die Flamme stärker an.


    Dann setzte sich der Magus hinter seinen Schreibtisch und nahm den Totenschädel mit den Kristallaugen in beide Hände:
    Tretet ein, Söhne des Mars, die Tür steht euch offen!“, rief er fast schon freundlich.


  • Pullus und Lurco betraten den Schaffensort von Anis dem Magus. Die beiden Urbaner schauten sich genau um, ehe sie vor dem Tisch des Magus stehen blieben.


    "Salve Anis. Hast Du meine Frage noch in Erinnerung? Es geht um mehrere Tatorte, an denen wir ganz bestimmte Anzeichen gefunden haben. Genauer gesagt handelt es sich dabei um Tierschädel. Rabenschädel. Was hat es mit diesen Zeichen auf sich? Sind sie magischer Natur? Sind es Warnungen? Ist es ein Identifikationsmerkmal einer Bande?", hakte Lurco nach.


    "Jeder noch so kleine Hinweis auf den Urheber, auf die Person die die Schädel hinterlässt wäre eine Hilfe. Also denk gut nach. Es ist immer von Vorteil, die Urbaner auf seiner Seite zu haben und als guter Bürger in aller Munde zu sein", fügte Pullus an, der den Schleier der Sklavin immer noch im Gürtel hatte.

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