[Subura] Anis & Aethra ( Hairan & Eireann)

  • Hairan war es gleich, als er Aethras Faust an die Tür hämmern hörte. Die Porta war für ein Haus in der Subura massiv und stabil.
    Er beschloss, sich etwas auszuruhen, trank den Rest des Nephentes und aß ein paar Brocken Fladenbrot, das er noch übrig hatte.
    Dabei dachte er über die Frau nach, die all ihre domini so enttäuscht hatte, dass sie am Ende weggeschenkt wurde wie ein Paar abgetretene Sandalen oder eine zerlöcherte Tunika.


    Aethra war eine miserable Sklavin, und voraussichtlich würde sie auch eine miserable Schülerin sein.
    Sie hörte nicht zu. Nichts wußte sie von den Mühen des Lernens.
    Ein Sklave schuldete seinem Herren nur Gehorsam, ein Schüler schuldete seinem Meister alles.
    Ein Magus lernte durch Schweigen, durch Zuhören, durch Nachahmung und indem er seinen Meister bediente; jedoch nicht durch wahlloses Fragen.


    Hairan würde Aethra solange auf der Schwelle lassen, bis sie bereit zum Lernen war.
    Oder sie verstoßen.

  • Tatsächlich pochte Eireanns Faust noch zweimal gegen die Porta. Er musste sie doch hören. Und ignorierte sie. Ob dieser Gedanken presste Eireann ihre Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen und knirschte mit den Zähnen. Hmpf. Offensichtlich sollte sie die heutige Nacht tatsächlich auf der Schwelle der Porta verbringen. Einen letzten, gar flammenden Blick richtete die Keltin auf die hölzerne Porta. Bevor sie schließlich an dieser zu Boden sank und ihre Knie an den Körper zog. Diese umschlang die Dunkelhaarige mit den Armen und presste ihr erhitztes Gesicht dagegen.
    “Vielleicht hätte ich wirklich im Ganymed sterben sollen. Wieso aber wurde ich dann errettet? Ich bin ungehorsam und streitsüchtig meinen Domini gegenüber. Wieso darf ich meine Stimme nicht mehr erklingen lassen?“
    Murmelte die Dunkelhaarige an sich selbst gewandt und spürte im selben Moment wie ihr Herz dumpfer in ihrer Brust pochte.


    “Göttin. Cathubodva wieso nimmst du mich nicht endlich zu dir?“
    Wisperte die Dunkelhaarige und richtete ihren Blick gen des Firmaments. Bevor sie den seidenen Schleier von ihren Schultern zupfte und fahrig den Stoff betastete.
    “Ein Geheimnis. Ein stummes, unterwürfiges Geheimnis.“
    Bei diesen Worten ballte die Keltin unwillkürlich ihre Finger zur Faust und presste diese gegen ihr pochendes Herz.
    “Ich bin nun mal nicht wie Tiberios.“
    Führte Eireann ihren leisen Monolog fort. Der liebe, kluge Tiberios wusste wann es am besten war zu schweigen und verrichtete stumm die Aufgaben eines Sklaven.


    Nach einer schier endlos langen Zeit, spürte Eireann wie ihre Augen immer schwerer und ihr Geist immer müder wurde. Unbewusst rollte sie sich auf der Schwelle zusammen und benutzte den Schleier als Decke. Wie damals im Carcer, waren Eireanns letzte Gedanken. Bevor sie endgültig einschlief.

  • Lange hielt Eireanns Schlummer nicht an. Und das obwohl sich mittlerweile die Nacht auch über diesen Teil Romas gesenkt hatte. Zwar kauerte die Dunkelhaarige noch immer auf der Schwelle des Hauses ihres Dominus. Hielt ihren Kopf jedoch erhoben und ließ ihren Blick höchst aufmerksam die Straße hinauf- und wieder hinab gleiten. Was musste sie nur für ein komisches Bild abgeben. Eine junge Frau. Kauernd auf den Stufen eines Hauses. Vielleicht würde man sie auch einfach für eine Bettlerin halten. Aber dafür roch sie noch zu sauber und auch ihre Tunika war dafür zu fein gearbeitet.


    “Wie ein Straßenköter den man zum Sterben vor die Türe gesetzt hatte.“
    Murmelte Eireann leise und knirschte mit den Zähnen. Bevor sie ihre Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen presste. Sollte sie einen weiteren Versuch wagen und erneut klopfen? Was aber wenn der Magus sie absichtlich nicht hören wollte?
    “Irgendwann muss er mich doch hören.“
    Führte die Keltin ihren einseitigen Monolog fort und lauschte in die Dunkelheit. Hatte sie da nicht gerade ein Geräusch vernommen? Eines die Straße hinunter. Denn hinter der Porta des Magus herrschte Stille. Und das Geräusch kam immer näher. Sodass sich die Dunkelhaarige unbewusst anspannte und im nächsten Moment in ein paar gehetzter Hundeaugen starrte.


    “Na? Wer bist denn du?“
    Flüsterte die Keltin dem Tier entgegen und erkannte dass die Hündin lediglich drei Beine besaß.
    “Ein kleiner Straßenköter.“
    Schmunzelte Eireann und bemerkte wie sich die Hündin näher geschlichen hatte. Direkt auf Eireanns Schleier rollte sich die dreibeinige Hündin zusammen. Während Eireann selbst noch immer darauf wartete das ihr der Magus die Türe öffnete und sie wieder hinein ließ.

  • Die Hündin war wohl besonders ausdauernd. Genauso wie Eireann äußerst ausdauernd war und weiterhin vor der verschlossenen Türe des Magus auf der Schwelle kauerte. War das seine Masche? Wollte er sie dadurch mürbe machen? Oder erhoffte er sich im Stillen das sie doch davon lief? Aber dann hätte er sie doch nicht mit der Marke an ihrem Sklavenkragen kennzeichnen müssen. Kurz nur ließ Eireann ihre Finger über den Kopf der dreibeinigen Hündin gleiten. Während sie ihren Kopf gegen die Türe in ihrem Rücken lehnte und ihre Lippen fest aufeinander presste. Denn erneut spürte sie wie sich irrationale Wut in ihrem Innersten zusammen ballte. Und diese Wut schloss mittlerweile ihren Dominus mit ein. Nicht nur den Lupanarsbesitzer und die beiden Miles der Cohortes Urbanae. Und den Furier.


    Unwillkürlich ballte Eireann ihre Finger zu Fäusten und knirschte leise mit den Zähnen. Bevor sie ihren Kopf erschöpft hängen ließ und die Marke an ihrem Sklavenkragen ein leises Geräusch verursachte. Unwillkürlich glitten ihre Finger an ihren Hals und umklammerten die Marke. Äußerst fest. Schließlich lösten sich Eireanns Finger von ihrer Marke und die Keltin zog die Knie an den Körper. Ein Fluchtversuch war ausgeschlossen. Denn ihr Dominus hatte Eireann eindrucksvoll zu verstehen gegeben mit welchen Mitteln er kämpfte. Da war ihre Carcerhaft das reinste Kinderspiel. Apropos Carcerhaft und Brand des Ganymed. Ob die Schuldigen mittlerweile gefunden wurden? Hatte man endlich von ihr als Hauptäterin abgesehen?

  • Als Hairan die Porta öffnete, um zu sehen, ob Aethra überhaupt noch da war; sie hielt es nirgends lang aus und daher hätte es ihr ähnlich gesehen, abzuhauen, fand er sie noch auf der Türschwelle.


    Sie schlief zusammen mit einem Straßenköter. - Mit ihresgleichen, dachte Hairan, und es schüttelte ihn vor Ekel.
    Er selbst berührte keinen Menschen, aber diese Frau wälzte sich mit einem unreinen Tier, das höchstwahrscheinlich voller Läuse, Flöhe und Würmer war, im Straßendreck der Subura.


    Ob das ein Zeichen der Götter war? Ein offensichtlicher Beleg ihrer Unreinheit? Hairan beschloss darüber in Ruhe zu meditieren, aber jetzt würde er die Frau und den Hund verjagen müssen.


    Er wollte Aethra keinesfalls mit seinem Fuß berühren. Also klatschte er in die Hände und sprach:
    „Du kamst in mein Haus mit dem, was du am Körper hattest.
    Ein Ding hat dir dein Herr anvertraut, und es ist mehr wert als du selbst: Einen Schleier aus Seide.
    Du aber hast ihn verdorben, indem du einem unreinen Straßenköter erlaubt hast, ihn zu besudeln.
    Unrein bist du jetzt auch und ich will dich nicht in meinen Hallen haben. Die Götter selbst wollen dich nicht haben! Heb dich hinfort!"

    Hairan warf ihr einen Denar hin, das musste genügen.


    Er dachte nicht daran, Aethra zu töten, denn nach römischem Gesetz war ein Dominus verpflichtet, seinen Sklaven zu beerdigen. Tote, unbeerdigte Sklaven konnten genauso gut wie andere Leute zu lemures und larvae, bösen Totengeistern, werden; davor wollte der Staat seine Bürger schützen.


    Aber wenn Aethra in der Subura verdürbe, wäre der Parther dieser Verpflichtung ledig. Sollten sie sie in den Tiber werfen, er hatte keine Angst vor einer Lemure der unwissenden Barbarin.


    Aethra hatte Hairans Gunst verloren, und es stand in den Sternen, ob überhaupt und dann wie sie sie wieder zurück gewinnen würde.

  • Während ihres sinnierens hatte sich Eireann unwillkürlich an die dreibeinige Hündin geschmiegt. Schließlich war es in der Subura des nächtens doch empfindlich kalt und die Hündin gab zumindest etwas Körperwärme ab, die sich die Keltin zu nutze machte. So bemerkte sie auch im ersten Moment nicht wie sich tatsächlich die Porta öffnete. Erst als das scharfe klatschen an ihr Gehör drang, zuckte die Keltin unwillkürlich zusammen und die Hündin begann leise zu jaulen. Schließlich blickte die junge Keltin mit großen Augen empor. Schlug jedoch im nächsten Moment ihren Blick nieder und kauerte sich in absoluter Devotion vor ihren Dominus. Ihre Stirn berührte dabei den Boden direkt vor seinen Füßen.
    “Dominus. Bitte. Ich mache alles was du von mir verlangst. Aber bitte, vertreibe mich nicht.“
    Flehte die Silurerin. Während sie noch immer vor ihrem Dominus kniete und das Denarstück nicht beachtete. Er konnte sie doch nicht einfach so verscheuchen wie einen Straßenköter. Oh doch, das konnte der Magus. Wie er es ihr in just diesem Moment so eindrucksvoll präsentierte.


    Und dann lag da noch immer der gefährlich glitzernde Denar. Wie damals im Blinden Esel. Aus dem Augenwinkel warf Eireann dem Geldstück einen gar verzweifelten Blick entgegen. Während sie noch immer ihre Nase in den Staub drückte. Wieso reagierte der Magus nicht? Waren diese Worte tatsächlich das letzte was die Keltin von ihm zu hören bekommen würde?
    “Ich habe dich verstanden Dominus. Ich bin deiner nicht würdig.“
    Flüsterte Eireann und entfernte sich schließlich rückwärts gehend, wohl eher kriechend von der Porta.
    Mit gesenkten Kopf sammelte die Keltin das Denarstück ein. Und hätte jenes am liebsten sofort wieder fallen gelassen. Diese Münze war ein Geschenk ihres Dominus und so umklammerte Eireann diese Münze dann doch äußerst fest. Die dreibeinige Hündin humpelte hinter der Silurerin einher und ließ sie leise seufzen. Sollte dies ihr Schicksal sein? Verlassen in der Subura. Hilflos und alleine? Abrupt hob Eireann ihren Kopf und straffte ihre Schultern. Oh doch! Sie würde es dem Magus beweisen das sie würdig wäre an seiner Seite zu verweilen.


    Die musternden Blicke und anzüglichen Sprüche hörte und sah Eireann deutlich. Jedoch versuchte sie diese Blicke und Sprüche zu ignorieren.
    “Ich bin keine.. keine Lupa.“
    Zischte Eireann einen Mann an, der sie besonders intensiv musterte. Dabei umklammerte sie abermals die Marke an ihrem Sklavenkragen. Ob ihr diese tatsächlich helfen würde? Schließlich senkte sie ihren Kopf und hastete durch die Gässchen der Subura. Zuerst würde sie den Schleier an einem der Brunnen vom Staub und den Hundehaaren befreien. Hastig rieb sie über den feinen Stoff. Achtete jedoch peinlich darauf dass sie den feinen Stoff nicht zerstörte. Nicht auszudenken wie der Ältere darauf reagieren würde. Obwohl. Interessierte sie es überhaupt noch? Ja. Der Magus war ihr Dominus und sie ihm verpflichtet. Auch wenn sich dieses Wörtchen noch immer äußerst fremd und merkwürdig anhörte.


    Der Denar verschwand schließlich in der schwieligen Hand einer Frau, welche Eireann den Zutritt in die Thermae der Subura gewährte. Die Keltin hatte also Glück das am heutigen Tag den Frauen Zutritt gewährt wurde. Ihre Tunika legte sie in eines der offenen Regalfächer und näherte sich einem der Becken. Als Eireann in das Becken stieg und schließlich komplett untertauchte, spürte sie wie die Peitschenwunden es ihr mit dumpfen brennen dankte. Die Keltin biss jedoch die Zähne zusammen und duldete den Schmerz schweigend. Nicht nur ihre Haare wusch sie. Auch ihren Körper befreite sie von jedwedem Dreck. Anmutig stieg Eireann schließlich aus dem Becken. Trocknete sich rasch ab und hüllte sich in ihre Tunika, die sie davor bereits gesäubert hatte.


    Mit etwas leichterem Herz kehrte Eireann auf die Straße zurück und schritt durch die Gassen. Diesmal verhüllte tatsächlich der Schleier ihr Gesicht. Als sie vor der Porta des Magus ankam und erneut klopfte. Kniete sie doch nun auf dem Boden und wartete abermals das ihr geöffnet werden würde. Ob er ihre Wandlung bemerkte?

  • Hairan öffnete die Porta und sah Aethra im Staub knien.
    Das war eine völlig unrömische Sitte, die man überhaupt nur in den östlichen Provinzen antraf; aber der Parther, der es gewohnt war, dass sich seine Sklaven vor ihn auf den Boden warfen, bemerkte das nicht.


    Der saubere, frische Geruch der jungen Frau und ihrer noch feuchten Kleidung stieg ihm in die Nase. Sie trug den Schleier, wie er es angeordnet hatte.


    Hairan fiel nicht im Traum ein, Aethra für Selbstverständlichkeiten zu loben. Stattdessen tat er so, als sei sie nie weg oder in Ungnade gewesen:


    „Ah, Aethra, dann kannst du gleich zum Brunnen, das morgendliche Wasser holen.“, sagte er und drückte ihr den Eimer in die Hand:
    „Und besorge auch irgendwo in einem thermopolium zwei Portionen Puls. Wenn du wieder kommst, möchte ich mit dir reden.“
    Er ließ zwei Sesterzen vor sie fallen.

  • Der Schleier verhüllte ihren Kopf und ihre Gesichtszüge. Während Eireann auf der Schwelle der Porta im Staub kniend wartete. Doch abermals ließ sich der Magus Zeit. Wollte er ihr dadurch zu verstehen geben das er immer am längeren Hebel saß? Zum Glück schien es sich die dreibeinige Hündin anders überlegt zu haben und war ihr nicht wieder gefolgt. Ihre noch feuchte Tunika klebte an ihrem Körper und trocknete dennoch äußerst rasch. Während die Keltin tatsächlich einen sauberen Geruch verströmte. Die Schmerzen ihrer Peitschenstriemen waren auszuhalten. Auch wenn Eireann die Worte des Römers noch deutlich in ihren Ohren widerhallen hörte. Die Wunden durften nicht mit Verschmutzungen in Berührung kommen. Schließlich wusste die Keltin was das Resultat war und das ihr Dominus der letzte wäre der sie von der Schwelle des Todes zurück holen würde.


    Diese Gedanken verscheuchte die junge Keltin augenblicklich und fokussierte den staubigen Boden zu ihren Füßen auf dem sie kniete. Im nächsten Moment wurde ihr auch schon ein Eimer in die Hand gedrückt und seine weiteren Worte drangen an ihr empfindsames Gehör.
    “Ja Dominus.“
    Entwich es Eireanns Lippen. Als sie sich rückwärts gehend von der Porta entfernte. Das Wasser zu holen war ein Kinderspiel. Nur wo befand sich bitteschön ein solches Thermopolium? Ihren Dominus würde sie nicht wagen zu fragen. Die zwei Sesterzen umklammerte die Keltin äußerst fest. Ebenso wie sie sich regelrecht an den Griff des Eimers klammerte.


    Wie vorausgesehen war der Eimer Wasser regelrecht ein Kinderspiel für die Dunkelhaarige. Die beiden Portionen Puls war dagegen schon eine kleine Herausforderung. Doch schließlich wurde Eireann in einer Garküche fündig. Die musternden Blicke spürte die Keltin deutlich auf sich. Als sie sich an der Garküche anstellte. Und schließlich zwei Schälchen Puls bestellte. Die zwei Sesterzen wechselten den Besitzer. Während die Sklavin zurück kehrte. Puh. Zum Glück stand der Eimer noch auf der Schwelle. Und er war noch mit Wasser gefüllt. Mit den beiden Portionen in den Händen, pochte Eireann mit dem Fuß gegen das Holz der Porta. Schließlich hatte sie keine Hände frei, mit denen sie gegen das Holz hätte pochen können.

  • Hairan ließ die verschleierte Eireann, die die beiden Schälchen mit Puls und den Eimer Wasser brachte, eintreten, bedeutete ihr, beide Schälchen auf dem Tisch abzustellen und sich eines davon zu nehmen.


    Er selbst nahm das andere und einen Löffel, um zu essen. Einen zweiten Löffel hatte er nicht zur Hand, beziehungsweise musste er das Besteck noch gut säubern, bevor es wieder zur menschlichen Nahrungsaufnahme dienen konnte.
    So musste Aethra sehen, wie sie den Weizenbrei in ihren Mund bekam.


    „Iss!“, sagte er:
    „Und währendessen höre zu, ein paar Dinge muss ich dir erklären.
    Ich habe hier mit grausamen Mächten zu tun, die einem Magus zu Gebote stehen und mit Ratsuchenden, deren Wunsch es ist, dass alles, was hier geschieht , diskret behandelt wird.
    Solange du nur meine Sklavin bist, werde ich dich also fortschicken, wenn mich Kunden aufsuchen.
    In diesem Fall lass alles liegen und stehen und geh!
    Du wirst Geld für dich bekommen, damit du dich nicht nur draußen herumtreiben musst, zwei Sesterzen in der Woche. Wechselgeld wie eben kannst du behalten, auch das Geld für den skafion bekommst du.
    Wenn du also gehorsam bist, kannst du bei mir bleiben, Nachttöpfe ausleeren, sauber machen ...“


    Und nun lächelte Hairan, während seine Augen regungslos wie die gewisser Reptilien blieben:
    „...und ab und zu wirst du mir auch auf meine spezielle Weise Lust bereiten.
    Wenn es das ist, was du vom Leben erwartest, so iss deinen Puls auf und geh an die Arbeit.


    Wenn du aber denkst, du könntest mehr sein, so gelobe mir, dass du mir selbst bis in den Tartarus folgen wirst.“

  • Gedankenverloren zählte Eireann ihre Herzschläge, während sie vor der geschlossenen Porta verharrte und darauf wartete das ihr die Türe geöffnet wurde. Wie lange sie wohl diesmal warten musste? Der Schleier verhüllte ihre Gesichtszüge, während sie durch den Stoff hindurch die Türe fokussierte. Und tatsächlich öffnete sich die Türe im nächsten Augenblick wie durch Geisterhand gelenkt. Bei diesem Gedanken huschte tatsächlich ein Lächeln über Eireanns Lippen. Ein Lächeln welches durch den Schleier im Verborgenen blieb.


    Schließlich trat die junge Keltin an dem Magus vorbei, sodass dieser die Türe schließen konnte. Die beiden Schälchen Puls balancierte sie hinüber zum Tisch und stellte diese darauf. Dann schleppte Eireann den Eimer Wasser in das Innere und stellte diesen in greifbare Nähe. Dann erst schloss die Silurerin die Türe und wandte sich in seine Richtung. Seine kaum wahrnehmbare Handbewegung bemerkte die Dunkelhaarige und griff zögernd nach dem Schälchen. Das es lediglich einen sauberen Löffel gab verwunderte die Dunkelhaarige dann doch. Und so benutzte sie ihre Finger zur Nahrungsaufnahme. Etwas anderes blieb ihr schließlich nicht übrig.


    Dann erhob ihr Dominus seine Stimme und Eireann spitzte ihre Ohren. Das sie dabei das essen vergaß bemerkte sie nicht. Der Schleier lag nun ausgebreitet um ihre Schultern. Während ihr Blick aus dem Augenwinkel in seine Richtung glitt. Denn Eireanns Blick ruhte auf der Schale Puls, die von ihren schlanken Fingern umklammert wurde. Unwillkürlich beschleunigte sich Eireanns Herzschlag und sie umklammerte die Schale fester.
    “Ich bin deine Sklavin Dominus. Ich gelobe dir bis in den Tartaros zu folgen.“
    Was der Tartaros war wusste die junge Keltin nicht. Aber es musste ein geheimnisvoller Ort sein.
    “Ich stehe dir zur Verfügung Dominus.“
    Hauchte die junge Keltin mit leiser Stimme.

  • Jetzt lachte Hairan kurz auf, es war ein heiseres Lachen:
    „Weißt du denn überhaupt, was der Tartaros ist, Aethra? wenn du mir schon dahin folgen wirst?“


    Spöttisch blickte er auf sie herab:
    „Mit deinen Verhalten, deinen Worten und deinem Gelächter während des Brandes des Ganymed hast du einige Römer erzürnt. Ich jedoch denke, dass war ein daimon der Weissagung, der von dir Besitz nahm.
    Manche Menschen stehen immerzu mit solchen Wesen in Kontakt, bei anderen kommen sie durch geistige oder körperliche Überforderung herbei, verschwinden aber wieder, sobald die Kräfte zurückkehren.


    Nun, ich hoffe doch, es ist nicht jedesmal nötig, dich zu foltern, um deinen daimon zu rufen.“


    Hairan hielt das für einen guten Witz und machte eine Pause:
    „Die Frage ist nun , ob du gewillt bist, den langen schweren Weg zu gehen und auf ewig deinen Körper mit dem daimon zu teilen. Eine große Last ist das, ich weiß, doch dann wärst du mehr als die Sklavin, die in der Subura die Pisstöpfe leert. Du wärst eine Frau, die mit den Göttern spricht,“


    Hairan verschwieg die Gefahren von Besessenheit.


    Stattdessen befahl er:
    „Berichte mir von Anfang an noch einmal, was es mit diesem Wahrsagedaimon auf sich hat. Wann ist er das erste Mal erschienen? Gibt es weitere deiner Familie in deinem Barbarenland, die mit ihm zu tun hatten?
    Wie ruft ihr ihn? Hat er gar seinen Namen genannt? Denke an alles, was wichtig sein könnte.


    Dies Gespräch hier, Aethra, ist nicht wie Plaudern und Turteln mit deinem kleinen Sklavenfreund. Wähle daher deine Worte gut und langweile mich nicht."

  • Nein. Natürlich wusste die Keltin nicht was der Tartaros war. Aber es musstr ein wichtiger Ort sein denn sonst hätte ihn ihr Dominus garantiert nicht ausgesprochen.
    “Nein. Tut mir Leid Dominus. Ich weiß nicht was der Tartaros ist. Aber vielleicht möchtest du es mir sagen?“
    Aus dem Augenwinkel blickte Eireann zu dem Parther empor. Senkte jedoch im nächsten Moment hastig ihren Blick und fokussierte ihre Schüssel mit dem Weizenbrei. Auch wenn sie seinen spöttischen Blick als brennen auf ihrer Haut fühlen konnte. Als ihr Dominus den Brand des Ganymed ansprach, zuckte die Keltin zusammen und duckte sich leicht.
    “Ich bin unsch.. unschuldig Dominus.“
    Sprudelte es auch schon über Eireanns Lippen. Bevor sie ihre Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen presste und tatsächlich einige Schritte zurück wich. Vor Angst? Durchaus möglich.


    Schweigend und mit gesenkten Kopf lauschte sie seinen Worten und spürte wie ihr das Herz bis zum Hals pochte. Ein Weissagedaimon sollte Gewalt über ihren Körper haben? Und dies schon seit ihrer Kindheit? Als der Ältere dann von Folter sprach zuckte die Keltin zusammen und umklammerte die Schüssel, als wollte sie diese jeden Augenblick zerbrechen.
    “Ich wäre eine Frau die mit den Göttern spricht.“
    Hauchte Eireann mit leiser Stimme und hielt ihren Blick nach wie vor zu Boden gewandt.


    Und schließlich forderte ihr Dominus Antworten und die Sklavin antwortete.
    “Diese Visionen werden in meinem Stamm immer von Mutter zu Tochter weitergegeben. Manchmal überspringen sie aber auch eine Generation. Meine Mutter hatte bereits diese Visionen und sie wollte mich darin unterweisen. Dazu kam es dann leider nicht mehr.“
    Ein kurzer Blick in seine Richtung folgte.
    “Zuerst dachte ich immer ich träumte. Und dann sah ich, vor dem Brand des Lupanars was geschehen würde. Wusste aber diese Vision nicht einzuordnen. Ich hatte Angst Dominus.“

  • „Der Tartaros oder wie die Römer sagen, Tartarus, ist wie der antumnos der Gallier, die Hölle für diejenigen, die sich gegen die Götter versündigt haben.“, erklärte Hairan, der sich in der Mythologie der verschiedenen Völker des Imperiums so weit auskannte, wie es gut für sein Geschäft war:


    „Jeder Mensch hat Angst, wenn sein Daimon erwacht. Ohne Zweifel wirst du schreckliche, grauenvolle Dinge sehen, wenn du erst einmal ständigen Kontakt mit ihm hast. Da du diesen Weg gehen wirst, gibt es drei Regeln: Schweige! Gehorche! Halte dich von Wein und der körperlichen Liebe fern! Und...“
    Hairan machte eine unbestimmte Geste:
    „Du wirst austrinken, was ich dir gebe; Tränke, die deinen Geist öffnen und dich über die Schwelle tragen. Zur Vorbereitung der notwendigen Pflanzen werde ich alleine sein müssen.“


    Er reichte Aethra zwei Sesterzen.
    „Geh! Du kannst heute abend wieder hierher kommen, wenn es Zeit ist, das Wasser vom Brunnen holen! Nun geh, vorläufig brauche ich dich nicht!“

  • Als ihr Dominus tatsächlich sein Wissen an sie weitergab und Eireann erklärte was es mit dem Tartaros auf sich hatte. Spitzte die junge Frau ihre Ohren und lauschte seinen Worten höchst aufmerksam. Sie würde ihm also auf direkten Weg in Richtung Hölle folgen? Für einen kurzen Augenblick schluckte die Dunkelhaarige hart und kratzte den letzten Rest des Gerstenbreis aus der Schale. Die Schale würde sie später säubern. Schließlich versuchte sie ihre wirren Gedanken zu ordnen. Die Hölle war sein Ziel? Und die Keltin würde ihm ohne zu zögern folgen. Dies hatte sie ihm versprochen. Und ein einmal gegebenes Versprechen brach man nicht. Zumindest nicht wenn man Sklavin eines Magus war.


    Schließlich ließ er das Gespräch über ihren Daimon etwas ausufern. Und auch hier lauschte die Keltin höchst aufmerksam. Wobei sie spürte wie ihr Herz bis zum Hals pochte. Sie würde schreckliche Dinge sehen und musste sich an seine Regeln hatten. Abermals spürte Eireann wie ihr ein eisiger Schauer über den Rücken kroch und sie ihren Blick starr gen Boden richtete. Hatte sie ihm nicht bereits Demut und Gehorsam gelobt? Als ihr Dominus schließlich die Tränke ansprach, die ihr Bewusstsein erweitern würden. Nickte die Dunkelhaarige lediglich. Zum Zeichen das sie verstanden hatte.


    “Ja Dominus. Ich werde pünktlich zurück sein.“
    Ließ Eireann ihre Stimme erklingen. Zupfte den Schleier wieder um ihr Gesicht. Neigte ihren Kopf und verließ das Haus ihres Dominus. Hinaus auf die Straßen der Subura. Die zwei Sesterzen verbarg sie sicher in ihrer Handfläche.

  • Mit hängendem Kopf schlich die Dunkelhaarige durch die Straßen der Subura. Dabei hatte sie gedacht das es das richtige war was sie getan hatte. Sie hatte dem furischen Sklaven einen Brief geschrieben, in der stillen Hoffnung das ihr Brief auch ankam und von Tiberios gelesen wurde. Doch offensichtlich hatte sie sich umsonst Mühe gegeben. Denn sie hatte vergeblich auf den Lockenkopf in der Schmierigen Spelunke gewartet. Wann immer sich die Türe öffnete hatte Eireann mit einem leuchtenden strahlen in den Augen den Hereinkommenden gemustert. Es kamen einige Besucher in diese Spelunke. Der furische Sklave war jedoch nicht darunter. Und schließlich hatte sie sich enttäuscht auf den Rückweg zum Haus des Magus gemacht. Wieso hatte sie nur darauf vertraut das sie Tiberios wiedersehen würde? Bei diesem Gedanken ballte die junge Frau unwillkürlich ihre Finger zu Fäusten. Nach dieser Schmach sollte sie ihn vollständig aus ihren Gedanken vertreiben. Nur wie, wenn das Herz strikt dagegen ist? Vielleicht wusste ihr Dominus Rat. Aber dann müsste sie ihm beichten das sie einen Brief zur Casa Furia bringen ließ.


    Mittlerweile war die Dunkelhaarige vor dem Haus ihres Dominus angekommen und atmete tief durch. Wie sollte sie das Gespräch beginnen? Sollte sie einfach mit der Tür ins Haus fallen? Irgendwie müsste sie ihre Seele erleichtern, denn das schlechte Gewissen lastete schwer auf Eireanns Gemüt. Nachdem die Dunkelhaarige noch einmal tief durchgeatmet hatte, trat sie auf die Porta zu und pochte einmal dagegen. Hoffentlich würde er sie nicht schon wieder so lange warten lassen.

  • Hairan öffnete die Porta:
    "Sie ist nicht immer abgeschlossen, du kannst anklopfen und dann eintreten.", sagte er und musterte die verschleierte Frau:
    "Hier der Eimer für den abendlichen Brunnengang."


    Er war ein guter Beobachter und merkte, dass Aethra mit ihren Gedanken nicht bei der Sache war.
    Missbilligend schüttelte er den Kopf. Wenn man mit daimones zu tun hatte, musste man bei der Sache sein.
    Jeder Fehler - und dazu gehörte jegliche Nachlässigkeit im Denken - konnte tödlich enden.


    Aber gut, noch war es nicht so weit: Aethra war eine einfache Haussklavin, die zum Wasserholen geschickt wurde.

  • Tatsächlich ließ er sie diesmal nicht so lange vor der Porta warten. Etwas was die junge Frau innerlich verwunderte. Nach außen hin ließ sie sich ihre Gedanken jedoch nicht anmerken. Wie sollte ihr Dominus denn auch ihre Gesichtszüge studieren wenn der Schleier ihren Kopf verhüllte? Und dennoch spürte sie seinen Blick als brennendes Mahnmal auf sich und zuckte unwillkürlich zusammen. Konnte er ihre Gedanken lesen? Wusste er welch gedankliches Wirrwarr in Eireanns Seele herrschte?


    “Danke Dominus.“
    Ließ die Keltin ihre Stimme erklingen und ergriff den Henkel des Eimers. Dabei zitterten ihre Finger jedoch so stark das ihr der hölzerne Eimer beinahe aus den Fingern geglitten wäre. Erst im nachfassen konnte sie ihre Finger um den Henkel klammern. Während ihre Fingerknöchel ob des krampfhaften Griffs weißlich durch ihre Haut hindurchstachen.


    Eigentlich hätte sie sich nun pflichtgemäß herumdrehen müssen, um den ersten Eimer am Brunnen mit Wasser zu füllen. Doch ihr schlechtes Gewissen quälte die Keltin sichtlich und so biss sie sich vor nervösem Unbehagen auf die Unterippe. Sie musste ihr Gewissen erleichtern. Denn diese Schmach der Enttäuschung würde sie eines Tages ins Grab befördern. Und so schluckte Eireann hart. Bevor sie schließlich ihren Kopf anhob und ihren Dominus hinter dem Schleier verborgen, direkt ansprach.


    “Dominus darf ich das Wort an dich richten?“
    War Eireanns leise Stimme zu vernehmen. Während ihr dabei das Herz bis zum Hals pochte.

  • Hairan hätte sich nicht mehr gewundert, wenn der Wassereimer hätte mit ihm sprechen wollen.
    Aber er hoffte, dass Aethra verstanden hatte, dass sie nur bei wichtigen Angelegenheiten das Wort an ihn zu richten hatte
    "Was gibt es, Aethra?" , fragte er.

  • “Dominus. Ich.. ich muss mein Gewissen erleichtern. Meine Gutgläubigkeit hat mir wieder einmal seine Grenzen aufgezeigt.“
    Nervös biss sich die Sklavin bei diesen Worten auf die Unterlippe und war froh das sie den Eimer in den Händen hielt. Denn sonst wären dem Magus ihre bebenden Fingern augenblicklich aufgefallen.
    “Ich habe deiner Anweisung zuwider gehandelt und habe Tiberios einen Brief zukommen lassen.“
    Erneut folgte ein nervöser Biss auf die Unterlippe. Doch ihre Stimme war klar. Auch wenn sie seinen Blick tunlichst vermied.
    “Ich wollte mich mit Tiberios in der Spelunke am Tiberufer treffen. Und wollte mich mit ihm aussprechen.“
    Schließlich brach Eireann hart schluckend ab und fokussierte den Boden zu ihren Füßen äußerst intensiv.
    “Aber.. Tiberios ist nicht erschienen. Ich habe vergeblich auf ihn gewartet. Kannst du mir verzeihen das ich deinen Worten zuwider gehandelt habe Dominus?“
    Wieder einmal waren es äußerst viel Worte die über die Lippen der Dunkelhaarigen strömten. Aber irgendwie musste sie ihr schweres Gewissen erleichtern. Und dies hatte sie hiermit getan. Blieb nur abzuwarten wie ihr Dominus auf dieses Ereignis reagierte. Während die Keltin mit gesenkten Köpfchen regungslos vor ihrem Dominus verharrte.

  • Hairan begriff nicht, warum sie ihm das erzählte.
    Er hatte ihr weder verboten, Briefe zu schreiben noch mit Tiberios zu sprechen – einfach nur zu sprechen. Am besten um ihm zu sagen, dass ihre Beziehung ab jetzt zu Ende war. Wenn der Bursche erst gar nicht erschien, um so besser; ein Problem weniger.


    Aber er schrieb es dem unfokusierten Geist der jungen Frau zu, dass sie sich die einfachsten Anweisungen nicht merkte und nun Sorgen machte.
    „Bisher hast du keinen Fehler gemacht.“, sagte er:
    „Es sei denn, du hast mich über deine Schreibfertigkeit belogen.“


    Hairans Stimme wurde leise, fast sanft, aber wer ihn kannte, wusste, dass er dann am gefährlichsten war:
    „Wenn eine Sklavin eine Fähigkeit besitzt, posaunt sie die für gewöhnlich laut in die Welt, um ihren Wert zu steigern. Warum also, liebe Aethra, solltest du mir verschweigen, wenn du schreiben kannst?“

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